• Ich selber kenne Hannover nicht, daher meine Frage:

    Ist die Stadt wirklich so schlimm und hoffnungslos?

    Was ich so von Hannover gehört habe wirkt eher positiv:

    1. Hauptbahnhof, einer der schönsten Deutschlands, nur sollte man die Bahnsteighallen mal rekonstruieren:
    http://foto.dirkhennig.de/fotos/0019-039a-hbf.jpg
    http://www.dirkhennig.de

    2. Altes Rathaus, wenn auch nur noch äußerlich erhalten:
    http://www.keutefoto.de/HAN-09-3.jpg
    http://www.keutefoto.de

    3. Neues Rathaus, eines der schönsten Deutschlands:
    http://www.hannover-luftbilder.de/bilder/Rathaus.jpg
    http://www.hannover-luftbilder.de

    4. Leineschloss, heute Niedersächsischer Landtag:
    http://www.gbiu.de/Hamsterkiste/S…eineschloss.jpg
    http://www.gbiu.de

    5. Oper, leider im Innern 60er-Jahre-Mief:
    http://www.staatstheater-hannover.de/fotos/oper.jpg
    http://www.staatstheater-hannover.de

    6. Universität Hannover, schon bei ihrer Gründung im 19. Jh wurde das Welfenschloss umgebaut:
    http://www-c.informatik.uni-hannover.de/~cgi98/grafix/uni-schloss-half.jpg
    http://www.uni-hannover.de

    7. Anzeiger-Hochhaus:
    http://www.geog.uni-hannover.de/wigeo/intersem/histor/anzeig1.jpg
    http://www.uni-hannover.de

    8. Niedersächsisches Landesmuseum:
    http://www.mummytombs.com/museums/german…andesmuseum.jpg
    http://www.mummytobs.com

    9. Deutsche Bank:
    http://www.fidgital.com/images/news/Ha…utsche-Bank.jpg
    http://www.fidgital.com

    10. Dresdener Bank:
    http://www.iris-life.de/Fotos/Orte/Hannover/ha%20006.jpg
    http://www.iris-life.de

    11. Central Hotel Kaiserhof:
    http://www.southtravels.com/europe/germany…s/hotelview.jpg
    http://www.southtravels.com

    Ist es nur für Freunde wirklich alter Gebäude so schlimm oder war das fast alles an Gründerzeitlern, was ich gepostet habe? Ich mein, da waren jetzt keine Wohnhäuser und Kaufhäuser dabei aber sonst schon viel was eine Stadt ausmacht.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Es gibt schon noch nette Architektur in Hannover zu sehen.
    Vor allem in dem Viertel, wo die Banken zu Hause sind. Das
    Landesmuseum ist innen auch komplett neu. Das Leineschloss
    hat auch einen Ekelanbau und ist innen glaube ich auch komplett neu.
    Hannover hat aber wie gesagt noch relativ viel Palazzo-Architektur.
    Nur das ganz alte Hannover gibt es nicht mehr... :zwinkern:

  • Booni:

    Ich war zwar nur zweimal in Hannover, aber soweit ich mich an die Stadt erinnere, ist das, was auf den von dir eingestellten Fotos zu sehen ist, auch schon so ziemlich alles, was die Stadt noch zu bieten hat.
    Von der alten, von Spätgotik- und Renaissance-Bauten überbordenden Fachwerkstadt Hannover hat praktisch nichts die Bomben überstanden.

  • Das Anzeiger-Hochhaus sieht ja ätzend aus. Sah das schon immer so aus, oder wurde nach dem Krieg die Fassade "verschönert"? Zumindest hätte ich so ein Gebäude in Moskau oder Kiew vermutet, aber gewiss nicht in Hannover.

  • Ich kann mich nur noch an das neue Rathaus und an einen Springbrunnen in der Fußgängerzone erinnern, und das mir ziemlich langweilig war...

  • Hallo...jetzt kommt also mein Heimspiel ;)

    Zitat

    Das Anzeiger-Hochhaus sieht ja ätzend aus. Sah das schon immer so aus, oder wurde nach dem Krieg die Fassade "verschönert"? Zumindest hätte ich so ein Gebäude in Moskau oder Kiew vermutet, aber gewiss nicht in Hannover.

