Schwarzach (Gde. Rheinmünster) - ehem. Kloster (Galerie)

  • Kloster Schwarzach

    Teil 1 von 4


    Hier nun die im Bilderrätsel vor kurzem versprochene Galerie mit Fotos der ehemaligen Klosteranlage Schwarzach. Schwarzach liegt in der Oberrheinebene in Rheinnähe, etwa auf der Höhe zwischen Bühl und Baden-Baden.

    Der Ort beeindruckt durch die schon von weitem sichtbare romanische Klosterkirche mit ihrem massigen Vierungsturm und dem klassisch romanischen Staffelchor. Von den barocken Klostergebäuden existieren nur noch die Torflügel und einige Gebäudeflügel des Wirtschaftshofes. Die eigentliche Klausur fiel nach der Säkularisierung dem Abriß zum Opfer. Die Klosterkirche war in der Barockzeit wegen mehr Lichtbedarfs sehr unharmonisch in den Seitenschiffen und ebenso am Chorbau verändert worden!

    Diese Beeinträchtigungen des romanischen Erscheinungsbildes wurden durch bauhistorisch abgesicherte Befunde in den 60iger Jahren behutsam rückgängig gemacht. Ein Rekonstruktionsrojekt noch im Geist des 19.Jahrhunderts inspiriert, doch verbunden mit archäologischer und bauhistorischer Forschung des 20. Jahrhunderts. Dadurch wurden zwar viele Spuren der Baugeschichte gelöscht, aber dem Erscheindungbild der doch noch vorwiegend von der Romanik geprägten Kirche hat diese Rückführung gut getan. Ein Bauprojekt, das mit heutiger Denkmalschutzdenkweise in dieser Form sicher undurchführbar wäre.
    Über dieses Rekontruktionsprojekt gibt es ein ausführliches, sehr zu empfehlendes Büchlein vom damaligen bauleitenden Architekten und Archäologen:
    Arnold Tschira, " Die ehemalige Benediktinerabtei Schwarzach", 2. veränd. u. erweit. Auflage 1977, hrsg. v. Inst. f. Baugeschichte d. Uni Karlsruhe u.d. Koldewey-Gesellschaft. (daraus weiter unten noch scans) Das Büchlein gibt es jedenfalls noch am Schriftenstand der Klosterkirche.
    Auf der Nordseite der Kirche befindet sich ein kleines Museum, das Informationen zur Baugeschichte und den Rekonstruktionen bietet

    So zeigt sich heute das Schwarzacher Münster wieder als ein idealer romanischer Kirchenbau!

    Für weitere Informationen, siehe die links:

    http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCn.Münster_Schwarzach

    http://www.rheinm%c3%bcnster.de/

    http://de.wikipedia.org/wiki/Rheinm%C3%BCnster

    http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzac…m%C3%BCnster%29

    Die Fotos sind von Dezember 2011 und April 2012.

    Beginnen wir den Rundgang mit einigen Impressionen:

    Die Benediktinerklosterkirche von Nordwesten. An der Westfassade war ursprünglich eine Vorhalle angebaut!

    Die wunderbar harmonisch gestaffelte Choranlage

    Betreten wir jetzt den Innenraum. Es empfängt uns im Dezemberlicht eine romanisch-mystisch dunkle Lichtstimmung. Im Laufe der Galerie gibt es aber noch hellere Innenraumfotos!

    Viele der alten, fein reliefierten Kapitelle wurden schon im späten 19.Jh. bei einer Restaurierung neu geschaffen. Die Bemalung aus den 60iger Jahren orientiert sich an den historischen Befunden.

    Blick auf die Westfassade des Münsters durch den von den Wirtschafts- und Verwaltungsbauten des Klosters gesäumten ersten Hof.

    Die Westfassade in Nahaufnahme. Gut erkennbar die Bögen für die Gewölbeansätze der abgegangenen Vorhalle.

    Portal und Tympanonfeld


    Die Klosterkirche von Südwesten. Auf der freien Fläche stand das barock erneuerte Kloster.

