Und das ist ausgerechnet bei der historistischen Architektur der Augustusplatz-Front der Universität der Fall gewesen, einer Architektur, wie sie zwischen Tokyo und New York sowie zwischen London und Kapstadt en masse existiert?
Das kann ja jetzt wohl kaum ernst gemeint sein. Ausgerechnet die Paulinerkirche sollte also nicht zu dem gehört haben sollte, was Wesen, Bild und Seele Leipzigs ausmachte?! Dann gehört St. Sebald wahrscheinlich auch nicht zu dem, was Wesen und Seele Nürnbergs und die Frauenkirche nicht zu dem, was Wesen und Seele Münchens ausmacht.
Das, mit Verlaub, ist lediglich die verbohrte Ansicht einer kleinen Minderheit aus Kreisen der Traditionalisten und Modernisten. Ja, ja, die in diesem Forum so geschätzten Ultra-Modernisten lehnen den Neubau mit den gleichen (Schein-)Argumenten ab. Irgendetwas muss der Neubau also genau richtig gemacht haben. Ist der Neubau nun eigentlich eine "postmoderne Albernheit" oder ein "albernes Ungetüm"?
Ja und, dann gehöre ich halt zu einer Minderheit. Mit dem Strom schwimmen in diesem Land eh schon seit jeher genug. "Verbohrt" sind allerdings eher die dogmatischen, philosophisch nicht aufrecht zu erhaltenden Ansichten der Rekonstruktionsgegner.
Ich habe übrigens überhaupt nichts gegen qualitätvolles modernes Bauen (wozu ich die "neue Paulinerkirche" aus den von Kapitell detailliert angeführten Gründen freilich nicht halte). Allerdings ist die Bau-Aufgabe in den kriegs- und nachkriegsversehrten deutschen Innenstädten einfach eine andere.
Ich kann weder verstehen, noch akzeptieren, dass angesichts des unfassbaren Ausmaßes der Vernichtung der steingewordenen Geschichte eines ganzen Landes, angesichts der größten Kulturzerstörung, die die Menschheit je gesehen hat, immer noch um jede einzelne Rekonstruktion in einer deutschen Stadt jahrelang mit größtem Einsatz gerungen werden muss. Gerungen gegen bornierte und verdummte Architekten und banausische Lokalpolitiker.
Mit "Traditionalismus" hat das übrigens nicht das mindeste zu tun. Es geht schlicht um die Wiedergewinnung unserer verlorenen kulturellen Identität. Wo es darum nicht geht, also außerhalb der ehemaligen Altstädte, soll gerne so modern wie möglich gebaut werden. Warum sehen das aber die Architekten nicht ein und warum die Lokalpolitiker? Warum müssen sie sich immer einmischen und jedes Rekonstruktionsprojekt verwässern oder gleich ganz zu Fall bringen?! Warum?