ARD-Themenwoche "Heimat"

  • Im Rahmen der Sendereihe Lesezeichen von SWR2 liest Peter Renz aus seinem Band "Heimat. Ausflug in ein unbekanntes Land" Er geht den Spuren und Entwicklungen Oberschwabens nach, versammelt Aufsätze aus den vergangenen drei Jahrzehnten, in denen sich Kontinuität und Diskontinuität des "Heimat"-Raumes widerspiegeln. Folglich bewegen ihn auch die architektonischen Veränderungen dieser Landschaft im Zuge der Globalisierung:

    Quelle und Audiodatei: http://www.swr.de/swr2/programm/…d4k5/index.html

  • Das Thema "Heimat" ist ja gerade aktuell wieder in der Diskussion wie nie, u.a. mit dem Vorhaben des Seehoferschen "Heimatministeriums" auf Bundesebene (in Bayern und neuerdings NRW gibts das schon).

    [size=12]Heimat: Die Verlustangst ist real

    Das Wort "Heimat" ist derzeit Gegenstand einer kritischen und auch hämischen Debatte. Aber was soll an diesem Wort so schlimm sein?

    Ein Gastbeitrag von Susanne Scharnowski, Die Zeit, 17. Februar 2018

  • Das Wort "Heimat" ist nur für komplexbeladene Linke ein Problem. Und diese stellen nicht die Mehrheit dar, sie halten sich nur ständig dafür.

    In dubio pro reko

  • Das ist kein Lagerdenken sondern die Wahrheit. All diese Begriffe wie Patriotismus, Heimat, Tradition werden immer nur vom linksintellektuellen Milieu in Frage gestellt und in ein zweifelhaftes Licht gerückt. Das bürgerliche Lager hat damit jedenfalls kein Problem. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
    Kritisierst du diese Feststellung jetzt nur, weil du dich um Einbindung aller Seiten bemühst? Ehrenwert, aber kein Grund deswegen solche Tatsachen abzustreiten.

    In dubio pro reko

  • Es gibt nicht die reine Wahrheit Königsbau. Da sind immer Schattierungen. Wenn ich aus meiner Erfahrung spreche, hier in MV, dann ist es ulkigerweise gerade die sogenannte linke Elite die sich am meisten um Heimat kümmert. Bzw. diese Dinge aufgreift und dazu Kulturveranstaltungen, Petitionen und ähnliches organisiert. Die Konservativen a la CDU und AFD labern zwar ständig darüber, machen aber tatsächlich überhaupt nichts und kriegen da auch im Parlament fast nichts auf die Reihe.

    Wie gesagt, unter anderem die Initiative für den Neustrelitzer Schlossturm kommt hier von den Linken. Auch für die regionalen Theater, Musikschulen und den Denkmalschutz setzen sie sich engagiert ein. Auch die SPD z.b., die haben eine ganze Veranstaltungsreihe über Gutshäuser organisiert. Auch die Grünen haben mehrere Gutshausveranstaltungen gemacht. CDU, AFD? Zero. Nur am labern und Stimmen kaschen.
    Als Liberaler muss ich da schon meinen Respekt zollen, auch wenn ich sonst politisch oft anderer Meinung bin.

    Also mag ja sein dass das in Süddeutschland anders aussieht, aber solch Pauschalurteile lasse ich einfach nicht gelten. Das hilft nämlich niemanden.

  • erbse, es wird dir doch kaum entgangen sein, dass die "kritische Betrachtung" dieser Begriffe bis hin zu offener Ablehnung immer nur von linker Seite ausgeht. Ich erinnere da nur an diese Debatte um die Deutschlandfahnen bei Fußballweltmeisterschaften. Waren es da nicht linke Feuilletonisten, die da ihre Stirn in Falten legten und Grund zur Sorge ("gefährlicher Nationalismus") sahen, und grüne Aktivisten, die ganz offen zum Fahnenboykott aufriefen? Nur ein Beispiel von vielen. Diese verkrampfte, neurotische Haltung zum eigenen Land, bis hin zum Selbsthass, ist ein spezifisch linkes Problem. Da gibt es nichts zu relativieren. Auf lokaler Ebene gibt es unzweifelhaft viele solcher Beispiele wie du sie genannt hast, wo sich auch linke Gruppierungen engagieren. Aber auf nationaler Ebene sehe ich nur größtmögliche Distanz, weil dort alle Beweggründe kontaminiert zu sein scheinen. Siehe Stadtschloss-Debatte.

    PS: Das wird jetzt fast schon wieder Keller-reif. Daher von mir keine weiteren Beiträge hier.

    In dubio pro reko

  • Sehr positiv sind z.B. auch die Projekte diverser Kulturschaffender/Kreativer aus dem urbanen linken Milieu im ländlichen Raum zu sehen, z.B. in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg wie hier beim vorpommerschen Schloss Broock nahe der A20:

    http://www.kulturwerte-mv.de/Landesdenkmalpflege/Denkmal-des-Monats/Bisherige-Beitr%C3%A4ge/2018-01-Das-Gutshaus-und-der-Marstall-in-Broock/

  • Weil ich überraschenderweise keinen einzigen eigenen Strang gefunden habe, dieser hier jedoch zwei drei Beiträge beinhaltet, die sich mit dem ländlichen Raum auseinandersetzen, wäre mein Vorschlag, diesen Thread hier zum Thema Ortsbild , ländlicher Raum zu machen.

