Dresden, Altstadt - Umbau Kulturpalast

  • Ich hatte heute Gelegenheit, der öffentlichen Generalprobe der Philharmonie beizuwohnen. Die Akustik ist fantastisch. Ich denke, hier ist ein Konzertsaal entstanden, der auf lange Sicht der Dresdner Philharmonie einen mehr als angemessenen Rahmen geben wird und zweifellos zu den besseren Konzertsälen im Lande gehört. Unbedingte Empfehlung! Wer die Gelegenheit hat, sollte sie sich nicht entgehen lassen.
    Das Finale von Beethovens Neunter mit Schillers Ode an die Freude war schlicht überwältigend, in jeder Hinsicht. Zu den Philharmonikern kam dann noch ein ca. 150 Köpfe zählender Chor dazu. Umwerfend!

  • Ja meinst du die Stadt baut extra einen neuen Konzertsaal in das Gebäude ein, der dann schlecht klingt?

    Nein, aber wenn man sich mit diesen Dingen ein bissel auskennt, dann weiß man, dass die Akustik in modernen Bauten immer so ne Sache und ein reines Vabanque-Spiel ist. Siehe Elphi in HH (toller, toller Bau), wo die "Weltakustik", die man versprochen hat, wohl nicht so ganz erreicht worden ist.... Um so toller, wenn in DD, wo man im Vorfeld nicht so großspurig tönte, nun wohl eine hervorragende Akustik entstanden ist... Aber schaun mer mal... bzw. hörn mer mal...

  • Also, ich bin kein Fachmann für Akustik, aber ich konnte an meinem Platz jedes Instrument deutlich hören, und auch die Solisten waren klar zu hören. Ähnliche Aussagen habe ich auch von anderen gehört. Es wurde wohl in der Planungsphase schon ein hoher Aufwand getrieben, und auch in der Umsetzung. Das hat sich wohl gelohnt. Warten wir mal die Pressestimmen ab.

  • Ich war bisher noch nicht in Dresden oder der Umgebung, trotzdem möchte ich versuchen eine objektive Meinung abzugeben.

    Wenn ich deutschlandweit die Berichte (Presse) verfolge, wird dort überwiegend positiv über den Kulturpalast berichtet. Ich weiß nicht ob ich diese Meinung zu 100 Prozent teilen kann. Wenn ich die Bilder von innen und von außen anschaue, kann ich nichts außergewöhnliches erkennen was mich reizen würde, diesen Ort oder das Gebäude zu besuchen.

    Die Innengestaltung und Einrichtung erinnert mich an ein DDR Kulturhaus, vermengt mit dem Charme der 70er und 80er Jahre (Holzvertafelung und roter Teppich). Wenn ich mir den Konzertsaal anschaue, in den Farben rot/weiß dann könnte man dort wahrscheinlich sofort einen SED/Linke Parteitag abhalten, es würde nicht auffallen.

    Ich möchte deutlich machen das dies eine objektive Meinung ist, genau wie ich diese auch zum Palast der Republik oder dem Hotel Mercure in Potsdam habe. Natürlich würde ich mich freuen wenn diese Gebäude, genau wie der PdR irgendwann zurückgebaut würde, wahrscheinlich aber deswegen weil ich zu all diesen Gebäuden nie einen Bezug herstellen konnte. Ich habe keine Hochzeiten, Silvesterabende gefeiert oder mich einfach mal zu Broiler und Bier in das Restaurant begeben bzw. Freunde getroffen.

    Vor geraumer Zeit stand ich am Eingang des Potsdamer Landtagsschloss und habe auf das Hotel Mercure geblickt. Da habe ich mir die Frage gestellt: Warum hängen die Leute so an diesem Hotel? Weil man aus der 17. Etage einen guten Blick über Potsdam hat? Weil das Personal freundlich ist? Was macht den Charme dieses Gebäudes aus?

    Wahrscheinlich wird es mir beim "Kulti" auch so gehen, weil mich keine Geschichte mit dem Gebäude verbindet und ich keinen Bezug herstellen kann.

