Litauen - Kaunas und das Memelland (Galerie)

  • Willkischken wartet mit einem besonderen Überbleibsel auf - einem Kriegerdenkmal für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, inklusive Eisernem Kreuz! Schön, dass sich so etwas erhalten hat!

    [...]

    "Herr, Du hast dem Volk allenthaleen (?) herrlich gemacht!"

    Sie haben überunnden (?) und ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod!"

    Ich vermute fast, die Schrift ist mal von einer dem Deutschen nicht mehr so ganz mächtigen Person erneuert worden.

  • So ist es wohl.

    "Herr, Du hast dem Volk allenthaleen (?) herrlich gemacht!"

    "Herr, Du hast dein Volk allenthalben herrlich gemacht."

    Aus der Luther-Bibel, Buch der Weisheit, wenn ich das richtig gefunden habe.

    "Sie haben überunnden (?) und ihr Leben nicht geliebt bis an den Tod!"

    "Sie haben überwunden..."

    Letztere Aussage findet man (hier abgewandelt) in der Offenbarung des Johannes.


    Zu Willkischken eine sehr ausführliche Darstellung:
    Willkischken - GenWiki

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Vielen Dank für die schnelle Korrektur, Vulgow.

    Fährst du auch noch mal nach Ostpreußen rüber?

    Nun, mein nächster Beitrag wird tatsächlich ein kleiner Exkurs nach Ostpreußen sein, mit einer Fahrt "rüber" taten wir uns allerdings sehr schwer. Es gibt halt zu viele Probleme, z. B. durfte der Mietwagen nur in Litauen gefahren werden, außerdem fehlten uns das Russland-Visum ebenso wie schlichtweg die Zeit für einen weiteren Abstecher. Langfristig steht Ostpreußen genauso wie die Gegend um Danzig natürlich auf meiner Liste, dann aber mit eigenem Auto, gültigem Visum und genug Vorbereitungszeit. Die Exklave Kaliningrad ist zwar nochmal ein gutes Stück interessanter als das Memelland (weil größere und bedeutendere Städte, Ordensburgen, etc.), sie ist allerdings meines Wissens nach auch viel stärker zerstört worden. In Litauen (vor allem rund um Heydekrug) habe ich dagegen das Gefühl, dass man sich der deutschen Vergangenheit bewusst ist/wird und diese auch mit einer Art Stolz erhält. Ob das in Russland auch so ist, wage ich zu bezweifeln.

  • Im polnischen Teil Ostpreussens wird mittlerweile viel Wert auf das deutsche Kulturerbe gelegt. Als ich das letzte Mal dort war, hat man gerade das alte Lehndorff Schloss in Steinort begonnen zu sanieren. Das dortige ehemalige Jagdhaus wurde zwar abgetragen, aber mittlerweile in einem wunderbaren Hotelensemble der Familie Potocki (einigen hier im Forum vielleicht ein Begriff ;-)) saniert und wiederaufgebaut - kleiner Geheimtipp:

    http://www.zeit.de/2012/43/Polen-Gasthof-Galkowo

    oder

    https://www.polish-online.com/polen-ermland-…nate-marsch.php

    Ein altes Stück Ostpreussen im Heute zum Wohnen und Genießen in situ:

    Jagdgut Galkowo


    Leider gibt es noch keinen Plan für das alte Stolberg Schloss in Dönhoffstädt, das einfach nur herrlich ist, aber der Eigentümer findet keinen Käufer.


    Auch die Anlagen der ehemaligen und noch sehr gut erhaltenen - im Gegensatz zur Wolfsschanze - Bunker und Gebäude des OKW in Mauerwald sind sehenswert.

    Auf jeden Fall eine Reise Wert!

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (6. April 2017 um 21:12)

  • Nun, auch wenn wir kein Russland-Visum hatten, haben wir es uns natürlich nicht nehmen lassen, einen Blick auf Tilsit ("Sovetsk") zu werfen, welches von der litauischen Seite (Übermemel / Panemune) möglich ist. Architektonisch zwar nicht wirklich ein Hingucker, aufgrund des legendären Friedens von Tilsit 1807 trotzdem einen Umweg wert. Vor dem Krieg muss es dort sehr schön gewesen sein, leider wurden weder Rathaus noch Deutsche Kirche von Zerstörung und Abriss verschont. Es haben sich wohl noch einige Bürgerhäuser aus der Jahrhundertwende erhalten, vom anderen Memelufer erkennt man jedoch nur das südliche Brückentor der alten Königin-Luise-Brücke sowie ein kleines Fachwerkensemble direkt am Fluss.

