Sonstige Meldungen aus Berlin

  • Dr. phil Ulf Poschardt (DIe WELT), ein Schüler Kittlers und seit diesem Jahr stellv. Chefredakteur bei N24, kritisiert eine "neue Gründerzeit" in einer Polemik.
    http://www.welt.de/kultur/kunst-u…bau-lachen.html

    Gemeint sind Bauprojekte in Berlin, bei denen sich neue Bauprojekte in die vorhandene gründerzeitliche Bebauung einpassen und bei denen die Bauherren etwas pompöse Namen verwenden.

    Zitat

    Wie Plattenbausiedlungen entstehen sie dort, wo sich das ambitionierte Bürgertum mit seiner fiktiven Geschichte als Geschmacksavantgarde versöhnen will. Es ist eine Architekturgeschichtsrevision im Gange, die in Gestalt des Stadtschlosses nicht nur Staatsauftrag ist, sondern der Herzenswunsch vieler mündiger Bürger und Käufer.

    Zitat

    Je niedriger die Decke, desto dicker die Säule vor der Tür, je kleiner die Fenster, desto marmorner das Entree, je verklemmter die Baupläne, umso pompöser die Namen: "Kronprinzenpalais", "Carré Charlotte" oder "The House – living in digital baroque". Letzteres Projekt hat eine fast schon campe Ironie aufgefahren, um die Warenform der Platte mit einer Nostalgiefolie zu überziehen: Gespielt wird mit einem Trompe-l'oeil-Effekt.

    Aber das habe auch Lichtblicke:

    Zitat


    Am oberen und zum Teil gelungenen Ende dieser nostalgischen Bürgerlichkeit steht Ralf Schmitz mit seinen prunkvollen Gentrifizierungsbeschleunigern. Hier wird Stimmann ins Bourgeoise übersetzt, und meist gewinnen die Straßen durch die Aufwertungen dieser Preziosen, weil sie dort errichtet werden, wo vorher unansehnlicher Baumüll der Nachkriegszeit die Straßen verschandelte.

  • Poschardt ist ein bekannter alter "Pop-Linker" und dementsprechend Anhänger eines (auch architektonischen) "Fortschritts". Dass sein "Fortschritt" der Muff vergangener Jahrzehnte ist, wird er ohnehin nicht mehr begreifen. Überflüssig, sich mit ihm auseinanderzusetzen.

  • In weiten Teilen kann ich Kollhoff schon recht geben. Dennoch bin ich in Details zwiegespalten.


    Zitat

    dass wir uns nicht wieder mit Scheinlösungen durchlavieren können, die sich als untauglich erwiesen haben: die Billigbauweise am Stadtrand. Wir können uns nicht länger Bebauungspläne leisten, deren Aufstellung drei Jahre dauert. Und auch keinen lähmenden Denkmalschutz, der die Bauherren und Architekten hinaustreibt auf die grüne Wiese, die doch eigentlich unter Landschaftsschutz stehen müsste.

    Es ist schon richtig, der Zersiedelung etwas Einhalt zu gebieten. Aber dafür den Denkmalschutz opfern? Die Frage ist dabei, was darunter zu verstehen ist. Der Denkmalschutz für Plattenbauten kann sicherlich aufgehoben werden, aber bei einem solchen für Altbauareale bin ich für strikte Beibehaltung.


    Zitat

    Es bedarf offenbar einer heroischen Entscheidung, mitten in der Stadt zu bauen zu vertretbaren Kosten, und dazu müssen lieb gewonnene Standards infrage gestellt werden, angefangen beim Schall-, Wärme- und Brandschutz, die uns zwingen, exorbitante Mittel in konstruktiv zweifelhafte Lösungen zu stecken, die alles andere als nachhaltig sind. Nach zwanzig Jahren muss die gesamte Technik ausgetauscht werden – und nicht selten das Haus dazu.

