Königsbau: "Für mich ist z.B. das Hotel Adlon ein Gebäude des Historismus, genauer gesagt eines Neohistorismus (dies ist keine Erfindung von mir, den Begriff gibt es)".
Nein, mein Bester, gerade das Hotel Adlon ist ein Musterbeispiel für ein scheinbar historistisches Gebäude, das sich bei genauerem Hinsehen als ein moderner abstrahierender Bau mit historisierender Fassadengliederung erweist. Damals zur Zeit seiner Fertigstellung hat sich der Kritiker Falk Jäger in eben diesem Widerspruch zwischen oberflächlicher und genauer Betrachtung verheddert, indem er einerseits polemisierte, kein Detail dieses Baus weise auf seine Entstehung am Ende des 20 Jh's hin und dann doch monierte, die Plastizität der Architekturglieder lasse gegenüber seinen historistischen Vorbildern zu wünschen übrig. Eben die flächige, nur noch angedeutete Gliederung durch Gesimse, Balkone, Fensterverdachungen, die ganz deutlich vereinfachten und abstrahierten Fassadenapplikationen - abgesehen von den reditebedingten heutigen Stockwerkshöhen - deuten auf eine zeitgenössische Architekturauffassung hin und könnten niemals in der Hochphase des Historismus so gestaltet worden sein. Aber gerade diese an die Historie erinnernde Fassadenstruktur und die gut gemeisterten Proportionen bei heutigen Stockwerkshöhen machen den Bau in meinen Augen zu einerm Meisterwerk historisierenden Bauens in Deutschland.