• Was hier echt alt in der Kölner "Altstadt" ist, was nachgebaut, was frei als alt interpretiert, weiß ich leider nicht, hier müssten unsere Baufachleute etwas zu sagen, dazu fehlt mir die Kompetenz.

    @ Wissen.de:

    Endlich antworte ich Dir mal. Ich habe deine Fotos durchgeforstet und bin nur auf vier Fachwerkfassaden gestossen. Alle vier sind Neukonstruktionen und von der Abzimmerung her unlogisch. Mit Ausnahme des letzten Beispiels weisen sie keine Verstrebungen auf, die zwingend notwendig wären. Auch gibt es keinerlei Setzungen, wie das bei historischen Bauten üblich ist. Vor langer Zeit hatte ich mal die Kölner Altstadtbauten im Marburger Bildarchiv durchforstet und dabei nur sehr wenig vorbarocke Fassaden ausmachen können. Das meiste war klassizistisch oder gründerzeitlich überformt. Auf Fachwerkbauten bin ich gar nicht gestossen, wie ich mich noch vage erinnern mag.

  • Danke für deine Mühen. Ich hatte mir das auch schon gedacht. Ich habe von Fachwerk zwar keine Ahnung, aber irgendwie wirkt das alles eben nicht historisch vertraut von der Anordnung her sondern irgendwie "gemacht". Meinst du, das ist dann einfach nur vorgeblendet und dahinter ist dann gemauert?

    APH - am Puls der Zeit

  • Ja, ich denke, dass das nur vorgeblendete Fachwerkattrappen sind. Beim ersten Beispiel könnten die dünnen, über drei Geschosse hindurch verlaufenden Eckpfosten niemals ein solches Gewicht tragen. Beim zweiten Beispiel erkennt man eine zwischen zwei Brandmauern eingesetzte Fachwerkfassade. Dahinter wären dann höchstens noch die Böden und Zwischenwände aus Holz. Ich denke aber kaum, dass beim Wiederaufbau das Innere aus Holz gezimmert ist. Aus damaliger Zeitperspekive: weshalb auch? Das letzte Beispiel bezeichne ich als einen dreieinhalb-geschossigen Fachwerk-Riesenerker, der an ein massives Haus "angehängt" worden ist.

  • Zum Thema Fachwerk eine kleine Ergänzung:

    Das zweite von Riegel nochmals verlinkte Bild zeigt das Haus Frankenwerft 25.

    Dieses wurde im Rahmen der Altstadtsanierung (1935-41) bereits 1935 saniert. Auf älteren Bildern zeigt es sich klar erkennbar als -verputzter- Fachwerkbau.

    Bei der "Sanierung" wurde recht brachial vorgegangen um es gelinde auszudrücken -und da sich die Fensterverteilung gegenüber dem verputzten Zustand leicht verändert hat ist zumindest davon auszugehen das wenigstens die komplette Fassade ersetzt wurde. Der Bau wurde im Krieg nur gering beschädigt.

    Das erste Bild zeigt ein im Rahmen der Altstadtsanierung "renoviertes" Gebäude, Lintgasse 5. Das steinerne EG ist original alt, das Fachwerk dürfte aber komplett aus den 30igern stammen. Die auch hier vergleichsweise geringen Schäden (Giebel/Dach) wurden bis 1954 beseitigt.

  • Das erste Bild zeigt ein im Rahmen der Altstadtsanierung "renoviertes" Gebäude, Lintgasse 5. Das steinerne EG ist original alt, das Fachwerk dürfte aber komplett aus den 30igern stammen. Die auch hier vergleichsweise geringen Schäden (Giebel/Dach) wurden bis 1954 beseitigt.

    Dazu ein Bild aus dem Jahre 1940:

    http://in2.bilderbuch-koeln.de/bilder/k%C3%B6…600x450xfr.jpeg


    Das zweite von Riegel nochmals verlinkte Bild zeigt das Haus Frankenwerft 25.