    Hier spricht er den Wärmedämm-Wahn an, und da kann man ihm natürlich uneingeschränkt zustimmen.

  • Die marode, neogotische Martin-Luther-Kirche im Bezirk Neukölln wird saniert und erhält aus dem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes 300'000 €. Garniert wird dies mit floskelhaften Worten des SPD-Bundestagsabgeordneten Felgentreu:

    Zitat

    Die Arbeiten sind seit Langem dringend nötig. Die Fassade des Turms ist so stark beschädigt, dass der Bürgersteig mit einem Schutztunnel vor herabfallenden Mauerstücken geschützt werden muss. „Die Sanierung ihrer Kirche stellt die Martin-Luther-Gemeinde finanziell vor eine besonders große Herausforderung“, sagt der Neuköllner Bundestagsabgeordnete Fritz Felgentreu (SPD). Die Kirche präge das Bild der Fuldastraße weithin. Mit ihren Kriegsnarben und dem spektakulären Altarbild sei sie ein „unverwechselbares Stück Neukölln“. „Die Bundesmittel werden dazu beitragen, dass das auch auf Dauer so bleibt“, so Felgentreu.


    http://www.abendblatt-berlin.de/2016/07/14/mar…e-wird-saniert/

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Moment, versteh ich das richtig, dass man den teils ruinösen Look konservieren möchte (unter anderem mithilfe der 300.000€), damit die Kirche weiterhin ein "unverwechselbares Stück Neukölln" bleibt?

  • Das 1885 errichtete Gebäude des ehemaligen Kulturhauses "Peter Edel" soll nach Jahren des Verfalls saniert und als Kultur-/Bildungszentrum neu eröffnet werden.

    Zitat

    Der Plan steht: Ein offenes Kultur-, Bürger- und Bildungszentrum bringt quirliges Leben in das Gebäude, das hier 1885 von der Brauerei Sternecker als Restaurant und Ballsaal errichtet wurde. Der störende Anbau von 1970 wird abgerissen, die historische Bausubstanz der beiden Säle denkmalgerecht saniert. „Die ursprüngliche Gestalt wird weitgehend wieder hergestellt“, versichert Dr. Urbich. Übrigens: Zum Tag des offenen Denkmals am 10. September haben Interessierte die Chance, das Kulturhaus zu besichtigen und mit den künftigen Betreibern ins Gespräch zu kommen.


    http://www.abendblatt-berlin.de/2016/08/10/das…l-wird-saniert/


    Ansicht des Gebäudes:

    http://4.bp.blogspot.com/-emqFT3tCwIE/U…1600/KKh+01.jpg

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Dass die Architekten solche "Hochhausträume" publizieren, versteht sich schon aus ihrer Interessenlage. Derartige Großbauprojekte dürften ein sehr einträgliches Geschäft für sie sein.

  • Der schweizerische "Tagesanzeiger" interviewte unsere Regula und fragte nach ihren größten Erfolgen, die sie dann drei große Ausrufezeichen nannte!!! Diese wären:

    1. das Kulturforum und das Museumsprojekt von Herzog & de Meuron :aufdenkopf:
    2. den städtebaulichen Raum um das Rote Rathaus :kopfschuetteln:
    3. das Stadtentwicklungsgebiet am Hauptbahnhof :kotz:

    Das sag ich nur: oh Gott!

    Wer sich das ganze Interview antuen will: http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa…/story/23105498

  • Der schweizerische "Tagesanzeiger" interviewte unsere Regula und fragte nach ihren größten Erfolgen, die sie dann drei große Ausrufezeichen nannte!!! Diese wären:

    1. das Kulturforum und das Museumsprojekt von Herzog & de Meuron :aufdenkopf:
    2. den städtebaulichen Raum um das Rote Rathaus :kopfschuetteln:
    3. das Stadtentwicklungsgebiet am Hauptbahnhof :kotz:

    :lachentuerkis::)cclap:)ablachen:):gehtsnoch::lachentuerkis:


    Ihre Groessten Erfolge????