  • Werter Meister Lampe!
    Auch ich kenne in Nürnberg kein Gebäude näher, weil ich bisher (nur) durchgefahren bin. Man muß nicht immer eine Geschichte mit dem Gebäude verbinden. Ich war selbst viele Male im ,,alten'' Kulturpalast, war sehr skeptisch wegen dem Umbau. Wenn ich nun die Bilder vom ,, neuen'' Kulti sehe - ich freue mich auf den ersten Besuch! Der Kulti ist ein DDR- Bau - na und? Er war für uns immer einen Besuch wert, man konnte sich drinnen wohlfühlen.Er wurde nicht nur als SED - Bezirksparteitagsstätte genutzt, auch die CDU tagte darin, auch Helmut Kohl war da (meines Wissens nach). Es tut mir leid, wenn alles nur noch ideologisch abgetan wird, was in der DDR geschah, der Kulti hatte einen Mehrzwecksaal - akustisch naja, aber funktionell fast top! Ähnlich der Große Saal im PdR. Ja, freilich auch Parteitagstheater, aber viel mehr kulturell genutzt mit vielen Möglichkeiten, die manches Gebäude ähnlicher Art im Westen vermissen ließ/läßt.

    In der Architektur muß sich ausdrücken, was eine Stadt zu sagen hat.
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten

  • @ Kaffeesachse: wenn man aber Erlebnisse mit dem Gebäude verbindet, dann kann man so manchen Dresdner oder das jeweilige Forumsmitglied besser verstehen.

    Wenn ich Dresden besuchen werde und ich hoffe das klappt dieses Jahr dann werde ich mir die Frauenkirche, das Dresdner Schloss, die Rampsche Straße und den Neumarkt auf jeden Fall anschauen. Sollte ich Zeit finden werde ich wahrscheinlich doch mal den "Kulti" besuchen, evtl. ändert sich ja meine Meinung.

    Einmal editiert, zuletzt von Meister Lampe (30. April 2017 um 14:45)

  • Das wirklich Spannende an diesem Gebäude ist doch die Tatsache, dass man heute nachholen kann, was damals nicht ging. Ein DDR-Gebäude mit heutigen Mitteln zu sanieren bedeutet, dass es in einer Qualität erlebbar wird, die es damals aus Gründen der Mangelwirtschaft so nie gegeben hätte. Schon das allein ist faszinierend.

  • Das wirklich Spannende an diesem Gebäude ist doch die Tatsache, dass man heute nachholen kann, was damals nicht ging. Ein DDR-Gebäude mit heutigen Mitteln zu sanieren bedeutet, dass es in einer Qualität erlebbar wird, die es damals aus Gründen der Mangelwirtschaft so nie gegeben hätte. Schon das allein ist faszinierend.

    Ich habe den Eindruck, dass bei solcherlei Prestigebauten vieles ging, was im normalen Baugeschehen der DDR nicht ging. Qualitativ habe ich nicht den Eindruck, dass der Kulti ähnlichen Bauten in Westdeutschland oder anderswo so viel nachsteht. Bei Kunst am Bau sind solche DDR-Bauten meist gut ausgestattet, seien es hier nun die Türen, das Wandgemälde innen im Foyer oder der "Weg der roten Fahne" außen. Die Handläufe sind aus Makassar-Holz, die Rasterdecke ist zwar auch nur Gips, aber mit gestalterischem Anspruch. Wie Mangelwirtschaft erscheint mir das nicht. Ich habe mir damals den Landtag in Hannover aus den frühen 60ern angesehen, als dessen Abbruch in der Diskussion war - der scheint mir qualitativ nicht so weit entfernt zu sein.

  • Die Innengestaltung und Einrichtung erinnert mich an ein DDR Kulturhaus, vermengt mit dem Charme der 70er und 80er Jahre (Holzvertafelung und roter Teppich). Wenn ich mir den Konzertsaal anschaue, in den Farben rot/weiß dann könnte man dort wahrscheinlich sofort einen SED/Linke Parteitag abhalten, es würde nicht auffallen.