    Die Königin-Luise-Brücke (1960) mit Brückentor (1907). Wären die drei Hochhäuser nicht, es wäre zumindest ein einigermaßen erträglicher Anblick.


    So nah - und doch so fern..


    Wir sind sogar extra aus der EU ausgereist, um die Brücke betreten zu können. Aufgrund des fehlenden Visums mussten wir zwar in der Mitte wieder umkehren, gelohnt hat es sich irgendwie trotzdem. Dies hat aber wiederum zu Problemen bei der Einreise nach Litauen/in die EU geführt, da wir ja kein Visum für Russland hatten und uns keiner der Grenzbeamten so richtig abkaufen wollte, dass wir nur auf die Brücke wollten.. wäre die EU-Außengrenze nur überall so geschützt...


    Blick memelabwärts auf das Zentrum von Tilsit...


    ... und flussaufwärts in Richtung des 10 Kilometer entfernten Ragnit.


    Noch ein letzter Blick zur Brücke...

  • Ganz schön deprimierend, der Blick nach Tilsit.

    Eine Ansicht der Königin-Luise-Brücke und ihres großartigen, doppeltürmigen Portals vom russischen Ufer gesehen.

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Metastabil01', CC BY-SA 3.0

    Hoffentlich bereitet der offenbar erhebliche Schwerlastverkehr über die Brücke dem Bauwerk nicht Schäden.

    Eine großformatige Aufnahme von ein wenig näher

    "Ordensland - Tilsit" mit weiteren Informationen und schönen Bildern

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ja, ja, der Blick hinüber... Hier ist er noch zu erleben, auch heutzutage, da es (fast) nichts Unerreichbares mehr gibt. Heute ist in Laa an der Thaya eine Ausstellung über - Znaim, so als würde man diese Stadt nicht problemlos und völlig frei betreten können (sogar Tschechen sollen sich angesagt haben). Beinahe schwingt da etwas Nostalgie mit, etwas Sehnsucht an die Zeit, als Sehnsucht noch unerfüllt und daher Sehnsucht war. Irgendetwas fehlt uns heute. Wir sind zu frei geworden.

    Leider gibt dieser Blick nach Sovetsk nichts her außer der Sehnsucht nach längst Vergangenem. Da sein wir bei unseren seinerzeitigen Blicken über den Vorhang doch weit mehr auf unsere Rechnung gekommen!
    https://de.wikipedia.org/wiki/S%C3%BCdm…_Nikolsburg.jpg

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nach unserem kleinen Abstecher ans Memelufer folgen wir weiter der Straße in Richtung Heydekrug. Die nächste Ortschaft, die wir passieren, ist Pogegen (Pagegiai). Die Kleinstadt weist leider nur wenige erhaltene Bauten aus der Vorkriegszeit auf, da sie einerseits bei Rückzugsgefechten der Wehrmacht stark zerstört wurde, andererseits erst spät Bedeutung erlangte. Die hatte vor allem zwei Faktoren: Die Eröffnung der Kleinbahn nach Schmalleningken 1902 und die Errichtung des Landkreises Pogegen 1920 aus den Teilen der Altkreise Tilsit und Ragnit, die rechts der Memel lagen. So wurde z. B. die erste Kirche der Stadt erst 1933-38 errichtet.

    Da stand die Kirche des kleinen Nachbarortes Rucken (Rukai) schon fast ein halbes Jahrhundert. Diese befindet sich an einer kleiner Abzweigung an der Hauptstraße in Richtung Heydekrug, abseits des heutigen Ortszentrums. Da ich im Vorfeld Bilder der verfallenen Kirche auf Google Earth gesehen habe, war ich sehr überrascht eine intakte, weil 2011 frisch sanierte, Kirche vorzufinden.




