USA - Neoklassische Architektur

  • Mal wieder ein Update aus den USA: die Universitäten von Virginia: in Charlottesville (UVA) und Williamsburg (William & Mary), sowie UNC in NC.

    UVA wurde von President Jefferson entworfen und ist heute UNESCO Weltkulturerbe. W&M ist nach Harvard die zweitälteste US Universität. Die Unis sind blitzsauber - kein Graffiti nirgendwo. Alle neuen Gebäude sind im klassischen Stil perfekt in die beiden Universtäten eingepasst. In den historischen Zimmer leben immer noch Studenten. Die Uni stellt jedem Bewohner einen Schaukelstuhl vor die Tür. UVA ist eine public university (17.000 Studenten - Harvard: 12.000 Studenten). Da neue Gebäude meist aus Spendengeldern finanziert werden, kann man sich einen aufwendigen historischen Baustil leisten. Allerdings baut der Staat hier eher immer traditionell. Nach dem letzten Bauerlass (von Trump) ist ein klassicher Stil sogar vorgeschrieben.

    stadtbild-deutschland.org/foru…dex.php?attachment/37028/

  • Hier nun einige Beispiele moderner Architektur an den Universitäten. Ich habe mal ein altes Fenster aus dem 17. Jahrhundert neben den eines Neubaus gestellt. Man sieht, dass man sich bei der Gestaltung durchaus Gedanken macht. Der große Querriegel-Bau ist die (UNC) Sporthalle, gefolgt von einem neuen Lehrgebäude.

  • William & Mary in Virginia. Hier ist alles historisch, der Ort liegt idyllisch zwischen James und York River. Das berühmteste Gebäude ist der sogenannte Wren Bau (hier nicht abgebildet). Die Uni bildet eine sehr schöne Gesamtanlage, gleich daneben liegt die historische Stadt, die heute eine Touristenattraktion ist. Virginia liegt etwas abseits der Touristenströme, daher sieht man dort eigentlich nur Amerikaner als Besucher.

    Der gesamte neben W&M liegende Ort ist heute ein Museumsort. Interessant dabei ist, dass der Milliardär Rockefeller in den 1920er Jahren alle Ländereien um die Stadt aufgekauft hat, um eine kommerzielle Entwicklung zu verhindern. Es führt von Yorktown z. B. ein 21km langer Zubringer in die Stadt, der selbst wie eine Zeitreise angelegt ist : keine Stromleitungen, keine Tankstellen, keine anderen Gebäude zu sehen, so dass man sich tatsächlich ins Colonial America versetzt fühlt. Man hat auch die Highways umgelegt, um einen gebührenden Abstand zur historischen Stadt zu erhalten. Im Ort sieht man Pferde und Schafe grasen. Die Hotels etc. hat man außerhalb hinter einem Wald als Blickfang angesiedelt.

    Die Hinweisschilder sind bereits angepaßt:

  • Wieder mal ein Blick über den Teich: dort ist ja klassizistische Architektur immer noch 'mainstream'. Aus dem Traditional Building Magazin hier mal ein Beispiel einer Firma, bei der man seine Säule zur Hausverschönerung bestellen kann. Die Hausfassade sucht man aus dem Katalog aus.

    https://columns.com/projects

  • Snork 9. Oktober 2021 um 19:17

    Hat das Thema aus dem Forum USA nach USA verschoben.
  • In jeder Hinsicht gelungen und wunderschön geraten ist die "Radcliff Hall" der Longwood University in Farmville (Virginia). Der Neubau zitiert Palladio sowie Federal Style und fügt sich in das Gefüge ein, als ob es seit Kolonialzeiten dort steht. Explizit betonen die Architekten, dass sie sich einerseits am Baustil der Unigebäude aber auch Stadtbild orientierten, da der Neubau als Scharnier zwischen den beiden fungiert. Man beachte das neu entstandene malerische Ensemble aus Neubau, neuem Obelisk sowie alter Kirche im englischen Landstil garniert mit historischen Laternen. Von A bis Z eine grossartige Leistung.