    1. das Kulturforum stand da schon. Da hat Sie doch nichts gemacht! Das Neue ist ja eine Gruppenarbeit.
    2. Ums Rothe Rathaus hat Sie doch garnichts gemacht!
    3. Um den Hauptbahnhof steht doch nicht viel. Da hat Sie doch fast nichts gemacht!

    Ich musste sofort lachen! Guter scherz! Danke campus solis!
    Das hat mir jetzt echt Freude bereitet. :daumenoben::applaus:
    Sie weiss also sehr wohl, das Sie Ihren Posten schuldig geblieben ist.
    Die Beleidigung ist der Raum ums Rothe Rathaus. :trommeln: Da war Wiese bevor Sie kahm und nachdem Sie ging.


  • Ich bin ja auch kein Fan von ihr...
    dennoch anbei Teile des Interviews aus dem Schweizer Tagesanzeiger, wie sie ihre "Erfolge" darstellt, und ihre Haltung zu Rekonstruktionen...dort gibt sie sich ja zumindest lernfähig bzw. kompromissbereit.


    ....
    Was war der grösste Erfolg?
    Es gibt drei grosse Ausrufezeichen: Das erste ist das Kulturforum, der Raum zwischen Philharmonie, Neuer National­galerie, Gemäldegalerie und Staatsbibliothek. Ich bin stolz darauf, dass ich den Mut hatte, zunächst lange abzuwarten, obwohl ich von vielen Seiten bedrängt wurde, und erst dann einem Wettbewerbsverfahren zuzustimmen, als klar war, was wir da eigentlich wollen. Jetzt haben wir die Chance, mit einem herausragenden Museumsprojekt von Herzog & de Meuron die komplexe städtebauliche Situation dort zu lösen. Das zweite hat mit der historischen Mitte der Stadt zu tun, also dem städtebaulich heftig umkämpften Raum um das Rote Rathaus. Da ist es mir gelungen, in einem sehr aufwendigen Beteiligungsverfahren zehn Bürgerleitlinien für die Gestaltung auszuarbeiten, die vom Berliner Parlament nicht nur zur Kenntnis genommen, sondern sogar mit grosser Mehrheit beschlossen wurden.
    Und das dritte?
    Ich habe im grössten Stadtentwicklungsgebiet, das ich verantworte, am Hauptbahnhof, vor dem Regierungswechsel noch alle Bebauungspläne durchs Parlament gebracht, als abgeschlossenes Paket. Ich konnte zum Ende der Legislatur also alles beenden, was ich mir vorgenommen hatte.


    Ein grosses Ausrufezeichen hat gerade Hamburg mit der Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron gesetzt: Sie verleiht der Stadt ein modernes Gesicht, man nennt den Bau bereits einen ­Leuchtturm des 21. Jahrhunderts. Warum steht dieser Leuchtturm in Hamburg und nicht in Berlin?
    Es ist nicht so, dass Berlin kein modernes Gesicht hätte – es zeigt sich nur nicht, wie jetzt in Hamburg, in einem einzelnen Projekt. Das neue Regierungsviertel an der Spree mit Bundeskanzleramt, Reichstag und den verschiedenen Bundestagsgebäuden ist aus meiner Sicht sehr wohl ein Leuchtturm modernen Bauens, auch wenn er in den Medien nicht so wahrgenommen wird. In einer modernen Demokratie den Mut zu einem gewissen Monumentalismus zu haben, also zu Grösse und Repräsentativität, der architektonisch dann gleichwohl zum Ausdruck einer zutiefst demokratischen Gesellschaft wird, das halte ich für eine grosse Leistung.
    unterfinanziert.


