Wiederaufbau nach 45 und wünschenswerte Rekonstruktionen

  • Ich habe aus dem aktuellen SPIEGEL folgendes Bild abfotografiert. Da einmal nach dem Altstädter Rathaus gefragt worden war, möchte ich trotz des für DDR-Verhältnisse guten Wiederaufbau des Altmarkts einmal aufzeigen, wie gut erhalten das Altstädter Rathaus war und ein Abriß nicht notgetan hätte, womit ich allerdings die grauenvollen Vorgänge im Vordergrund des Bildes nicht banalisieren möchte.


  • Mehrere Häuser am Altmarkt waren in vergleichsweise gutem Zustand, nur eben bis in die Keller hinein ausgebrannt. In den Dreißigern zu einfacher Form in Stuttgarter Schule(Heimatstil) umgebaut und renoviert, besaßen sie eine höhere Standfestigkeit als z.B. die nach 1750 gebauten Mansarddachhäuser am Neumarkt, die wie Papier in Flammen aufgingen.

    Die verbliebenen Altmarktstücke hätte man nach dem Krieg ohne weiteres erhalten können; Stützen reingezogen, Rückwände neugemauert, Dach druff und zwischen diese Reste einfach gehaltene Füllbauten mit hohen Satteldach. Wie in Nürnberg. Dasselbe auch mit den Teilen der Wilsdruffer Straße gemacht, mit der Schloßstraße und fertig wäre zumindest ein Teil der Altstadt...der historisch wichtigste. Und so teuer wäre das nicht mal geworden, wenngleich der Neumarkt und die restlichen stadtteile wohl aussehen würden wie Essen oder Frankfurt(das wäre zu verschmerzen gewesen)...aber man wollte schnellen Wiederaufbau und vor allem große Aufmarschmagistralen für den 1. Mai....:x

    Nein, die werden gedünstet

  • Schlimmer war, daß erst einmal jahrelang überhaupt nichts passierte.

    Kein Konzept, kein Material, keine Arbeitskräfte, keine Maschinen.
    Kein Eigentümer, denn die Ruinengrundstücke waren samt und sonders enteignet und verstaatlicht worden.
    Eine Sicherung der Substanz in privater Initiative unmöglich,

    Wenn Ruinen ungeschützt der Feuchtigkeit und Verwitterung ausgesetzt sind, Nässe und Frost in die Mauern eindringen, ist irgendwann der Punkt erreicht, wo eine Instandsetzung nicht mehr ohne weiteres möglich ist.

  • Vieles ist schief gelaufen. Aber nicht ausschließlich. Hier ein schöner Link zu uns Dankwart.

    http://www.welt.de/data/2005/02/12/462158.html

    Eines ist doch klar. Ein Abriß des Residenzschlosses hätte Dresden für alle Zeiten den Todesstoß gegeben, denn es war und ist das wichtigste Gebäude, was der Altstadt einen Rest an Fassung und Halt gibt. Daran wird heute angeknüpft, wenn es um die Wiederbebauung der Schloßstraße und des Jüdenhofes geht. Wenn der Artikel korrekt ist, müssen wir zumindest in dem Punkt Modrow danken.

  • Ich wusste gar nicht, dass der Zwinger schon 1849 abgebrannt war! Erstaunlich ist auch, dass der Taschenbergpalais nicht gesprengt wurde. Dass wäre schlimmer als die Sophienkirche gewesen.

    Habe Gestern in meinem Lexikon aus 1912 geblättert. Über Dresden heisst es: "Leider werden mehr und mehr der barocken Altstadt durch Neubauten ersetz" Tatsache ist, dass grosse Teile der Altstadt schon vor 1945 verschwunden waren: Polizeipräsidium, Neues Rathaus, Landtag und Kunstverein hatten viele Gebäude das Leben gekostet.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • @ Däne

    Nun ja, aber sie waren Neubauten, die im Stil anknüpften an ältere Traditionen, wenn auch nicht immer glücklich. Der Stilbruch, glatte weißverputzte Fassaden und Flachdach, kam ja erst nach dem 1. WK und von dem blieb Dresdens Kern bis auf ganz wenige Ausnahmen bis 1945 verschont.