    Ein kräftig gewulstetes Seitenportal

    Die Backsteinmauern zeigen viele Spuren der baulichen Veränderungen. Beim genauen Hinsehen fällt der neuere Zustand der Ziegelsteine in den Seitenschiffwänden auf. Diese wurden bei den Rekonstruktionen in den 60iger Jahren teilweise neu aufgebaut!

    Blick zur Orgelempore, das Orgelwerk selbst ist neu, das Gehäuse noch barock.

    Bildquelle: eigene

    Fortsetzung folgt!

  • Kloster Schwarzach

    Teil 2 von 4

    Exkurs

    Zwischendurch möchte ich einige Grund- und Aufrisse, sowie vorher/nachher-Aufnahmen der Klosterkirche präsentieren. Es sind scans aus dem oben erwähnten Büchlein von Arnold Tschira.

    Der Grundriß im Vergleich: oben vor der Rekonstruktion, unten danach - man beachte die barocke Verbreiterung der Seitenschiffe ...


    besonders gut auch im Querschnitt zu sehen


    Hier in der Seitenansicht noch einmal eindrücklich das "verbaute baockisierte" Erscheinungsbild!


    Am Chorbau war eine Apsis fast ganz "eingebaut"...


    ... und sogar noch etwas früher mit dem Rest des barocken Konventgebäudes völlig überbaut.


    Die barocken Eingriffe sind besonders krass hier sehen. Unten die fertiggestellte romanische Rekonstruktion.


    Hier alte Ansichten der barocken Klosteranlage. Der Abgang dieses oberrheinischen Klosterpalastes (vom Vorarlberger Baumeister Peter Thumb erbaut, wie St.Peter im Schwarzwald) ist allerdings ein herber Verlust.


    Hier ein Bild während des Wiedeaufbau der "romanischen Seitenschiffmauern" auf den alten Fundamenten und z. T. mit den alten Steinen aus der barocken Mauer entnommen!


    Fortsetzung folgt!

  • Ehem. Kloster Schwarzach

    Teil 3 von 4


    Weiter geht`s mit dem Rundgang durch die Klosteranlagen. In dieser Fortsetzungreihe zunächst mit Schwerpunkt Wirtschaftsgebäude, Torflügel und Beinhaus bzw. das was davon übrig geblieben ist und im zweiten Abschnitt äußere und innere Details der Klosterkirche:

    Zur Illustration und Nachvollziehbarkeit das Luftfoto des Dorfes Schwarzach, die Lage der Klosterkirche mit den Restbeständen der Klosteranlage. Anstelle der Klausur befindet sich heute eine Gartenanlage, die mit ihrem Wegegeviert und Rosenrabatten den ehemaligen Kreuzgang und Teile des Klosterpalastes nachvollziehen läßt.


    Auf der Westseite, zum Dorf Schwarzach hin, wirken die Reste der ehemaligen Klostergebäude mit dem Klostertor in der Mitte und von wohl proportionierten Mansarddächern bekrönt, noch recht geschlossen...



    ... nähern wir uns dem barocken Klostertor, von zwei intakten Gebäudeflügeln flankiert. Hier sieht alles ebenso vollständig aus...

    ... und schreiten geradewegs durch das Klostertor hindurch, doch im Hintergrund nur Leere, bzw. ein modernes privates Wohnhaus, wo der Gästeflügel der Klausur prangen sollte!? Im Hintergrund die Schwarzwaldberge (Osten).


    Nördlich der Torflügel rahmt ein offener langgezogener platzartiger Zugang die frei stehende Klosterkirche.


    Umgedreht bietet sich dieser nordseitige Anblick der ehemnaligen Wirtschaftsflügel


    Auf dem Wirtschaftshof, dem ersten Klosterhof, läßt sich die Klosterkirche in voller Größe und Ausdehung überblicken.


    Trotz der Abrisse und Umbauten läßt sich manches noch entdecken, so ein vermutlich noch gotisches Beinhaus.

    Die Klosterkirche, rechts angeschnitten das Beinhaus.

    Und so mancher alter Wappenstein aus der Klosterzeit.


    Zur Klosterkirche zurück:


    Langhaus/Querhaus

    Apsidenstaffelung...


