Größe von Gebäuden um 1900 in Großstädten

  • Gestern habe ich etwas Zeit auf Google Street View verbracht, um mir Madrid anzuschauen. Alle die ich kenne waren schon immer nicht sehr begeistert davon, also nicht enttäuscht, aber fanden, dass es nichts faszinierendes war. Ganz ehrlich, nachdem ich mir die Bilder gestern auf SV angeschaut habe, war ich total beeindruckt von der Stadt. Es ist eine Art kleineres Paris. Wie im Grunde viele auch südamerikanische Großstädte, man sieht dass sie alle sehr von Paris beeinflusst sind. Allerdings lassen sich auch viel größere Gebäude bemerken, und zwar größer in dem Sinne, dass sie viel weiter in die Höhe gehen, also fast schon mit amerikanischen Einflüssen – auch in Madrid. Das müssen so Gebäude aus den 20ern sein.

    Mich interessiert, wieso damals eigentlich in diesen Städten so groß gebaut wurde, denn so viele Leute haben damals in Madrid, Buenos Aires, etc. gar nicht gelebt. Und ich mache hier gerne den Vergleich mit Wien. In Wien kommt man sich wirklich wie in einem Dorf vor. Es gibt nicht sehr viele enorm große Bauten, außer im ersten Bezirk bzw. um den Ring herum. Man sieht wo das Zentrum liegt und hat es schnell hinter sich, danach folgen im Grunde nur Gründerzeitbauten, die in geschlossener Bauweise gebaut wurden und deren Größe mit dem zunehmenden Abstand zum Zentrum niedriger werden.

    In Madrid fühlt man, was ich gesehen habe, wirklich die Großstadt. Es sind alle mögliche Gebäudestrukturen zu beobachten, auch viele Gebäude mit Gärten oder Ähnliches im Zentrum, wie es sie zB auch in London gibt. Und es sind wie gesagt viele riesige Gebäude zu beobachten. Dabei war die Zahl der Bevölkerung in Madrid um 1900 etwa ein Viertel deren von Wien. Und doch hat die Stadt dieses Großstadtflair, das Wien einfach nicht hat.

    Woran lag das? Wieso wurde so gebaut? War es einfach nur purer Protz? Irgendwie denke ich es hat andere Gründe gehabt, aber ich komme nicht drauf.

  • Nachtrag: Tatsächlich stammen viele Gebäude, zum Beispiel an einer der Hauptstraßen Madrids, die Gran Via, aus den 1920er und manche auch aus den 1930er Jahren. Manche Architekten sollen sich tatsächlich von amerikanischen Gebäuden inspiriert lassen haben, ein Architekt soll angeblich sogar nach Manhattan gereist sein um dann ein Gebäude in Madrid zu entwerfen.
    So wenige Bewohner, und doch so riesige Bauten.

  • Wenn du von "großen Bauten" sprichst, meinst du wohl vor allem die Höhenentwicklung. In dieser Hinsicht sticht Spanien in der Tat hervor. Nur mutet etwas seltsam an, dass du Madrid ausgerechnet mit Wien vergleichst, denn Wien unterscheidet sich von allen deutschen Großstädten durch eine gesteigerte Bauhöhe im Zentrum der Stadt. Statt der in ganz Berlin vorfindlichen vier Oberstockwerke (weiter draußen drei), wird die Wiener Innenstadt von Mietshäusern mit fünf Oberstockwerken beherrscht.

    Aber grundsätzlich stimmt es, dass die romanischen Länder, allen voram Spanien sich schon seit langem zum hohen Bauen und zu extremer Dichte bekennen, so dass selbst kleine Großstädte wie etwa Murcia im Südosten das Erscheinungsbild einer Metropole haben. Es hat ja mal irgendjemand formuliert, dass allein die romanischen Völker ein ausgeprägtes Verhältnis zur Urbanität haben, während in den germanischen Völkern immer das Bestreben vorherrscht, urbane Größe und Höhe eher zu meiden und dem ländlich-lockeren den Vorzug zu geben. Die Germanen waren eben keine Städtebauer wie die romanisierten Völker, und so waren bei uns selbst Hochhäuser lange Zeit nur mit reichlich Abstandsgrün geduldet - abgesehen davon, dass Hochhäuser ohnehin kein urbanes Raumerleben nach dem Vorbild von Madrid oder Valencia schaffen.

  • Sean. Ich habe dass auch so erfahren: Tarragona erscheinte mich ein Grosstadt da fast alle Bauten in der Innenstadt 8 Stockwerke besitzen. Bilbao genau desselbe.....Dann überall wo man hinschaut besitzen die Häuser Laden, Terassen was auch sehr urban aussieht. Estepona ein nicht so grosse Stadt aber ausgerüstet mit schöne Boulevards zum Flanieren und Kaffee trinken. Genau war das vom 1900 bis 1940 in D. Grosstädte auch der Fall.

    Meisten Kleinstädte in Italien haben auch öfters 4 oder 5 Stockwerken, Keller und Dachboden noch dazu. Im Dörfer der Hautes Alpes auch dasselbe. Kan die aber keinesfalls mit Berlin vergleichen!!!
    Ursache: die Bauten wurden vom heissen Klima herr dicht zu einander gebaut um Schatten zu schaffen zwischen den Bauten wo es am heissen Wetter doch recht angenehm bleibt. Auf engster Raum bauen hat vorteilen dass Wasser und Elekr. Leitungen über geringen Abständen zwischen Häuser (an der Aussenseite) angelegt werden dürfen. Abwässerung gleich.

  • Ziemlich simpel. Immobilienpreise. Erst nachdem Zweiten Weltkrieg setzten wie überall auch große Eingemeindungen der Dritten und Vierten Speckgürtel ein. Davor haben eben jene eine gefühltes oder reales Notwendiges "Wachstum" in der Fläche "versperrt". Hinzu kommen sicher auch spekulative Aspekte. Ernsthafte klimatische Überlegungen spielen wohl eher eine untergeordnete Rolle die eher in Details wie z.b. Hinterhöfen bahn brechen.

  • allein die romanischen Völker ein ausgeprägtes Verhältnis zur Urbanität haben,

    Ich mag diese Feststellung nicht beurteilen, doch fällt mir auf, daß schon die Römer in ihren großen Städten selbst nach heutigen Maßstäben sehr stattlich und dicht gebaut haben. Zu den insulae schreibt die Wikipedia:
    "Es waren in der Regel mehrstöckige Gebäude mit 6 bis 7 Etagen, wobei sich im Erdgeschoss häufig Geschäfte (tabernae) befanden und in den Stockwerken darüber die Wohnungen (cenacula) der Mieter. [...] Für die Insulae führte Augustus eine Höhenbegrenzung von 21 m [...] ein."