Historismus in Frankfurt

  • Hier mal ein Beispiel für eine sehr schöne Ausmalung der Putzflächen bei einem Gründerzeitgebäude. Da hält kein Graffiti-"Künstler" mit. Standort: Oberer Berger Straße, Stadtteil Bornheim.

  • Hier eine alte Ansicht der zwei Kopfbauten gegenüber dem Hauptbahnhof am Eingang zur Kaiserstraße. Beide Häuser sind erhalten. Eine Rekonstruktion der Ecktürme bzw. Kuppeln wäre dringend geboten, sie gehören einfach als wichtiger Bestandteil zu den Gebäuden.

    In dubio pro reko

  • Gerechtigkeitshalber muss man allerdings sagen, dass der Großteil der Frankfurter Historismus-Gebäude nicht aus solchen Prachtbauten, sondern eher schlichteren Wohngebäuden besteht. Diese findet man aber in den Bereichen Nordend, Bornheim, Sachsenhausen und Bockenheim durchaus noch in geschlossenen Ensembles.

    Hier einige typische Beispiele aus dem Bereich Nordend/Bornheim:




  • Momentan bin ich sehr interessiert an diesem Thema, da Frankfurt in Sachen Historismus doch wirklich noch viele hochinteressante Beispiele vorzuweisen hat. Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass keine andere deutsche Stadt dieser Größenordnung eine derartige Qualität und Finesse der historistischen Architektur vorweisen kann. Ein enormes Potenzial, das noch immer in dieser Stadt schlummert. Leider werden die gründerzeitlichen Gebäude in Frankfurt sehr stiefmütterlich behandelt.

    Wer von Euch kann mir sagen, wo dieses Gebäude steht und wann es erbaut wurde? Ich finde es sehr beeindruckend.

    In dubio pro reko

  • Das Haus steht am Börsenplatz N°5:
    https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:…z_5_(Frankfurt)

    "Nobles Miets- und Geschäftshaus der Neurenaissance für Franz von Brünning nach Entwurf von Christian Ludwig Schmidt. Fassade aus rotem Sandstein, zentriert in breit auf Atlanten ausgekragtem Balkon mit Kolossalsäulen."

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    Einmal editiert, zuletzt von Mantikor (12. Mai 2016 um 13:13)

  • Das Haus steht am Börsenplatz N°5 ist wirklich toll, das links davon auch! So in etwa muss es wohl am Schillerplatz/Hauptwache ausgesehen haben :)

    Was hier nicht fehlen darf, ist ja das Amtsgerichtsgebäude, leider sehr versteckt aber fast direkt an der Zeil!

    Quelle und mehr Bilder: https://de.wikipedia.org/wiki/Amtsgericht_Frankfurt_am_Main

    und ein paar Details von mir:

    Einmal editiert, zuletzt von Kaiserpalast (14. Mai 2016 um 18:29)

  • Hat das eigentlich irgendeinen Grund, dass die gezeigten Gebäude alle so ungepflegt daherkommen? Auch wundert mich dieser anstrengende rötliche Farbton. Ist das Farbe oder eine spezielle Steinsorte?

  • Hat das eigentlich irgendeinen Grund, dass die gezeigten Gebäude alle so ungepflegt daherkommen? Auch wundert mich dieser anstrengende rötliche Farbton. Ist das Farbe oder eine spezielle Steinsorte?

    Naja soooo ungepflegt find ich die nun nicht und ja der Stein ist MAIN-SANDSTEIN
    Find es eigentlich ganz cool diese "persönliche" lokale Note...

    Die Goldene Waage hat auch Main Sandstein ;)

  • Der Main-Sandstein gehört zum Buntsandstein. Bereits die Freie Reichstadt [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] hatte diesen sehr feinkörnigen, hellroten Sandstein von den vielen Steinbrüchen am Main bezogen. Der feinste Main-Sandstein soll in den Steinbrüchen von Miltenberg a. M. gebrochen worden sein. Ab Miltenberg bis Frankfurt war der Main schiffbar. So wurden denn die Steinquader auf dem Flussweg nach Frankfurt transportiert. Der Main-Sandstein hat einen leuchtend hellroten Farbton, der mir sehr gut gefällt. Dass er "anstrengend" sein soll, hatte ich bisher noch nie gehört. Die Farbe variiert je nach Lichtverhältnissen. Umweltbelastung und Luftverschmutzung setzen freilich auch dem Main-Sandstein zu. Wer aber jemals Schloss St. Johannisberg in Aschaffenburg am Main in der Abendsonne, wie von innern heraus leuchtend glühen sah, ist begeistert und wird diesen großartigen Anblick bestimmt nie mehr vergessen. Dasselbe gilt auch für das Straßburger Münster, da der Vogesensandstein im Abendlicht oder Abendrot genauso herrlich strahlt und wie von innen erleuchtet erscheint.