    Also...Foto vom Anzeiger-Hochhaus ist alt, es hat bereits 1996 wieder seine kleinteiligen weissen Sprossenfenster zurückbekommen. Ansonsten:
    Hannover war bis zum 18. Jahrhundert ein Dorf mit Stadtmauer - und der großen Marktkirche (Norddeutsche Backsteingotik) Die Altstadt hatte eine Fläche von ca. 500 x 800 m. Die Häuser waren zu 90 % Fachwerkbauten, zu 10% Ziegelhäuser. Natursten kam niur an wenigen öffentlichen Bauten vor, an der Stadtmauer, an zwei Kirchen usw. Etwa um 1650 wurde der mittelalterliche Kern um die Calenberger Neustadt - ebenfalls in Fachwerkbauweise - erweitert. Hannover wurde in dieser zeit Residenzstadt, zuznächst eines Kurfürstentums, dann des gleichnamigen Königreiches. In diesem Zusammenhang entstanden in der Barockzeit einige Palais und vor allem als Sommerresidez 3 km nordwestlich die herrenhäuser Gärten mit einem kleinen Barockschloss. Diese wurden mit der Stadt über eine Alle verbunden. 1843 wurde die erste Eisenbahnlinie eröffnet, damit begann zaghaft die Inustrialisierung. Hannover hatte zu dieser Zeit etwa 30.000 Einwohner. Der König wollte keine Fabriken in seiner Stadt dulden, so liessen sich diese im benachbarten Dorf Linden nieder, das bis 1920 selbstständig blieb (erst als größtes Dorf preußens, seit 1883 als Stadt). Bis 1873 stieg die Einwohnerzahl auf 100.000, bis 1900 auf etwa 300.000. Es entstanden zahlreiche neue Stadtteile im typischen Historismus-Stilen: Nordstadt, Südstadt, Oststadt und List, natürlich gerieten auch viele Dörfer in den Sog der Stadtentwicklung. Hannover war überwiegend von Backsteinhäusern geprägt, oft in neugotischen Formen der "Hannoverschen Schule", eine spezielle Spielart des Historismus, die Conrad Wilhelm Hase an der Technischen Hochschule Hannover lehrte. Ab 1900 entstanden auch zunehmend Putz- und Natursteinbauten in Barock- Renaissance und natürlich Jugendstilformen.
    Nach dem ersten Weltkrieg wurden umfangreiche Wohnungsbauprojekte aufgelegt, die ihrerseits ganze Stadtteile mit dunkelroten Klinkerbauten prägten.
    Die Situation 1939 also etwa:
    ein Zehntel Bebauung aus der zeit vor 1800, hauptsächlich Fachwerkbauten,
    ein Zehntel Bauten aus der Zeit 1800 - 1860, hauptsächlich Putzbauten im klassizistischen Formen oder im Rundbogenstil,
    etwa drei Fünftel Bauten aus der Zeit 1860 - 1915, davon etwa zwei Drittel Backsteinbauten, ein Drittel Putz- und Natursteinbauten,
    ein weiteres fünftel aus der Zeit 1918 - 1939, überwiegend dunkelrote Klinkerbauten, fast ausschließlich mit Schrägdächern. Hannover war dahingehend konservativ und dem Bauhaus gegenüber misstrauisch eingestellt, auch wenn mit der Stadtbibliothek und dem Anzeiger-hochhaus durchaus überregional bedeutende moderne Einzelbauten entstanden waren.
    Das Ende:
    Am 26. Juli 1943 wurde die Altstadt am hellichten Tage von zahlreichen Brandbomben getroffen, worauf bereits ein Teil des Fachwerkbestandes in Flammen aufging, aber auch der Marktkirchturm, das Leineschloss, das Opernhaus u. a.
    Der schlimmste Luftangriff vom 9. Oktober 1943 verursachte einen Feuersturm wie in Hamburg, Darmstadt oder auch Kassel. Zum Glück gab es nur ca. 1200 Todesopfer bei etwa 250.000 Obdachlosen, mehr als die Hälfte der damaligen Einwohner (1939: 495.000)
    Insgesamt wurde Hannover 88 mal bombadiert. Am Ende war die Innenstadt zu 90%, die gesamte Stadt zu etwa 55% zerstört.