    Eingang am südlichen Seitenschiff

    Das Langhaus von innen:


    Der barocke Hochaltar wurde im nördlichen Querhaus wieder aufgebaut.

    Typisch für Bauten der Hirsauer Reformklöster: der quadratische Langhauspfeiler anstelle einer Säule unmittelbar vor der Vierung.


    Chorgewölbe

    Das barocke Chorgestühl in der Chorapsis.

    ... nochmal mit Blitzlicht in anderer Farbgebung.

  • Ehemaliges Kloster Schwarzach

    Vierter und letzter Teil

    Die folgenden Ansichten sind in etwas hellerem Frühjahrslicht entstanden und ohne Weihnachtsdeko. Deshalb noch einmal ein kleiner Rundgang um und durch diese kraftvoll anmutende Benediktinerkirche.

    Die Lage von Nordosten über die Landstraße hinweg geschaut.


    Von Südosten auf dem Klosterareal


    Der Innenraum, jetzt frei "im Normalzustand".


    Aus der Chorapsis ins Langhaus geschaut. Im Vordergrund ein barockes Lesepult!


    Noch einmal die kraftvolle Pforte...


    Südseite


    Vierung


    Die Gartenanlage anstelle der Klausurgebäude


    So das war`s!

    Fotoquelle: eigene

  • BIn auf meiner Radtour durch die Republik hier durchgekommen und war von der Kirche sehr angetan. Gestoert hat mich lediglich die vom Band abgespielte Orgelmusik in der Kirche...

    „Groß ist die Erinnerung, die Orten innewohnt“ - Cicero

  • Interessant ist, dass sich soweit im Südwesten eine backsteinromanische Kirche findet, die man doch eigentlich eher im norddeutschen Raum vermutet.
    Gibt es zu dem Thema Forschungen ? Mich erinnert die Kirche bis auf das Westwerk natürlich, etwas an die Klosterkiche in Jerichow, noch mit Vierungsturm und an einige andere romanische Kirchen in Brandenburg.

  • Es gibt eine ältere, oben in den Beiträgen aufgeführte Schrift mit Bericht über die Grabungen und Rekonstruktionen der 60/70iger Jahre in der Klosterkriche Schwarzach. Sonst ist mir nichts bekannt. Ich glaube es wird darin auch was zur Sonderstellung des Backsteinbaus in der Rheinebene ausgesagt!?
    Falls ich Zeit dazu habe, schaue ich mal nach und poste dann hier das Ergebnis!


    Arnold Tschira, " Die ehemalige Benediktinerabtei Schwarzach", 2. veränd. u. erweit. Auflage 1977, hrsg. v. Inst. f. Baugeschichte d. Uni Karlsruhe u.d. Koldewey-Gesellschaft.

  • @ SchortschiBähr Vielen Dank für die vielen schönen Fotos ! Hätte auf den ersten Blick gedacht, dass die teilweise in Backstein erbauten Mauern ein Zeichen seien für der Rekonstruktion aus den 60er /70er Jahren, quasi als (billigen) Ersatz für den ortsüblichen roten Sandstein! Doch dass es sich hierbei um ein einmaliges, original Backsteingebäude mitten in Südwestdeutschland handelt, das überrascht micht sehr !

  • Bin gespannt, was SchortschiBähr bei Gelegenheit aus dem Büchlein von Herrn Tschira zum Thema Backstein zutage fördern wird, möchte jedoch schon eine Vermutung äußern:

    Schwarzach war als Kloster nie reichsunmittelbar, sondern stand in Lehensabhängigkeit wechselnder Grundherren. Dies bedeutete einen entschiedenen Verlust an Souveränität sowohl hinsichtlich der Verwendung von Finanzmitteln – das Kloster war dem Grundherrn abgabepflichtig – wie beim Treffen von Entscheidungen, da der Grundherr „hineinregieren“ konnte.
    Daß man beim Bau der Klosterkirche vom Sandstein, in dem ja einige Teile und auch die Grundmauern ausgeführt sind, zum Backstein wechselte, mag also in dem ungeheuren Einsparpotential gelegen haben, daß der damalige Grundherr in dem wesentlich billigeren und unmittelbar vor Ort zu produzierenden Baumaterial sah. Lehm und Wälder für die Brennöfen waren in der Rheinebene reichlich vorhanden, während Sandstein aus dem Schwarzwald herangekarrt werden mußte, für seinen Abbau wie für die Formgebung wären Spezialisten nötig gewesen, während Lehmziegel von den Bauern vor Ort produziert werden konnten, und nicht zuletzt ließ sich ein Backsteinbau schneller vollenden als ein Sandsteinbau, was wieder Kosten sparte.

