Dresden, Neumarkt - Quartier VII/2 - Jüdenhof

  • Oktavian, deine Aufregung gegenüber den Ziergittern steht doch in keinem Verhältnis. Da gibts ganz, ganz andere Dinge, über die man sich wirklich erheben müsste, wie die zahllosen unpassenden Neuschöpfungen. Das hat man in Frankfurt sehr sehr viel besser gelöst, wie Forumer wissen.de hier sehr treffend zusammengefasst hat.

    Dieses Gemecker gegen "historistische" Zutaten erinnert an die Dehio-Ideologie der Denkmalpflege, dass jedes neue Bauteil unbedingt als Zutat der Gegenwart erkennbar -und damit möglichst hässlich-kontrastierend- sein müsste. Nein zu dieser Ideologie, und ja zu historisierend-harmonischen Lösungen im Sinne von "architectura pro homine"! X/

  • @ Erbse - Nun gut, bei so einem Gitter würde ich jetzt auch nicht den Untergang herbeireden wollen, da es ein demontierbares Zusatzelement ist. Ansonsten bin ich da aber schon bei Oktavian. Wenn Rekonstruktion, dann bitte richtig! Etwas anderes ist es, wenn man sagt, dass es ein historisierender Neubau ist, der sich im Detail klar unterscheidet und das Vorbild eher kein herausragendes Baudenkmal war und es sich um die berühmte Ausnahme von der Regel handelt. An Bauten wie Coselpalais, Kurländer Palais, Köhlerschem Haus, Dinglingerhaus und all den anderen jetzt historisierend dran herum basteln - NEIN DANKE! Der Neumarkt ist im übrigen auch nie als Spielwiese für historisierende Architektur gedacht gewesen und für eine solche hätte ich mich nie und nimmer ins Zeug gelegt und eine solche Spielwiese wäre auch niemals Konsensfähig gewesen.

    Zum anderen würde ich mir mit dem Gemecker Deinerseits mal überlegen, was Du anrichtest... Wenn Oktavian hinschmeißt ist niemandem geholfen. So ein Zeugs, was Du da schreibst, hat er nicht verdient! Ohne die Arbeit von Oktavian über viele viele Jahre, würden wir vielleicht über manches hier nicht diskutieren brauchen!

  • Wie kann man denn wegen so einem unscheinbaren Gitterchen zu hyperventilieren anfangen, Oktavian? Da solltest du am Neumarkt doch schon ganz andere Sachen erlebt haben. Als ob damit das Existenzrecht der Rekonstruktion steht und fällt. Die Taubenstachel sind sicherlich auch keine originale Zutat.

  • Ich muss gestehen, mir ist dieses Gitter auf den ersten Blick überhaupt nicht aufgefallen.
    Und es kann mich auch wirklich nicht aufregen.
    Gerade in Betrachtung des Gesamtwerkes.
    Viel schlimmer finde ich die pseudohistorischen Polystyrolfassaden in anderen Quartieren rundherum.

    Man sollte aufpassen, dass man beim Schrauben- und Erbsenzählen sich nicht so sehr in randständigen Details verliert, dass man den Blick für das Ganze verliert.
    Wenn aus Gründen der Betriebssicherheit hier eine deutlich höhere Absturzsicherung notwendig ist, die über die eigentliche wissenschaftliche Rekonstruktion hinaus geht: Warum soll dann nicht der Bauherr darüber entscheiden, wie dieses neue Bauteil gestaltet sein soll, solange es kein überdimensioniertes Ungetüm ist, das aus dem Gesamtbild heraussticht? Es dem Barockstil des Gebäudes angepasst zu gestalten, ist doch jetzt echt kein Drama. Fügt sich doch gut ein.

    Unpassend fände ich, wenn man z.B. als "Kompromiss" die Sandsteinbrüstung angepasst und nach oben gestreckt hätte.
    Das Bodenniveau des Altans tiefer zu legen, wäre aus bautechnischen Gründen wahrscheinlich nicht möglich gewesen?

    Einmal editiert, zuletzt von Dr. Haus (24. November 2016 um 22:13)

  • Viel schlimmer finde ich die pseudohistorischen Polystyrolfassaden in anderen Quartieren rundherum.