    Als "Wundere von Hannover" gepriesen, erfolgte unter der Leitung des Stadtbaurates Rudolf Hillebrecht in den 50er und 60er Jahren ein konsequenter, hier muss gesagt werden rigoroser Umbau zu einer aufgelockerten, autogerechten Stadt. Bezeichnend dafür sind Durchbrüche von Schnellstraßen durch gewachsene und nur teilweise zerstörte Stadtbereiche in einer enormen Breite - teilweise mit kleinen Parkanlagen als Mittelstreifen (z. B. "Leibnizufer", parallel zur Leine, dem ehem. Leineschloss gegenüber) Es braucht nicht besonders erwähnt zu werden, das einige Baudenkmäler, die den krieg recht glimpflich überstanden hatten, nun dem Neuaufbau zum Opfer fielen: Friederikenschlösschen, Wasserkunst, Garisonkirche, zahlreiche Gründerzeit-Wohnhäuser an den Ausfallstraßen...
    urch den zügigen Wiederaufbau entstanden in der Innenstadt überwiegend Einfachbauten, ein örtlicher Bauhistoriker nennt sie "Wände mit Fensterlöchern" Es gibt aber auch Ausnahmen, so das lauschige Kreuzkirchviertel, das zwar aus 50er-jahre Zeilenbauten besteht, diese sind aber in traditionellen Formen mit Sprossenfenstern, Handkellenputz, roten Ziegeldächern usw. ausgeführt, so dass Anklänge an ein aufgelockertes Altstadtviertel der Biedermeierzeit entstanden. Überhaupt wird diese Epoche hier treffend als "motorisiertes Biedermeier" bezeichnet. Im Übrigen hat man die wenigen erhaltenen Fachwerkbauten an zwei Strassen zusammengestellt und damit einerseits eine "Traditionsinsel" geschaffen, andererseits Planungsfreiheit für die nun leergeräumten Bereiche der Altstadt erhalten.
    In den 70er Jahren gab es eine zweite Aufbauwelle, die vom U-Bahn-Bau ausgelöst wurde. Markantestes Beispiel dieser Zeit ist das Ihmezentrum, das zwischen Innenstadt und dem - heute alternativ geprägten- ehemaligen Arbeiterstadtteil Linden wie ein Sperriegel wirkt, weil es aus einer Aufreihung von ca. 10 - 12 20-geschossigen Hochhäusern besteht und auf einer angehobenen Ebene als Ladenpassage aufbaut. Die Ladenpassage steht übrigens mittlerweile fast vollständig leer, fünf Investoren für eine geplante Sanierung des Komplexes wurden schon "verbraucht"...
    Was blieb, was hat heute Qualität?
    Es gibt zwei Stadtbereiche, besagtes Linden und das ehemals etwas großbürgerliche Stadtviertel List (viel Jugendstil), die sowohl von Kriegszerstörungen als auch von Abriss- und Sanierungswellen verschont geblieben sind. Diese Teile haben auch eine ausgesprochene Kneipen- oder wie man das nennen kann - Kultur. Sprich: Dort tobt abends das Leben! Die aus ehemaligen Dörfern hervorgeganfgenen Stadtteile sind ebenfalls oft von Altbauten durchzogen und haben einen hohen Identifikationsgrad - Döhren, Kleefeld, Ricklingen z. B. Dort wohnen manche Familien schon seit Generationen - was in einer Grossstadt ja heute auch eher seltener anzutreffen ist. Ansonsten hat Hannover auch das Problem, das es kaum "echte" Hannoveraner gibt: Viele kommen zum Studieren her, Es gibt einen grossen Anteil Migranten, und als Dienstleistungs- und Behördenstadt eben auch eine hohe Fluktuation. Aber das wesentliche: Hannover ist nicht besser oder schlechter als vergleichbar große Städte, es verkauft sich eben nur schlecht - und das liegt halt an der protestantisch-norddeutschen Zurückhaltung der Leute hier.
    PS: Nächste Woche ist CeBIT - einfach mal herkommen...;-)

