Altranft (Galerie)

  • Altranft ist heute ein Stadtteil von Bad Freienwalde und liegt im Oderbruch. Ehemals war das Dorf ein Fischerdorf, da die Oder sehr reich an Fischen und Krebsen war. Ackerbau war damals wegen der häufigen Überschwemmungen nicht möglich. Nach der Melioration/Trockenlegung des Oderbruchs durch Friedrich d. Gr. gab es zwar keine Fische und Krebse mehr, dafür aber äußerst fruchtbare Ackerböden. Das Schloss in der heutigen Gestalt ist ein neobarocker Neubau von 1876/78, eine Dreiflügelanlage mit stumpfen Seitenflügeln, zwischen denen man über eine Terrasse zum Eingang gelangt. Umgeben ist das Schloss von einem schönen, gepflegten englischen Landschaftspark. Das Schloss ist Teil des Freilichtmuseums Altranft, das über die Geschichte und die Landwirtschaft des Oderbruchs berichtet. Es sind jedoch einige Räume im Obergeschoss des Schlosses so eingerichtet, wie das gehobene Bürgertum oder der Landadel im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wohnte:



    Im Schloss befindet sich u. A. ein Cafe´, in dem man diese Stuckdecke vorfindet.



    Im Cafe´ein Buffet, welches noch zur ehemaligen Möblierung des Schlosses gehören dürfte.



    Hier nun sehen wir die Stuckdecke des geräumigen Vestibüls:


    Der Fußboden des Vestibüls, aus Terrazzo, mit einem Mosaik im Zentrum (Adler mit dem Herzschild der Hohenzollern):


    Im Obergeschoss wurde eine Küche (um 1870) eingerichtet, mit Beständen aus der Sammlung von Charlotte von Mahlsdorf aus dem Gründerzeitmuseum Berlin, Hellersdorf-Mahlsdorf, Hultschiner Damm 333:



    Herd mit Backofen in der Gründerzeitküche:



    Im Speisezimmer, Möblierung ebenfalls mit Beständen des Gründerzeitmuseums Mahlsdorf, hier das reich geschnitze Prunk-Buffet, Nussbaum, Historismus, in Formen der Neorenaissance. In dem unteren Teil der Türen des Buffet-Oberteils sind als Hochrelief geschnitzte Löwenköpfe angebracht, leider auf dem Foto als solche nur schwer zu erkennen. Links vom Buffet ist eine Bibliotheksleiter zu sehen. Sie diente in diesem Falle dazu, dass das Geschirr im oberen Bereich des Buffet-Oberteils für das Personal überhaupt zu erreichen war. Derartige Buffets waren oft um die 3 Meter hoch. In der Ecke rechts ist eine Säule zu erkennen, auf welcher sich eine Büste von Kaiser Wilhelm II. befindet, vermutlich aus Bronze geschaffen.



    Die Stuckdecke des Speisezimmers:

    Ecke des Speisezimmers:

    6 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (19. April 2016 um 22:08)

  • Tischgruppe im Speisezimmer:


    Stuckdecke mit Lüster im Speisezimmer:



    Speisezimmer:



    Im Schlafzimmer:


    Lampe im Schlafzimmer:


    Separate Waschtische für den Hausherrn und seine Frau:



    Im Arbeits- und Herrenzimmer:


    Schreibtisch des Gutsherrn im Herrenzimmer (über dem Schreibtisch ein Gemälde, Kaiser Wilhelm I. darstellend):


    Im Damensalon:



    Damensalon:

  • Damensalon:


    Letztes Bild einer Ecke des Damensalons:


    Einer von zwei Spiegeln auf Konsoltischen rechts und links der Tür zum Speisezimmer:



    Die Dorfkirche von Altranft, 18. Jh., steht auf einem großen mit alten Linden bestandenen Platz gegenüber des Tores zum Schlossgarten:


    Das schlichte Innere mit Kanzelaltar und Herrschaftsempore, das Deckengemälde erst etwa 1920 er Jahre:



    Blick vom Altar zur Orgel und zu den Emporen.