    ...
    Warum soll dann nicht der Bauherr darüber entscheiden, wie dieses neue Bauteil gestaltet sein soll, solange es kein überdimensioniertes Ungetüm ist, das aus dem Gesamtbild heraussticht? Es dem Barockstil des Gebäudes angepasst zu gestalten, ist doch jetzt echt kein Drama. Fügt sich doch gut ein.

    In der Tat, die Pseudofassaden an manchen Häusern halte ich auch für das größte Manko des ganzen Projekts. Das hätte man von vornherein ausschließen müssen und nur Stein auf Stein-Fassaden vorschreiben MÜSSEN. Jetzt wo es Alternativen zu Styropor mit identischer Isolierleistung gibt, integriert in Backsteine (siehe kimmerle), wäre ein Verbot der Kunststofffassaden dringendst nachzuholen , um den Rest des Neumarkts davon zu verschonen!
    Schließlich geht es hier um Wiederaufbau im historischen Kontext in der Nähe von Großbauten, die von Weltrang sind (wie Arstempano unermütlich darauf hinweist) und auf dem Boden einer mittelalterlichen Kernstadt und nicht um ein Neubauareal im Industriegebiet.
    Ansonsten sollte das Bemühen des Bauherrn gewürdigt werden, stilistisch verträgliche Formen bei funktionellen Zutaten zu finden!
    Was gibt es an anderen Gebäuden des Neumarkts doch für hässliche, billige Zutaten, angefangen bei Ladentüren, Schaufenstern, und Innenraumgestaltungen, bis hin zu Bodenbelägen etc..

  • Jetzt wo es Alternativen zu Styropor mit identischer Isolierleistung gibt, integriert in Backsteine (siehe kimmerle), wäre ein Verbot der Kunststofffassaden dringendst nachzuholen , um den Rest des Neumarkts davon zu verschonen!

    Die Stadt hat leider überhaupt nicht die rechtlichen Mittel, so etwas vorzuschreiben. Siehe die gesamte Diskussion um den Neumarkt in den letzten 10 Jahren! Sämtliche Rekonstruktionen am Neumarkt sind de facto Neubauten.

  • Sämtliche Rekonstruktionen am Neumarkt sind de facto Neubauten.

    Das haben Rekonstruktionen nunmal so an sich, selbst wenn man wirklich alles wie alt (am besten ohne modernes Werkzeug baut) gebaut ist, bleibt eine Reko ein Neubau.

  • Quartier VII/2 - Kimmerle

    Bin heute mal am Neumarkt vorbei gekommen und habe ein paar Bilder gemacht.

    Erst einmal der Blick entlang er Fassade am Jüdenhof. Es fehlt noch eine historische Wandlaterne am modernen Bau und der Fußweg am Dinglinger-Haus.

    Blickt man von der selben Ecke in die Rosmariengasse erkennt man, dass hier der Fußweg samt Laternen und Bäumen so gut wie fertig ist.
    Ich muss auch sagen, dass die moderne Fassade sich sehr wertig anfühlt. Nicht wie an anderen Gebäuden wo man die hohle Styroporwand hört, wenn man dagegen klopft.

    Die Gasse ist sehr viel breiter als es mir in den Visualisierungen vorkam.
    Der hintere Platz des Kulturpalastes ist nochmal genauso breit wie die Straße. Die Pflasterarbeiten dürften dort auch in den nächsten Wochen beendet werden.

    Zum Abschluss noch einmal ein Blick in den Damenhof, den jetzt eine neue Figuengruppe schmückt. Der Brunnen aus den Visualisierungen wird wohl nicht mehr kommen?
    Blickrichtung Jüdenhof

    Blickrichtung Schössergasse

    Hier links dahinter ist die Lobby des neuen Amedia Hotels mit einem großen Elefanten geschmückt. Der Hotelbetrieb läuft schon.

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Die Fassade mag sich wertig anfühlen, optisch hinterlässt sie diesen Eindruck anhand deiner Bilder nicht.

    Das bauliche Rückgrat der neuen Rosmaringasse bilden die historisierenden Straßenlaternen und der Straßenbelag.
    Da stellt sich die rhetorische Frage, warum der öffentliche Raum in diesem Abschnitt nicht konsequenterweise mit modernistischen Mitteln oder anachronistischer DDR-Moderne vollendet wurde?!

  • Das bauliche Rückgrat der neuen Rosmaringasse bilden die historisierenden Straßenlaternen und der Straßenbelag.