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Fassen wir mal zusammen: Abgesehen von ein, zwei Straßenzügen ist von der Altstadt Hannovers nichts mehr übriggeblieben. Das Rathaus, angrenzende Bauten sowie die Marktkirche sind stolze Backsteinbauten, Gotik bis Renaissance. Daneben zwei häßliche Fernsehtürme als Nachkriegs-Höhendominanten, umgeben von Siebziger-Architektur. Den Rest der Stadt zu erwähnen ist ebenfalls überflüssig. Potentielle Baufläche fast 100 %. Keine Rücksichten. Die Stadt liegt im Altsiedelland, trotz derzeit hohem Migrantenanteil ein uralter kultureller Wegpunkt zwischen Hamburg und dem Harz; Einstufung "unverzichtbar".

    Der verbliebene Rest der Altstadt sowie das Neue Rathaus ist zu erhalten, über eine Erhaltung des Kreuzkirchviertels der Fünfziger kann man nachdenken. Darüber hinaus ist hier ein ideeller Bauplatz für Projekt Schwarz, sogar in der Vollversion.

    Nein, die werden gedünstet

  • Nein, ich würde sagen: Die Stärke Hannovers liegt, im Bezug auf Historische Architektur, in ihren erhaltenen Gründerzeitvierteln, Linden, List, ein Teil der Nordstadt und einige Vorstadtteile. Davon gibt es allerdings in der Tat hier nicht mehr oder weniger als in Dortmund, Düsseldorf, Frankfurt/Main oder Stuttgart - Hannover ist halt eine typische deutsche Durchschnittstadt. Vielleicht eher etwas für Naturliebhaber als für Architekturliebhaber, denn man kommt überall schnell ins Grüne, so reicht der Stadtwald "Eilenriede" beispielsweise bis auf wenige 100 m an die City heran, ebenso der (künstliche) Maschsee. Das hat Hannover vielleicht einigen Städten voraus, aber das ist ja nicht das Thema hier.
    Ansonsten könnt ihr mich auch nach Einzelgebäuden hier jederzeit ausfragen, ich beschäftige mich seit meiner Kindheit mit der Bau- und Stadtgeschichte Hannovers.

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Gut, dann über das wichtigste Gebäude des alten Hannover, das alte Rathaus. Wann wurde es erbaut, auf welchem Teil der Altstadt (Kern oder mittelalterliche stadterweiterung) und wie stark war es zerstört bzw. wieviel mußte wiederaufgebaut werden ?

    Wie sah die ursprüngliche Umgebung aus ?

    Ansonsten muß ich dir, was die Naturlage Hannovers angeht, zustimmen. Aber die Innenstadt, tut mir leid, ist zum größten Teil nur Abrißmasse. :(

    Nein, die werden gedünstet

  • Ich habe mal auf Bildindex.de geschaut, was es an Bildern aus dem alten Hannover vor dem Krieg gibt.







    Und was davon hat der Bombenkrieg übrig gelassen: praktisch nichts.

  • @ Wissmut

    Zum alten Rathaus:
    Es entstand direkt am Marktplatz, der Marktkirche gegenüber. Der Marktflügel stammt(e) im Kern aus dem 12/13. Jahrhundert , die heutige Gestalt vom Anfang des 15. Jahrhunderts. Zu der Zeit war es Teil eines Häuserblocks und umfasste lediglich zwei Flügel, dem erwähnten am Marktplatz und ein weiterer an der Marktstraße (im Osten). Kleinere Umbauten in der Renaissance- und Barockzeit. Mitte des 19. Jahrhunderts drohte zwischenzeitlich ein Abriß, der Architekt Andreae plante an seiner Stelle einen Neubau in Form eines venezianischen Dogenpalastes. Von diesem wurde nur ein Flügel an der Köblingerstraße verwirklicht, anstelle eines Fachwerkhauses (heute Standesamt). 1879-1882 Restaurierung durch C. W. Hase, dadurch "Regotisierung". Nach 1890 bekam das Alte Rathaus eine Inselage, da durch den angrenzenden Häuserblock eine neue Straße durchgebrochen wurde. Durch C. W. Hase wurde also dann an dieser neuen Straße der vierte, südliche Flügel im Stil der gotischen Bauteile angesetzt. Durch den Luftangriff vom 9.10.1943 brannten insbesondere die mittelalterlichen Teile bis zum Keller aus, der Staffelgiebel des Marktflügels (Westseite, zur Köbelingerstrasse) stürzte ein. Er wurde in den 60er Jahren originalgetreu rekonstruiert. Die Innenräume wurden schlicht wiederaufgebaut. Der Innenhof war bis Ende der 90er Jahre sehr verbaut und nur als "Wirtschaftshof" genutzt, also da standen Mülltonnen rum usw. 1998 fand ein sehr umstrittener Umbau statt, bei dem ein Aachener Architekt (Neikes) eine Freitreppe vor die mittelalterliche Wand am Markt setzte, wodurch hier natürlich auch Türen eingebrochen werden mussten. Darüber wurde, wie auch an den beiden anderen Eingängen an der ost- und Südseite Vordächer als Stahl-Glaskonstruktion errichtet, die auf jeweils vier recht dicken Rundstützen ruhen, sie sehen aus wie überdimensionierte Stützen. Der Innenhof wurde entkernt und zu einer Passage umgewandelt, mit Edelboutiquen und einem Edelrestaurant (Wo Schröder manchmal zu speisen pflegt...) Ergo: bei diesem Umbau wurden gerade die ältesten Teile stark verändert, während die Wände des 19. Jahrhunderts (weil sie besser aussehen) fast unangetastet blieben. Die Stahl-Glastische sind ein Skandal und waren wohl nur deshalb durchsetzbar, weil der zuständige Denkmalpfleger der Stadtverwaltung zur Zeit der Planung krank war...
    Übrigens hat der Architekt Neikes per Aushang bei uns in der Uni Führungen durch "sein" Objekt angeboten, wobei er um einen Kostenbeitrag von 10 Mark gebeten hatte...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • achja, Bildindex: Orte--->Hannover--->Regierungs-und Administrationsbauten--->Rathäuser--->Altes Rathaus. Zuviele Bilder, um sie hier alle zu verlinken...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Wie sieht's denn mit Hotels, Kaufhäusern, Bankgebäuden, Verischerungsanstalten sowie Gebäuden der öffentlichen Verwaltung? Hat viel davon den Krieg überlebt oder eher nicht? Und was ist mit den Gründerzeitbauten in der Innenstadt (normale Wohn- und Geschäftshäuser)