    @ Philipp

    Du sprichst mir aus der Seele. Ich muß gestehen, hätte man Dresden ähnlich wie z.B. Würzburg rekonstriert, aber das Schloß gesprengt(oder, wie es bis in die Siebziger geplant war, barock rückumgebaut, Zustand nach 1710), dann wäre mir Dresden heute vollständig egal; Frauenkirche und Neumarkt hin oder her. Denn das Schloß ist nicht nur das historisch und städtebaulich wichtigste Baudenkmal, sondern in seiner jetzigen Form eben auch das schönste. :)

    Nein, die werden gedünstet

  • Zitat von "Philipp"

    Ich habe aus dem aktuellen SPIEGEL folgendes Bild abfotografiert. Da einmal nach dem Altstädter Rathaus gefragt worden war, möchte ich trotz des für DDR-Verhältnisse guten Wiederaufbau des Altmarkts einmal aufzeigen, wie gut erhalten das Altstädter Rathaus war und ein Abriß nicht notgetan hätte, womit ich allerdings die grauenvollen Vorgänge im Vordergrund des Bildes nicht banalisieren möchte.


    Mir fällt dazu noch ein, daß diese Bilder ja aus Feb/März 1945 stammen,
    es aber am 2.3.45 und besonders am 17.4.45 weitere schwere Angriffe gegeben hat, die das Trümmerfeld nochmals durchgepflügt haben.

  • Danke für die Bilder Miwori.

    Ich habe mein Album durchwühlt und möchte noch zwei Bilder der Altstadt präsentieren.

    Hier sieht man deutlich, daß der Kulturpalast einer Wiedergewinnung der Altstadtstruktur diametral entgegensteht. Die Straßenführungen vom Alt- und Neumarkt sind nicht verhandelbar.
    Rechts im Hintergrund der Pirnaischer Platz mit seinem opulenten neobarocken Kaiserpalast.


    Der Postplatz mit Telegraphenamt, Postamt und Sophienkirche. Rechts am Rande der Zugang zur Wilsdruffer Straße. Diese drei Bauten sollten idealerweise und momentan auch utopischerweise die Leitbauten an diesem wichtigen Platz unweit des Zwingers sein.


    Wo ich gerade die Sophienkirche im Blick habe, fällt mir auf, daß man schon seit Jahren nichts mehr von den Verrückten hört, die eine GLAS-Busmannkapelle errichten wollten. Sozusagen als Sarkophag für die gesamte Kirche. Scheinbar gibt es keine Spenden aus der Bevölkerung dafür. Woran das wohl liegen mag? :zwinkern:

  • Wissmut

    Ja, klar, die Neubauten vor dem 1WK waren ja neo-Barock. Und Heute tragen die Gebäude ganz klar zur Bereicherung der Altstadt bei, denn sie haben den Krieg besser überstanden. Ich finde es aber ein bisschen verfehlt, wenn man Dresden als vollständig erhaltene Barockstadt vor 1945 darstellt. Gleiches gilt für den Breiten Weg in Magdeburg, "die schönste Barockstrasse Deutschlands". Auf alt-magdeburg sieht man aber, dass die meisten Häuser schon vor 1945 abgerissen worden waren.

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker


  • Dieses Foto der heutigen Ansicht der ehem. Schreibergasse an der Altmarkt-Südseite verdeutlicht das Dilemma am Altmarkt.
    Der völlige Verlust historischer Bezugspunkte und Proportionen!

    Links nach 1990 errichtete Investorenhäuser, rechts erschlossene Baugrube, wo aber nichts passiert.
    Gerade hin der Altmarkt mit dem Kulturpalast., der als mächtiger Block vor den historischen Kulturbauten liegt.

  • Ich denk mal, man darf die Hoffnung nicht aufgeben. In den nächsten Jahren, man muß da auch längerfristig denken wird hoffentlich wieder vieles historisches entstehen. Ganz wichtig wird halt auch der Aufbau der Sophienkirche sein. Das wird auch kommen - glaubst mir.
    Für Telegraphenamt (warum wurde das überhaupt abgerissen, war doch noch so gut erhalten) oder etwa die Post sehe ich zwar wenig Hoffnung aber man weiß ja nie. Wie sieht denn überhaupt die Planung für den Postplatz aus. Ich denk mal, für den Umbau und die Gestaltung des Postplatzes wäre auch das Hotel Weber von entscheidenenden Vorteil. Ansonsten ist Dresden ganz schön "versaut" worden nach dem Krieg.

  • Hallo,

    ich bin heute erst auf dieses wirklich interessante Forum gestossen und bin auch ein großer Befürworter der möglichst original getreuen Rekonstruktion hirstorisch und architektonisch wertvoller Gebäude in Dresden.