    Naja, was die Farben jetzt damit zu tun haben, erschließt sich mir nicht. Die Architektur des Saales hat nichts von den meist nüchternen Mehrzweckhallen, die gewöhnlich für derlei Parteitage herhalten müssen. Die einzelnen Oberflächen sind vielfach gebrochen und erzeugen sehr bewegte Oberflächen, die große Orgel krönt den Saal.
    Ja, dass der Bau den "Charme der 70er" hat, ist ja Absicht. Die Bauteile um den Konzertsaal herum sind nach Maßgabe der Denkmalpflege nach dem Originalentwurf wiederhergestellt worden, soweit möglich. Dazu gehören auch Holzvertäfelungen und der rote Teppich.
    Ich würde einen Besuch auch empfehlen, eine Meinungsbildung aus der Ferne muss zwangsläufig eingeschränkt bleiben.

  • "Charme der 70er"


    Zum Glück nicht!

    Der Kulturpalast wurde von 1967 bis 1969 errichtet, also in den späten Ulbricht-Jahren. Fast könnte man dankbar sein, dass das Baugeschehen in den Innenstädten zwischen 1970 und etwa 1985 aufgrund der veränderten "Honecker-Doktrin" fast zum Erliegen kam. Die 70er sind in meinen Augen die absolut schlimmsten Jahre der Architekturgeschichte.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Wie viele Quartiere standen denn früher dort wo jetzt der Kulturpalast steht? Man hätte ja bis fast zum Straßenrand bauen können.

    Einmal editiert, zuletzt von porc (6. Mai 2017 um 16:46)

  • Das Quartier von den jetzigen Ausgrabungen an der Schloßstraße ging bis zur Wilsdruffer Straße. Es gab halt inenrhalb noch Durchhäuser, also Hofverbindungen zu den anderen Querstraßen.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Das Quartier von den jetzigen Ausgrabungen an der Schloßstraße ging bis zur Wilsdruffer Straße. Es gab halt inenrhalb noch Durchhäuser, also Hofverbindungen zu den anderen Querstraßen.


    Das stimmt so nicht ganz. Die Rosmariengasse gab es bereits im Vorkriegs-Dresden; nur war sie stark in Richtung Süden verschoben (etwa auf der Höhe der Frauenstraße).

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Scheint, als würden sich die Zeitgenossen ein Propagandazentrum schaffen.

    Zentrum für Baukultur

    Ziemliches Konstrukt - sind sehr fleißig diese Genossen. In der Verwaltung entscheidend tätig, als Architekten geben sie die Varianten einer Entscheidung vor und jetzt möchten sie die Masse bilden und darüber unterrichten, was (ihrer Meinung nach) Baukultur ist.

    Cleverer Schachzug. Für meinen Geschmack aber zu viel g´schmierige Gemengelage privater Interessen eines Vereins, der sich kunstvoll in die wichtigen Positionen manövriert hat.

  • Die Fahnenmasten werden gerade eingerüstet.

    Über Geschmack lässt sich ja Bekanntlich streiten, aber ich finde die Decke der Gaststätte Palastecke einfach nur hässlich.

  • Der Kulturpalast hat den Architekturpreis des deutschen Architekturmuseums 2019 bekommen, der Kulti ist jetzt der "Beste Bau Deutschlands" (siehe Medienbericht). Maßgebend in der Jury: der hier im Forum wohl recht bekannte Peter Cochala Schmal, ein ganz besonderer "Fan" der neuen Altstadt in Frankfurt. Und auch in diesem Fall geht es vermutlich wieder mal mehr um Ideologie als um Geschmack:

    Zitat von Cochala Schmal

    „Die resolute Entscheidung der an sich besonders rekonstruktionsfreudigen Dresdner Bürgerschaft für die Rettung und Eintragung des Kulturpalasts in die Denkmalschutzliste im Jahr 2008 kann man als deutliche Replik auf den zeitgleich stattfindenden Abriss des Berliner Palasts der Republik lesen und auf die Entscheidung des Bundestags, dessen Vorgängerbau zu rekonstruieren, das zu DDR-Zeiten abgerissene Berliner Stadtschloss“.


    Mal ehrlich: Der Konzertsaal mit seinen 'Weibergterrassen' ist sicherlich sehr gut gelungen, aber ist dieser Preis nicht ein wenig übertrieben?? Von außen ist der Kulti trotz Sanierung jedenfalls auch weiterhin keine Zierde für die Stadt.