Brighton - London by the Sea (GB) (Galerie)

  • Die südenglische Stadt Brighton, genau südlich von London an der Kanalküste gelegen, ist das größte Seebad ihres Landes. Ihr Boom begann, als der englische Arzt Richard Russell 1747 nach Brighton zog und drei Jahre später eine Schrift veröffentlichte, worin er die gesundheitsfördernden Aspekte des Meerwassers beschrieb. Er eröffnete eine Praxis und lockte schon bald wohlhabende Londoner an die Küste. Bis 1780 hatte sich die Stadt zu einem angesagten Kurort entwickelt, dessen Attraktivität noch gesteigert wurde, als sich der junge Prince of Wales und spätere König Georg IV. hier ein Landhaus kaufte, in dem er sich häufig aufhielt. Später, zwischen 1815 und 1822, ließ er sich an dessen Stelle von dem bekannten Architekten John Nash den exotischen, an einen indischen Mogulpalast mit chinesischer Inneneinrichtung erinnernden Royal Pavilionerrichten (wobei „Pavilion“ dabei natürlich klassisches britisches Understatement ist). Das Schloss ist bis heute die größte Attraktion der Stadt und ein bekanntes Fotomotiv.

    1841 wurde die erste Eisenbahnverbindung nach London gebaut, so dass die Sommerfrischler noch zahlreicher wurden. Der seit 1837 regierenden Queen Victoria war der Rummel in Brighton dann auch bald zu groß. Sie war ungern in Brigthon und kaufte sich stattdessen 1845 lieber ein Landhaus auf der ruhigen Isle of Wight, dass sie wenig später zu einem Schloss im italienischen Renaissance-Stil, dem Osborne Houseumbauen ließ und wo sie insbesondere nach dem Tod ihres Gemahls Albert die meiste Zeit verbrachte. Der Royal Pavilion wurde 1850 an die Stadt verkauft.

    Dem Boom Brightons tat das jedoch kaum einen Abbruch. Die Stadt wuchs und das brachte es natürlich mit sich, dass viel gebaut wurde. Es entstanden immer mehr herrschaftliche Häuser, die Stadt breitete sich nach beiden Seiten an der Küste aus und wuchs bald mit dem weiter westlich gelegenen Ort Hove zusammen. Sie erhielt bald den Spitznamen „London by the Sea“.

    Heute hat Brighton seine besten Tage hinter sich, der ziemlich baufällig erscheindende Brighton Pier, ist heute zu einem Vergnügungspark verkommen (der aber trotzdem sehenswert ist) und der ehemalige West Pier ist nach Sturmfluten und Bränden nur noch eine verlassene Ruine, die aus dem Meer ragt. Trotzdem hat die Stadt sich einen gewissen Charme bewahrt, der natürlich auch von der einstigen Pracht lebt.

    Wer schon mal in England war, der weiß, was typisch ist für seine Wohngebäude: Reihenhäuser. Sie finden sich in bald jedem Ort, prägen sie und sind schon aus der Luft gut erkennbar. Die meisten von ihnen sind recht schlicht, bestehen meist nur aus Erdgeschoss und erstem Obergeschoss und haben im Erdgeschoss meist einen runden oder dreiseitigen Erker.

    In den Städten sind sie auch anzutreffen, haben dort aber einen ganz anderen Charakter, sind größer, herrschaftlicher, repräsentativer. Diejenigen, die ab etwa 1800 in Brighton entstanden, möchte ich hier vorstellen. Es gibt vergleichbare Häuser auch in London und anderen großen Städten, aber in Brighton haben sie eine besondere Ausprägung. Sie sind oft als zum Meer hin offene Plätze angelegt, haben einheitliche, prächtige Fassaden und bilden auf diese Weise ein großartiges Ensemble. Eine Spezialität ist der so genannte Crescent, eine bogenförmig angeordnete Häusergruppe. Als ein Vorbild für diese diente der Royal Crescentin Bath, der bereits zwischen 1767 und 1774 im gregorianischen Stil angelegt wurde, aus 30 Häusern mit einer einheitlichen Fassade besteht und heute zum Weltkulturerbe zählt.

    Aber genug der Worte, es sollen Bilder folgen.