    Das Thema ist zumindest für mich in Bayern höchst relevant, weil es hier eine Kulturlandschaft im ländlichen Raum noch gibt, die (abgesehen von manchen Bereichen Frankens) noch lebt und auch regelmäßiger Thema im gesellschaftlichen Diskurs ist, z.B. im Fernsehen. Aber das dürfte hoffentlich noch auf viele weitere Regionen Deutschlands zutreffen, worüber man einfach weniger hört in Bayern.

    Im ländlichen Raum gibt es zahlreiche (ehemalige oder teil-) urbane Orte, wo das Wort Stadtbild durchaus treffend ist, weshalb ich hier auch keinen Widerspruch sehe zum Anliegen des Forums. Man muss natürlich gewisse Abstriche bei der Architektur machen, gleichzeitig ergibt sich jedoch meist ein sehr überzeugendes Zusammenspiel mit der umgebenden Kulturlandschaft, weshalb Architektur im ländlichen Raum vielleicht sogar einen gleichen Stellenwert hat, wie in hochurbanen Kontext.

    Viele ländliche Gemeinden und Städte leiden an der Attraktivität der Großstädte, weshalb ich einen Artikel der FAZ über chinesische Stärkungsprojekte des ländlichen Raumes zum Anlass nehme, mich dem ländlichen Raum zu widmen. China ist ein guter Ausgangspunkt, weil dort die Urbanisierung enorm intensiv abläuft.

    Ich hoffe der Artikel ist noch nicht hinter einer Paywall, bis er hier vorgestellt ist: https://www.faz.net/aktuell/feuill…7472033-p2.html

    Es werden zunächst einige europäische Beispiele genannt:

    Zitat

    Mit der Fundación Ria versucht [David Chipperfield] durch gezielte Stärkung und Betonung der lokalen Besonderheiten nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum in der Region anzukurbeln. Im schweizerischen Andermatt will der Investor Samih Sawiris den verschlafenen Ort durch den strategischen Bau von Hotels und Skiliften wiederbeleben.

    Doch dann kommt man zu China, genauer der Region Songyang. In China gibt es seit 2017 erste Programme zur Stärkung des ländlichen Raumes und dessen baulichen Erbes.

    Zitat

    [Architektin Xu Tiantian] setzt auf eine ganzheitliche Methode, die mit kleinen Budgets agiert, um in einer Zeit, in der die Megastädte der Welt einander immer ähnlicher werden, die Besonderheiten der einzelnen Regionen zu erhalten und zur Stärke zu machen.

    Dazu werden in traditioneller Bauweise architektonische Highlights in den ländlichen Raum gebaut. Dazu zählen Kulturbauten, wie man es vielleicht in deutlich abgeschwächter Form auch hier kennt, jedoch auch vor allem funktionale Bauten, wie gläserne Manufakturen. Das Ziel war lokales Gewerbe, sowie die Stärken des ländlichen Raumes mit seiner Authentizität anzuregen. Durch die gläsernen Manufakturen und die Architektur, konnte der Tourismus angeregt werden, weitere Arbeitsplätze und junge Menschen folgten.

    Zitat

    Interessant ist, dass die einzelnen Bauten von großer architektonischer Umsicht und einer erfrischenden Zurücknahme des Architekten-Egos geprägt sind. Tiantian hat ihre Bauten möglichst harmonisch in die bestehende Substanz eingepasst, um durch sie die alten Dorfstrukturen wieder aufleben zu lassen. Damit steht sie vielleicht auch für eine neue Generation von Architekten, die ihren Beruf anders auffassen als die bekannten Großskulpturenbauer, deren Ziel es vor allem ist, ein sichtbares Zeugnis ihres genialischen Erfindungsreichtums zu hinterlassen.

    Aber es wird noch ein zweiter sehr chinesischer Ansatz aufgezeigt, den vielleicht manche hier im Forum schon vernommen haben: Den der Taobao Dörfer. Hier wird gezielt der Onlinehandel genutzt, um die Wirtschaftskraft des ländlichen Raumes zu vervielfachen. In China gerade auch im ländlichen Hinterland gibt es vergleichbar mit einigen Regionen Deutschlands im letzten Jahrhundert Orte, die für bestimmte Produkte stehen. Dort sitzen dann zig Unternehmen, die alle das gleiche produzieren und konkurrieren. Solche Cluster werden auch in Deutschland gefördert, leider viel zu selten im ländlichen Raum. In den Taobao Dörfern müssen es mindestens 100 Onlinehändler sein, um Föderung zu erhalten, man stelle sich das mal in Deutschland vor.

    Ich werde versuchen hier nun regelmäßiger zur Baukultur auf dem Land zu schreiben, es seien auch alle Forumsteilnehmer dazu eingeladen, womit man dann eine Umbenennung des Strangs rechtfertigen könnte.