    Ein gänzlich anderes Bild bietet sich im Nachbarort Plaschken (Plaskiai). Dieser zählt heute nur gut hundert Einwohner und ist über einen Lehmweg zu erreichen. Es wurde 1639 erstmals erwähnt, ab 1695 war es Kirchspiel. Die heutige Kirche wurde 1897 erbaut, da ihr Vorgänger für die Gemeinde zu klein geworden war. In der heutigen Zeit kaum vorstellbar. Der ruinöse Anblick schmerzt umso mehr, wenn man bedenkt, dass es noch viele weitere ehemalige Kirche in Ostpreußen gibt, die ein ähnliches Dasein fristen oder Krieg, Sowjetzeit oder den Zahn der Zeit nicht überlebt haben. Die einzige gute Nachricht ist, dass dies im litauischen Memelland die absolute Ausnahme ist, die restlichen mir bekannten Kirchen sind zumindest gesichert oder, oft mit deutscher Hilfe, restauriert worden. Dass dies bei der Kirche von Plaschken bisher ausgeblieben ist, liegt wohl am Standort, der weit ab vom Schuss ist.



    Noch erhaltene Umzäunungen der alten Gräber



    Oben im Kirchturm nisten mittlerweile Störche





    Grab für Otto Schulz ( * 26.02.1844, † 10.01.1887), Pfarrer in Plaschken.

  • Heydekrug ist mit heutzutage etwas mehr als 20.000 Einwohnern die -nach Memel- größte Stadt des litauischen Memellandes. Mit Klaipeda teilt sie auch das Schicksal, nach der Abtrennung vom Deutschen Reich keinen an den alten Ortsnamen angelehnten neuen Namen, sondern mit Šilutė eine völlige Neukreation erhalten zu haben. Man muss an dieser Stelle jedoch Litauen auch zugute halten, dass dies bei 90% der alten Ortschaften nicht der Fall ist und dort der alte deutsche Name in anderer Form weiterbesteht.
    Nun zum Ort selbst: Dieser wurde 1511 erstmals erwähnt und geht, wie es der Ortsname vermuten lässt, auf einen alten Dorfkrug zurück. Obwohl dieser sich zum bedeutendsten Ort zwischen Memel und Tilsit entwickelte und ab 1818 Kreisstadt war, wurden die Stadtrechte erst 1941 von den Deutschen verliehen. Ende des 19. Jh. hatte Heydekrug ca. 800 Einwohner, in den 20ern waren es derer fast 5000. Im Zweiten Weltkrieg brannte zwar der Nachfolger des alten Dorfkrugs, das Hotel Germania, ab, u.a. blieben jedoch das Amtsgericht, die Herderschule, das Landratsamt, das Kreiskrankenhaus, das Postamt sowie die evangelische Kirche erhalten.


    Zu Fuß folgen wir die Tilsiter Straße / Prinz-Joachim-Straße (heute Lietuvininku Gatve) von Ost nach West.

    Die Bibliothek, an der Außenwand haben sich alte Reklamen erhalten. Vor 10 Jahren sah sie noch so aus.




    Ein dreistöckiger Gründerzeitler; eine Restaurierung wäre wünschenswert.


    Im Giebel kann man die Bezeichnung 'erb. 1910' erkennen.


    Das ehemalige Amtsgericht




    Die 1911 erbaute Feuerwache ist bis heute als solche in Betrieb, der Anstrich ist nichtdestotrotz gewöhnungsbedürftig.



  • @Luxemburger
    Vielen Dank für die Bilder. Was die Ortsnamen betrifft ist es so, dass die Litauischen die ursprünglichen sind und nicht umgekehrt. Daher kommen die für deutsche Verhältnisse sehr komischen Namen (Stallupönen usw). Tilsit kommt vom Lt 'Tilse' oder ähnliches. Das Nördliche Ostpreußen ist auch als Klein Litauen gekannt und hier wurde bis 1700 oder später Litauisch gesprochen. Die Nazis haben Ende der 30er Jahren einige Städte deshalb umgetauft. Nach 1945 hätte Litauen Nordostpreußen bekommen können, so weit ich weiß haben die sich dagegen entschieden.

