• Etwa gleichzeitig mit dem Schloss in Heiligenberg wurde im unweit entfernt gelegenen Messkirch die sogenannte Liebfrauenkirche grundlegend umgebaut und erweitert. Nachweislich ausführender Architekt war Jörg Schwarzenberger der aufgrund Verwandtschaftlicher Beziehungen der in Messkirch und Heiligenberg ansässigen Grafenfamilien auch am Heiligenberger Schloss in irgendeiner Form beteiligt war. Das Auftreten der Blendarkaden an beiden Bauwerken, insbesondere am jeweiligen Glockenturm wird bislang Schwarzenberger zugeschrieben.

    Vollständigkeitshalber muss gesagt werden dass in Messkirch der achteckige Aufsatz ein ursprüngliches Zeltdach mit Eckfialen ersetzte, während in Heiligenberg der Aufsatz original ist und lediglich die Zwiebelhaube eine spätere Modernisierung darstellt.

    Messkirch Schloss

  • Rund 20 Jahre bevor Schwarzenberger die Liebfrauenkirche errichtete und an den Schlössern in Heiligenberg, Wolfegg und Hechingen beteiligt war, wurde in Messkirch das Obere Schloss neu erbaut. Schwarzenberger war vormals in Landsberg am Lech tätig und wurde scheinbar für dieses Großbauprojekt in diese Region geholt. Das Schloss in Messkirch gilt als Vorbild für die später errichteten Schlossbauten in Heiligenberg, Wolfegg, Hechingen und Zeil. Da die drei letztgenannten auch an der Fassade verändert oder gar abgebrochen wurden, sind Heiligenberg und Messkirch die letzten Bauwerke dieser Reihe an denen wenigstens die Fassade zu größeren Teilen über die Zeit gekommen sind.

    Die Aufnahmen sind teilweise schon etwas älter, ich bitte die Qualität zu entschuldigen.

    Messkirch Schloss
    Ansicht von Südosten auf den sogenannten Kastelltypus. Der hier hauptsächlich erkennbare Talflügel wurde übrigens nach Einsturz im Jahre 1800 leicht verändert wiederaufgebaut.


    Messkirch Schloss
    Von dem als Vierflügelanlage konzipierten Bau wurden nur drei Flügel realisiert. Anstelle des Vierten Flügels blieb bis heute ein Teile des Vorgängerbaues stehen. In Heiligenberg wurde dieser Bautyp für den Vorhof verwendet, dort jedoch von Anfang an als Dreiflügelanlage mit nur zwei Ecktürmen.


    Messkirch Schloss
    Im Unterschied zu den Vorbildern in Frankreich und Italien sind die Durchfahrten aus der Mitte gerückt. Die entstandene Asymmetrie wurde offenbar zugunsten einer Blickachse zum Kirchenportal in Kauf genommen. Der Treppenhausanbau links ist eine jünger Zutat.


    Messkirch Schloss
    Während die andern Fassaden dreigeschossig wirken, ist die Seite zum Hofgarten aufgrund der Topographie nur zweigeschossig. Dafür sind hier die Türme mit einem zusätzlichen Zwischengeschoss versehen.


    Messkirch Schloss
    Als einziges Bauteil besitzt die Remise Blendarkaden.

    Einmal editiert, zuletzt von Jörg Mauchen (31. Juli 2016 um 13:49)

  • Hinweis an die Moderation

    Diese Beiträge behandeln vorrangig die Vorbilder und Verwandten Bauten von Schloss Heiligenberg. Wenn diese in eine eigene Galerie kommen müssen, sollte dieser eher mit "Renaissance in Süddeutschland" benannt werden.

  • Weiter geht's mit den Durchfahrten und Portalen. Bei letzteren wurden wahre Meisterwerke geschaffen.


    Messkirch Schloss
    Die östlich Durchfahrt führt vom Schlossgarten in den Inneren Hof. Dies war einst der eigentliche Zugang, auf dieser Ansicht jedoch nach außen fotografiert. Spätere Pläne sahen noch einen Durchgang zum äußeren Hof vor, ob solche Pläne schon zur Erbauungszeit existierten, kann nur noch spekuliert werden. Auffällig ist dass die Stucktonne in Form eines Segmentbogens ausgeführt ist. Nahezu sämtliche anderen Sturzbögen sind wie in der römischen Antike als Rundbögen ausgeführt. Der Grund hierfür liegt in einem Verbindungsgang über dem Stadtseitigen Portal. Einmal mehr wurde hier die praktische Nutzung über eine strenge Fassadengestaltung gelegt.
    Das Hofseitige Portal fehlt, stattdessen findet sich hier wenig illusionistische Fassadenmalerei, wofür die Renaissance ja bekannt ist. Da Besucher beim Eintreten das Portal nicht im Blick hatten, wurde ein aufwendig gestaltetes Portal hier wohl für überflüssig erachtet.


    Messkirch Schloss
    Die Hoffassaden ähnlich schlicht gehalten wie die Außenfassaden, Arkadengänge wie bei den Vorbildern in Italien und Frankreich, fehlen vollständig. Bei Heiligenberg und Wolfegg wurden zumindest auf einer oder zwei Seiten solche errichtet. Das doppelte Gesims spiegelt die innere Geschosseinteilung wieder. Die teils offenen Okuli dienen der Belüftung der Zwischendecken. Diese sind durchgehend als Sprengwerke ausgebildet, wodurch keine der Innenwände tragende Funktionen erfüllen muss.
    Von den beiden Portalen steht nur das rechte, heute vermauerte, an seinem ursprünglichen Platz. Das linke wurde im 19. Jahrhundert von seinem Platz in der Mitte des hier rechts befindlichen Talflügel, an die heutige Stelle am Haupttreppenhaus versetzt. An der ursprünglichen Stelle erinnern noch zwei Wappentaffeln daran.
    Die Ansicht ist heute durch einen Aufzug verstellt.


