Potsdam - Sacrow - Heilandskirche, Schloss und Park

  • Vor 20 Jahren begann die aufwendige Sanierung der Sacrower Heilandkirche

    Jenseits der bekannten Potsdamer Touristenpfade liegt im Ortsteil Sacrow ein wahres Paradies, der Park Sacrow mit der Heilandskirche. In Sacrow steht am Havelufer die Heilandskirche am Port von Sacrow, auch einfach „Heilandskirche“ oder „Sacrower Kirche“ genannt. Die aufgrund ihrer Lage und ihres Stils außergewöhnliche Kirche wurde 1844 errichtet. Friedrich Wilhelm IV., der "Romantiker auf den Thron" wünschte sich eine Kirche im früh-mittelalterlichen italienischem Stil mit freistehendem Glockenturm (Campanile). Nach Skizzen des Königs wurde sie von seinem Architekten Ludwig Persius gebaut. Seit 1961 lag sie im Bereich der Berliner Mauer und erlitt in dieser Zeit erhebliche Schäden.
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    Die Sacrower Heilandskirche von der Havel aus gesehen:
    Sacrower_Heilandskirche.jpg
    (Quelle Wikipedia, Urheber: Times)
    Die herrlichen Arkaden der Kirche:
    Heilandskirche_Sacrow_Gesamt.jpg
    (Quelle Wikipedia, Urheber L.Schulz)
    Und vom Babelsberger Flatowturm aus gesehen:
    dscn32327sx45.jpg
    (Quelle: Palantir, Strang "Babelsberger Park")

    Einen sehr guten, geradezu genussvollen Eindruck von der Schönheit der Sacrower Anlage vermitteln auch diese beiden Youtube-Videos >>
    http://www.youtube.com/watch?v=2pUUpKWJneY
    http://www.youtube.com/watch?v=H4NOrCIwf0A


    Zur Geschichte der Sacrower Heilandskirche:
    Im Oktober 1840 erwarb Friedrich Wilhelm IV. von Preußen, der "Romantiker auf dem Thron" das Gut Sacrow nördlich von Potsdam für 60.000 Taler. Schon lange vor dem Kauf skizzierte der König Kirchenbauten für Sacrow. Für einen Neubau geeignet schien eine Bucht, ein Hafen, in der die Havelfischer bei Sturm mit ihren Booten Schutz suchten. Der dortige Fähranleger wurde 300 Meter nordostwärts an seine heutige Stelle verlegt. Der Hofarchitekt Ludwig Persius, unterstützt durch seinen engsten Mitarbeiter Ferdinand von Arnim, der mit der örtlichen Bauleitung beauftragt war, setzte die vom König vorgefertigten Skizzen in die für ihn typische klare Bauform um. Die in das Wasser hineinragende Heilandskirche vermittelt wie geplant Assoziationen an ein Schiff. Die Kirche in die Schilfzone am Ufer zu bauen, erforderte als Gründung einen Pfahlrost. Das verschlang ein Drittel der Gesamtbaukosten. Wie bei der nur wenig später errichteten Friedenskirche im Park Sanssouci dienten auch bei der Heilandskirche jene Sakralbauten als Vorbild, die von frühen christlichen Gemeinden aus den römischen Markt- und Gerichtshallen umgestaltet worden sind. Der königliche Bauherr bevorzugte, wie bei diesen Gebetshäusern üblich, eine einfache, flache Deckenkonstruktion im Gegensatz zum neugotischen Stil mit seinen hohen, gewölbten Hallendecken. Die frühchristliche Bauweise war für Friedrich Wilhelm IV. eine architektonische Reminiszenz an das frühe Christentum, dessen Zusammenhalt in der Glaubensgemeinschaft für ihn vorbildlich war. Das Schloss wurde zum Predigerhaus für die Heilandskirche. Nach dem Baubeginn im Jahr 1841 fand die feierliche Einweihung bereits nach drei Jahren am 21. Juli 1844 statt. (...) Der Gartenkünstler Peter Joseph Lenné gestaltete nach 1842 das Gelände um das Kirchengebäude, die Bucht, den Park des Schlosses Sacrow. Lenné schuf, wie in seinen Anlagen üblich, breite Spazierwege und weite Sichtachsen zu den Parkanlagen von Schloss Glienicke, Babelsberg, dem Neuen Garten und der Stadt Potsdam. Der über 24 ha große Sacrower Park wurde in seine landschaftsgärtnerische Umgestaltung der Potsdamer Havellandschaft einbezogen. (Quelle Wikipedia).

    Ein sehr trauriges Schicksal hatte die Sacrower Heilandskirche in der DDR-Zeit, die fast zum Untergang des Bauwerks geführt hätte. :boese:
    Mod (Bitte selbst nach dem Bild googeln. Auf Wikipedia wurde wohl ein Bild hochgeladen, worauf keine Rechte lagen. Deshalb wurde die Verlinkung vorsorglich herausgenommen).
    Die Sacrower Heilandskirche im Jahr 1980, Quelle Wikipedia, Urheber M.Cramer)
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    Der Bau der Berliner Mauer im August 1961 führte im Laufe der darauffolgenden Jahrzehnte zu erheblichen Beschädigungen an und vor allem in der Heilandskirche. Die Sperranlagen der DDR entlang der deutsch-deutschen Grenze verliefen direkt über das Kirchengelände. Der Campanile wurde zum Bestandteil der Sperrmauer gemacht, indem man die hohen Betonplatten an den Glockenturm ansetzte. Das Kirchengebäude stand nun im „Niemandsland“ Richtung West-Berlin. Dennoch fanden noch bis Heilig Abend 1961 regelmäßig Gottesdienste statt. Wenige Tage später wurde das Innere der Heilandskirche, die auf von DDR-Grenztruppen scharf bewachtem Gebiet stand, durch die Sicherheitsorgane verwüstet und so die weitere Nutzung unmöglich gemacht. Die Grenzbehörden schufen damit einen Vorwand, die Kirche vollständig abzuriegeln, um eventuelle Fluchtversuche aus diesem Grenzabschnitt zu verhindern. Der Zustand der Kirche verschlechterte sich von Jahr zu Jahr. Als vom Wasser und dem Westberliner Ufer der Havel aus zu sehen war, dass der Verfall bedrohliche Ausmaße annahm, versuchten Westberliner auf politischem Wege das Gebäude zu retten. Durch die Initiative des damaligen Regierenden Bürgermeisters von Westberlin, Richard von Weizsäcker, und nach langwierigen Verhandlungen zwischen kirchlichen Stellen und den zuständigen Regierungsstellen der DDR, konnte 1984/85 das Äußere des Kirchengebäudes wiederhergestellt werden. Zu Beginn der Sanierungsmaßnahmen wurden die Apostelfiguren geborgen und ausgelagert. Andere wichtige Teile der Innenausstattung, die 1981 beschädigt aber noch vorhanden waren, gingen verloren. Vom Westen aus (Glienecke) konnte man zur Kirche am Ufer des Jungfernsees nur hinübersehen – für die Bewohner von Sacrow war das Gebiet unzugänglich. "Die Kirche war für uns im Westen so nah und doch Lichtjahre entfernt", sagt Hannes Kowatsch, der Vorsitzende des Bürgervereins Ars Sacrow. Nach dem Fall der Mauer wurde am Heiligen Abend 1989, nach knapp drei Jahrzehnten, wieder ein Gottesdienst in der Kirche gehalten. Der zu diesem Zeitpunkt noch zerstörte Innenraum der Heilandskirche erhielt nach aufwändiger Restaurierung in den Jahren 1993 bis 1995 sein heutiges Gesicht. (Quelle Wikipedia und Morgenpost)
    Heute sind Kirche, Schloss und Park von Sacrow in ihrer ganzen Schönheit fast vollständig wiederhergestellt worden und gehören zum UNESCO-Weltkulturerbe! cclap:)

    Mehr zum Thema >>
    http://de.wikipedia.org/wiki/Heilandsk…Port_von_Sacrow
    http://www.heilandskirche-sacrow.de/
    http://www.morgenpost.de/berlin-aktuell…ndalierten.html
    http://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Sacrow

    4 Mal editiert, zuletzt von Maecenas (21. Juli 2013 um 14:04)

  • Danke für den wunderbaren Eintrag,

    @ Kralle.

    Vielleicht ist noch erwähnenswert, dass sich wie so oft beim Berlin-Potsdamer Welterbe hier wieder mindestens zwei Sichtlinien kreuzen. Neben der vom Flatowturm in Babelsberg mit der Glienicker Brücke mitten in ihr*, gibt es auch die Lange Sicht vom Marmorpalais bis hin zum Schloss auf der Pfaueninsel, wobei die Heilandskirche bewusst in der Flanke dazu steht. Analog eines Bühnenbildes und genauso war es - und so vieles andere - auch gedacht.

    Als Vorgriff schon einmal: Ich denke, dass im nächsten Jahr November, anlässlich 25 Jahre Mauerfall, bestimmt auch an dieser Schnittstelle des Welterbes was gemacht wird, ein Welterbe, was übrigens im Januar 1991 als erstes gesamtdeutsches Welterbe Eintrag in die UNESCO-Liste fand. 14 Monate nach dem Mauerfall und damit eine sagenhafte Leistung.

    Auch die DDR hatte schon vorgearbeitet, was ihre Teile des Welterbes - sprich: Sanssouci, Neuer Garten und Park Babelsberg - angeht, war aber bei der UNESCO-Kommission zunächst aber auf Wohlwollen wegen der akribischen Arbeit, letztlich aber doch verdientermaßen auf Ablehnung gestoßen, weil da eben ein Bauwerk zu viel war und ein, eigentlich sogar zwei Parkteile zu wenig: sprich: der Volkspark Glienicke auf West-Berliner Gebiet und eben das in die Grenzlage hineingekommene Sacrow.