    Dieses wurde im Rahmen der Altstadtsanierung (1935-41) bereits 1935 saniert. Auf älteren Bildern zeigt es sich klar erkennbar als -verputzter- Fachwerkbau

    1935 nach der Sanierung. Fast schon etwas postmodern, dieser Heimatschutzstil.

    http://in0.bilderbuch-koeln.de/bilder/k%C3%B6…600x450xcr.jpeg

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaoru (31. Mai 2017 um 00:39)

  • Ist denn dann eigentlich alles, was es an historisierenden Altstadthäusern gibt, (wiederaufgebautes) von der Altstadtsanierung in den 1930ern? Oder gibt es da auch Neuschöpfungen aus der Wiederaufbauzeit?

  • Im Grunde muss man ja heute froh sein, dass bei der Altstadtsanierung so rigide vorgegangen wurde. Viele der weniger bedeutenden Bauten wurden fast gänzlich abgebrochen und als Massivbauten unter der Verwendung von Spolien "idealisierend rekonstruiert".

    Diese massive Bauweise führte natürlich dazu das die Bauten besser über das Jahr 1942, bzw. die noch viel schlimmeren Angriffe von 1943/44 kamen.

    So ist praktisch der gesamte Buttermarkt erhalten geblieben, bzw. auch recht viele Bauten in den umliegenden Straßen. Leider ist in den 50igern meistens nicht der doch recht ansehnliche Originalzustand der NS-Sanierung wiederhergestellt worden, bzw. wurde in den folgenden Jahren mit Plastikfenstern, Leuchtreklamen vieles weiter "verschlimmbessert".

    Neuschöpfungen der 50iger gibt es beispielsweise einige recht ansehnliche am Heumarkt, bzw. Alter Markt.

  • Dann ist ja die Wiederaufbauleistung Kölns bezüglich der Stadtbildpflege ja noch geringer, als ich immer dachte. Ich dachte immer, die "Altstadthäuser" seien in Münsteraner Manier (aber nicht in münsteraner Qualität) in den 1950ern stilisiert wiederaufgebaut worden. Daß sie nicht wirklich alt waren, sieht man ja irgendwie.

    Die komische 70er-Jahre-Häuser mit verschieferten Spitzbach aber zeitgemäßer öder Ranzfassade (z.B. am alten Markt) sind aber wirklich erst in so spät entstanden, da wurden nicht morderne Fassaden an Heimatschutzstilhäusern drangeklatscht, oder?

  • Ich denke dieses Bild von 1950 zeigt recht deutlich was noch an Substanz von vor 1942 vorhanden ist:

    http://www.bilderbuch-koeln.de/Fotos/altstadt…storisch_426229

    Ganz generell empfehle ich zu diesem Thema die Anschaffung dieses Doppelbandes -nicht nur wegen Köln:

    https://www.amazon.de/Kriegsschicksa…her+architektur

    (Gibt es auch für das Gebiet der ehemaligen DDR und ist oft auch unter € 20,00 zu haben.)

  • Ganz generell empfehle ich zu diesem Thema die Anschaffung dieses Doppelbandes -nicht nur wegen Köln:

    https://www.amazon.de/Kriegsschicksa…her+architektur

    (Gibt es auch für das Gebiet der ehemaligen DDR und ist oft auch unter € 20,00 zu haben.)

    Alle vier Bände sind unersetzlich!

    Wenn ich nach Köln fahre, übernachte ich immer gern in der kleinen "Altstadt." Dort geniesst man tatsächlich ein gemütliches Altstadtgefühl. Köln verfügt über einen unermesslichen Reichtum an kunsthistorisch großartige Schätze, und ist daher immer eine Reise wert!

  • Schon wegen der Kölner Selbstgefälligkeit - man ist sich immer einig, wenn es darum geht, sich "bunt"-kollektiv auf kritische Minderheiten zu stürzen und sich selbst der guten Tat zu versichern - meide ich diese Stadt. Städtebaulich ist sie sowieso eine Zumutung für jeden ästhetischen Feinsinn.

