Tausenden Kirchen droht der Abriss

  • Das ist richtig. Ich hatte aber auf die Unterschutzstellung und die in diesem Zusammenhang erfolgte Prüfung abgestellt.

    Das Beispiel von zeitgenössischer Bauten, die unter Schutz gestellt werden zeigt aber doch, dass uns da gerade etwas Wichtiges verloren geht. Wenn man alte Häuser unter Schutz stellt, dann haben diese sich bereits unter Beweis gestellt. Sie haben -ich sag mal - 100 Jahre gut funktioniert, die Mehrheit der Menschen fand sie nicht abrisswürdig, sie haben keinen Schaden angerichtet, weder den Bewohnern, noch der Umgebung, den Besitzern hat das Gebäude gute Dienste erwiesen usw. Stelle ich nun junge Gebäude unter Schutz nach egal welchem noch so gut gemeinten Maßstab, so habe ich diese Auslese noch nicht. Die Brutalistischen Bauten haben in den letzten zwei Jahrzehnten überhaupt erst ihre 1. große Sanierungswelle erreicht, wo überhaupt über einen Abriss debattiert wird in der Mehrheit. Dabei kamen schwerwiegende Probleme dieser Bauten zutage: Gesundheitsgefährdende Baustoffe, wenig Möglichkeit der Anpassung auf neue Nutzungsformen, zu wenig natürliches Licht, und hohen Wartungsaufwand z.B. des exponierten Betons. Ich denke man erkennt sehr schnell, was ich mit zahlreichen Adjektiven zum Brutalismus bereits ausgeführt habe.

    Dies legt nahe, dass die heutigen Maßstäbe einer Unterschutzstellung zu willkürlich sind, als dass man sagen könnte, Denkmalschutzbauten sind uneingeschränkt erhaltenswert.

  • aber es ist nicht jedes denkmalgeschützte Bauwerk erhaltenswert. Das Rathaus von Reutlingen z. B. vernichtet jedes Altstadtgefühl

    Ein weiteres Beispiel: Man denke an das unter Denkmalschutz stehende heutige 50er-Jahre-Pellerhaus in Nürnberg. Seine Unterschutzstellung verhindert bislang die Rekonstruktion des Renaissance-Gebäudes an selber Stelle.

  • Das Innere solcher Kirchen ist meist hell, beruhigend und Wärme aussendend, für die Zusammenkunft der Gemeinde vielleicht sogar eine einladendere Kulisse als das von romanischen oder gotischen Kirchen, die doch meist eine dunkle, schwere Atmosphäre schaffen.

    Ich empfinde das ganz anders. Die nüchternen, lichtdurchfluteten Gebäude der 60er und 70er haben für mich den Charme von Sporthallen oder Veranstaltungsräumen in großen Unternehmen. Nichts zieht mich dort hin.

    Die Mehrheit der Menschen scheint es ähnlich zu sehen - denn es sind doch gerade die Kirchen der Nachkriegsjahrzehnte, die die Gläubigen meiden.

    Es gibt sehr, sehr viele dieser Kirchen. Jedes größeres Neubaugebiet jener Jahre hat eine. Natürlich sollte man nicht alle abreißen. Aber es ist IMHO kein großer Verlust, wenn einige davon verschwinden.

  • Christen sind in Deutschland zur Minderheit geworden:

    NDR: Kirchenmitglieder in der Minderheit

    Wir stehen hier wohl noch am Anfang einer sehr viel weitergehenden Entwicklung in Richtung einer Ent-Christianisierung Deutschlands.

    Wenn die Kirche überleben will, sollte sie ernsthaft darüber nachdenken, trotz aller akuten Probleme, die das mit sich bringen würden, über die Abschaffung der Kirchensteuer nachzudenken. Die Steuer ist ein sehr hohe Hürde für Eintritte von Menschen mittleren Alters.

  • Vielleicht sollte die Kirche auch bei Eintritt zunächst auf Erhebung der Kirchensteuer verzichten. Und eine andere Progressionslogik wäre sicher auch hilfreich..

    Letzten Endes hängt es aber nicht allein an der Kirchensteuer. Die Kirche ist spirituell einfach nicht mehr so sonderlich relevant. Diese Themen wurden ja hier und andernorts auch schon vielfach besprochen.

  • Mal ketzerisch gedacht: Und wenn sie die Kirche einfach etwas umbauen und als Turnhalle nutzen?

    Das sollte durchaus möglich sein, sofern man bereit ist, auf normgerechte Spielfelder für Ballsportarten zu verzichten. Vielleicht eine doppelte Funktion als Sporthalle und Aula?!

  • Das sollte durchaus möglich sein, sofern man bereit ist, auf normgerechte Spielfelder für Ballsportarten zu verzichten. Vielleicht eine doppelte Funktion als Sporthalle und Aula?!

    In der Sowjetunion gab´s das häufig, Turn und Schwwimmhallen in Kirchen. Aber auch alterhwürdige Bauten in Westdeutschland werden so genutzt:

    https://www.zeit.de/1995/37/Zum_Turnen_in_die_Kirche

    https://www.st-maximin-trier.de/abteikirche/or…und-geschichte/

  • Und weiter geht's.