    Siehe auch https://de.m.wikipedia.org/wiki/Preußisch_Litauen

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Die gewöhnungsbedürftige Farbe an der alten Feuerwache ist aber derzeit top-modisch, auch bei uns! Dieses wässrige Türkis kam vor ca. 10 Jahren auf, und ich bemerkte es an diversen neugestrichenen Historismus- und Jugendstilgebäuden, z.T. auch an Neubauten, sowohl in Berlin, als auch in Südbaden.
    Und Weiß plus diverse Graus sind momentan der letzte Schrei, vor allem bei Neubauten.

    Däne: daß Stallupönen auf eine andere Sprache als Deutsch zurückgeht (vielleicht auch auf das verschollene Pruzzisch?), glaube ich sofort, aber Heydekrug? Wenn das erst ab 1500ff. überhaupt eine Ortschaft wurde?

  • Vielen Dank für die Korrektur, lieber Däne. Da Heydekrug eine deutsche Gründung war, gehe ich davon aus, dass dies der ursprüngliche Name war. Aus der bereits im 18. Jh. üblichen prussisch-litauischen Schreibweise Szillokarszmo (Silas = Heide; karcemo = Krug, Dorfgaststätte) wurde dann vermutlich nach der Abtrennung kurz Silute.

    Naja, wie dem auch sei. Das Gebäude mit dem größten Wiedererkennungswert ist sicherlich die evangelisch-lutherische Kirche. Mit ihrem Bau wurde 1913 im Deutschen Reich begonnen (geplant als Kaiser-Wilhelm-Jubiläumskirche) und konnte kriegsbedingt erst 1926 in der litauischen Republik fertiggestellt werden. Der 50 Meter hohe Turm der neogotischen Kirche ist weithin sichtbar. Im Gegensatz zu den bisher gezeigten Kirchen und Amtsgebäuden ist die Fassade weiß verputzt.

    Blick vom Vorplatz der gegenüberliegenden Feuerwache.


    Wir nähern uns langsam an...


    "Eine feste Burg ist unser Gott!" (Kirchenlied Luthers)


    "Das Wort sie sollen lassen stahn", eine Zeile aus o. g. Kirchenlied



    Sogar mit deutschsprachigem Aushang, vom Besichtigungsangebot konnten wir leider keinen Gebrauch machen...



    Im angrenzenden Park das Denkmal für Hermann Sudermann, der 1857 im benachbarten Matzicken geboren wurde. Das Denkmal selbst wurde in den 1990er Jahren nach Vorbild des alten, nach 1945 verschollenen Denkmals wiedererrichtet. Auffällig ist, dass als Inschrift der deutsche Name und nicht die litauische Übersetzung Hermanas Zudermanas verwendet wurde (welche allerdings als Tafel auf dem Boden liegt.


    Noch ein letzter Blick auf die wahrlich schöne Kirche...

  • Ein paar letzte Impressionen aus Heydekrug...

    An der Fassade der ehemaligen Bücherei findet sich noch der alte Ortsname, was in Ostpreußen generell sehr selten ist.



    Ein sanierter Gründerzeitler


    Die Prinz-Joachim-Straße, Blick zurück in Richtung Kirche


    Das Gutshaus Adlig Heydekrug von 1818 wurde in den letzten Jahren vorbildlich renoviert. Im Innern befindet sich die Tourist-Info mit einer hilfsbereiten, deutschsprachigen Fremdenführerin. Davor das Denkmal für den Mäzen und Großgrundbesitzer Hugo Scheu, welches 1999 vom ansässigen Rotary-Club gestiftet wurde. Scheu gilt als Symbolfigur für die gute Beziehung zwischen Deutschland und Litauen.




    Die Gartenseite


    Ein paar Nebengebäude, die vermutlich kirchlich genutzt wurden/werden



    Im Gegensatz dazu herrscht am Fischmarkt ganz in der Nähe noch Sanierungsbedarf...


    Nur noch 47 Kilometer bis Memel...