    Zitat

    The building extends the University’s Jeffersonian Classical tradition, offering a recognizable front door to the campus experience and making a strong visual connection with the character of the historic campus. The building’s scale, massing, and details also respond to the adjacent historic residential fabric. The building’s wings, pitched slate roof and chimneys evoke a residential quality and a welcoming first impression, while the main “house” draws upon Palladian-Jeffersonian inspired civic proportions which relate to the scale of the historic campus.

    Radcliff Hall, Farmville (Virginia)

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Vom gleichnamigen Architekturbüro stammt auch die Christopher Newport Hall der gleichnamigen Universität in Virginia. Da lasse ich einfach die Bilder sprechen.


    Bilder

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Außer dass man den Gebäuden ansieht, dass sie erst vor kurzem erbaut wurden, kann ich nichts kulissenhaftes erkennen.
    Wahnsinn, von sowas kann man hier nur träumen...
    Aber in Amerika gelten Tradition und Konservatismus in weiten Teilen der Bevölkerung noch als etwas positives, was solche Architektur begünstigt, während diese Dinge hier wie der Teufel bekämpft werden.

  • Hm, möglicherweise habe ich diesen Eindruck tatsächlich, weil auf den Bildern alles brandneu und geleckt aussieht. Die Fassade erscheint auf diesem Bild aber wie aufgeklebt. Die Fenster sind fast auf gleicher Linie. Nun, ist nur meine persönliche Empfindung.

    Übrigens findet sich auf der Seite der Architekten auch ein ganz ansehnliches Parkhaus mit klassischen Elementen.

    https://www.glaveandholmes.com/projects/mason-street-parking-deck

  • Die amerikanischen Architekten schreiben auf Ihrer Homepage über sich:

    "WE BELIEVE that GREAT ARCHITECTURE
    is contextual, timeless, and has
    the capacity to engage the intellect
    and elevate the human spirit."

    Deutsche Architekten schreiben über sich folgendes:

    "WE BELIEVE that GREAT ARCHITECTURE

    must create fractures, be built with building materials
    that are not sustainable and that make people uncomfortable."

    :wink:

  • Hier zeigt sich an einer banalen STRIP MALL in Virginia, dass die Amerikaner nur einen Maurer mit Phantasie brauchen, um ein ordentliches Gebäude zu fertigen (Im T Mobile Laden links bietet man einen 1GB/s Festnetz Anschluss an mit maximal 24h Stunden Wartezeit auf einen Installationstermin).

  • Heute Artikel in Bloomberg über den Widerstand zu haesslicher Architektur: “A movement known as Architectural Uprising is pushing back against Scandinavian design trends and sometimes forcing architects back to the drawing board.”

    Der Artikel ist dann selbst bebildert mit Beispielen von Rasterkisten vs traditioneller Architektur, und handelt vom Widerstand der Gemeinden gegen Renditekisten. Die gleiche Diskussion gibt es in den USA auch. In vielen Städten gibt es daher Bauverordnungen, die nur noch traditionelles Bauen zulassen (USA, vor allem in traditionellen Städten wie Charleston etc.). In meiner Stadt muss jede Garage im Hinterhof von einer Stilkommission genehmigt werden. Das ist zwar bürokratisch, ermöglicht aber schönes Bauen. Die Gemeindesitzungen werden live im Kabelfernsehen übertragen, und ich kann als Bürger vom Sofa aus per chat meine Eingabe direkt in die Sitzung leiten. Die Architekten müssen dann zum Teil 3-4 Mal vorsprechen. Die Bepflanzung (Strassenbaeume und Vorgarten) wird von einer Tree-shade-commission genehmigt.

  • Neubauten in unserer Nachbarschaft. Alles in Holzrahmenbauweise. Davor wird einen Spanplatte gesetzt, dann Isolierfolie, darauf kommt die Steinfassade. Die Wärmedämmung ist innen. Sie wird wie in deutschen Dachstühlen einfach eingesteckt. Man beachte beim "Herrenhaus' die stattlichen Schornsteine. Die Eingangstuer ist nur provisorisch. Da kommt dann noch eine stattlichen Pforte hin. Die Maurer kommen übrigens fast alle aus Suedamerika, ebenso die Dachdecker.

    Ich finde die Natursteinfassade nichts angemessen. Eine weisse wie bei diesem Neubau wäre besser:

    Oblong Valley Greek Revival | Chadsworth's Columns