  • Vielen Dank für die Fotos aus einer mir bis dato ziemlich unbekannten Region. Höchst interessant finde ich die gutbürgerlich eingerichteten Räume - so etwas sieht man selten. Ist der Schemel zwischen den Nachttischen für ein nächtliches Geschäft? Und wenn ja, warum hat man es so präsent aufgestellt?
    Ansonsten muss ich aber feststellen, dass sich zur heutigen Zeit gar nicht so viel geändert hat - am auffälligsten ist wohl, dass ein Badezimmer heutzutage zur Grundausstattung gehörte (kam m.W. mit der Gründerzeit auf und ab den 1950er Jahren war es glaube ich Standard). Dank Margarete Schütte-Lihotzky sind unsere Küchen heute kompakter und funktionaler und der Mittelpunkt des Familienlebens ist heute... der Fernseher. Wenn ich es so sehe, hat sich vielleicht doch einiges verändert ;)

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Hallo Booni,

    soweit ich das noch kenne, war der Nachttopf (auch Potschamber von frz. pot du chambre) tagsüber schamhaft hinter der Tür des Nachttisches verwahrt. Der Nachttisch stand direkt neben dem Bett. Nachts, bevor man zu Bett ging, wurde der Nachttopf griffbereit unter das Bett gestellt. Der Nachttopf diente nur für das "kleine Geschäft". Der Große Eimer, der zwischen den beiden Waschtischen auf dem Boden zu sehen ist, besaß einen Deckel und wude an einem Henkel getragen. Dieser Topf war tatsächlich für den Fall des Falles vorgesehen, dass man, was ja selten vorzukommen pflegt, des Nachts sein "großes Geschäft" verrichten musste. Der Deckel diente, wie man sich leicht denken kann, der Minderung übler Gerüche. Man darf nicht vergessen, in kalten Wintern wurden die sehr hohen und großen Räume der Herrenhäuser selbst bei sehr guten Öfen nicht richtig warm und über Nacht, wenn nicht nachgelegt wurde, war es bis gegen Morgen meistens ziemlich kalt. Flure, Treppenhäuser und Klosetts wurden ohnhin nie geheizt und waren in kalten Wintern deshalb auch eiskalt. Gerade ältere oder geschwächte Leute konnten sich da schnell eine Lungenentzündung holen, die damals oft zum Tode führte. Darüber hinaus war der Weg bis zum "Closett" oft sehr weit, in manchen Fällen vielleicht gar zu weit. Hinzu kam, dass man mit Kerzenleuchter und offenem Licht gehen musste. Wenn dann von irgendwoher ein unerwarteter Luftstoß oder Windhauch kam, konnte es vorkommen, dass man plötzlich in einem langen, dunklen Gang stand und den "Lokus" noch nicht einmal erreicht hatte. Sofern einem dann, im dunklen, langen Gang gar noch eine Ratte über den Hausschuh sprang (oder wie es meiner Großmutter in einem solchen Falle widerfahren ist, über den nackten Fuß), dann war es für diese Nacht garantiert um die Nachtruhe geschehen.

    Deshalb war man froh und dankbar, wenn man nachts sein Geschäft in der Schlafstube verrichten konnte und dann schnell wieder ins warme Federbett schlüpfen konnte. Dass der Eimer mit dem Deckel (für das große Geschäft) in einem Schränkchen aufbewahrt wurde, versteht sich von selbst. M. E. hat man ihn hier in dem Schlafzimmer so offen hingestellt, damit die Besucher des Museums ins Nachdenken kommen, wozu man denn so etwas wohl verwendet haben könnte. Der Eimer steht hier unter dem Bidet, das in besseren Häusern auch üblich war und den Damen zur Hygiene diente. Auch das Bidet hatte selbstverständlich einen Deckel, der wenn ich es recht sehe, hier auch fehlt. So, dies war ein kleiner Ausflug in die Kulturgeschichte der Schlafkammern und des Nachtgeschirrs. Und weil es schon so spät ist, wünsche ich allen eine gute und erholsame Nachtruhe.

    4 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (19. April 2016 um 15:32)

  • Danke! So eine schoene Gegend und so gepflegt! Typisch deutsch im positivsten Sinn des Wortes! So etwas gibt es bei uns nur noch in Masuren, aber nicht so schoen saniert! Und die Herrenhaeuser wurden auch alle von den marodierenden Horden der Sowjets gepluendert.