  • Der Ort Ruß (Rusne) ist vor allem bekannt, da sich dort die Memel in ein Delta verzweigt, bevor sie ca. 15 Kilometer später ins Kurische Haff mündet. Auch aufgrund der verkehrsgünstigen Lage war die Gemeinde bereits um 1500 Verwaltungssitz für die Orte der näheren Umgebung. Noch Mitte des 19. Jh. war Ruß an der Memel mit rund 2.500 Einwohnern der größte Ort im Kreis Heydekrug, aufgrund des Eisenbahnbaus verlor Ruß jedoch an Attraktivität. Die wohl schon 1419 errichtete und damit älteste Kirche des Memellandes brannte Ende des 18. Jh. aus und wurde bis 1809 wiederaufgebaut. Sie kam vergleichsweise gut durch den Zweiten Weltkrieg, was man auch daran sehen kann, dass sie bis zur Schließung durch die Sowjets auch weiterhin für Gottesdienste genutzt werden konnte. Danach verfiel sie jedoch, wurde aber schon 1994 wiedereröffnet. In der Ortslage haben sich noch ein paar Holzhäuser erhalten, das alte Rathaus wurde in der Sowjetzeit übel umgestaltet und das Pfarrhaus sowie die Schule stehen auch noch. Das, was ich davon gesehen habe, war aber leider nicht so berauschend, dazu gesellte sich die ein oder ander Platte, sodass ich vom eigentlichen Ortskern keine Bilder habe und mich von der Kirche direkt zum Fluss begeben habe.




    Die Memel teilt sich in ihre Mündungsarme, links Atmath, rechts Skirwieth.



    Der litauische Grenzstein, im Hintergrund der Nachfolger der 1944 gesprengten Petersbrücke über die Atmath.


    Die Skierwieth und der kleine Hafen von Ruß.


    Zum Abschluss noch ein Panorama der Verzweigung. Rechts, auf der anderen Flussseite gelegen, befindet sich der nördlichste Zipfel vom Oblast Kaliningrad. Früher befand sich dort das Gut Brionischken, welches verwaltungstechnisch schon zum Kreis (Elch-)Niederung gehörte. Heute kann man höchstens noch einen Beobachtungsturm der Grenztruppen erkennen.

  • Der Ursprung von Windenburg (Vente) reicht bis ins Jahr 1360 zurück, als der Deutsche Orden dort eine Burg errichtete. Diese musste bereits 50 Jahre später aufgegeben werden, da die starken Wellen des Haffs die Mauern unterspülten. Noch bis ins 19. Jh. war das sogenannte Windenburger Eck ein gefürchtetes Nadelöhr für Seefahrer, da die Halbinsel mit einer steinbewehrten Sandbank weit ins Kurische Haff hineinragte. Bis 1873 wurde es jedoch insoweit entschärft, alsdass der 24 km lange "König-Wilhelm-Kanal" als direkte Verbindung von der Atmath ins Haff genutzt werden konnte. Dieser Kanal wurde zu Sowjetzeiten zugeschüttet.
    Der 1863 erbaute Leuchtturm am Windenburger Eck steht heute inmitten eines besonders geschützten Naturreservats.


    Der Leuchtturm ist öffentlich begehbar, wovon ich natürlich Gebrauch gemacht habe.
    Blick in Richtung Memelmündung


    Am Horizont sind bereits die Dünen auf der Kurischen Nehrung erkennbar.


    An der Straße zwischen Windenburg und Kinten (Kintai) befindet sich ein alter deutscher Friedhof, dessen Gräber teilweise erhalten sind. Wie in Litauen üblich, heißen diese Zeugnisse der Geschichte nicht "deutscher" sondern "ethnografischer Friedhof"..

    "Ruhe sanft nach großer Mühe"


    "Hier ruhet in Gott mein lieber Sohn und Bruder Wilhelm..."


    Letzter kurzer Zwischenstopp auf dem Weg nach Memel-Stadt war Prökuls (Priekule), wo noch diese alten Reklamen erhalten blieben.
    "Hotel ... (unleserlich) Hof"

  • Kaum in Klaipeda angekommen, setzten wir über auf die Nehrung, gefühlt das Highlight unserer Reise. Diese erstreckt sich auf (litauischer Seite) über fast 50 Kilometer, bei einer Breite von teilweise weniger als einem Kilometer. Es ist eine Maut/Umweltgebühr zu entrichten und parken ist nur auf offiziellen Parkplätzen erlaubt, da die gesamte Nehrung unter strengem (Unesco-) Naturschutz steht. Wir sind zunächst die alte Poststraße von Memel nach Königsberg bis zur russischen Grenze durchgefahren und erkundeten die Nehrung somit beginnend mit Nidden.

    Die Geschichte von Nidden (Nida) ist sehr wechselhaft. Kurz gesagt: 1385 erstmals urkundlich erwähnt, wurde nahezu die gesamte Bevölkerung bis zum 18. Jh. durch zwei Pestepedemien dahingerafft, des Weiteren versandete das Dorf dreimal und musste jedes Mal weiter nördlich wiedererrichtet werden. Wie die Dörfer des Memellandes gehörte auch Nidden ab 1923 zu Litauen, kurzzeitig wieder zum Deutschen Reich, bevor es zu Sowjetzeiten total verwüstet und militärisches Sperrgebiet wurde. Ab 1991 wurde Nidden wiederaufgebaut und erfreut sich seitdem wieder hoher Beliebtheit bei Touristen. Das Ortszentrum prägen heute wieder gepflegte Holzhäuser in kurisch-blau, die meisten von ihnen sind noch relativ neu.

    Wir beginnen mit unserem kleinen Rundgang am Hafen..


    Die 60 Meter hohe Große Düne überragt natürlich alles.


    Rot, weiß und kurisch-blau ist hier das gewöhnliche Erscheinungsbild.


    Die neogotische evangelische Kirche von 1888. Bei besseren Lichtverhältnissen.


    Der angeschlossene Friedhof macht einen sehr gepflegten Eindruck. Hier findet man auch noch einige hölzerne Grabtafeln, welche vermutlich rekonstruiert wurden.


    "Ich bin die Auferstehung und das Leben"


    "Als wir mit des Haffes Wellen kämpften, wo Menschenhilf vergeblich war, wo nichts mehr war als der Tod, riefen wir den Herrn in unserer Not, Herr, rett' unsere Seele, nimm uns zu dir!"


    Das Thomas-Mann-Haus wurde 1930 auf dem sogenannten Schwiegermutterberg aus den Mitteln des Nobelpreises erbaut. Es diente zwei Jahre lang als sommerliches Domizil der Familie Mann, bis diese nach Amerika emigrierte. Zwischenzeitlich sollte sie als Kriegsruine abgerissen werden, nach dem Einsatz von litauischen Intellektuellen wurde es jedoch in eine Bibliothek umgewandelt. Heute dient es als Museum, war bei unserem Besuch jedoch leider geschlossen.


    Einmal kurz reingelunst..


    Nicht nur Thomas Mann war begeistert von diesem Ausblick aufs Kurische Haff...


    Die Villa nebenan


    Der Leuchtturm von 1874 wurde nach dem Zweiten Weltkrieg verändert wieder aufgebaut (=aufgestockt).

  • Vielen Dank fuer die Reportage und herrlichen Bilder! Man sollte vllt. anfangen, Litauisch zu lernen...

    :daumenoben:

    „Groß ist die Erinnerung, die Orten innewohnt“ - Cicero

  • Wenn genug aus D nach LIT auswandern, dann erübrigt sich das sogar vielleicht, aber merkelsche Deutsche sind momentan nicht besonders beliebt in Resteuropa.

  • Angesichts der einmaligen Natur um Nidden herum möchte ich auch davon noch ein paar Eindrücke zeigen.

    Bereits vor mehr als einem Jahrhundert wurde die Große Düne teilweise bepflanzt, um ein weiteres Wandern in Richtung Ort zu verhindern. Heute kann sie bestiegen werden.


    Von oben genießt man eine schöne Aussicht auf den Ort...


    ... sowie auf die Dünenlandschaft selbst.


    Auf dem höchsten Punkt befindet sich eine Sonnenuhr, welche -soweit ich mich recht erinnere- in den letzten Jahren durch einen Sturm schwer beschädigt wurde.


    Auch von dort genießt man eine grandiose Aussicht, das Kurische Haff links, die Ostsee rechts. In der Mitte befindet sich irgendwo schon die Grenze zu Russland.


    Unten angekommen, auf dem Weg zum Haffufer...


    Hinter der Absperrung liegt schon russisches Territorium.



    Und wieder zurück in Nidden..