    Zur Einstimmung die Hauptattraktionen der Stadt, der Royal Pavilion, der in natura keineswegs so zuckerbäckerhaft wirkt, wie es vielleicht auf den Bildern scheint. Ein wirklich phantastisches und sehr ungewöhnliches Gebäude:

    1 Royal Pavilion – Panorama Gartenseite

    2 Royal Pavilion – Gartenseite

    3 Royal Pavilion – Detail Gartenseite

    4 Royal Pavilion – Detail Gartenseite

    5 Royal Pavilion – Parkseite (man beachte die vielen Türmchen und Schornsteine)

    Alle Bilder von mir, aufgenommen im Sommer 2014

    So viel für heute. Fortsetzung folgt...

    Einmal editiert, zuletzt von Querido (8. Januar 2016 um 00:19)

  • Prolog Teil 2

    Nur unweit vom Roval Pavilion liegt die zweite Attraktion der Stadt, der Brighton Pier, mit vollem Namen Brighton Marine Palace and Pier. Er wurde in den Jahren 1891 bis 1899 als dritte Seebrücke der Stadt errichtet und ersetzte den ersten, den 1823 gebauten Royal Suspension Chain Pier. Der neue Pier sollte damit mit dem zweiten, dem 1866 eröffneten West Pier konkurrieren, der allerdings seit 1975 geschlossen und seitdem dem Verfall preisgegeben ist.

    Der damit einzig verbliebene Brighton Pier ist 523 m lang. Er erhielt 1901 eine Konzerthalle in seinem Mittelteil und 1911 ein Theater an seinem Kopf. 1973 beschädigte ein Schiff den Pier, insbesondere auch das Theater, das 1986 abgerissen wurde. An seiner Stelle befindet sich heute ein Vergnügungspark mit Fahrgeschäften wie Wasserrutsche, Geisterbahn etc. In der ehemaligen Konzerthalle sind heute verschiedene Glücksspielautomaten und ähnliches untergebracht. Außerdem gibt es Restaurants, Fressbuden und dergleichen.

    6 Brighton Pier – Gesamtansicht

    7 Brighton Pier – Unterkonstruktion

    Wenn man sich überlegt, dass an diesen dünnen Stahl- bzw. Gusseisen-Stützen schon bald 120 Jahre das salzige Meerwasser nagt, macht das für mich als Bauingenieur nicht den vertrauenerweckendsten Eindruck – in Deutschland hätte man das Ding wahrscheinlich schon längst geschlossen…

    8 Blick vom Brighton Pier nach Osten

    Blick auf den kiesigen Strand, der hier relativ steil abfällt. Oberhalb verläuft die Uferstraße mit der Uferbebauung. Das Gelände steigt hier an und mündet wenige Kilometer weiter östlich in die berühmten Kreidefelsen der Seven Sisters. In die entgegengesetzte Richtung, nach Westen, wird das Gelände dagegen zunehmend flacher, die Uferstraße ist dort fast auf Strandhöhe.
    Das Riesenrad (Brighton Wheel) wurde in Deutschland gefertigt und ist 50 m hoch. Es stand zunächst in Südafrika bei der dortigen Fußball-WM 2010, bevor es im Oktober 2011 nach Brighton verfrachtet und hier aufgebaut wurde. Das Baurecht („planning permission“) besteht (zunächst) bis 2016, danach soll es wieder abgebaut werden.

    Alle Bilder von mir, aufgenommen im Sommer 2014

    Soviel zum Vorgeplänkel, das eigentliche Thema folgt demnächst…

    Einmal editiert, zuletzt von Querido (8. Januar 2016 um 23:06)

  • Terraced Houses in Brighton – östlich der Altstadt

    Die Reihenhäuser (englisch: terraced houses) die ich hier vorstellen möchte, stehen eben nicht nur in einer Linie, sondern sind als bogenförmige Gebilde oder als Plätze angelegt und als Gesamtensemble entworfen worden. Die Spezialität in Brighton sind diejenigen, die direkt am Meer stehen und sich zu ihm öffnen.
    Der erste seiner Art, der Royal Crescent, entstand zwischen 1798 und 1807 östlich der Altstadt. Vorbild war offenbar der gleichnamige Royal Crescent in Bath, der ein viertel Jahrhundert älter ist.
    Hier zunächst das Vorbild:

    9 Royal Crescent in Bath (1767 bis 1774):

    eigenes Foto vom Sommer 2005

    10 Royal Crescent in Brighton (1798 bis 1807):

    Da ich kein eigenes Bild habe, habe ich eines aus Wikipedia verwendet und leicht überarbeitet. Public Domain, Quelle

    Die Häusergruppe besteht aus 14 Einzelgebäuden; das erste und letzte steht parallel zur Uferstraße Marine Parade, die 12 dazwischen sind in einem leichten Bogen angeordnet.
    Die Oberfläche der Fassade besteht nicht etwa aus dunkelgrauen Klinkern. Vielmehr ist es eine Eigenart der Region und Zeit. Es handelt sich um eine Art Fliesen, die ähnlich wie Dachziegel überlappend auf eine Unterkonstruktion aus Holz genagelt werden. Die „Fliese“ besteht aus zwei zueinander im Stumpfen Winkel stehenden Seiten, von denen nur die eine am Ende sichtbar ist, so dass sich eine glatte Oberfläche ergibt. Das ganze nennt sich „mathematical tiles“ und ist hier und dort nachzulesen.

    Etwas weiter östlich entstand anderthalb Jahrzehnte später ein ganzes neues Stadtviertel für Wohlhabende, Kemp Town genannt. Bestimmendes Element ist ein Ensemble, das aus der Luft so aussieht:

    11 Kemp Town

    Quelle: Luftbild aus Bing - ich hoffe, ich darf das so verwenden

    Man erkennt eine glockenförmige Anlage, die einen Park umschließt und ebenfalls zum Meer hin offen ist. Der obere, rechteckige Teil heißt Sussex Square, der unten anschließende mit den bogenförmigen Häuserfronten Lewes Crescent. Zu Anlage gehören auch die sich rechts und links anschließende Uferbebauung, links (westlich) die Chichester Tarrace und rechts (östlich) die Arundel Tarrace. Die gesamte Anlage entstand in den Jahren 1823 bis 1855 und war zur Zeit ihrer Fertigstellung die größte ihrer Art in ganz Großbritannien. Chichester, Arundel und Lewes sind übrigens Städte in den Grafschaften East und West Sussex. Die Häuser sind in diesem Fall nicht identisch, lediglich diejenigen an der Chichester Tarrace. Leider habe ich von Sussex Square und Lewes Crescent keine Fotos, einige sind aber hierzu finden.

    12 Arundel Tarrace (1823 bis ca. 1830)

    eigenes Foto vom Sommer 2014

    13 Chichester Tarrace (1823 bis ca. 1830)

    eigenes Foto vom Sommer 2014

    Die Fortsetzung mit dem Westteil (und deutlich mehr Bildern) folgt in Kürze…

  • Terraced Houses in Brighton – westlich der Altstadt (Teil 1)

    Zeitgleich wie die Kemp Town im Osten der Stadt, entstanden auch in ihrem Westteil bzw. der Nachbargemeinde Hove ähnliche Anlagen. Das Viertel nennt sich Brunswick. Zunächst wieder ein Luftbild-Überblick:

    14 Brunswick

    Luftbild aus Bing

    Man erkennt auch hier wieder zwei markante Platzanlagen, die zum Meer hin geöffnet sind. Die östliche von ihnen ist der 1825 bis 1827 angelegte Brunswick Square. Zu ihm gehören auch wiederum die sich rechts und links anschließende Uferbebauung, die 1828 entstandenen Brunswick Terraces. Östlich vom Brunswick Square gibt es noch eine weitere rechteckige Anlage, den bereits 1818 bis 1828 entstandenen Regency Square – von ihm habe ich aber keine Fotos.

    Weiter westlich gibt es wiederum eine Doppelanlage, ähnlich der in Kemp Town, bestehend aus einem Rechteck-Platz (Square) und bogenförmig angeordneten Häuserzeilen (Crescent). Das sind der näher zum Meer hin liegende Adelaide Crescent (1830 bis 1860) und der weiter nördlich anschließende, etwas jüngere Palmeira Square (1855 bis 1870).