    Dorfkirche Lützen-Starsiedel, Sachsen-Anhalt

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    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Tnemtsoni', CC BY-SA 3.0

    Kirche in Starsiedel droht der Abriss
    Die Kirchgemeinde kann das Gotteshaus in Starsiedel nicht retten. Nun ruht die letzte Hoffnung auf bürgerlichem Engagement.
    www.mz.de


    Jakobikirche Oelsnitz, Vogtland in Sachsen

    637px-Oelsnitz_Vogtl_Jakobikirche.jpg

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Andreas Praefcke', CC BY-SA 3.0

    Oelsnitzer Wahrzeichen droht Abriss
    Für die Sanierung benötigt die Kirchgemeinde Millionenbeträge, die schlicht weg nicht vorhanden sind.
    www.sachsen-fernsehen.de

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • "Oelsnitzer Wahrzeichen droht Abriss". Die Überschrift ist irreführend.Hier geht es um den oberen Teil eines der beiden Türme und nicht um den gesamten Kirchenbau.

  • Jakobikirche Oelsnitz, Vogtland in Sachsen

    637px-Oelsnitz_Vogtl_Jakobikirche.jpg

    Bildquelle: Wikimedia, Urheber 'Andreas Praefcke', CC BY-SA 3.0

    https://www.sachsen-fernsehen.de/oelsnitzer-wah…abriss-1502975/


    Hier geht es um einen drohenden Rückbau von einem der beiden Türme, weil einige Elemente des Turms absturzgefährdet sind.
    Die Türme sind etwas ganz Besonderes. Sie sind absolut stadtbildprägend und sie sind die höchsten des Vogtlandes überhaupt. Noch dazu handelt es sich hier nicht um rein neogotische Türme, Teile stammen aus dem 13. Jahrhundert.
    Das es dafür keine finanziellen Mittel vom Land bzw. dem Bund gibt, um dieses Denkmal zu erhalten, ist mir absolut unverständlich. Es wundert mich nicht heutzutage, aber es ist unverständlich.



  • Das es dafür keine finanziellen Mittel vom Land bzw. dem Bund gibt, um dieses Denkmal zu erhalten, ist mir absolut unverständlich. Es wundert mich nicht heutzutage, aber es ist unverständlich.

    Bei Kirchens wird inzwischen sogar an der Instandsetzung und Erhaltung von Orgeln gesparrt! Und diese Anweisung kommt von den jeweiligen Landeskirchen. Es sollen nur noch die notwendigsten Maßnahmen an einigen Instrumenten durchgeführt werden, da niemand weiß, wie lange diese Kirchen noch "in Betrieb" sind!!! Und wir sprechen hier nicht nur von Gotteshäusen (ev + kath) aus der Zeit nach 1945. Fakt!!!

    Hinzu kommt der Wandel der örtlichen Pfarrer. Kirche bedeutet heutzutage "Event". Dazu brauchen wir keine historischen Gebäude sondern kuschelige Wohnzimmer mit 25°C. Das wiederum ist nicht finanzierbar. Und somit sind die ollen Gemäuer abgeschrieben...

    Kirchenkreis Osnabrück muss 10,4 Prozent sparen
    www.kirchenkreis-osnabrueck.de
  • Die ehemalige St. Antonius Kirche in Bochum wurde Anfang diesen Jahres teilweise abgerissen. Erhalten geblieben sind nur der Turm und zwei Außenwände. Dach und Chor wurden abgebrochen. Auf der einen Seite werden hier abertausende Beiträge über Rekonstruktionsvorhaben wie die Garnisonkirche geschrieben (was ja nichts schlechtes ist), auf der anderen Seite jedoch kein einziger über den Abriss eines authentischen historischen Bauwerks. Ich wünsche mir nicht nur 5484 Beiträge (Stand 2.12.23) zur Garnisonkirche, sondern auch zu St. Antonius in Bochum. Jawoll! Wir sollten uns vielleicht nicht zu sehr auf einzelne Kirchen-Rekonstruktionsvorhaben versteifen und unseren Einfluss und unsere Energie vielleicht mehr auf vom abrissbedrohte historische Gotteshäuser lenken! Die Zukunft wird nämlich wohl nicht gerade rosig für unser kirchliches Bauerbe.

    Die Kirche:



    Der brutale Teilabriss:


    Was aus den Resten der "Kirche" werden soll:

    Quelle:

    1.

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    2. https://www.antonius-quartier.de/

    Lübeck, mein Lübeck, an der Waterkant
    Königin der Hanse, Perle am Ostseestrand.

  • Was zum...?! eek:)
    Ich bin mir sicher, wenn diese Kulturbarbarei mehr Leuten hier bekannt gewesen wäre, dann hätten auch mehr was dazu geschrieben.
    Ich wusste zumindest nichts von diesem Vorgehen und bin gerade einfach nur entsetzt.

    Entsetzt bin ich auch von dem verlinkten Youtube-Video und Youtube-Kanal. Der bejubelt praktisch die Kulturbarbarei und verpasst jeden kritischen (oder einfach nur entsetzten) Kommentar unter dem Video eine zickige, stichelnde Antwort.
    So eine fiese Grundhaltung ist mir jetzt auch noch nicht so oft untergekommen bei Kanälen, die sich für seriös halten und wachsen wollen. Kein Wunder, dass der Kanal, obwohl auf den ersten Blick durchaus seriös und professionell aufgemacht, gerade mal bei 200 Subscribern rumdümpelt.

  • Das ist eine unfassbare Barbarei. In meinen Augen ist dies eine der schlimmsten Nachrichten die in diesem Forum bisher gepostet wurde. Alle Verantwortlichen sollten sich in Grund und Boden schämen. Offenbar wird auch der Turm noch seines Schmucks beraubt. Was für eine Schande!