    In dubio pro reko

    Einmal editiert, zuletzt von reklov2708 (31. Mai 2017 um 14:05)

  • Ich sehe es eher wie Bostonian....tolle Stadt, trotz allem. Besonders schön ist am Heumarkt das original erhaltene Haus Zims mit dem später ergrabenen Keller, tolles Gebäude, tolles Brauhaus:

    http://www.haus-zims.de/de/

    Oder am Marsplatz -das Gebäude hat Wissen schon gezeigt- das Weinhaus Bruns, welches auch einen urigen Keller hat:

    http://www.weinhaus-brungs.de/

    Für Köln-Fans ist auch dieses Buch -sehr großformatige, gestochen scharfe Bilder- ein muss:

    https://www.amazon.de/August-Sander-…ander+k%C3%B6ln

    Kriegt man auch oft recht günstig gebraucht.....

  • Köln wie es war - was bringt mir das? Köln wie es ist, das ist die wahre Katastrophe. Was für eine Zukunft hat eine Stadt, die so gründlich, man muß sagen: irreparabel, mißhandelt wurde und noch wird? Man denke sich mal den Dom weg, was dann noch bliebe.

    In dubio pro reko

  • Nun Königsbau, oft kommt es auch darauf an wie man eine Stadt kennenlernt, finde ich. Viele hassen Stuttgart, finden es hässlich. Ich habe einen Freund in Stuttgart, der mir die Stadt -die ich schon von mehreren Besuchen kannte- nochmal mit seinen Augen gezeigt hat. Ob auf 'nen Wein in der Markthalle, das Bunkerhotel unter dem Markt, eine Fahrt im Paternosteraufzug im Rathaus, Bohnenviertel, den alten Friedhof, schöne Ecken in den Stadtteilen, etc. und ich muss sagen ich mag Stuttgart. Ich habe eine große Sammlung an Farbfotografien von Stuttgart von 1939, klar könnte man weinen wenn man vergleicht, aber das verbliebene ist -trotz gravierender Bausünden- noch immer sehenswert -und so sehe ich das halt auch bei Köln -Geschmacksache halt....

  • Ich bin noch keine 1000 Beiträge stark, fände es aber schön, wenn in eine Gallerie Bilder gestellt werden oder Beiträge, die sich auf Bilder beziehen. Alternativ gibt es doch den Diskussionsthread über die Stadt. Zum Thema: Wie mögen das andere Millionenstädte machen, dass sie von solchen Problem frei belieben...;-) Also manchmal...

  • Zum Thema: Wie mögen das andere Millionenstädte machen, dass sie von solchen Problem frei belieben...;-) Also manchmal...

    Indem schon früh durchgegriffen wird, schließlich wird im Englischen Garten in München ja auch nicht gedealt wie im Görlitzer Park in Berlin oder quasi vor den Augen der Polizei im Frankfurter Bahnhofsviertel. Aber natürlich gehört diese Diskussion in einen anderen Strang.

  • Der Turm der Agneskirche war schon original ähnlich wie ein Stumpf? Kein Kriegsschaden, oder irre ich mich da?

    Danke für das Interesse. Meines Wissens ist die Kirche so geplant gewesen und sah nie anders aus, das lassen auch historische Aufnahmen vermuten.

    Weiter geht’s mit Kölner Plätzen außerhalb der Ringe Richtung Süden, nach dem Neusser Platz und dem Leipziger Platz nun rund um den Lenau-, und Rathenauplatz.


    Kleiner Exkurs“: Das Relief des Kölner Stadtwappens ist relativ häufig im Stadtbild präsent, gerne auch farbig. Ob das eine regionale Spezialität ist, kann ich nicht beurteilen. Beispiele:





    Auch am Turm dieser Feuerwache findet sich das Stadtwappen:

    Die beiden folgenden Bilder habe ich aufgrund der markanten Anstriche ausgewählt:




    Kacheln können auch attraktiv aussehen:




    "Zwiebeltürme" sind im Stadtbild eher selten, aber gelegentlich zu finden:



    Wenn Interesse besteht gibt es demnächst "Schwerpunkt" Kontraste im Stadtbild oder Reste verschwundener Serien.