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Grad bei einem Linkvorschlag entdeckt:


    Zitat

    Das linke Photo entstand während des U-Bahnbaus 1975. In dieser Zeit war der Ernst-August-Denkmal zum Landtag ausgelagert. Im aktuellen ist es leicht versetzt wieder da und schützt das Bild vor der Sonne *g* Und wieder eine nachträgliche Fehlplanung. Das historische Gebäude vom Kaufhof wurde in den Achtzigern neu gestaltet. Dabei wurde die Außenverkleidung durch dunkle Metallplatten überlagert. Das Ergebnis ist erschrenkend, der ehemalige Stolz des Gebäudes ist dahin.

    Bei Bildindex sieht das aber so aus:

    Tja... erst Hoffnung machen dass man das noch rückbauen könnte und dann sowas...

    Ach ja: Quellen:
    http://www.anthes.org
    http://www.bildindex.de

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Nein, der Kaufhof ist nicht nur mit einer Verkleidung neu gestaltet. Es handelt sich um einen völligen Neubau vom Ende der 70er Jahre. Ein paar geborgene Fassadenfiguren stehen jetzt aussen am Erdgeschoss am Nebeneingang (Schillerstrasse). Ich kenne das Haus so wie es ist solange ich denken kann (etwa 1977...) mit Ausnahme EG und 1. OG, die etwas geöffnet wurden - früher ging die Metallverkleidung teilweise sogar bis zum Boden...

    Wer zwischen Steinen baut, sollte nicht (mit) Glashäuser(n) (ent)werfen...

  • Ich habe genau ein Jahr lang in Hannover gewohnt, und das glücklicherweise in zwei der schönsten Stadtviertel.
    Ein halbes Jahr in Kirchrode (alter Dorfkern und Villenviertel mit vielen Altenstiften) und ein halbes in der List,
    hierbei wiederrum im wohl schönsten Bereich um den Moltkeplatz (Slicherstraße).

    Hier stehen so geniale und großstädtische Bauten, dass der Hannoveraner bei Gelegenheit vielleicht mal ein paar Bilder hier reinstellen könnte ;) Darfst dann auch "mein" Haus Slicherstr. 7, ein wunderschönes Jugendstilhaus mit vielen hohen Etagen
    und herrlich verziertem und stuckiertem Treppenhaus (ich war immer fünf Minuten unterwegs, bis ich oben war), ablichten.
    Wäre echt cool!
    Ansonsten sind wohl noch die Stadtviertel Zoo (Schröders Homeviertel), Linden und tlw. Kleefeld und Döhren interessant.