    Mich würde auch mal interessieren ob bzw. wann denn endlich mal mit dem schon so oft angekündigten Wiederaufbau des Kurländerpalais begonnen wird?Vielleicht weiß ja jemand von euch nähere Infos. Hier noch ein Foto aus dem Herbst 2004 von den übrig beliebenen Grundmauern.

    Desweiteren träume ich seitdem mir dieses Gebäude bekannt ist, von einem Wiederaufbau des Kaiserpalastes am Pirnaischen Platz, leider wird dies sicherlich in absehbarer Zeit nicht passieren.Ich denke diese stille Hoffnung teile ich mit einigen von euch oder...!?Somal ich überhaupt finde das am Pirnaischen Platz sich auch noch viel tun muß. Wenn man doch nur Milliardär wäre.... ;)

    so das wars erstmal

    Gruß
    Norbi

  • Hallo Norbi und herzlich Willkommen in unserem Forum! :prosit:

    Zum Kurländer Palais... der Wiederaufbau ist nun schon lange geplant und wurde immer wieder nach hinten geschoben. Nicht zuletzt durch das Hochwasser 2002 und der damit verbundenen Absage potentieller Mieter. Eigentümer des Palais sind die Gesellschaft USD ("Unser Schönes Dresden") und Herr Reimann, seines Zeichens Vorsitzender der Gesellschaft Historischer [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon] e.V. Dies sind also Menschen, die auch willig sind, das Palais wieder aufbauen zu wollen, jedoch scheint die Lage in speziell Ostdeutschland für Investoren nicht sehr gut zu sein, da die Banken kaum noch Kredite gewähren. Ende letztes Jahr war in den Dresdner Neuesten Nachrichten zu lesen, dass das "Kurländer Palais Chefsache bei der USD" ist und es sich wohl intensiv um Finanzierungsmöglichkeiten zu diesem Projekt bemüht wird. Bisher allerdings ist noch nicht an ein Baustart zu denken. Bis zum Stadtjubiliäum 2006 wird die einzig verbliebene Kriegsruine (mit Ausnahme des Fragments der Orangerie vielleicht) nicht aus dem Stadtzentrum verschwunden sein.


    Der Kaiserpalast war in der Tat eines der großartigsten Bauwerke der Jahrhundertwende. An ein Wiederaufbau ist leider überhaupt nicht zu denken - ich glaube fast selbst ein williger Milliardär würde bei der Stadt dabei auf Granit beißen. Dazu müsste zum Beispiel die Petersburger Straße zurückgebaut werden, die den Platz zerschneidet. Im Prinzip gibt es auch gar keinen richtigen "Platz", wie es in der Dresdner Innenstadt überhaupt kaum Plätze gibt, denn alles ist sehr weitläufig, großzügig - eben der sozialistischen Stadtplanung entsprechend.

  • Danke für die flinke Antwort, hoffen wir mal das sich im Fall des Kurländer Palais bald ein Investor findet.

    Ja das mit dem Kaiserpalast ist wohl wirklich nur ein Traum in weiter Ferne, trotzdem frage ich mich ob es von Seiten der Stadt irgendwelche Planungen/Ideen zum Pirnaischen Platz gibt. Ich kann mich noch gut erinnern das es mal ca. Mitte der 90er hieß das das Robotron Gebäude verschwinden sollte und auch das Hochhaus mit der Terrasse (Pirnaisches Tor) gegenüber abgerissen werden sollte. Nunja mal sehen was sich dieses Jahr noch alles so tut. Zur Zeit habe ich das Gefühl das alles irgendwie noch in nem Winterschlaf ist, auch bedingt durchs Wetter. :P

    Vielleicht hilft es auch das Dresden in den letzten Wochen um den 13. Februar fast in allen großen Medienanstalten publik war und zieht so mögliche, finanzstarke Interessenten bzw. Investoren an, die an Wiederherstellung alter, schöner Architektur interessiert sind und keine neuen Betonklötzer wie etwa den Kristallpalast erbauen lassen.

    so long
    :)

  • Wenn du mal ins Rathaus gehst, gibt es im Foyer ein Modell der Innenstadt, in dem der Bestand weiß und zukünftige Bebauungen beige dargestellt sind. Mindestens 1/3 sind dort beige - also noch zu bebauende Flächen. Unter anderem geht dieses Modell von einer Neubebauung des Robotron-Geländes aus - ebenso von einer schmaleren Petersburger Straße. Es gab hier im Forum mal Bilder von diesem Modell, ich glaube vom User Christian (falls du es hier liest: es wäre nicht schlecht, wenn du die Bilder hier nochmal reinstellen könntest). Allerdings ist dieses Modell aus den frühen 90ern, also jenen Boom-Jahren, in denen man noch Visionen hatte, die heute kaum realisierbar sind (siehe Wiener Platz, Postplatz).

