Limburg an der Lahn

  • Ich bin da alles andere als ein Kenner, aber gewisse Details wie der geschwungene Giebel kommt mir schon sehr hessisch vor, vgl Rathaus Butzbach, FF Goldene Waage. Im Rheinland kenn ich eigentlich keine Beispiele dafür, aber dort kenn ich mich ehrlichgesagt sehr wenig bis überhaupt nicht aus.

    Jedenfalls ist dieses Haus auch mit seiner "barocken" Binnengliederung für mich ein Extremfall, der Seinesgleichen sucht.

    Doch Andreas hat recht. Die Fachwerkhäuser lahnaufwärts ab Wetzlar sehen anders aus. Der geschwungene Giebel ist eher in Westhessen und um Koblenz herum anzutreffen.

  • Ich habe mich zuletzt mit der Frage beschäftigt, durch welche Elemente eigentlich die Abgrenzung vom Fachwerk im Bereich von Mittelrhein und Mosel zum sehr einfachen rheinischen Fachwerk erfolgt.

    Das immer wieder kehrende Element ist dabei ein S-förmiger Balken mit jeweils einer kleinen Ausbuchtung pro Seite (man möge mir meine mangelnde Fachsprache verzeihen :peinlich: ).

    Hier einmal ein Beispiel aus Bernkastel-Kues, welches schon etwas weiter oben an der Mosel liegt, wo man diese Balken an vielen Stellen findet:

    Bernkastel-Fachwerk.jpeg

    Einen geschwungene Giebel weist dieses Haus ebenfalls auf, der gehört jedenfalls ebenso zum Repertoire wie Felder, welche mit mehreren dünnen, sich schräg überkreuzenden Balken verziert sind (eine etwas aufwändigere Form sieht man auf dem obigen Haus unten rechts unter dem Fenster).

    Beides ist aber nicht so häufig anzutreffen wie der zuvor von mir beschriebene S-förmige Balken.

    Das nördlichste Verbreitungsgebiet dürfte das Ahrtal und Bad Münstereifel sein, nach Westen hin habe ich solche Beispiele auch in unserer Trier-Galerie gefunden.

    In Mainz findet man diese Stilelemente auch noch. In Hessen gibt es in Limburg diese Elemente, da ist das von Andreas gezeigte Haus ein wunderschönes Beispiel, auch noch im etwas weiter südöstlich liegenden Idstein. Frankfurt scheint allerdings schon einen anderen Stil zu haben.

    Was mich interessieren würde, wie weit dieses "Mittelrhein-Fachwerk" nach Süden reicht und wie es in Richtung Pfalz und Saarland aussieht.

    Auf jeden Fall eine sehr spannende Sache, sich mit der Verbreitung von Regionalstilen zu beschäftigen, vor allem wenn man Nachbarorte kennt, wo der Stil dann wechselt. So findet man in Rheinbach und Euskirchen nur rheinisches Fachwerk, während in Bad Münstereifel und Ahrweiler bereits einzelne Beispiele des "Mittelrhein-Fachwerks" auftauchen.

    Ich war ganz überrascht, als mir auffiel, wie weit dieser Stil auch nach Hessen hineinreicht.

  • zum sehr einfachen rheinischen Fachwerk erfolgt.

    ist damit "hessischen" gemeint?

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Nein, mit rheinischem Fachwerk meine ich das Fachwerk, was man rund um, beziehungsweise in traurigen Resten auch noch in Köln, in der Eifel, Richtung Niedrrhein und im Bergischen antrifft. Das sieht zum Beispiel so aus, wie hier in Rheinbach:

    Rheinbach2.jpeg

    Es gibt relativ wenige schräge Balken, Verzierungen fehlen im Grunde gänzlich.

    Anders dagegen zum Beispiel Marburg. Dort gibt es zwar durchaus auch etwas stärker verzierte Häuser, aber auch die einfachen haben deutlich mehr Schrägbalken:

    Marburg.jpeg

    Natürlich gibt es auch in Limburg einfachere Häuser, aber auch die weisen meiner Meinung nach eine komplexere Struktur auf:

    Limburg.jpeg

    Und in Hessen streicht man die Balken in unterschiedlichen Farben, im Rheinland ist es praktisch immer ein weißes Gefache zwischen schwarzen Balken.

  • Dass das Mittelrheinische" Fachwerk bis ins heutige Hessen hinein auftritt verwundert nicht.

    Limburg und auch Montabaur in dem ähnliche Fachwerkbauten stehen gehörten bis 1803 zu Kurtrier. Der gesamte untere Lahnlauf und die benachbarten Gebiete sind daher von Mosel und Mittelrhein beeinflusst.

    Das gilt such für angrenzende kleinere Territorien wie Nassau-Idstein.

    Frankfurt, die Wetterau, da ober Lahntal und daran anschließend die historisch hessischen Gebiete sind kulturell von Mainz aus beeinflusst.

    Die Unterschiede im Bereich des Fachwerkbaues mögen aus ferner Sicht und im Vergleich mit Norddeutschem oder Schwäbischen Fachwekbauten gering sein, sind aber vorhanden. Der geschwungene Giebel ist hier ein Merkmal, wenngleich solche Giebel vereinzelt auch in Städten im übrigen heutigen Hessen( so in derTat am Rathaus in Butzbach) auftreten können.

    Die " Goldene Waage" in Frankfurt ist im Übrigen ein für Frankfurt und die Wetterau untypischer Fachwerkbau, der als Referenzbau nicht herangezogen werden kann. Zur Zeit seiner Erbauung wurde er auch in Frankfurt als von einem "Immigranten" unpassend, weil zu aufwändig gebaut angesehen.

  • Danke dir für die Erklärung. Es gibt einen Unterschied, der etwa auf der Höhe Weilburg/Butzbach/Herborn liegt. Hier in der Region (Marburg) sind die Fachwerkhäuser bunter, aber mit weniger Balkenschmuck. Geschwungene Giebel gibt es so gut wie nie. Auch ist in den Gefachen oft noch ein "Innenrahmen" um die Balken gemalt (sow ie auf dem letzten Bild am linken Gebäude erkennbar). Geht man weiter nördlich (Fritzlar, Alsfeld, Melsungen, usw.) ist das Fachwerk wiederum anders. Gießen war bis 1944 eine bunte Sammlung all dieser Baustile. Im Rheinland und in der Eifel sind die Gebäude wie du sagst meist schwarz mit weißem Gefach. Hier eher bunt bzw. "erdfarben". Ein krasser Unterschied zu all dem ist bsp. der Elsaß, wo Gefache durchaus auch dunkelrot oder blau gestrichen werden.