    Man liegt also vielleicht nicht falsch, wenn man als Ursache für die Wahl des Baumaterials bzw. für den Wechsel des Baumaterials Gewinnmaximierung ausmacht.

    Übrigens ist möglicherweise auch nicht auszuschließen, daß der Backstein ursprünglich verputzt und sandsteinfarben gefaßt war mit einer aufgemalten Scheinquaderung, so daß sich ein wesentlich einheitlicheres Bild ergab, als dies heute der Fall ist.
    Das heutige Erscheinungsbild hat dafür etwas sehr Urtümliches, Rohes, das man oft mehr mit der Zeit der Romanik assoziiert als etwa die Eleganz der Kirchen Kölns.

    Als Jugendlicher habe ich einige Jahre in Baden-Baden gelebt und war häufiger im Schwarzacher Münster. Insbesondere die Osternachtsfeier war dort immer sehr stimmungsvoll.

  • @ etinarcadiameo, Du liegst mit Deinen Annahmen schon ziemlich richtig. Habe im Büchlein von Tschira nachgeschaut, Euch die betreffenden Seiten eingescannt und die wichtigsten Textstellen markiert. Die Textstellen beziehen sich ausschließlich auf die Bauweise und Stilvergleiche. Ob Tschira auch etwas über die Abhängigkeiten von den Grundherren aussagt, habe ich nicht nachgeschaut. Hört sich aber nachvollziehbar an!


  • eine wunderschöne romanische Kirche ist das, viel stimmungsvoller als die akademischen Rekonstruktionen in Köln oder Hildesheim. Das liegt auch an der Beibehaltung einiger barocker Ausstattungsstücke wie die Orgel und der Altar, und dem gekonnten Kopieren der Kapitelle samt deren Ausmalung.
    Die Kirche wirkt als ein "Ableger" der Wormser Romanik.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Allerbesten Dank SchortschiBähr, daß Du Dir die Mühe gemacht hast, die Textauszüge aus der Studie von Herrn Tschira hier einzustellen; bin erst jetzt dazu gekommen, sie mit der gebührenden Aufmerksamkeit zu lesen.
    Im Text wird ja quasi bestätigt, daß man mitten im Bau vom Sandstein zum Backstein wechselte. Genau diesen Eindruck hatte ich nämlich immer, und man kann diesen Eindruck ja auch nur gewinnen, wenn man sich etwa die Chorapsis anschaut, die zu etwa drei Fünfteln in Sandstein ausgeführt wurde und dann abrupt zum Backstein wechselt.
    Leider gibt es im Text keinen Hinweis zum Grund für diesen Wechsel, aber der wird sich auch über die Baubefunde allein nicht herausfinden lassen. Da könnten vielleicht nur schriftliche Quellen – soweit dazu erhalten - weiterhelfen.
    Es muß doch am wahrscheinlichsten etwas mit der inneren Struktur des Klosters zu tun gehabt haben: ein neuer Abt, ein neuer Grundherr, wirtschaftliche Schwierigkeiten?

    @ Brandmauer

    Mir hat auch immer sehr zugesagt, daß man die Kirche nicht komplett purifiziert hat, sondern spätere Ausstattungsstücke - wie etwa den sehr qualitätvollen Hochaltar - beibehielt. Es irritiert zwar im ersten Moment, daß dieser im Querhausarm aufgestellt ist, aber dafür hat man, wenn man das Mittelschiff in Richtung Chor blickt, einen ziemlich uneingeschränkt romanischen Eindruck.
    Schön ist auch die Lage der Kirche mitten in der Ebene, vor allem, wenn man sich ihr zu Fuß von den Wiesen her nähert.