    Da stellt sich die rhetorische Frage, warum der öffentliche Raum in diesem Abschnitt nicht konsequenterweise mit modernistischen Mitteln oder anachronistischer DDR-Moderne vollendet wurde?!

    Damit eine spätere Veränderung / Häuserrekonstruktion leichter zu realisieren ist * haaa*
    Freue mich jedenfalls darüber, dass da nicht auch noch Stilbruch Fetischismus herrscht!

  • Oder man hat die historischen Leuchten en gros zum Sonderpreis bestellt und ne Menge davon gebunkert und muß sie nun loswerden ... :D:cool:
    Na ja, sieht dann aus, als ob ringum die alten Häuser vom Krieg abgeräumt wurden und einzig die Laternen stehen blieben, ebenso das alte Pflaster liegen bliebe und dann neue Häuser kamen.
    Inkonsequenz der Stadtplanung!? Sonst geht es ja auch darum Rekos zu vereiteln. Nun gut, wie Kaiserpalast sagt, soll's recht sein.

  • Diese Straßenlaternen haben nix mit der Rosmaringasse an sich zu tun sondern werden ganz einfach im gesamten Neumarkt-Gebiet aufgestellt. Eine Entscheidung, die das Stadtplanungsamt (!) sehr richtig getroffen hat.
    Insofern ist es weniger inkonsequent, wie oben geschrieben wurde, sondern vielmehr sehr konsequent, diese Stadtmöblierung mit hochwertigen Straßenbelägen und den Straßenlaternen durchzusetzen. Schaut doch gut aus!

  • Eindrücke vom Kulturpalast aus

    Blick entlang der Hotelfassade von Q VII/2

    An der Ecke von Q VII/2 vorbei über Q VI zur Frauenkirche


    Zu der Sache mit der Tafel:
    Neben der kleinen Tafel der GHND gibt es nun neben dem Sparkassenautomaten eine größere Tafel

    also wird hier am Erker wohl doch nichts mehr abgeschlagen?

    Wenn nicht anders angegeben, sind alle Bilder von mir.

  • Danke für die Fotos!

    Ich frage mich, was in einem Architekten-Kopf vorgehen muss, der hässliche bodentiefe Fenster plant, um sie dann mit noch hässlicheren Milchglasscheiben wieder zu verdecken - im 4. OG zur Hälfte und im DG sogar zu ca. 2/3! ?(:kopfwand:

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • @ frank, ja, jetzt, wo Du's schreibst, fällt es mir auch auf. Diese Brüstungsscheiben wären ja ne Chance für Ornament am Bau gewesen. Eingeätzte Ziermuster und schon könnte es eine Augenweide werden. Oder keine Scheiben dafür Ziergeländer. Also Herr Kimmerle noch eine kleine Investition in die Verschönerung tun und sich was einfallen lassen!

  • Ich frage mich, was in einem Architekten-Kopf vorgehen muss, der hässliche bodentiefe Fenster plant, um sie dann mit noch hässlicheren Milchglasscheiben wieder zu verdecken - im 4. OG zur Hälfte und im DG sogar zu ca. 2/3! ?(


    Das ist leider alles die Schuld der Bauverwaltung, die ja unbedingt die modernen "Kontraste" am Neumarkt haben wollte. Der rekofreundliche Investor Kimmerle wollte deutlich orts-angepasster bzw. historisierend bauen, auch zur Rosmaringasse. Beruhigend ist aber, dass sich dieser grobschlächtige Klotz in der Rosmaringasse in einer eher wenig frequentierenden Hinterhofsituation befindet, und daher kaum genauso intensiv wahrgenommen wird wie die Fassaden zum Neumarkt. Allerdings hätte auch die Hinterhofstraße Rosmaringasse 'mehr' verdient als nur Hinterhof-Architektur! :augenrollengruen:

  • Ich komme gerade aus Prag...da wird dieser Kontrast noch markanter. Quasi gleich hinter dem Altstädter Ring beginnt die Einöde - in Prag unvorstellbar. In Dresden leider gebaute Realität. Dresden hat leider ein verdammtes Pech gehabt mit der Totaleinäscherung und den Sozis danach. Naja, wenigstens kann man, wenn man den Kulturpalast einmal entfernt, die nicht minder hässlichen Fassaden rundherum auch gleich mitnehmen. Ich nenne es einfach einmal Reko-Hoffnungsgebiet für uns eer Kinder und Enkel.