    In Berlin ist alles Bauen immer historisch überfrachtet: das preussische Erbe, die Bestände der Gründerzeit, die Nazizeit, die ­Verluste nach der Zerstörung 1945, die Zäsur der Teilung, die DDR- und die West-Berliner Moderne, das zeitgenössische Bauen nach der Wende. Diese Brüche machen Berlin für Touristen so interessant und gleichzeitig das Bauen so umstritten. In welchem Verhältnis sollten die historischen Schichten stehen?
    Es gibt im Spannungsfeld zwischen Zerstörung, Erinnerungskultur und Vergessenwollen in dieser Stadt keinen Common Sense darüber, wie man mit den verschiedenen Schichten umgehen will. Das erstaunt mich immer wieder. Berlin ist architektonisch offensichtlich eine historisch gemischte Stadt. Das ist sogar das eigentlich Besondere an ihr. Sie sollte nur auch dazu stehen. Aber offenbar ist vor allem die Distanz zur jüngsten Geschichte noch nicht gross genug, um sich darauf zu einigen.

    ....

    Es heisst, dass Sie vor allem am Erhalt der DDR-Moderne und dem zeitgenössischen Bauen interessiert seien. Für den Wiederaufbau des preussischen Berlin, etwa des ­Stadtschlosses, hätten Sie dagegen wenig übrig. Stimmt das?
    Ja, das gibt meine Überzeugung gut wieder. Als ich aus der Schweiz nach Berlin kam, aus einem Land, das nicht damit konfrontiert ist, dass Geschichte nicht mehr sichtbar ist, weil sie zerstört wurde, brachte ich eine feste Überzeugung mit: keine Rekonstruktionen. Wiederaufbau war für mich Geschichtsfälschung. In Berlin musste ich meine radikale Haltung differenzieren. Es war eine Folge davon, dass ich mich mit der Stadtgesellschaft auseinandergesetzt habe. Ich bin immer noch der Meinung, dass die besten Zeugen der Geschichte die Originale sind. Nichtsdestotrotz . . .


    Berlin rekonstruiert ohne Ende.
    Nicht nur Berlin, das ist in allen Städten Deutschlands ein grosses Thema. Das Bedürfnis, gewisse Zeugen der Geschichte wieder räumlich und haptisch vor sich zu haben, ist stark, weil diese das Erinnerungsvermögen stimulieren und die Bürger mit dieser Hilfe ihre Stadt wieder besser lesen können. Selbst beim zeitgenössischen Bauen gibt es eine grosse Vorliebe für historisierende Architektur. Sie spiegelt eine Sehnsucht, alte Zeiten und deren vermeintliche Gewissheiten zurückzuholen.

  • Ich musste sofort lachen! Guter scherz! Danke campus solis!
    Das hat mir jetzt echt Freude bereitet. :daumenoben::applaus:

    Das freut mich, liebe/r Bohnenstange, dass ich dir eine Freude manchen konnte. :D Allerdings ist es doch leider eher zum heulen, statt zum lachen. Ich wollte mir ursprünglich noch die Mühe machen, jeweils ein Foto mit einzufügen, aber ich glaube, wir wissen alle wie es dort aussieht... Ich schlage vor, eine extra Stadtrundfahrt für schweizerische Touristen anzubieten: "Regulas Berlin-Ausrufezeichen"


    Zitat von Tagesanzeiger

    Berlin rekonstruiert ohne Ende... Selbst beim zeitgenössischen Bauen gibt es eine grosse Vorliebe für historisierende Architektur ...

    Schön wär´s! Die Realität sieht anders aus!

  • Man möge mir das fehlen eines Beweisfotos verzeihen... aber an der Kreuzung Chausseestraße/Torstraße wird doch gerade tatsächlich die Kuppel eines gründerzeitlichen Eckhauses rekonstruiert.

    Bin da neulich schon vorbeigefahren und wunderte mich dass die an dem Haus schon wieder rumbauen. Doch siehe da: Seit heute hat das Haus wieder eine "historische" Kuppel.

    Am Ufer der Sonne wo die wesen vom sehen träumen ist in Echtzeit überall Nacht