Potsdam - Rekonstruktion der Kellertorwache

  • Die neue Kellertorwache auf dem Titelbild der aktuellen Ausgabe eines lesenswerten Magazins.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Wir werden hier über Potsdam ja allgemein bestens informiert, nicht nur ber das Baugeschehen, sondern auch über die Baugeschichte. Wenn ich das Inhaltsverzeichnis lese, ist das sicher eine sehr interessante Ausgabe. Die einzelnen Artikel werden aber nicht so ausführlich berichten, wie wir uns das hier gewohnt sind, aber trotzdem nimmt es einen Wunder. Schade, dass die Ausgabe nicht online zu sehen ist.

    http://www.potsdamlife.de/doku.php/alle_ausgaben/winter_2017

  • Kalesses Definition: "Die Erinnerungsarchitektur ist keine Kopie eines verlorengegangenen Gebäudes. Sie ist vielmehr eine Ausdrucksform aktuellen Bauens, die am originalen Standort eines materiell untergegangenen Bauwerks durch Rückgewinnung bzw. Bezugnahme auf wesentliche Gestaltungselemente der verlorenen Architektur an diese zu erinnern versucht.

    Dabei hängt der erzielbare Näherungswert an das Original einerseits von der Überlieferungsqualität und -menge ursprünglicher Dokumente zeichnerischer, schriftlicher, fotografischer und baulicher Art ab.
    Andererseits kann zumeist nur eine den aktuellen Nutzungsbedürfnissen und den aktuellen Baunormen angepasste neue Architektur entstehen.
    Eine Rekonstruktion im klassischen Sinne ist also von vornherein ausgeschlossen und wird auch nicht angestrebt."

    Also, ich empfinde die Rückseite speziell im ersten Stock auch als Bruch, der die Vorderseite wie eine Fassade wirken lässt. Mir hätte gefallen, wenn das Gesims auf der Rückseite bis zur Dachgaube durchgezogen worden wäre.

    ABER: Ich finde das Konzept der Erinnerungsarchitektur toll. Es sorgt dafür, dass schöne Architektur nach konkreten Vorbildern früherer Epochen nicht nur exakten Rekonstruktionen (so sehr ich diese mag!) vorbehalten bleibt. Letztlich ist beispielsweise der gesamte Klassizismus geprägt von Erinnerungsarchitektur, und auch Schlüter hat ja fleißig in Italien abgekupfert ;)

    Mit anderen Worten: Ich finde die heutige Kellertorwache einschließlich Rückseite tausendmal schöner als so einen gesichtslosen Standardbau heutiger Machart. Ein großes DANKE an alle Beteiligten. Hoffentlich sehen wir in Zukunft mehr dieser Art!

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    Gutmensch = Gut gemeint, nicht zuende gedacht, schlecht gemacht

  • Erstens ist die Rückseite noch nicht fertig, vor die Terrassentür kommt noch eine große Pergola, die die moderne Faltschiebetür verdeckt.

    Zweitens ist das Gesims eben so gewesen, wir haben es bauhistorisch und denkmalpflegerisch begleitet wieder aufgebaut. Da sollte man nicht rumpfuschen - es hatte schon seinen Sinn: nach vorn will der Bau Rom sein, nach hinten ein unscheinbares Haus im Havelland. Die Gaube auf der Wasserseite erlaubt den Verzicht auf Dachflächenfenster auf der Vorderseite.

    Drittens: Nicht vergessen sollte man, dass das Satteldach erst Mitte des 19. Jahrhunderts dazu kam. Der erste Bau war vermitlich mit einem Flach- oder Impluviumdach.

    Die Farbe ist das gleiche Rot wie am Kutschpferdestall.

  • @ Konstantindegeer: da es in dieser Ausgabe ja um dein Wohnhaus geht, gehe ich davon aus du hast die Ausgabe zu Hause auf dem Wohnzimmertisch liegen.

    Vielleicht kannst du uns ja den jeweiligen Bericht (wenn auch in Auszügen) hier im Forum zur Verfügung stellen, das wir uns alle an dem Artikel erfreuen können.

  • Meister Lampe: Die Artikel der Zeitschrift unterliegen dem Urheberrecht. Du kannst doch als Potsdam-Interessierter das Magazin abonnieren; es lohnt sich wirklich für den moderaten Preis...Zum Kellertor ist übrigens nur ein Abschnitt unter vielen anderen enthalten - die Kellertorwache ist trotz des gewählten Titelbildes kein Schwerpunkt des Heftes.

    Ein paar neue Bilder von heute.

    Fernblick durch die Straße 'Am Kanal' - Fledermausgauben...

    Im gräsernen Kanalbett.


    Frage 1: Bleiben die 3-4 Informationsschilder zum Kellertor dort dauerhaft in dieser Position bestehen? So richtig schön sind die (mit der Rückseite) m. E. nicht.

    Entlang des Kanals ist der Durchgang zur Spitze der Halbinsel - der Blick zum Humboldtbrücke und zum Flatowturm.

    Blick zurück in den öffentlichen Park hinter der Kellertorwache.


    Der Privatgarten ist lediglich mit einem Palisadenzaun abgegrenzt.

