Architektur in Belletristik

  • Ich glaube, Kaoru ist im Keller gar nicht präsent. Ist der Titel eigentlich inspiriert von "Die Enten des Präsidenten" von "Kottan ermittelt"?

  • Sehr gut beobachtet. DAS ist wahre Bildung.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Leider ist die Tonqualität nicht so gut, aber diese Beschreibung der Geschichte "einer" Stadt (1910) von Hermann Hesse ist doch sehr faszinierend ob der treffenden Beschreibungen (auch vom Niedergang), man kann sich viele Städte vorstellen, die Hesse im Hinterkopf hatte und zu einer Stadt zusammenbastelte. Es geht zwar eher am Rande direkt um Architektur, aber um so mehr um die Umstände, die das Stadtbild und die Architektur beeinflussen:

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  • Nachdem ich endlich mal Lust hatte, es aus dem Buch abzuschreiben, hier zwei Zitate aus Michael Endes „Momo“ von 1973:


    Ob einer seine Arbeit gern oder mit Liebe zur Sache tat, war unwichtig - Im Gegenteil, das hielt nur auf. Wichtig war ganz allein, dass er in möglichst kurzer Zeit möglichst viel arbeitete.
    Über allen Arbeitsplätzen in den großen Fabriken und Bürohäusern hingen deshalb Schilder, auf denen stand:
    Zeit ist kostbar - verliere sie nicht!
    Oder: Zeit ist (wie) Geld - darum spare!
    Ähnliche Schilder hingen auch über den Schreibtischen der Chefs, über den Sesseln der Direktoren, in den Behandlungszimmern der Ärzte, in den Geschäften, Restaurants und Warenhäusern und sogar in den Schulen und Kindergärten. Niemand war davon ausgenommen.
    Und schließlich hatte auch die große Stadt selbst mehr und mehr ihr Aussehen verändert. Die alten Viertel wurden abgerissen und neue Häuser wurden gebaut, bei denen man alles wegließ, was nun für überflüssig galt. Man sparte sich die Mühe die Häuser so zu bauen, dass sie zu den Menschen passten, die in ihnen wohnten; denn dann hätte man ja lauter verschiedene Häuser bauen müssen. Es war viel billiger und vor allem zeitsparender, die Häuser alle gleich zu bauen. Im Norden der Stadt breiteten sich schon riesige Neubauviertel aus. Dort erhoben sich in endlosen Reihen vielstöckige Mietskasernen, die einander so gleich waren wie ein Ei dem anderen. Und da alle Häuser gleich aussahen, sahen natürlich auch alle Straßen gleich aus. Und diese einförmigen Straßen wuchsen und wuchsen und dehnten sich schon schnurgerade bis zum Horizont - eine Wüste der Ordnung!
    Und genau so verlief auch das Leben der Menschen, die hier wohnten: schnurgerade bis zum Horizont! Denn hier war alles genau berechnet und geplant, jeder Zentimeter und jeder Augenblick.
    Niemand schien zu merken, dass er, indem er Zeit sparte, in Wirklichkeit etwas etwas ganz anderes sparte. Keiner wollte wahrhaben, dass sein Leben immer gleichförmiger und immer kälter wurde. Deutlich zu fühlen jedoch bekamen es die Kinder, denn auch für sie hatte nun niemand mehr Zeit.
    Aber Zeit ist Leben. Und das Leben wohnt im Herzen.
    Und je mehr die Menschen daran sparten, desto weniger hatten sie.


    „Was meinst du, was bei mir jetzt los ist, Kind! Das ist nicht mehr wie früher. Die Zeiten ändern sich. Da drüben, wo ich jetzt bin, da wird ein anderes Tempo vorgelegt. Das geht wie der Teufel. Jeden Tag hauen wir ein ganzes Stockwerk drauf, eins nach dem anderen. Ja, das ist eine andere Sache als früher! Da ist alles organisiert, jeder Handgriff, verstehst du, bis ins Letzte hinein ...“
    [...]
    „Alles Unsinn, was ich da rede“, sagte er auf einmal traurig.
    „Du siehst, Momo, ich hab wieder zu viel getrunken. Ich geb‘s zu. Ich trink jetzt oft zu viel. Anders kann ichs nicht aushalten, was wir da machen. Das geht einem ehrlichen Maurer gegen das Gewissen. Viel zu viel Sand im Mörtel, verstehst du? Das hält alles vier, fünf Jahre, dann fällt es zusammen, wenn einer hustet. Alles Pfusch, hundsgemeiner Pfusch! Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Das Schlimmste sind die Häuser, die wir da bauen. Das sind überhaupt keine Häuser, das sind - das sind - - Seelensilos sind das! Da dreht sich einem der Magen um! Aber was geht mich das alles an? Ich kriege eben mein Geld und basta. Na ja, die Zeiten ändern sich. Früher, da war ich stolz auf meine Arbeit, wenn wir was gebaut hatten, was sich sehen lassen konnte. Aber jetzt ... Irgendwann, wenn ich genug verdient hab, häng ich meinen Beruf an den Nagel und mach was anderes.“

    Einmal editiert, zuletzt von Titus (18. August 2018 um 00:34)