    Beginnen wir mit dem Brunswick Square. Ich empfand diesen Platz als eine perfekte städtebauliche Anlage: Er ist rechteckig, besteht aus einer sehr gepflegten Grünanlage mit altem Baumbestand, die auf drei Seiten von den schönen, einheitlichen, aber keineswegs langweiligen Häuserfassaden umgeben ist und die leicht zum Meer hin abfällt. Der Platz strahlt eine unheimliche Ruhe aus und lädt zum Verweilen ein; von der lauten Uferstraße unten am Ärmelkanal bekommt man hier kaum etwas mit.

    15 Bunswick Square (1825 bis 1827) – Blick von der Seeseite

    16 Brunswick Square mit Brunswick Terraces (1828, linke Seite)

    17 Brunswick Square mit Brunswick Terraces (1828, rechte Seite)

    18 Brunswick Square – Blick nach oben

    19 Brunswick Square – Blick Richtung Meer

    20 Brunswick Square - Häuserfassaden

    21 Brunswick Square - Häuserfassaden

    22 Brunswick Square - Häuserfassaden

    23 Brunswick Square - Häuserfassaden

    24 Brunswick Square – obere rechte Ecke

    25 Brunswick Square - Häuserfassaden

    26 Brunswick Square – und zum Schluss noch mal ein Blick zum Meer

    Alle Bilder von mir, aufgenommen im Sommer 2014

    Der 5. und letzte Teil folgt bald…

    Einmal editiert, zuletzt von Querido (10. Januar 2016 um 21:21)

  • Ich habe vier Jahren am Sussex Square - dort gibt zwei grosse Private Parks fur die Anwohner mit eine geheimme Tunnel zum Strand. Lewis Carroll war der berumhreste Anwohner diese Viertel. Heute wohnt Nick Cave dort

  • Terraced Houses in Brighton – westlich der Altstadt (Teil 2)

    Als Abschluss meiner kleinen Serie nun noch ein Blick auf die bereits erwähnte Doppelanlage aus Adelaide Crescent (1830 bis 1860) und Palmeira Square (1855 bis 1870).

    27 Palmeira Square (1855 bis 1870)

    Östliche Seite des rechteckigen Platzes, Blick Richtung Meer

    28 Palmeira Square (1855 bis 1870)

    Blick in die entgegengesetzte Richtung

    29 Adelaide Crescent (1830 bis 1860)

    Östliche Seite, Blick Richtung Meer

    30 Adelaide Crescent (1830 bis 1860)

    dito

    31 Adelaide Crescent (1830 bis 1860)

    Blick in die entgegengesetzte Richtung. Man erkennt die S-Form der Fassadenfront.

    32 Brunswick – angrenzende Straßenzüge

    Landsdowne Place

    33 Brunswick – angrenzende Straßenzüge

    Landsdowne Place

    34 Brunswick – angrenzende Straßenzüge

    Landsdowne Place

    35 Brunswick – angrenzende Straßenzüge

    Holland Road

    Alle Fotos von mir, aufgenommen im Sommer 2014

    *** Ende ***

    Einmal editiert, zuletzt von Querido (10. Januar 2016 um 22:07)

  • Einen Tag war ich auch in Brighton, ein Ausflug, der sich wirklich lohnt. Einige Aufnahmen gibt es in der Galerie bereits, ich ergänze diese um einen Rundgang vom Bahnhof zum Strand und wieder zurück.

    Wir starten am Bahnhof

    Der Bahnhofsvorplatz

    Hauptstraße Richtung Meer


    Säule im Angedenken Queen Victorias

    APH - am Puls der Zeit

  • In Brighton stehen noch viele kleine alte Häuschen mit typisch englischem Charme

    Dann kommen wir zur Seeseite, da werden die Bauten deutlich mächtiger

    Blick aufs Wasser, was dieses Stahlgerippe dort soll weiß ich nicht.

    Hier wird tatsächlich ein Gebäude rekonstruiert

    APH - am Puls der Zeit

  • Auch die umgebende Bebauung weiß zu gefallen

    Das kleine Schloss liegt eingebettet in einen tollen Garten

    Daneben dann das Kunstmuseum

    APH - am Puls der Zeit

  • Bebauung an der gegenüberliegenden Domseite

    Es geht zurück zum Bahnhof

    Altes Postamt

    Das war der kleine Exkurs nach Brighton, für alle, die etwas länger in London sind, sicher ein sehr lohnender Ausflug, weil er eine andere Facette dieses Landes zeigt.

    APH - am Puls der Zeit