    Messkirch Schloss
    Portal im Stadtflügel


    Messkirch Schloss
    Der Parkflügel wurde als letztes errichtet, weshalb er die reichhaltigste Ausstattung erhielt. Dieses Portal sollte möglicherweise in die Kapelle führen. Der entsprechende Platz wurde aber noch Langezeit von einem älteren Bauwerk verstellt.


    Messkirch Schloss
    Portal zur westlichen Durchfahrt die zum Hofgarten führt. Sein westliches Pendant konnte nur als Dreiecksgibel ausgeführt werden, da die hier über den Stadtgraben führende Brücke aufgezogen werden konnte.


    Messkirch Schloss
    In der Durchfahrt befindliche Tür zur ehemaligen Kapelle.


    Messkirch Schloss
    Auch die Stucktonne ist hier wesentlich hochwertiger ausgebildet.

  • Danke für den Vergleich zum Schloss Heiligenberg.

    Zum vorangehenden Beitrag: das sind wirklich zwei prächtige Portale - nicht nur wegen ihrer Architektur, sondern auch wegen ihres Erhaltungszustands. Sie sind nicht überrestauriert, sondern schadhafte Substanz ist einfach gesichert und nicht ersetzt worden. Trotz der vielen Schäden sieht man ihnen an, dass sie gepflegt werden. Ein Hauch von Akropolis in Athen oder Kolosseum in Rom ist doch authentischer. Das Portal der westlichen Durchfahrt zum Hofgarten scheint allerdings recht stark abgeschliffen worden zu sein.

  • Von Seiten der Stadtverwaltung als Bauherrschaft war seinerzeit angedacht die Portale weitgehend zu ersetzen, so wie dies bei den Gurtgesimsen erfolgte. Die Denkmalpflege widersprach jedoch und bestand auf weitestgehenden Erhalt von Originalsubstanz.

    Mit unseren Denkmalschützern ist das ja so eine Sache, mal monieren sie irgendetwas unbedeutendes, mal sind sie völlig untätig, aber allzu oft haben sie schon ein Disaster verhindert.

  • Abschließend noch zu den Innenräumen. Von diesen ist im Gegensatz zur Außenfassade nur sehr wenig erhalten geblieben. Als einziger Raum hat der Saal seine erbauungszeitliche Gestaltungselemente teilweise bewahren können. Angeblich soll er genau so groß sein wie jener in Heiligenberg. Da die Durchfahrt aber das untere Geschoss blockiert ist er nur eingeschossig. Die Decke ist jedoch um rund einen Meter in den Dachraum hinaufgedrückt worden.

    Messkirch Schloss
    Glanzstück des Saales ist die Kassettendecke, die nachdem der Saal im 19. Jahrhundert auf ein Drittel seiner Größe reduziert wurde, nun wieder in ihrer vollen Größe wiederhergestellt wurde.


    Messkirch Schloss
    Die Kassetten sind mit Schablonenmalerei versehen, die Heiligenberger Decke hingegen besitzt opulente Schnitzereien.


    Messkirch Schloss
    Ebenfalls zur originalen Ausstattung gehört dieser Kamin, sein Pendant auf der gegenüberliegenden Seite fiel den Umbauten im 19. Jahrhundert zum Opfer.


    Messkirch Schloss
    Von den vier Saaltüren ist nur noch diese eine Zarge erhalten. Die restlichen Zargen, sowie die Türblätter wurden nach dieser Vorlage rekonstruiert.


    Messkirch Schloss
    Von der im gegenüberliegenden Flügel gelegenen Großen Tafelstube sind nur noch rudimentäre Reste erhalten. Nur schlecht zu fotografieren ist dieser Rest der einst zwei Drittel des Saales umfassenden Kassettendecke.


    Messkirch Schloss
    Diese Stube besaß eine aufwändigere Wandgestaltung als andere Räume, die wie die Decke bereits im 18. Jahrhundert teilweise zerstört wurde.


    Messkírch Schloss
    Die innere Erschließung erfolgte Ausschließlich über Wendeltreppen, die wegen Brandgefahr besonders zahlreich waren. Sie fielen alle den Umbauten im 18. Jahrhundert zum Opfer und sind nur noch im Keller sichtbar.


    Messkirch Schloss
    Nicht mehr aus der Erbauungszeit, sondern so etwa von 1600, stammen diese Stuckkassettendecken im Haupttreppenhaus und den angrenzenden Turmzimmern.

  • Jetzt kann ich auch ein paar Bilder von Meßkirch liefern.

    Die kleine Altstadt von Meßkirch besitzt zwar keine gewaltigen Bausünden, aber der Umgang mit dem Altbaubestand ist geradezu schockierend (vgl. Meßkirch, wo es ja nur schlechte Nachrichten gibt). Vor allem die Hauptstraße südöstlich des Marktplatzes ist deprimierend. Man kann sich schwer vorstellen, dass das mal die "Hauptstraße" gewesen sein soll. Sie stellt sich verwahrlost und verlottert dar.

    Eine historische Ansicht von 1575:

    https://www.messkirch.de/de/B%C3%BCrger…it/Historisches

    Meine Bilder sind bei starker Sonneneinstrahlung entstanden und sind daher dementsprechend.