    Der Main-Sandstein ist auf Grund seiner feinen Körnung sehr glatt und verschmutzt deshalb durch Umwelteinflüsse weit weniger als dies etwa beim grobkörnigen Sandstein in und um Nürnberg der Fall ist. Da der Main-Sandstein überdies leicht und gut zu bearbeiten ist, hat man diesen gerne und oft verwendet. So wurde der Kaiserdom zu Frankfurt a. M. aus Mainsandstein erbaut, das Straßburger Münster hingegen aus entsprechendem Vogesen-Sandstein der Nordvogesen errichtet. Der einzige Nachteil, den der Main-Sandstein hat, ist der, dass er ein weiches Gestein ist und deshalb schneller verwittert als dies bei einem harten Gestein der Fall ist.

    Der Sandstein ist dort, wo er natürlich vorkommt, Landschafts typisch. Er prägt die Landschaft seit urdenklichen Zeiten und damit auch die Städte und Dörfer, in denen er als Baumaterial verwendet wurde. Der Sandstein gehört, dort einfach seit jeher dazu. Kein Mensch käme jemals auf den Gedanken, die Bauhütten des Basler, des Freiburger Münsters,des Straßburger Münsters oder des Frankfurter Kaiserdoms sollten für die Restaurierungsarbeiten etwas anderes verwenden, als eben jenen Sandstein, aus dem diese altehrwürdigen Gotteshäuser dereinst errichtet worden sind.

    6 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (16. Mai 2016 um 17:14)

  • Ich gehe sogar soweit zu behaupten, dass keine andere deutsche Stadt dieser Größenordnung eine derartige Qualität und Finesse der historistischen Architektur vorweisen kann.

    Nun, Frankfurts "Schwesterstadt" [lexicon='Leipzig'][/lexicon], das der Kunsthistoriker Hocquél als "Hauptstadt des deutschen Historismus" (mit Fragezeichen) tituliert hat, dürfte im Großen und Ganzen an Fülle und Qualität historistischer Architektur Frankfurt ebenbürtig erscheinen. Freilich hat Frankfurt den Vorzug gediegener Sandstein-Architektur, und wenn man Vorkriegs-Fotos von Frankfurt betrachtet, ist man überwältigt von der unbändigen Prachtentfaltung, die sich vornehmlich im Bereich Kaiserstraße/Zeil in Szene setzte, aber auch in der Luccae-Oper zu bestaunen war. Diese Stadt verstand sich - vor allem im Kaiserreich - wie keine andere aufs Auftrumpfen, was sich in der Redensart kundtat: "Frankfurt fährt vierspännig". .

  • Hierzu passend folgende Bemerkung: Als Kaiser Wilhelm I. die um 1880 eben neu fertiggestellte Frankfurter Oper besichtigte, soll er, so wird es überliefert, staunend und bewundernd gesagt haben: "So etwas können sich nur die Frankfurter leisten".

    3 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (16. Mai 2016 um 16:17)

  • Ich persönlich mag den bei Frankfurter Gründerzeitlern oft verwendeten roten Main Sandstein sehr.
    Auch in Wiesbaden ist dieser sehr häufig anzutreffen und macht einiges her!

  • Lieber Klinker,

    das hatten wir hier weiter oben schon. Die Bemalung des Gründerzeithauses kann nicht historistisch sein, m. E. auch nicht Jugendstil. In diesem Fall tippe ich auf die Zeit ab um 1960 bzw. ab Anfang der 1960 er Jahre. Kann aber meiner Meinung nach auch noch sehr viel später sein, bis in die Jahre um 2000.

    2 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (18. Mai 2016 um 01:06)

  • Die Bemalung sieht mir aber nicht sehr historistisch aus.

    Das hatte ich auch nicht behauptet.
    "Villa 1895" dürfte mit seiner Einschätzung richtig liegen. Ich vermute, dass der Fassadenanstrich weniger als 20 Jahre alt ist. Er gefällt mir trotzdem.