    Frage 2: Im Park liegen eine ganze Reihe von Ruinensteinen, v. a. Säulentrommeln. Stammen diese etwa von der alten Wache?


    Schlussbild - das Haus mit der höchsten Hausnummer: 'Am Kanal N°74'.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (15. Januar 2018 um 22:00)

  • Könnte mich mal jemand aufklären wie viel an historischer Bausubstanz in diesem Viertel um die Kellertorwache noch erhalten ist?
    (die auf den Bildern oben erkennbaren Bauten, wohl aus en 50ern, machen nicht gerade einen einladenden Eindruck)

  • Hallo Kralle,

    ca.2 Hände -mehr oder weniger voll- historischer Original-Bebauung haben an dieser Stelle von der historischen Altstadt Potsdams den Krieg und vor allem die Abrisse zwischen 1949 bis 1978 überlebt.

    Die andere Erinnerungsinsel mit ebenso "vielen" Gebäuden befindet sich rund um den Neuen Markt.

    Beide Teile sind noch immer erheblich voneinander räumlich getrennt. Auch wenn sie durch den wiederentstanden Alten Markt nun ein wenig zusammen gerückt sind, ist der Abstand und vor allem die Trennung durch die 50er bis 70er Jahre -Bebauung der DDR-Zeit derart trennend, dass sich so gut wie niemand in die historische Burgstraße verirrt.

    Ja selbst der Postmann weiß häufig nicht, dass es neben der falschen Burgstraße, die aus der Albert-Klink-Straße umbenannt wurde, noch ein Stückchen originaler Burgstraße an anderer Stelle gibt.

    Grüße Luftpost

  • Danke für die Info Luftpost.
    Auch im Luftbild erkennt man dass das Viertel um die Kellertorwache weitgehend von recht monotonen 50-er-Jahren Wohnblöcken geprägt ist. Ob angesichts dessen eine langfristige "Schönheitsreparatur" überhaupt möglich ist bleibt wohl mehr als fraglich.

    Hier noch ein interessanter Bildvergleich der Burgstraße
    früher
    heute

  • Ja selbst der Postmann weiß häufig nicht, dass es neben der falschen Burgstraße, die aus der Albert-Klink-Straße umbenannt wurde, noch ein Stückchen originaler Burgstraße an anderer Stelle gibt.

    Das ist mir auch mal passiert, als ich noch für eine Apotheke Medikamente ausgefahren habe. Musste in die Burgstraße und bin promt in der "falschen" gelandet. Intelligenterweise gab es auch keinen Durchweg zur historischen Burgstraße, da ein Zaun und die dortigen Schule (?) den Weg abschneidet. Ziemlich unsinnige Straßenführung.

  • Der Park hinter der Wache wird durchaus frequentiert.

    Zum MItnehmen empfohlen:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Naja, ich denke wenn man Scheu vor Menschen hat, dann baut man keinen so herausstechenden Bau in der Innenstadt von Potsdam wieder auf. Ich denke der Eigentümer hat sich das vorher schon überlegt, was da auf ihn zu kommen kann.
    Und ich sehe es ferner auch als Kompliment, wenn Leute sich hier aufhalten, heißt es doch, dass es gelungen ist, einen ansprechenden Stadtraum zu gestalten. Dies gilt es dann zu feiern und nicht zu bedauern.
    Also meine Daumen hoch gibt es :thumbup::thumbup:
    Ich und Konstantin sind inhaltlich ja nicht immer einer Meinung, was ja auch nicht schlimm ist. Aber ich habe sehr viel Respekt vor seiner Leistung und dem, was er hier für Potsdam geschaffen hat.
    Denn ja, auch das Stadtschloss und das Barberini sind beeindruckend. Letztlich wird das Schicksal der deutschen Städte aber nicht durch diese zugegebendermaßen sehr attraktiven Solitäre entschieden, sondern durch das Engagement des Bürgertums, welches die restlichen 99 Prozent der Innenstädte gestaltet. Würde jeder Bürger so viel Einsatz zeigen und auch bereit sein, den Spruch "Eigentum verpflichet" ernst zu nehmen, dann würden viele Innenstädte heute ganz anders aussehen. Das Konstantin hier mit extrem guten Beipsiel voran geht, das ist ein sehr emrutigendes Signall. Denn es braucht diese Leute, die mit einer Sache beginnen. So war es immer und so wird es auch in Zukunft sein. Also hoffen wir, dass sich mehr Menschen zu ihrer Verantwortung für unsere Städte bekennen und das Glück und die Chancen, die ihnen das Leben mit gegeben hat, ab und an auch an die Gesellschaft zurückgeben. :!:

    APH - am Puls der Zeit

  • Das Gute an historistisch gestalteten Neubauten ist, dass sie immer schöner werden, je weniger der Besitzer sie pflegt. Keine Angst vor Macken im Putz oder Moos auf dem Dach :)

    :dichter: Erst gestalten wir unsere Städte, dann gestalten die Städte unsere Gesellschaft :dichter:
    :opa: Aus Plattenbauten ist selten Gutes hervorgegangen :opa: