Mainz – die nördliche Altstadt (Galerie)

  • Mit den folgenden Bildern soll der gegenwärtige Zustand der bisherigen Emmeransstraße 30 und heutigen Stadthausstraße 1a vorgestellt werden, da ich vor kurzem ein Fassadenaufmaß vor der Kriegszerstörung entdecken konnte. Ursprünglich hatte ich zuerst die Augustinerstraße vorstellen wollen, da sie im Bereich der südlichen Altstadt liegt und eigentlich etwas Gliederung angebracht ist. Nun sind wir also etwas in die nordwestliche Altstadt abgedriftet. Das Haus hat die Eigenschaft, daß, je mehr man sich in die Geschichte einarbeitet, es um so mehr zum Solitär wird.
    Als Hausname überliefert Ernst Neeb "Zum Altenhof" ; damit scheint sich ein tief wurzelnder geschichtlicher Bogen zu spannen bis ins 12. Jhd.:
    - 1175: Die Sippe der Herbolde besitzt in dem Areal drei Höfe, darunter der Hof Zum alten Herbold
    - 1386: Das Areal ist im Besitz der Familie Aldenhofen. Damit scheint der um 1900 noch bekannte Hausname (Altenhof) erklärt zu sein. Auf dem Areal steht ein romanischer oder gotischer Wohnturm.
    - 1568: Stadtaufnahme und damit auch Aufnahme dieses Hauses: 1568, 1594 und 1657 wird das Areal als verfallene Hofstatt bezeichnet.
    - 1778: Neubau dieses Hauses, Bauherr ist der kunstsinnige Amtmann und spätere Hofkammerrat Jakob Guiollette, anstelle einer Nutzung auch als Geschäftshaus (dann hätte das Erdgeschoß Laubenbögen aufgewiesen wird es als reines dreigeschossiges Wohnhaus, bei dem das zweite Obergeschoß als Mezzanin gestaltet ist, gebaut.

    2 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (13. Oktober 2011 um 20:31)

  • Es gibt vier Gebäude in Mainz, die als so überwältigend, so erhaben, so einzigartig dastehen, daß es schwerfällt, den ersten Satz zu finden. Neben dem Dom, dem Schloss, dem Deutschordenspalais gehört der RÖMISCHE KAISER hinzu.
    Der heutige Liebfrauenplatz, auf dem er heute steht, ist uraltes Siedlungsgebiet und gehört zur Mitte der Stadt. Er trägt seinen Namen von der 1793 untergegangenen Liebfrauenkirche, deren Fundamente im Pflaster heute nachgebildet sind und deren Chor zur Erinnerung ein kleines Stück neu aufgemauert wurde.
    Wer sich einmal den Genuß ergeben hat, den Mainzer Wochenmarkt mitzuerleben, wird den Platz als Teilbereich des Markttreibens in Erinnerung haben und daß er sich auf die Teilbereiche des Fischtorareals an der Rheinstraße, dem Liebfrauenplatz, dem Markt und dem Höfchen erstreckt. Dem mit dem historischen Hintergrundwissen ausgestatten Beobachter wird dabei nicht entgehen, daß ausgerechnet an der Stelle der Liebfrauenkirche das alte Prinzip von Brot und Spielen sowie Raubtierfütterung Einzug gehalten hat, das in Mainz als Weck, Worscht und Woi so selbstverständlich dazugehört wie das Amen in der Kirche, haben doch die Mainzer Winzer den ehemaligen Chor der Liebfrauenkirche als Weinausschankort "beschlagnahmt" - und als unnormal wird an einem Marktsamstag derjenige angesehen, der KEIN Weinglas mit sich trägt. Die Aneinanderreihung von Metzgerverkaufswagen in Reih und Glied an der Stelle des südlichen Seitenschiffs, an denen die Mainzer in schier unendlichen Reihen Schlange stehen, um zu ihrem sogenannten "Frühstück" zu kommen, warme Fleischwurst mit dem typischen Mainzer "Paarweck", dazu viel Senf, hat schon humoristische Züge.
    Dem Markttreiben sieht der RÖMISCHE KAISER seit 1653 etwas kühl und möglicherweise auch etwas in sich gekehrt, aber vollendet majestätisch zu.
    Auf der heutigen Parzellenbreite tummelt sich ein ganzes Wunschkonzert an Hausnamen.
    Die heute sichtbare Parzelle geht in ihrer Breite auf 5 Vorgängerparzellen zurück, für die die Hausnamen Zur LUZERN, zur KLEINEN LUZERN, Herberge zum ROTEN KOPF sowie unter Vorbehalt GROSSER und KLEINER STERN, überliefert sind.
    Daneben tauchen für den Bau noch die Namen zum GROSSEN und KLEINEN LÖWEN, zum MARIENBERG sowie zum FRÖHLICHEN MANN auf.
    Der älteste Hausteil ist in der Gestalt des jetzigen linken Hausgiebels im Bild links zu sehen und entstand 1653 nach Abbruch des Vorgängerbaues Zum MARIENBERG als Wohnhaus für den Großkaufmann und späteren kurfürstlichen Rat und Rentmeister Emund (sic!) Rokoch in der Gestalt schmaler Giebelhäuser, wie sie auch im Bereich der Quartierwestseite zur Seilergasse schon bestanden. Rokoch kam Zug um Zug in den Besitz von einigen Parzellen im gesamten Baublock, vereinigte diese soweit als möglich und ermöglichte durch 2 Innenhöfe auch eine sinnvolle Belichtung. Im Gesamtbild gehörte auch die untergegangene Anlage des "KÖNIG VON ENGLAND", Markt 37, der ebenfalls in diesem Zusammenhang unter Rokoch erbaut wurde. Zu einem späteren Zeitpunkt kann man sich dem untergegangenen KÖNIG VON ENGLAND widmen - bis der RÖMISCHE KAISER vollständig präsentiert ist, werden noch zwei Jahre Arbeit notwendig sein. Der Römische Kaiser ist mir unter anderem so sehr ans Herz gewachsen, weil die Einarbeitung in die Baugeschichte des alten Mainz zeigt, daß mit dem heutigen "Markt"-Areal - dazu gehört auch der Liebfrauenplatz - Jahrhundert um Jahrhundert eine Platzanlage geschaffen haben, deren Schwarzweissaufnahmen noch ein Menschenalter nach der Zerstörung noch das Herz zum leuchten bringen. Der Dom ist erhalten, die Liebfrauenkirche und die bürgerliche Bebauung untergangen - der Römische Kaiser blieb ausgebrannt erhalten, und es bleibt zu sagen, ja, der Römische Kaiser ist das beste, was der Markt und der Liebfrauenplatz an profanen Baudenkmälern überhaupt hatte. Nach dem Verlust der Stuckdecken im 1. Obergeschoß blieb die überwältigende Stuckierung der Torfahrt erhalten; und nach dem schmerzlichern Verlust der weiteren Stuckaturen wird man auch zugestehen, daß die Stuckaturen der Torfahrt das beste sind, was der Römische Kaiser zu bieten hat.

    5 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (31. Oktober 2011 um 11:50)

  • Eine schöne und wichtige Galerie, ein guter Beginn, der auch entsprechend reich gewürdigt wurde, eine vielversprechende Ankündigung auf mehr...
    bleibt nur noch die Frage: Wann geht 's weiter???


    Zitat

    ...mit dem heutigen "Markt"-Areal - dazu gehört auch der Liebfrauenplatz - Jahrhundert um Jahrhundert eine Platzanlage geschaffen haben, deren Schwarzweissaufnahmen noch ein Menschenalter nach der Zerstörung noch das Herz zum leuchten bringen.


    Bitte herzeigen.

    PS:
    Selbst ist der Mann (Georg Danzer, Wixer-Blues):


    Na ja, immerhin wurden bedeutendere Ensembles von den freundlichen britischen Menschen- und Kulturfreunden zerstört. Paradoxerweise kommt das Gutenbergmuseum oder der Röm. Kaiser ("Englischer König" MUSS man heute nicht mehr dazu sagen) heute sogar besser zur Geltung. Früher wurde es vom proportionsmäßig katastrophalen linken Nachbarhaus förmlich erdrückt und wirkte eher ebenfalls als historistische Dutzendware.
    die Ostseite (?) mit dem (obzwar historisch, dennoch hübschen) Fischturm wäre wohl ein guter Rekokandidat, die Hauptwache steht eh noch , wenngleich verstümmelt. Der Platz dafür ist meiner Erinnerung nach eh noch unbebaut.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

    4 Mal editiert, zuletzt von ursus carpaticus (16. April 2012 um 15:29)

  • Ähm - was vielleicht an der heutigen Wahrnehmung des Liebfrauenplatzes den Gesamteindruck verfälscht ist wohl der Umstand, daß mit der Zerstörung von Liebfrauenplatz 1 (Schwarzwald/ Kleiner Lateran) und Markt 37 bzw. 39 dem Liebfrauenplatz die wichtigste Fassung der Nordseite neben dem Römsichen Kaiser genommen wurde.

  • tut mir leid, ich seh nur einen Fehler, nämlich den in der Tat komplett unsinnigen Klammerausdruck über den König von England (der auf einem Missverständni beruhte).
    - Du wirst doch nicht sagen wollen, dass der angesprochene linke Bau (Möbel Waren Kredithaus Max Friedberg) der König von England war???

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der angesprochene Bau links vom Römischen Kaiser war das Haus zum Schwarzwald / Kleiner Lateran, bzw. dessen ästhetisch minderwertige historistische Überformung, die durch die Entfernung des Hausgiebels und dem Ausbau eines dritten Vollgeschosses sich erklärt, währenddessen der Bau in seinem vorherigen Zustand aus dem 18. Jhd. mit seinem Giebel über die vier mittleren Achsen über den 2 Obergeschossen schon eine sehr an Alt-Frankfurt erinnernde Ästhetik aufwies und für die nördliche Begrenzung des Liebfrauenplatzes durch die Staffelung in drei Gebäude, davon der mittlere Römische Kaiser als herausragendes bürgerliches Renaissancepalais, links davon mit dem Schwarzwald als spätbarocker Bau sowie dem Schwan rechts vom Römischen Kaiser als zurückhaltend-nobler Klassizismusbau eine ganz eigentümliche Einheit bildete. Der herausragende König von England aus der Mitte des 17. Jhd. schloß nördlich vom Schwarzwald, in die Seilergasse stoßend, an, und bildete aufgrund seines Zusammenhangs mit dem Römischen Kaiser und den daraus entstandenen drei Innenhöfen eine herausragende Hofanlage der Renaissance, jedenfalls die bedeutendste Hofanlage in Mainz; und wenn sich in Trier nichts dieser Art gefunden hat, demnach dann auch die bedeutendste aller Hofanlagen im Westen Deutschlands.
    Bei dem Fachwerkbau handelt es sich um das Haus zum halben runden Rad, später zum kurfürstlichen Wappen, etwa um 1660 entstanden, um 1725 Einbau von korbbogigen Ladenarkaden, zumindest der umfänglichste und kubischste Fachwerkbau des alten Mainz und zugleich einer seiner schönsten.
    Neben dem Verlust der kunst- und kulturhistorisch herausragenden Seilergasse ist bei dem heutigen Ergebnis selbst für den Laien erkennbar, daß die jetzige Brandwand des Römischen Kaisers dem Bau die Hälfte seiner Einbindung genommen hat und dem Liebfrauenplatz an dieser Stelle der wichtigste Point-de-vue genommen ist - dies wird vor allem vom Markt her deutlich. Die ganze Situation ist jedenfalls mehr als unbefriedigend.
    Was den angesprochenen Fischturm betrifft, lohnt dieses Historismuskonstrukt von etwa 1894, das anstelle zweier Bürgerhäuser und nebenbei nicht am authentischen Standort errichtet wurde, keine Zeitverschwendung - der originale, um 1300 gebaute Fischturm, 1846/47 abgerissen, schon eher.

    Einmal editiert, zuletzt von Weingeist (17. April 2012 um 19:34)

  • bilder wären nett von diesem Vorzustand.
    Dieses aus der Seilergasse gibt ja nicht viel her:

    Gibt es eigentlich diesbezüglich Reko-Debatten? Platz wäre ja noch, und das wiederhergestellte Markensemble war ja deutlich unbedeutender als dieses hier...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • An der Aussage, daß das Marktensemble deutlich unbedeutender war, gibt es aber noch einiges zu korrigieren...
    Auf dem Grundstück des ehemaligen Schwarzwald / kleinen Lateran, direkt westlich vom Römischen Kaiser geht heute die öffentliche Fußgängerfläche in die Grünanlage über, obwohl diese Fläche als einzige in einem größeren Radius "frei" ist, würde ich es als kaum realisierbar halten, diese Fläche aus der öffentlichen Nutzung zugunsten einer Reko idealerweise des früheren Zustands dieses ensemblebildenden Bürgerhauses zu nehmen.
    Während der Hauptbau des Römischen Kaisers als Bestandteil des Gutenbergmuseums wieder aufgebaut wurde, ist sowohl vom König von England als auch von der alten Seilergasse ausnahmslos nichts mehr präsent, und die Fläche wurde mit dem Neubau des Gutenbergmuseums überbaut. Lediglich im Eingangsbereich wurde eine Hofsituation geschaffen, die "an die drei ehemaligen Innenhöfe des Römischen Kaisers und König von Englands erinnern" soll. Erst vor wenigen Jahren hat man es für nötig befunden, an der Stelle der Seilergasse direkt westlich vom Gutenbergmuseum ein Straßenschild hinzukleistern.
    Die wiederaufgebaute Nordseite des Marktes unter die Bedeutung der Seilergasse zu stellen, ist etwas fragwürdig. Der Markt und die Seilergasse schließen für das Verständnis des bürgerlichen Zentrums einander nicht aus.
    Während sowohl der Dietmarkt, nachmals Schillerplatz, und die Emmeransstraße in erster Linie Standorte der Adelspalais, also Sitz der Adelsfamilien bildeten und sowohl Markt als auch Liebfrauenplatz neben den Patrizierbauten auch stark durch den Dom und die Liebfrauenkirche geprägt wurden, bildete die nur etwa zwei Meter breite Seilergasse in ihrer südlichen Hälfte bis zur Mailandsgasse mit ihren bürgerlichen Bauten, die allesamt dreijochige Ladenarkaden aufwiesen, ein ganz eigentümliches Milieu, das durch die bis zuletzt dort ansässigen Seilerläden noch verstärkt wurde. Die Seilergasse gehört zu den größten Verlusten in der ganzen Stadt; leider ist das Bewußtsein hierüber nicht gegeben.
    Da sich anstelle der Bürgerbauten der östlichen Straßenseite dort nun das Gutenbergmuseum und auf der anderen Straßenseite dessen Druckladen erhebt, kann eigentlich nicht davon die Rede sein, die Flächen stünden für eine Reko zur Verfügung. Ebenso ist der ehemalige nördliche Abschnitt zum Brand hin heute mit der Brand-Zentrum überbaut, wobei im Verlauf der Mailandsgasse die Südseite dieses Klotzes und die Nordseite des Gutenbergmuseums eine unschöne und abweisende Hinterhofsituation bilden. An eine Korrektur dieses Zustands ist aber derzeit nicht zu denken.

    2 Mal editiert, zuletzt von Weingeist (7. Juni 2012 um 20:40)

  • Mesdames, messieurs: La Mayence
    Heute abend steht nicht die südliche Altstadt im Blickpunkt, sondern der Platz aller Plätze, der Markt.

    Der Mainzer Markt bildet zusammen mit dem direkt südlich anschließenden Hohen Dom St. Martin und St. Stefan sowohl das Zentrum als auch Herz und Seele der Stadt. Die Bezeichnung Markt, der auch als Krautmarkt oder Speisemarkt bezeichnet wurde, verweist bis heute auf die jahrhundertelange Kontinuität der Marktfunktion, die bis heute durch die Bauern der Umgebung, durch Produzenten und Händler, fortgesetzt wird.
    Nach der weitestgehenden Zerstörung wurden die Nord- und die Ostseite zunächst modern-nichtssagend "wiederaufgebaut". Das heutige Erscheinungsbild setzt sich sowohl aus Fassadenrekonstruktionen, historisierenden Fassaden als auch durch eine Translokation einer Rekonstruktion zusammen.
    Die den Markt prägende Bebauung setzte sich aus folgenden Bauten zusammen:
    auf der Westseite im südlichen Abschnitt die vom Dom aus zu betretende etwa um 1200 erbaute Gotthardkapelle, die einstmals die Privatkapelle oder auch Palastkapelle der Erzbischöfe bildete.
    auf der Westseite im nördlichen Abschnitt als südlicher Ausläufer der Schusterstraße: Haus zur Nähkiste.
    auf der Nordseite: Eckgebäude zur Schusterstraße, Markt 1 (ehemals: Zur kleinen steinern Krame, dann Großer und kleiner Steinkram), Markt 3 (ehemals: Zum großen Steinkram, heute bekannt als Löwenapotheke), Markt 5 (Großer und kleiner Fleming), Markt 7/9: ehemals: Zum steinern Stock, die Hausparzelle geteilt, auf dieser heute die modifizierte Reko des Hauses zum Fuchs (ehemals Augustinerstraße 67), Markt 11: (Zum Kaiserberg), Markt 13: (Zum Boderam), Markt 15: (Zum Salmen).
    Die Ostseite setzte sich von Nord nach Süd gesehen aus den Häusern: Markt 17 zusammen (Zum Schöneck, Zum kleinen Maulbeerbaum), welches auf zwei Parzellen, das südliche davon Zum kleinen Schöneck, errichtet wurde. Es schloß sich an der Große und kleine Neu(en)berg, daraufhin die "Neue Kräme" oder auch der "neue Kram unter der Münze", sowie als südliche Begrenzung das Gebäude der städtischen Münze, welches bis in die zweite Hälfte des 18. Jhd. hinein als städtisches Rathaus diente. Das Quartier setzte sich in Ost-West-Verlauf fort mit dem Haus zur Kachel, auch: Zur Apotheke, folgend der "Kleine Silberberg", daraufhin folgend der weit auslaufende Patrizierbesitz derer "Zum Silberberg".
    Im östlichen Abschnitt geht der Markt in den Liebfrauenplatz über.
    Die Südseite des Marktes wird beherrscht durch die sog. "Domkapitel´schen Häuser", denen aufgrund der den Leichhof beherrschenden "Domkapitel´schen Häuser (am Leichhof)" die geographische Zuordnung "am Markt" zuerkannt werden müßte. Diese "Domkapitel´schen Häuser" entstanden 1772/ 73 nach Entwürfen des Domschreiners Kilian Bender als Nachfolgebebauung der ehemaligen, durch den Dombrand 1767 verursachten totalen Zerstörung der Vorgängerbebauung auf 5 Parzellen. Die architektonische Grundkomponente ist (für die Zeit um 1770 gesehen) kurioserweise noch vollständig dem Französischen Barockklassizismus, der sich in den Adelspalais von Anselm Franz Freiherr Ritter von Groenesteyn präsentiert, verhaftet; andererseits bilden die möglicherweise nicht auf den ersten Blick erkennbaren Details wie Balkon, Konsolen desselben oder auch die Steinmetzarbeiten der Fenster des geschäftlich genutzen Erdgeschosses einen abschließenden Höhepunkt des Rokoko, der noch einmal alle Kräfte bündelt, um an diesen Häusern seinen abschließenden Höhepunkt zu finden.

    Im westlichen Bereich bildet die jetzige Bebauung als Nachfolgerbau des Hauses Zur Nähkiste, von dem der Renaissance-Treppenturm noch erhalten ist, eine natürliche Begrenzung zwischen dem Höfchen und dem Markt, dessen Nordseite nun folgt.

    Das Haus Markt 1 (nachfolgende Bilder) war ein über Jahrhunderte gewachsenes Bürgerhaus, das das Erscheinungsbild des Mainzer (Kraut)-Marktes auf seiner Nordseite mitprägte.

    Der Hausname ist über Jahrhunderte hinweg relativ konstant geblieben- war er um 1450 als "Zum kleinen steinern Krame" belegt, ist er in wortverwandter Form als "Großer und kleiner Steinkram" immer noch greifbar. Sowohl der Markt als auch der unmittelbar anschließende "Brand" nahmen über Jahrhunderte hinweg eine beherrschende Rolle als Zentrum des Handels, des Patriziats und einer immer noch blühenden Wochenmarktkultur ein, und auch für die Vorgängerbebauung ist allein in dem Wort "Kram(e) (bzw. Kräme)" eine jahrhundertelange geschäftliche Nutzung des Erdgeschosses aufgrund der äußerst prominenten Lage am Markt belegbar bzw. zu erschließen.
    Gleichzeitig stellt diese Parzelle auch ein hochbedeutendes Stück Mainzer Stadtgeschichte dar, die sich als Stammhaus bzw. Elternhaus von Else Wyrich erklärt- Else Wyrich war Tochter des Mainzer Patriziers Wyrich zum steinern Krame, die wiederum den Patrizier Friele Gensfleisch zur Laden heiratete und somit zur Mutter von Henne (Johannes) Gensfleisch zur Laden wurde, den die Geschichte mit dem Titel sowohl des größten Mainzers aller Zeiten als auch "Man of the Millenium" ehrte und dessen Namen auch eine der profiliertesten Universitäten Deutschlands trägt.

    Anstelle einer offensichtlich nicht mehr bildlich greifbaren Vorgängerbebauung entstand zu einem unbekannten Baujahr, vermutlich in einem anzusetztenden Rahmen zwischen etwa 1700 und 1715, ein noch sehr dem Frühbarock einzuordnender Nachfolgebau, der sich allerdings durch eine völlige Umgestaltung der Fassade in der zweiten Hälfte des 18. Jhd. nur noch im Erdgeschoß unverändert präsentierte.

    Aufgrund der Parzellenbreite, die etwa auf 5 m. angesetzt werden kann, erlaubte diese im Erdgeschoß nur zwei der für die Alt-Mainzer Geschäftshäuser einstmals so typischen Ladenarkaden. Diese standen einerseits offensichtlich noch deutlich unter dem Einfluß des Frühbarock und trugen andererseits ein Erscheinungsbild, welches auch unter dem Aspekt eines in Mainz in diesem Zeitfenster bis etwa 1720 vertretenen, als etwas wild und ungebärdig beschriebenen Barock unter dem Episkopat Lothar Franz von Schönborns, gesehen werden muß. Dieser spezifische Mainzer Barock wurde in der 1720er Dekade durch zwei Strömungen ersetzt: die Adelspalais entstanden unter den Schülern der "großen Drei": Jules Hardouin-Mansart, Germain Boffrand sowie Robert de Cotte; desweiteren sind die Einflüsse des Würzburg-Fränkischen sowie süddeutschen Barock unverkennbar.

    Die beiden Bogen ruhten jeweils auf zwei Pilasterchen, die von sich nach unten hin verjüngenden und nach oben durch ein korinthisches Kapitell begrenzten schräggestellten Pilastern gehalten wurden. Um die Bögen schlangen sich Festons und breite Akanthusranken, die sich auf die Scheitelsteine mit zwei bärtigen Männerköpfen fortsetzten.
    Die drei Obergeschosse der Fassade zeigten andererseits sehr deutlich eine Umgestaltung der Hausfassade in Motiven von Louis-XVI als auch in Ansätzen einem frühen Klassizismus auf den Fenstergewänden der gekoppelten Fenster. Da jedes Geschoß zwei gekoppelte Fenster trägt, finden sich somit in jedem Geschoß 4 Fenster. Dem ersten Obergeschoß kam in seiner Funktion als Beletage der mit Abstand repräsentativste Part zu, indem der Mitte der Fernstergewände Frauenköpfe zugeordnet waren sowie die Sohlbänke ebenfalls wieder Festons trugen. Das vorhandene Fotomaterial, welches auch das Mitverfolgen der Veränderungen der Fassade ermöglicht, läßt überdies Putzspiegel unter den Fenstern vermuten, die aber im 1. Drittel des 20. Jhd. nicht mehr existent waren.
    Auch dieses Gebäude trug eine der für Alt-Mainz so typischen Hausmadonnen in der Mitte der Fassade des 1. OG, die sich ihrer Formensprache mitnichten in die Zeit des Umbaus, sondern aufgrund der für das 1. Drittel des 18. Jhd. in Betracht kommenden Attribute, einordnen läßt. Eine kopierende Rekonstruktion nimmt heute deren Stelle in der Fassade ein.

    Die Laubenbögen wurden im Rahmen eines Umbaus des Erdgeschosses etwa um die Jahrhundertwende herum ausgebrochen und im Museum magaziniert. Ihr derzeitiger Verbleib ist unbekannt. Glücklicherweise existiert ein Aufmaß derselben im ersten Band der "Beiträge zur Geschichte der Stadt Mainz".

    Nachdem im Rahmen der vollständigen Kriegszerstörung auch dieses Haus modern-nichtssagend wiederaufgebaut wurde, kam es im Rahmen der sukzessiven Wiedererrichtung der Nordseite des Marktes ab etwa 1979 ff. auch zu einer Fassadenrekonstruktion des großen und kleinen Steinkrams in den 1980er Jahren, die sich auf vorhandenes Archivmaterial, auf das vorhandene Fotomaterial und nicht zuletzt auf den Aufriß der Laubenbögen stützen konnte. Das Erscheinungsbild wurde somit nicht auf den letzten Stand der Zerstörung zurückgeführt, sondern auf denjenigen etwa der Jahrhundertwende. Entspricht die Fassadenreko mehr oder weniger vollkommen dem Original, ist doch eine Abweichung auf den ersten Blick sehr auffallend: anstelle der erwähnten Putzspiegel sind diese nun aus Platten aus rotem Sandstein. Die maschinengesägte Oberfläche bzw. die Kanten lassen dieses Detail als etwas steril erscheinen.

    Von den sieben auf der Markt-Nordseite rekonstruierten Fassaden bildet der große und kleine Steinkram den von links aus zu sehenden Anfang und setzt wie seit Jahrhunderten die Kontinuität in der Verbindung eines Geschäftshauses im Erdgeschoß sowie einer Wohnnutzung in den Obergeschossen fort.

    Das Haus Markt 3 ist heute unter dem Namen "Löwenapotheke" wohlbekannt und gehört zur Nordseite des Mainzer Marktes, damit zur Gruppe rekonstruierter Bürgerhausfassaden, die das heutige Bild des Marktes prägen.
    Eine bereits 1568 in der Stadtaufnahme diesen Jahres aufgeführte Vorgängerbebauung trug den Hausnamen "Zum großen und kleinen Fleming, Zum Flaming". Die angesprochene Hausfassade stammte von einem Neubau des Hauses, der in die Zeit um 1770 angesetzt wird. Das ursprünglich nur dreigeschossige Bürgerhaus besaß wie alle Mainzer Geschäftshäuser im Erdgeschoß Ladenarkaden, deren Erscheinungsbild noch vollständig dem späten Rokoko verhaftet war und die in den drei Schlußsteinen auch mit den typischen Kartuschen der Zeit besetzt waren. Da das Haus als Apotheke genutzt wurde (bzw. immer noch wird), war es insoweit eine Ausnahme, daß zwischen den Bögen die Statuen der hlg. Cosmas und Damian auf verzierten Rokokokonsolen standen. Bis zur Zerstörung war überdies noch die Apothekeneinrichtung der Erbauungszeit vorhanden.
    Die ursprünglich zwei Obergeschosse, die zu Wohnzwecken genutzt wurden, entsprachen einem ruhigen späten Rokoko, der z.B. in der Bilhildisstraße in den Dielmannhäusern wie auch im Haus Augustinerstraße 42 (Steinern Haus) immer noch nachvollzogen werden kann. Auch bei Markt 3 bildeten die Sandsteingewände mit segmentförmigem Abschluß der dreiachsigen Hausfassade die deutliche, aber ruhige optische Betonung. Im 19. Jhd. erfuhr die Fassade eine Aufstockung um ein Vollgeschoß sowie eine Fassadenmalerei.
    Nach der Kriegszerstörung wurde die Parzelle neu bebaut und in den 1980er Jahren die rekonstruierte Hausfassade im Zustand des 19. Jhd. dem Haus vorgeblendet. Wie seit 250 Jahren wird die Kontinuität einer Apothekennutzung fortgesetzt.

    Das barocke Bürgerhaus Markt 5 bildet einen Teil der rekonstruierten Hausfassaden auf der Nordseite des Mainzer Marktes, die ab 1979 Zug um Zug wiedererrichtet wurden. Aufgrund seiner Stellung als westliches Eckhaus zum Marktgäßchen hin, entfaltet sich eine größere Zahl von faszinierenden Raumbildern in allen Richtungen, nicht zuletzt auch im Blick nach Süden ein überwältigendes Bild mit dem Dom. Gleichzeitig steht diesem Haus aufgrund seinem kolossalen und überwältigendem Reichtum der Hauptfassade der Rang zu, das wohl bedeutendste rein bürgerliche Wohnhaus des Mainzer Barock zu sein, das nicht in einer direkten Verbindung des Bauherrn zum Kurmainzer Hof steht.
    Das barocke Bürgerhaus Markt 5 (Großer und kleiner Flaming) war als eines der wenigen Beispiele durch ein Chronostichon auf das Jahr 1708 datierbar und stellte vor der Zerstörung aufgrund seines kolossalen und überwältigenden Reichtums der Hauptfassade das wohl bedeutendste Bürgerhaus eines spezifischen Mainzer Barocks dar, welches zudem von Caspar Herwarthel, dem Meister des jüngeren Dalberger Hofs, errichtet wurde.
    Von den drei Laubenbögen im Erdgeschoß nach dem Markt diente der mittlere als Eingang. Da das Haus ein Eckhaus war, gab es zum Korbgäßchen hin noch zwei Laubenbögen über Eck. Die Schlußsteine waren mit großen grotesken Masken geschmückt und dienten als Konsole für das Gurtgesims im ersten Stock. Über dem rundbogigen Eingang war das Gesims korbbogig gestaltet. Zu beiden Seiten der Schlußsteinmasken fielen Fruchtfestons auf die Bogenläufe.
    Die dreiachsige und dreigeschossige Fassade wies an den beiden Gebäudekanten kolossale, über zwei Stockwerke reichende Pilaster auf, die durch die horizontalen Gurtgesimse gemildert wurden. Diese in Mainz bei bürgerlichen Bauten sonst kaum verwendeten Kolossalpilaster standen in der Tradition süddeutsch-österreichischer Vorbilder, in der sich auch ein mittelbarer Einfluß Borrominis erkennen läßt. Unter den äußeren Fenstern des ersten OG waren als Reliefs Allegorien von Feuer und Luft angebracht, unter dem mittleren Fenster ein Relief, welches ein Dreieck (Auge Gottes) mit der Aufschrift: „Auspice Deo“, umgeben von einem Strahlenkranz zeigte. Auf einem darunterliegenden Schriftband war die Inschrift: „Labore parentis prolis amore“ angebracht, wodurch sich ein Chronostichon auf das Jahr 1708 ergab. Im ersten OG trugen die äußeren Fenster Schneppengiebelverdachungen, das mittlere Fenster einen aufgebrochenen Wellengiebel. Über dem mittleren Fenster des zweiten OG war ein Relief mit einem aus der Asche aufsteigenden Phoenix angebracht. An den äußeren Seiten des aufgebrochenen Traufgesimses fanden sich zwei Pinienäpfel; dazwischen erhob sich ein nach außen auslaufender Knickgiebel. Auf ihm stand als Bekrönung die Halbfigur eines Mohren, womit Bezug genommen wurde auf eine im 18. Jhd ansässige Tabakhandlung. Besonderes Schmuckstück war die Hausmadonna an der Ecke zum Korbgäßchen, eine Muttergottes vom Berge Karmel, die unter einem Baldachin stand. Ein interessanter Umstand war, daß sich 1784 an diesem Haus einer von nur zwei Blitzableitern in Mainz befand und daß ebenfalls als einem von nur zwei Beispielen Wasserspeier existierten in Form von Drachenköpfen. Die Wasserspeier wurden von schmiedeeisernen Stäben gehalten.
    Nach der Zerstörung des Hauses 1945 wurden die minimalen Reste abgetragen; einige wenige Fragmente der Hausmadonna konnten sichergestellt werden. Bis Ende der 1980er Jahre befand sich auf der Parzelle ein provisorisches, eingeschossiges Geschäftsgebäude inmitten der bereits rekonstruierten Nachbargebäude. Die Rekonstruktion dieses außerordentlichen Gebäudes in den Jahren 1990-91, die auf den originalen Fundamenten aufbauen konnte, fußte neben den erhalten schriftlichen Quellen und Aufzeichnungen nicht zuletzt auch auf den zahlreichen, gestochen scharfen Fotografien, die Ernst Neeb, Nestor der Mainzer Denkmalpflege, in der Zeit nach 1900 anfertigte.


    Markt 7-9 (Haus zum Fuchs)

    Beim Haus zum Fuchs handelt es sich heute um eine frei adaptierte Rekonstruktion einer Fassade, die an diesem Ort nicht bestand. Für den Standort der jetzigen Parzelle wird in der Stadtaufnahme vor 1620 von einer Vorgängerbebauung mit dem Namen „Zum steinern Stock“ gesprochen; zu einem späteren Zeitpunkt erfolgte offensichtlich die Teilung der Parzelle. Die 1945 zerstörte Bebauung bestand aus Markt 7, einem dreigeschossigen, schmalen zweiachsigen Bürgerhaus, welches geohrte Fenstergewände aufwies und daher im ersten Drittel des 18. Jhd entstanden sein dürfte. Markt 9 wies als dreiachsiges und fünfgeschossiges Bürgerhaus mit segmentförmigen Fenstern viel Ähnlichkeiten mit Markt 3 (Löwenapotheke) auf und dürfte auch in diesem Zeitabschnitt errichtet worden sein.
    Die heutige Fassade findet ihren Ursprung in dem etwa um 1720 errichteten Haus zum Fuchs (Augustinerstraße 67), bei dem über das originale Erscheinungsbild aufgrund mehrerer Umbauten Unklarheiten bestehen. Desungeachtet gehörte das Haus zum Fuchs zu den bedeutendsten und künstlerisch ambitioniertesten Bürgerhäusern dieser Epoche und steht in der direkten Folge des unter Caspar Herwarthel realisierten Dalberger Hofs in der Klarastraße. Im Erdgeschoß fanden sich jeweils außen zwei rustizierte Arkadenbögen, die einen maskenbesetzten Schlußstein trugen. Zwei Erdgeschoßfenster dürften vermutlich die Funktion von Ladenfenstern gehabt haben. Besonderer Blickpunkt war der nur eingeschossige trapezförmige Erker der Beletage, der von einer maskenbesetzten Konsole gestützt wurde. In den Brüstungsfeldern fand sich Rankenwerk, die drei Fenster wurden von flachen Pilastern flankiert. Die Erkerfenster wurden von mit Bandelwerk besetzten Architraven gehalten. An den Erker schlossen geohrte Fenstergewände an, die mit dem Gesims des Erkers verkröpft waren und zusammen mit den inneren Fenstern der Beletage zu einer Einheit verschmolzen. Die äußeren Fenster waren gekoppelt; unter ihnen waren reliefierte Brüstungsfelder angebracht. Für die Zeit um 1720 typisch, waren an den Außenseiten ebenfalls kolossale Pilaster zu finden, deren Kapitelle allerdings im ersten OG endeten, so daß sich vermuten läßt, daß das Gebäude ursprünglich nur zweigeschossig und mit einem beherrschenden Zwerchhaus oder einem Frontispiz geplant war. Um 1785 wurde das zweite Obergeschoß voll ausgebaut und unter den Fensterkonsolen Festons hinzugefügt. Im 19. Jhd wurde das Haus noch einmal um ein Geschoß aufgestockt. Im Zug der Straßenverbreiterung wurde das Haus im Dezember 1903 abgerissen und dessen wesentliche Architekturteile für eine Wiederverwendung gesichert, die 1906 im neuerrichteten Beamtenwohnhaus Kästrich 1 vom Großherzoglichen Hochbauamt realisiert wurde. Da diese Parzelle breiter war als diejenige des Zeilenhauses in der Augustinerstraße, wurde die Fassade „gestreckt“ und aufgrund der nunmehrigen Eckhaussituation eine weitere Fassade „Am Gautor“ realisiert, die sich schematisch an der Hauptfassade orientiert, aber auch Elemente des Dalberger Hofs mit einbezieht.
    Anstelle der beiden schmalen Vorgängerbauten Markt 7 und 9 diente diese Fassade als Vorbild der heutigen Fassade Markt 7-9, die dem Nachkriegsgebäude vorgeblendet wurde. Aufgrund der schmäleren Parzellenstruktur war allerdings eine Anpassung notwendig, so daß man heute korrekterweise von einer Adaption des Originalgebäudes Augustinerstraße 67 sprechen muß.

    Markt 11 (Zum Kaiserberg)

    Bei dem vierachsigen und viergeschossigen Bürgerhaus handelte es sich um ein klassizistisches Gebäude, welches nach 1820 durch den späteren Stadtbaumeister Augustin Wetter (1765-1838) errichtet wurde. Das Erdgeschoss wies rustizierte Pfeilerarkaden auf, die Fenster des ersten OG und die beiden mittleren des zweiten OG waren mit Architravverdachungen versehen. Eine Fugenmalerei der Obergeschosse setzte einen besonderen Akzent. Im Dachbereich waren seitlich Dachgauben mit angedeuteten Serliana-Motiven sowie mittig eine Zwerchgaube mit Bogenfenstern und flankierenden Rechteckfenstern vorhanden. Der Nachfolgebau des 1945 zerstörten Gebäudes entstand 1955, dem 1981 die rekonstruierte Fassade und das Dach vorgeblendet wurden. Nachdem das ansässige Kino seinen Betrieb in diesem und dem Nachbargebäude eingestellt hatte, erwarb die Wohnbau Mainz das Areal der Parzellen 11-15. Die hierfür entwickelte Konzeption eines Wohn- und Geschäftskomplexes machte es notwendig, die bestehende Bebauung abzureißen und die wiederum zu rekonstruierende Fassade dem Neubau abermals vorzublenden. Ende 2008 waren die Arbeiten abgeschlossen und die abermals rekonstruierte Fassade des Kaiserberg nahm ihren angestammten Platz wieder ein, nachdem die drei Fassaden von Markt 11-15 zuvor schmerzlich vermißt wurden.

    Markt 13 (Zum Boderam)
    Das Haus zum Boderam gehörte in seiner Breitenausdehnung zu den umfangreichsten Bürgerhäusern am Markt. Die Parzelle gehörte zuvor zum Nachbargrundstück Salmen und wurde 1690 als „Zum kleinen Salmen“ bezeichnet. Er wurde 1581 zunächst nur als dreigeschossiger Renaissance-Bau für die Witwe Anna Höglein errichtet, wobei auffällig ist, daß die schmalen, außen zu zweien, innen zu dreien gekuppelten Fenster noch in der nachgotischen Tradition stehen, die sich im gesamten 16. Jhd in Mainz noch gehalten hat. An der östlichen Hauswand zum Nachbarhaus Salmen fanden sich noch Reste gotischer Bausubstanz in Form gotischer Laubenbögen und hochrechteckiger Fenster, so daß vermutlich noch Reste einer Vorgängerbebauung einbezogen wurden. Das Haus wurde 1691 nach dem Baugesuch vom 10.06.1690 umgebaut und erhielt ein zusätzliches drittes Obergeschoss, das auf dem vorhandenen Traufgesims anschloß. Das Erdgeschoss erhielt vier stattliche und weitausladende Ladenbögen und eine Rustikaquaderung, wobei die Fassade abgesprießt wurde und die Konsolen zentimetergenau einzupassen waren. Der rechte Ladenbogen diente als Durchfahrt in den rückwärtigen Hofbereich. Auf neun weitauskragenden Konsolen, deren Seiten flache Voluten trugen und an ihren Stirnseiten mit grotesken Masken besetzt waren, ruhte der beherrschende Balkon, dessen reiches schmiedeeisernes Gitter später ausgetauscht wurde. Nachdem der Militärbaudirektor Maximilian von Welsch in das bisherige Haus Peter Brailliard´s einheiratete, fügte er 1710 dem dritten Obergeschoß einen beherrschenden barocken Schweifgiebel mit einer Dreiecksbekrönung und Ziervasen an. Über einem Oculusfenster schloß sich ein Blendbogenrahmen an, der im Scheitel eingerollt und mit Blattwerk verziert war. An den Ecken des mächtigen Mansarddachs waren Wasserspeier in Form von Fischen angebracht.
    Die Innenräume im 1. OG des Haus zum Boderam stellten das einzig erhaltene Beispiel aus dem letzten Drittel des 17. Jhd dar. Die überlieferte Beschreibung dreier Repräsentationsräume im ersten OG durch Ernst Neeb läßt darauf schließen, daß sich einem mittigen Festsaal zwei Räume auf beiden Seiten anschlossen und Welsch diese Räume unverändert übernahm. Im ersten Raum fand sich eine leuchtend und auf Goldgrund bemalte Tapete im Stil Louis XIV, die in vier Felder geteilt und als Genre Berain ausgeführt war. In vier Feldern fanden sich Allegorien auf die vier Künste (Architektura von Bernini und Bramante flankiert, Mechanica mit Barazzio und Fontana, Sculptura mit Algardi und Buonaroti sowie Pictura mit Caracci und Urbino). Die Decke gleichen Stils zeigte Brustbilder Pallas Athenes und Junos sowie Allegorien der Astronomie, Geometrie und Medizin. Erhalten waren auch noch der marmorne Kamin, ein Spiegelfeld am Kamin mit Lohrer Spiegeln, daneben Konsölchen für Porzellan und Figürchen sowie die Türe des 17. Jhd. Im Hauptsaal war eine getäfelte Holzdecke mit tiefer Kassettierung erhalten, bei der vermutet wurde, daß sie noch aus dem 16. Jhd stammen könnte, sowie ein Wappenfeld mit den Initialen A.H. (Höglein). Der anschließende dritte Raum zeigte ein rundes Deckengemälde ähnlich dem Stil des ersten Raums mit Allegorien der vier Erdteile sowie Figuren von Tänzer, Fechter und Lautenspieler.
    Eine besondere Bereicherung stellte die Fassadenmalerei des 18. Jhd an der Hausfassade dar, deren letzte Fassung wohl aus dem 19. Jhd stammte.
    Nach der Zerstörung 1945 schloß der Nachfolgebau von 1955 auch das Nachbargrundstück von Markt 11 ein; das Gebäude wurde in Folge als Kino genutzt. 1981-82 wurden die rekonstruierten Fassaden vor den Bau der 1950er Jahre vorgeblendet. Die Nutzung als Kino im hinteren Grundstücksbereich bzw. die Erdgeschoßhöhe erforderte allerdings eine Anpassung der historischen Fassade an diese Gegebenheiten. Am deutlichsten wurde dies im ersten OG, bei dem das Fußbodenniveau des Nachfolgebaues der Fensterhöhen des ersten OG entsprach. Wie beim Nachbarn Kaiserberg war das im rückwärtigen Bereich bestehende Kino vor 2005 nicht mehr in Betrieb, während ein Cafe´ im EG bis ca. 2006 betrieben wurde. Nach dem Erwerb der drei Parzellen Markt 11, 13 und 15 entwickelte die Wohnbau Mainz ein neues Nutzungskonzept. Nach dem Abriß des Gebäudes im Winter 2006/07 wurde dem Neubau abermals die rekonstruierte Fassade vorgeblendet, die die ursprünglichen Maße des Originals genauer als der Vorgänger einhält. Ende des Jahres 2008 wurde der Neubau mit der abermals rekonstruierte Fassade fertiggestellt.


  • Hinter dem Markt schließt sich in nördlicher Richtung die Korbgasse etwa in Ost-West-Verlauf an. Sie erstreckt sich zwischen der Schusterstraße und dem heutigen Rebstockplatz. Als letztes Zeugnis eines Treppengiebels in Mainz, gleichzeitig auch der letzte Rest des alten gotisch-patrizischen Mainz des Mittelalters ist der Hof zum Korb erhalten, der heute die Adresse "Am Brand 6" trägt. Der Hof zum Korb war gleichzeitig auch Namensgeber für die Straße. In Mainz findet sich des öfteren die Benennung einer Straße ausgehend von einem dortigen Haus (Mailandsgasse, Birnbaumgasse, Rotekopfgasse, Mitternachtsstraße, Heidelbergerfaßgasse, Dreikronenstraße, Himmelgasse, Nasengäßchen, Goldenluftstraße, Kötherhofstraße).
    Der Hof zum Korb ist von der Korbgasse gesehen etwas nach Norden zurückgesetzt, so daß sich vor ihm ein geringfügig kleiner Platz bildet. Die naheliegendste Erklärung wäre die, daß die enge Gassenstruktur dies erforderte, da auch der heute noch erhaltene Torbogen der Einfahrt in den Hof diente. Auf seiner östlichen Seite verlief das heute nicht mehr existierende Fledergäßchen. Die Grundrißstruktur ist trapezförmig, die südliche Breite beläuft sich auf etwa 4 m., die nördliche Breite etwa auf 9 m.
    Die Erbauungszeit des aus Backstein errichteten Gebäudes wird auf das 15. Jhd. datiert, was sich aus den nicht mehr erhaltenen Zwillingsfenstern mit Dreipaßabschluß schließen läßt. Die Steinpfosten- bzw. Steinkreuzfenster lassen auf einen Umbau im 15. Jhd. schließen.
    Die enge Parzellenstruktur fand in verkehrstechnischer Sicht zu einer Lösung, die auch heute noch als die ökonomischste erscheint: Auf das Gebäude an sich bezogen befanden sich hinter dem auf der südlichen Hausseite gelegenen Torbogen an der westlichen Hausseite Erdgeschoßarkaden, so daß man unter ihnen in den Hofbereich, der allerdings von bescheidenen Ausmaßen (im Verständnis eines Lichthofs) geprägt war, durchfahren konnte. Im Bereich westlich des Hofes befand sich bis zur Zerstörung ein dreigeschossiger Anbau aus Fachwerk, der als eine der meisterhaftesten Schöpfungen in Mainz während der Renaissance angesehen werden darf. Über diesem Anbau im Hof befand sich im ersten Obergeschoß einer der berühmtesten und auch bedeutendsten Mainzer Renaissance-Fachwerkerker aus dem Jahr 1621, der zu Beginn des 20. Jhd. vom Putz freigelegt wurde. Dieser Erker umfaßte eine Breite von drei Fenstern, bezog sich lediglich auf das erste Obergeschoß und trat offensichtlich nur in einer geringfügigen Ausdehnung von wenigen Fingern Breite nach außen. Aufgrund der räumlichen Enge des Innenhofs war eine angemessene fotografische Handhabe nur unter Schwierigkeiten realisierbar, so daß es nur möglich ist, aus der Zusammenschau verschiedener Fotos sich ein Bild von ihm zu machen. Neben den Fotos existieren auch noch zwei Darstellungen von Carl Bronner, etwa um 1930 angefertigt, die zum einen den Hof zum Korb von der Korbgasse aus zeigen, sowie eine Darstellung des Anbaus im Hof mit dem angesprochenen Erker.
    Die geringe Breite der Südfassade erlaubte im 1. OG des Hauptbaus südlich nur ein Zimmer.
    Der signifikanteste Punkt der Südfassade ist der dreigeschossige Erkerturm, der nach dem zweiten Geschoß ansetzt, in den Giebel übergeht und bis knapp an den First heranreicht. Die drei Geschosse dieses Erkerturms sind gekennzeichnet durch spitzbogige Fenster zwischen Hausteinkanten auf Konsolen sowie verkröpfte Gesimse.
    DIe Hausmadonna ist heute ein Abguß und steht auf einer mit 1624 datierten Konsole mit Stifterinitialen.

  • Mit dem hier zitierten Ullrich von Hutten kann man sehr einverstanden sein, nicht zuletzt durch die Betrachtung der hier eingestellten Fotos - VIELEN DANK. -
    Was aber hat es mit den eigenartigen, an Kandelaber erinnernden "Vogelkäfigen" vor der Löwenapotheke auf sich ?.

  • Nordöstlich des Liebfrauenplatzes befindet sich der hier schon gezeigte Römische Kaiser und rechterhand das Hotel Schwan. In dessen direkter Nachbarschaft liegen zwei der wohl urtümlichsten aller erhaltenen Mainzer Altstadtgassen, die Rotekopfgasse und die Fischergasse. Zunächst die Fischergasse.

  • Im direkten Anschluß an den Römischen Kaiser und das Hotel Schwan verläuft in Nord-Süd-Richtung die Rotekopfgasse, die gleichzeitig auch eine Parallelstraße zur Fischergasse ist.

  • Direkt westlich des Marktes bzw. östlich der Ludwigsstraße und des Gutenbergplatzes liegt das Höfchen, ein relativ kleiner Platz, der durch Baumpflanzungen und den Höfchen-Brunnen außerordentlich beliebt ist; gleichzeitig ist er auch der Ort, den man durchqueren muß, um zum Markt zu gelangen. Die Grenzen zwischen Markt, Höfchen und Gutenbergplatz sowie Ludwigsstraße laufen doch recht sehr ineinander über.
    Die Benennung rührt vom Standort des Erzbischöflichen Hofs her, der an dieser Stelle wohl bis in der zweiten Hälfte des 15. Jhd. stand, bis mit dem Bau der Martinsburg direkt vor dem Schloß der Sitz an die geograpisch sicherere Stelle direkt am Rhein umgesiedelt wurde, um im Fall der Fälle wildgewordener Mainzer kurzerhand sich nach Eltville in die Sicherheit der dortigen Burg zu flüchten, wenn man es nicht gar vorgezogen hat, sich hinter Aschaffenburger Toren zu verschanzen.
    Das Höfchen hat heute sein überliefertes Bild bis auf geringfügige Reste eingebüßt.

    Im Nachkriegsbau ist der Wappenstein des Stadtgerichts von 1611 eingefügt, das allerdings schon 1834 abgerissen wurde. Es stand an der heutigen Stelle. Das Renaissancewappen bildet einen Rahmen mit ionischen Pilasterchen und wird von einer Justitia bekrönt. Das zentrale Wappen ist das des Kurfürst-Erzbischofs Johann Schweickhardt von Kronberg.

    Das nachfolgende Beispiel ist neben dem Stadtgerichtswappen das einzige weitere Zeugnis, und datiert ebenfalls aus der Renaissance. Zwar gehört der Renaissance-Treppenturm in der Zählung zur Schusterstraße 1 (HAUS ZUR NÄHKISTE), doch bildet er zum Höfchen hin einen wichtigen Blickpunkt.
    Das Haus Schusterstraße 1 war aus verschiedenen Gründen ein hochinteressantes Gebäude. Geographisch riegelte es sozusagen den Markt vom Höfchen ab und bildete eine optische Trennung. In Erinnerung mag es zum einen deswegen noch sein, da seine südliche Begrenzung die Brandwand das Hauses bildete und das Erscheinungsbild sozusagen einen Bruch erlitt; aber die Brandwand erklärte sich dadurch, daß vor der Nähkiste noch die Städtische Butterwage stand, die zu einem unbekannten Zeitpunkt abgebrochen wurde.
    Die Nähkiste war ein stattlicher dreigeschossiger Renaissancebau, dessen hochrechteckige Fenster in ihrer Struktur eher noch spätgotische Tendenzen aufwiesen; der größte Knaller müssen auf der Ostseite die frühbarocken Ladenarkaden mit Aufsätzen in Form S-förmiger Voluten gewesen sein, die jedoch etwa um 1913 ausgebrochen wurden und, typisch für Mainz, zunächst gesichert und später verschlampt wurden.
    Von der Nähkiste existiert heute neben dem Treppenturm, der in Richtung Höfchen zeigt, nur noch der Keller. In der Stadt sind an weiteren Renaissance-Treppentürmen nur noch derjenige des Humbrechthofs in der Schusterstraße und derjenige des Alten Zeughauses erhalten.
    In der Fortsetzung links des Treppenturms ist die Fläche heute bebaut; bis 1942 befand sich hier eine schmale Gasse, die von einigen giebelständigen und in ihren Giebeln hoch aufragenden Wohnhäusern bebaut war, so daß sich im Zusammenspiel mit dem Treppenturm ein pittoreskes Bild ergab. Die Möglichkeit, daß es sich um überlebende gotische Dinosaurier handelte, ist durchaus möglich.

    Figur der hl. Barbara, laut Chronogramm von 1717.

  • Der Sächsisch-Rheinhessische Bruderkrieg ist mit "unentschieden" beendet und salomonisch wäre es zu sagen, laßt den Dresdnern ihren Barock, Mainz hat seinen eigenen.
    Da der Gutenbergplatz noch nicht zu seinem Recht kam, nun erst mal dieses.
    Gutenbergplatz 1 ("Napoleonhaus")

    Auch Herr Gensfleisch zur Laden kann sich der schee Fassenacht nicht entziehen

    Eines der klassischsten Motive der neueren Zeit: Herr Gensfleisch und der Westturm

  • DV´s Frage würde ich gerne beantworten, doch ist eine Antwort nicht so ohne weiteres möglich.
    Wenn auch das Wetter in den letzten Wochen sehr bescheiden ist, kann man an diesem Foto sowohl die schmale Ost- als auch die Westseite sehen.
    Gutenbergplatz 1 entstand etwa zwischen 1805-10 wahrscheinlich als "Grafisches Haus" nach den Plänen des Napoleonischen Ingenieurs Eustache de Saint-Far und ist neben der Steinhalle des Schlosses das einzige realisierte aus einer Überfülle von Plänen der Napoleonischen Zeit, der nebenbei das Deutschhaus konfiszierte, welches dann in Folge als Palais Imperial diente.
    Das Erscheinungsbild war eine sehr weitgehende Übernahme der Bauten der Rue de Rivoli in Paris, die durch Charles Percier und Pierre-Francois Fontaine errichtet wurde. Das Erdgeschoss hier bei uns ist im Fugenschnitt rustiziert und hatte wie in Paris ursprünglich die Funktion eines Arkadengangs, der aber bald darauf wieder geschlossen wurde. Nach Kriegsbeschädigung wurde das Gebäude Opfer eines "demokratischen Wiederaufbaus" durch Ernst May. Hierbei wurde das ursprüngliche Mezzanin nicht wiederaufgebaut, obwohl die Hausbesitzerin versuchte, dies gerichtlich durchzusetzen. Den massivsten Eingriff mußte die 6-achsige Hauptfassade erleiden, bei der sich in der 2., 4. und 6. Achse im ersten OG. kleine Balkönchen fanden, die beim "Wiederaufbau" beseitigt wurden.

    Die Frage nach den Fenstern ist eine Frage für sich, auf die es wohl keine zufriedenstellende Antwort geben kann. Die beliebten Doppelfenster der 50er und 60er Jahre finden sich natürlich auch hier zuhauf; ob die Hausbesitzer aber heute so sensibel sind, auch einen solchen Punkt beachten zu wollen, ist aber heute noch nicht so ohne weiteres zu erkennen. Daß die Denkmalpflege heute bei Sanierungen historischer Gebäude in der Innenstadt auf die Einhaltung historischer Details achtet, ist schon mal ein großer Pluspunkt.

    Rechts neben Gutenbergplatz 1 das Haus des Deutschen Weins, wohl aus den 80ern.

    Die viele Leut sind übrigens Zuschauer des 20. Europäischen Guggemusik-Festivals vor drei Wochen.

    Zwischen dem Theater und dem angesprochenen Gebäude Gutenbergplatz 1 erhob sich, leider nur für zu kurze Zeit von 6 Jahren, bis 1793 der Neubau der Dompropstei, die 1787 von Charles Mangin errichtet wurde und ein solches Maß an Aufmerksamkeit erhielt, daß man vom Sensationsbau des Klassizismus in Deutschland sprach.
    Mangels eines Scanners ist es zur Zeit die einzige Möglichkeit, ein Foto des Stiches von Niceville hier einzustellen, in diesem Fall der "ältere" von zwei bekannten Stichen; daß dieser Stich zu meinen größten Pretiosen gehört, dürfte wohl nicht so sehr überraschen.

  • Ich hoffe, dass es auch Bilder der Altstadt zwischen Schillerplatz und Stephanskirche geben wird. Zur Fensterproblematik: das Kostenargument finde ich merkwürdig, hier in Dänemark werden bei Altbauten NUR Holzfenster eingebaut. In der ganzen Kopenhagener Innenstadt gibt es vielleicht eine Handvoll Altbauten ohne Holzfenster. Warum klappt das in D nicht?

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker

  • Danke für die Vorstellung der schönen Mainzer Bürgerhäuser! Wie unterschiedlich und doch dieser Region zuordenbar diese Häuser sind - das schafft kein "heutiger" Architekt mehr leider.

    ad Römischer König: Um welchen König handelt es sich hier konkret?

  • @ Däne (02.Februar, Sorry...): Die nördliche Altstadt und das Gebiet von Kästrich, westlicher Altstadt und Stefansviertel kommt auch noch. Es wird wohl das beste sein, einen eigenen Strang hierfür aufzumachen, sonst findet man sich überhaupt nicht mehr zurecht.

    @ Exilwiener: Die Frage nach dem Römischen König kann ich leider auch nicht beantworten. Die Figur wurde 1949 für den Wiederaufbau des Hauses neu angefertigt, sodaß die originale Figur demnach 1945 zerstört wurde. Ob noch Reste erhalten sind, ist zur Zeit unbekannt. Somit bleibt die Frage offen, ob die originale Figur ein konkretes Beispiel zum Vorbild hatte und ob die für die Reko wiederverwendete Figur vielleicht ein zeittypisches (1949) Idealbild darstellt.

  • Im Kernbereich der ehemaligen Altstadt liegt auch das heutige Anwesen Schusterstraße 22-24 zwischen Brand, Quintinsstraße und Korbgasse. Mit dem hier zu sehenden Treppenturm des Humbrechthofes stehen wir auf dem heutigen verbliebenen Rest eines heiligen Bodens, mit dem Mainz durch Johannes Gensfleisch-Gutenberg in den Zustand geschichtlicher Erhabenheit emporgehoben wurde. Im Bildbereich rechts befand sich auch das Areal des Hofs zur großen und kleinen Laden, (auch: Ladenburg), wo die Frage, wo denn der "Urdruckhof" stand, in der Bechäftigung mit der Quellenlage zu dem Schluß kommen lassen muß, daß sich hier der Urdruckhof befand.
    Links der ehemaligen g.u.k. Laden steht der verbliebene Renaissance-Treppenturm des ehemaligen Hofs zum Humbrecht, der hauptsächlich im 19. Jhd. zu seinem Namen "Druckhaus/ Druckhof" fand.
    Offensichtlich machten etwas früher als Gutenberg schon Rainalt von Dassel und Co., von Mailand kommend, und mit den drei Königen im Rucksack, auf dem Weg nach Köln hier für eine Nacht Station, sodaß sich auch der Name Dreikönigshof einbürgerte und auch die ehemalige Dreikönigsstraße (heute ein Teil der Quintinsstraße) ihren Namen fand.
    Nachdem Johannes Gensfleisch Insolvenz erleiden mußte und seine Werkstatt an Peter Schöffer überging, wurden hier im Humbrechthof bis 1568, also genau ein Jahrhundert nach dem Tod Gutenbergs, die Druckerzeugnisse von Peter Schöffer, später Ivo Schöffer und Johann Schöffer, hergestellt. Von dem vor 1584 wesentlich umgebauten Humbrechthof/ Schöfferhof/ Dreikönigshof ist nur der auf 1584 datierte oktogonale Renaissance-Wendeltreppenturm erhalten geblieben, der zu den wenigen erhaltenen Beispielen, andererseits durch den außerordentlich gut erhaltenen Originalbestand, sogar mit einer originalen Wendeltreppe, zugleich zu den bedeutendsten seiner Art in Mainz gehört.

    Mit dem hier zu sehenden Stabwerk-Kragsturzportal und auch mit den Rechteckfenstern läßt sich abermals ein Beleg dafür finden, wie lange sich die Gotik in Mainz im 16. Jhd. noch gehalten hat (selbst von 1624 gab es noch ein Portal jener Art).

    Neben dem ersten Gutenbergdenkmal, das heute in der Torfahrt des Römischen Kaisers steht, ist die hier zu sehende Gedenktafel ebenfalls ein Beleg dafür, daß im 19. Jhd. schon eine Gutenberg-Renaissance gegeben war.