    Der Abriss des Hochhauses Pirnaisches Tor stand auch mal zur Debatte. Abrisskosten würden aber in die Millionen gehen (zum Vergleich: für das Geld kann ein Bürgerhaus wie Rampische Str. 29 rekonstruiert werden) und ohne Förderung und dem Willen, dieses Ungetüm zu beseitigen, wird erstmal gar nichts passieren. Hoffentlich wird dieses Jahr endlich zumindest eines der Hochhäuser am Terrassenufer abgerissen.

    Mal sehen was die Zeit bringt...

  • Hallöle aus Freiburg!

    Dieses Forum gehört seit einigen Monaten zu meinem standartisierten Tagesablauf und ohne wäre mein Leben wohl ein Stück weit langweiliger. Danke Euch dafür!

    Ich liebe die Stadt Dresden und ihr Umland und werde mich daher, so wie man es bei seiner großen Liebe eben tut, mit ganzem Herzen für sie einsetzen. Dieses Prager-Straßen-Zentrum hat eine Stadt, die in so einmaliger Landschaft liegt und so viele wunderschöne und eigentlich gar nicht deutsch wirkende Stadtteile besitzt, nicht verdient! Die Ansätze für ein gerechtfertigtes Zentrum sind allerdings vorhanden und ich bin extrem froh, dass sich der Bereich von Zwinger bis Polizeipräsidium (ist ja eigentlich gar nicht so klein) so rosig entwickelt. Im Sommer will ich nach Radebeul (wohl die schönste "Kleinstadt" Deutschlands) im Nordwesten Dresdens ziehen und weiter an meiner Karriere als "Chartstürmer" arbeiten.
    Habe ich dann die ersten Millionen zusammen :huepfentuerkis:
    kann es losgehen und ich werde alles in Bewegung setzen, um Pirnaische-Platz-Grausamkeiten abzureißen und Kaiserhäuser zu rekonstruieren. :applausgrinsen:
    Ich mein's wirklich ernst.

    So weit für den Einstieg.
    Ich habe einige Bilder von meinem letzten DD-Besuch (Striesen, Blasewitz, Loschwitz) auf meinem PC und sobald ich's auf die Reihe kriege, die hier ins Forum zu bekommen (kann mir das mal einer erklären?), können Nicht-Dresdner ein paar weitere Einmaligkeiten dieser ehemaligen und hoffentlich zukünftigen Glanzmetropole bestaunen.

    Grüßle, Youngwoerth.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Hab noch nie vorher vom Kaiserpalast gehört, gefällt mir aber wirklich gut.
    Hat einer von euch mehr Infos bzgl. Nutzung, Erbauungsjahr usw.?

    Fände es übrigens sehr wichtig, den Postplatz wiederherzustellen - rekonstruiert!

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • hier nochn paar bilder vom Kaiserpalast, so das man sich wenigstens an seinem früheren Anblick erfreuen kann ;-).

    und noch eins aus der luft

    gebaut wurde das Gebäude um 1896 im Neorenaissance-Stil

    zur Nutzung seiner Zeit habe ich bisher noch nicht so viel rausfinden können, ich glaube es war ein Restaurant untergebracht und ansonsten in den Obergeschossen ein Aristokraten-Wohnhaus??

    Für eine Rekonstruktion des Postplätzes bin ich auch, aber leider wird dies nix werden, wenn man schon von den Plänen liest wie man die Straßenbahngleise neu anordnen will...

  • herzlich willkommen im forum norbi und youngwoerth! :)

    zum kaiserpalast:
    ein ganz wunderbares gebäude! aber das würde in der tat nicht ganz billig zu rekonstruieren - aber toll wäre es schon... :)
    hat vielleicht wer ein aktuelles vergleichbild des "platzes" an der hand?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Erfreuen kann man sich daran nicht, mich deprimieren die Fotos viel mehr. Eine ähnlich gut gewachsene Innenstadt erwarte ich in Dresden nicht mehr, solange ich lebe. Und das sind hoffentlich noch etliche Jahrzehnte.

    --
    Aenos