    Gibt aber auch ne Menge unwahrscheinlich hässlicher Viertel, eigentlich der gesamte Bereich Richtung Stöcken
    (Herrenhausen - Leinhausen - Ledeburg - meine Güte), große Teile von Vahrenwald - Hainholz, Limmer (schlimmer gehts nimmer ;) ) ,
    dann das furchtbare Laatzen, Vahrenheide, Mühlenburg...
    Und die Innenstadt ist vom Bereich um die Oper (Georgstraße) und den Bahnhofsvorplatz
    (interessant auch die einmalige Passerelle (die ja nun so einen noblen französischen Namen hat), ziemlich gruselig
    (besonders Richtung Steintor, da hat man dann auch noch das passende Klientel zu den Gewerbegebietszweckbauten...

    Aber die schönen Viertel Hannovers sind wiederrum teilweise so schön und faszierend, dass diese Stadt auf jeden Fall ihre Existenzberechtigung hat ;)

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Also das Anzeiger Hochhaus ist schon ein wirklich beeindruckender Bau. Es ist ein Hauptwerk des Backsteinexpressionismus und - neben dem Chilehaus in Hamburg - der sicherlich bekannteste Bau von Fritz Höger. Die alten Sprossenfenster hat man zum Glück vor einigen Jahren rekonstruiert:

    Historische Aufnahme von 1929:

    http://www2.artflakes.com/artwork/produc….jpg?1305719568

    Bei Nacht:
    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ver_Nacht_3.jpg

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…ver_Nacht_2.jpg

    http://img.fotocommunity.com/images/Archite…s-a26568630.jpg

    Tagsüber:

    http://quarknet.de/fotos/hannover/anzeiger-hochhaus.jpg

    Details der Fassade:

    http://www.oberlehrer.de/wp-content/lg-…er_hochhaus.jpg

    http://farm4.staticflickr.com/3497/3299336003_17ea836c77_z.jpg

    Hannover: Anzeiger-Hochhaus | Flickr - Photo Sharing!

  • Zudem musste der Denkmalschutz erst von besorgten Bürgern stickpoke:) auf den Plan gerufen werden.

    Zitat

    "Bei einer Ortsbegehung haben wir das Objekt als denkmalwürdig erkannt"

    (Polizeiinspektion nun unter Denkmalschutz West Aus den Stadtteilen Hannover / NP - Neue Presse)

    Kennen die sich eigentlich in ihrer Stadt nicht aus? Ist die Denkmalschutzverwaltung so ein langweiliger Laden, dass sie erst von Bewohnern auf erhaltungswürdige Bauten aufmerksam gemacht werden muss? Kann man nicht erwarten, dass die professionelle Denkmalpflege alle relevanten Gebäude kennt, auch jene, bei denen die Unterschutzstellung bis dato nicht vorgenommen wurde?

  • Ravensberger: Genau, das Anzeigerhochhaus gehört auch für mich zu den absolut herausragenden Bauten der Zwanziger. Von diesem Backsteinexpressionismus hat Hannover übrigens auch in den Wohnvierteln überraschend viel. Ich denke z.B. da an die Südstadt am östlichen Ende der Geibelstraße mit Geibelplatz, Sallplatz und Bertha-von-Suttner-Platz.

    Zum Schluss noch ein ketzerischer Gedanke: Ich finde, gerade auf dem ersten Bild von 1929 sieht man aber auch, was für ein Schock dieser Bau für die fachwerk- und historismusgewöhnten Hannoveraner gewesen sein muss. Von der Höhe bis zur Fassadengestaltung muss das Ding wie ein "Raumschiff" gewirkt haben. Man kann sich die Kommentare der Einwohner: "Moderner Quatsch", "Potthässlich", "sollte man gleich wieder sprengen" etc. gut vorstellen.

    Im Bogen zur Jetztzeit heißt das für mich, dass immer eine kleine Weile vergehen muss, ehe wir Gewohnheitstiere wirklich in der Lage sind, ein faires Urteil über Neubauten zu fällen, was AUSDRÜCKLICH nicht heißt, dass ich jede uninspirierte neue Bürokiste oder jeden Brutalismusbau der Siebziger gutheißen würde. Trotzdem so ein kleiner Gedanke, ich bin mir sicher, in 20 Jahren fällt unser Urteil z.B. über die Fünfziger/Sechziger anders aus als noch heute....