Sellin und Göhren auf Rügen

@Kralle

Vielen Dank für die Info! Wenn ich allerdings die wunderschöne Visu mit dem aktuellen Bauszustand und den bereits eingesetzten Fenstern ansehe, dann befürchte ich, dass das Endergebnis nicht so filigran aussehen wird. Die jetzigen fentser sind leider nicht so gesprosst wie auf der Visu. In 4 Monaten bin ich aber selber dort...dannn werde ich mir das genauer ansehen

In dieser Angelegenheit muss ich Exilwiener recht geben, denn das Haus wirkt mit den eingebauten Fenstern nicht so schön wie in der Visualisierung. Ein großer Trost aber bleibt dennoch, denn es wurde an dieser prominenten Stelle kein hässlicher Betonklotz hingesetzt.

Das MDR-Fernsehen hat vor einigen Wochen einen interessanten Bericht über die zunehmend schlechte Qualität bei den Neubauten an der Ostseeküste gesendet, wonach sich überall in den Stadtkernen der alten Seebäder eine billige Investorenarchitektur in oberflächlicher Bäderarchitektur-Imitation breit macht, ohne aber deren tatsächliche Formensprache, Materialauswahl und "Seele" zu verstehen und baulich aufzugreifen. Ich glaube diesem Vorwurf kann man nicht widersprechen!
Hier der >> Bericht des MDR

Zu Sellin:
Hier nähert sich der Neubau des "Sellin First" seiner Vollendung, siehe hier. Währenddessen berichtet die Ostseezeitung, dass das gegenüberliegende, erst wenige Jahre alte, ziemlich kitschig gestrichene Kurhaus / Hotel "Travel Charme" (siehe Bild) abgerissen werden soll und durch einen Neubau im Stil des "Sellin First" ersetzt werden soll.
Ob das dann eine "Verbesserung" wird wage ich mal zu bezweifeln. Erstens ist der nunmehrige Vorbildbau "Sellin First" trotz in Teilen gelungener Formensprache im Sinne einer konsequenten Bäderarchitektursprache alles andere perfekt (u.a. durch zu viele Bereiche banaler Betonfassaden), anderseits ist das zum Abriss vorgesehene "Travel Charme" eigentlich nur schrecklich gestrichen, aber architektonisch durchaus in seinem Umfeld passend und ästhetisch harmonisch. Warum will man also einen halbwegs gelungenen Bau im Investoren-Billig-Alt-Imitation-Stil abreißen, wenn man immer noch nicht dazu bereit ist, die Formensprache und Materialauswahl der der Jahrhundertwende konsequent aufzugreifen ??

Eigentlich Wahnsinn, wenn man sich mal die Energie-Bilanz eines Gebäudes überlegt, dass nach 16 Jahren bereits wieder abgerissen werden soll. Da reden sie von Klimaschutz, Dämmplatten, Windparks und Solarpaneelen, und dann spielt es überhaupt keine Rolle, dass faktische Neubauten mit hohem energetischen Aufwand beseitigt und neu errichtet werden sollen...

Der Neubau "Sellin First" am Hochufer in Sellin wurde inzwischen fertiggestellt. Hier ein paar verlinkte Bilder:
Bild 1
Bild 2
Bild 3
Bild 4
Bild 5
Bild 6

Mein Eindruck zum Neubau: Nicht schlecht, aber im Sinne einer konsequenter angewendeten Bäderarchitektur-Formensprache wäre das Gebäude durchaus "ausbaufähig" gewesen!

Sellin:
Das erst 2001 eröffnete Kurhaus am Hochufer (abgesehen von den kitschigen Farben der Fassaden eigentlich kein schlechter Bau) wird im Frühjahr abgerissen und soll einem deutlich "komfortableren" Neubau im Stil der, ich nenne es mal Neo-Bäderarchitektur folgen.
Hierzu ein Bericht mit einem ersten Bild des geplanten Neubaus.

Leider keine Verbesserung. Hier muesste man den Vorgaenger rekonstruieren. So schaut billig aus.

2001 eröffnet und 2019 schon wieder abgerissen? Das ist ja schon rekordverdächtig.

Diese Zeichnung des Neubau sieht zunächst ja ganz passabel aus. Da kommt es am Ende auf die Qualität und die verwendeten Materialien an.

Ein weiteres Ziel ist es mit dem Neubau eine Art Tor-Situation als Abschluss und Finale der Wilhelmstraße zu schaffen, wie es diese Visualisierung zeigt (das Gegenstück auf der Südseite ist bereits fertiggestellt). Kritisch anzumerken ist aber dass diese Tor-Situation eigentlich bereits existiert und dass das "alte" Kurhaus eigentlich nur neutraler gestrichen werden müsste, um sich harmonischer in die Wilhelmstraße einzufügen.
Zudem frage ich mich ob die Badegäste und Seebrückenbesucher in der kommenden Saison überhaupt ihren Urlaub genießen können, wenn hinter ihnen die Abrissbagger dröhnen.

Zitat von Neußer

2001 eröffnet und 2019 schon wieder abgerissen? Das ist ja schon rekordverdächtig.

Vor allem ist ganz und gar nicht nachhaltig oder ökologisch. Scheint aber keinen Demonstranten zu stören.

Ein paar frische Impressionen aus Sellin können sicherlich nicht schaden! In den letzten Jahren sind in Sellin einige durchaus positiv zu bewertende Neubauten errichtet worden, die allerdings größtenteils an die Stelle von vernachlässigten und schließlich abgebrochenen Originalen der Bäderarchitektur getreten sind - nun natürlich mit bedeutend größerer Nutzfläche. Sellin besteht im Wesentlichen aus einer einzigen Hauptstraße, der Wilhelmstraße, die sich nach Osten über ca. 1,5 km sanft ansteigend zum Hochufer hin zieht. Entlang der Wilhelmstraße befinden sich zahlreiche gründerzeitliche Bauten im Bäderstil.

Wikipedia-Eintrag

Zunächst einige Eindrücke aus dem mittleren und unteren Teil der Wilhelmstraße:

Neo-Bäderstil aus den 1990ern - nicht so schlecht gemacht, wenngleich das Ausführungsniveau der modernen Verandaschnitzereien in Filigranität und kunsthandwerklicher Schönheit eigentlich nie an die besseren Exemplare der Originalbauten heranreicht:

Leerstand und wohl bevorstehender Abriss bei einem offenbar schon früher vereinfachten Originalbau:

Ein wohl ähnlich gelagerter Fall - ziemlich traurig, wie hier originale Bausubstanz wohl ihrer Vernichtung entgegensieht:

Auch bei diesen unsachgemäß überformten Altbauten scheint mir das Schicksal fraglich:

Rechts die 2006-2010 errichtete "Villa Lena" ...

... an Stelle der 1907 erbauten und 2006 abgerissenen "Villa Estorff":

Hier nochmal der Neubau. Er wirkt wie hilflos aus Versatzstücken des Bäderstils zusammengeschustert; sicherlich gut gemeint, aber im Ergebnis wenig überzeugend. Die Proportionen stimmen nicht; die Balkone und Vorsatzgitter wirken wie rangeklatscht, die Doppelungen von Fenstern und Flachdächern erscheinen unmotiviert; etc. Bei längerem Betrachten wird es nicht besser, sondern noch schlimmer.

Folgend ein etwas besserer Bau der letzten Jahre. Würde der ganze Ort aus Bauten wie diesem und dem letzten bestehen, wäre wohl der ganze Zauber dahin.

Ein weiterer, etwas besserer Vetreter des Neo-Bäderstils:

Mal wieder ein Altbau zum Vergleich:

Links die immer noch sehr schöne, wenngleich modern überformte "Villa Theres", rechts ein durchaus origineller Neubau...

... mit seinen spindelförmigen Säulen und den ambitioniert zurechtgesägten Balkonen:

Zwischendrin dieses 1905 erbaute nordische Blockhaus, jetzt Teil einer Hotelanlage:

Ihren Höhepunkt erreicht die Wilhelmstraße am Rand des Hochufers. Rechts das 2018 eröffnete "First", links das bereits leergezogene Kurhaus, Baujahr 2000, welches abgerissen und durch einen weiter oben im Strang bereits erwähnten Neubau ersetzt werden soll...

Das "First", durchaus qualitätvoll ausgeführt:

Ansicht vom Hochufer - die etwas seltsam wirkende aufgeständerte Turmspitze wurde offenbar dem Original nachempfunden:

Ansicht des 1995 abgerissenen "Strandhotels" von 1899 in einem Schaukasten:

hier nochmal das erst 20 Jahre alte Kurhaus:

Blick auf die Seebrücke, 1992-98 wiedererrichtet:

Blick Richtung Norden über den Strand, am Horizont die Halbinsel Jasmund mit den Kreidefelsen:

So geht es hinter dem "First" Richtung Süden weiter:

In Sellin ist die tiefe Baugrube für den Neubau anstelle des 'Hotel Kurhaus' mittlerweile ausgehoben.

Eine baulich-ästhetische Verbesserung wird das sicherlich nicht.

Die Seebrücke nochmals in "echt":

Und abschließend noch die hoch am Ortsrand gelegene ev. Gnadenkirche, die offenbar äußerlich saniert wurde und deren Umfeld ein wenig gelichtet wurde.

Eigentlich sehr schade das das Hotel "Kurhaus Sellin" abgerissen worden ist. Ich war 2010 8 Tage Gast in diesem Hotel und es hat mir und meiner

Partnerin sehr gut gefallen. Der Service war gut das Essen top, die Zimmer geraümig und sauber.

Leider haben Sie in den letzten Jahren keine HP mehr angboten, deshalb war ich, als wir das nächste mal in Rügen waren (zuletzt 2019) in einem Hotel im Nachbarort Baabe.

Gut, über die Architektur kann man sicher streiten. Wir fanden es ein bisschen zu "Disneyhaft", gerade mit diesen, für Rügen, gewöhnungsbedürftigen Farben.

Der Neubau gefällt mir persönlich ein wenig besser, ist aber Geschmacksache, außer vielleicht der Turmaufsatz, den finde ich nicht so gelungen.

Da ich aber ein absoltuer Rügen Fan bin, werde ich das Hotel mal auf meine Übernachtungsliste setzten, wenn es fertig ist.

Ich finde den Neubau eine deutliche Verbesserung gegenüber dem "alten" Kurhaus aus den 1990er. Das hat mich tatsächlich auch an Disneyland erinnert, hier passt der Vergleich Mal.

Was aber pervers ist: Einen Nachwendebau nach so kurzer Zeit abzureißen. Man hätte den Bestand in einer ähnlichen Art und Weise sanieren, klassischer und etwas weniger poppig, was in der Tat wenig mit der Bäderarchitektur zu tun hat. Da greift der jetzt entstehende Bau dieses Motiv schon deutlich eher auf, auch wenn Proportionen und Volumen wie so oft einem richtig guten Ergebnis im Weg stehen.

Anfang Juli 2021 war ich auch auf Rügen und in Sellin. Der Neubau, oder eher gesagt, die Baugrube für das neue Hotel ist mir natürlich auch aufgefallen. - Nicht nur das Kurhaus aus den 1990er Jahren wurde abgerissen, sondern auch noch eine Reihe von Bäumen gefällt. Das neue Hotel wird also vom Strand her viel auffälliger sein.

An der August-Bebel-Straße habe ich zudem noch ein leerstehendes Alten- und Pflegeheim, das so genannte "Haus Lorelei" gesehen. Das Gebäude steht schon mindestens seit 2014 leer, wie folgender Zeitungsbericht verrät.

https://www.ostsee-zeitung.de/Vorpommern/Rue…ird-versteigert

Da frage ich mich doch ernsthaft, wieso man nicht dieses bestehende Gebäude kauft und zu einem Hotel umbaut. Lieber reisst man das relativ neue Kurhaus ab, um dort ein ganz neues Bauwerk zu errichten.

Klar, das Haus Lorelei ist noch einige Schritte vom Strand entfernt. Das dürfte auch der ausschlaggebende Grund dafür sein, daß das Gebäude noch immer nicht revitalisiert wurde. Schon irgendwie krank.