    Ein hermetisch geteiltes Welt(kultur)erbe ist aber KEIN Welterbe. So ist gerade dieses Fleckchen Wasser und Erde ein ganz spezieller Ausdruck des Zusammenwachsens. - Wohlan!

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    * Das Foto zeigt übrigens auch, dass da grünmäßig noch etwas ausgelichtet werden muss, was selbstverständlich immer wieder auf Schwierigkeiten und manchmal auch auf Proteste stößt. Die Glienicker Brücke (zu Lennés Zeiten selbstverständlich noch als Vorläufer-Bauwerk) ist auf dem Foto mehr zu erahnen als wirklich zu sehen. Das aber war von den Gartenschöpfern Fürst Pückler-Muskau und Peter Joseph Lenné (hervorragende Aussichten, überraschende Einsichten, wechselnde Perspektiven) ganz anders und sehr kunstvoll gedacht.

  • Der Tagessspiegel berichtet heute über das kleine Juwel an der Havel und über das, was bereits erreicht wurde und was noch zu tun ist:

    Zitat

    Das Ergebnis der Turmsanierung ist nun von weither sichtbar: Strahlend zeigt sich das frisch vergoldete Turmkreuz. Aber auch der steinerne Campanile selbst zieht die Blicke noch stärker an als zuvor. Der Grund dafür ist der neue Farbanstrich, den der Turm erhalten hat. Eine „hauchdünne Brühe“ habe man als Lasur auf die gelben Ziegelsteine aufgebracht, berichtet Restaurator Ulrich Schneider. Das zarte Hellrosa der Lasur wechselt sich nun ab mit den horizontalen Streifen aus blau glasierten, gelb gemusterten Ziegeln, die dem Turm zusätzlich eine optische Struktur verleihen. Schon zu Beginn – die Kirche wurde 1844 von Ludwig Persius nach Skizzen Friedrich Wilhelm IV. errichtet – seien die hellen Ziegelsteine des Campanile ebenso wie die des Kirchenschiffs gestrichen worden, sagt Schneider. Man habe sich also schon damals nicht mit der natürlichen Farbe der Steine begnügen wollen.
    Die jüngste Turmsanierung kostete nach Angaben der Potsdamer Stadtverwaltung eine Viertelmillion Euro, wobei das meiste Geld aus Bundesmitteln stammte. Die Stadt Potsdam gab 25 000 Euro dazu. Die Sanierung des Turms – wie auch die gerade beendete Rekonstruktion der Innenausstattung des Gotteshauses – bilden den vorläufigen Schlusspunkt der Bemühungen, die durch das DDR-Grenzregime geschundene Kirche wiederherzustellen. (...) Bei den jüngsten Wiederherstellungsarbeiten im Kircheninneren wurde nach alten Fotos auch der Altar rekonstruiert, samt seinen schwarzen Säulen aus Ebenholz, dem Zedernfurnier, den Goldverzierungen und den kunstvoll gefertigten Intarsien aus Ahorn und Ebenholz. (...) Vollständig wiederhergestellt ist die Heilandskirche auch nach Abschluss der jüngsten Bauarbeiten noch nicht. So fehlt der Außenanstrich des Kirchenschiffs. Nach Angaben von Restaurator Schneider müssten zudem unter anderem der Traufbereich der Arkaden sowie das Sockelmauerwerk saniert werden. Für jene Arbeiten dürfte ein Millionenbetrag nötig sein.

    Quelle: http://www.tagesspiegel.de/berlin/gold-fu…el/9019834.html

    Hier noch mal der Verweis auf ein sehr schönes Youtube-Filmchen über die Sacrower Heilandskirche, also Rotwein einschenken und auf "Play" klicken :rolleyes:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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  • Wie aus den herrlichen Fotos der vorangegangenen Berichte zu sehen ist, hat Potsdam mehr zu bieten, als nur eine historische Innenstadt. Heilandskirche und Schloss Sacrow zu besuchen, lohnt immer wieder. Noch dazu, weil hier gerade eine Ausstellung im Schloss stattfindet: "Gärtner führen keine Kriege". Und bevor ich mich hier in langen Erläuterungen ergehe, verweise ich einfach mal auf die rbb-Mediathek. Unbedingt ansehenswert, wenn jemand mehr über die Mauer und die Probleme der Gärtner erfahren will, die unter diesem "Mauerregime" ihre Arbeit machen wollten.

    Weitere Details zur Ausstellung sind auch über die Homepage von Ars Sacrow e.V. zu erfahren.

    Über Wikipedia kann man sich natürlich auch immer wieder mal Informationen holen.

    Der Campanile der Heilandskirche.

    Der Innenraum.

    Wassertaxi Richtung Innenstadt.

    Das Schloss.

    Hinweis auf die Ausstellung "Gärtner führen keine Kriege".

    Im Park.

    Video-Fotos: Autor: 24.07.2016

  • Wer mehr über die Heilandskirche erfahren will, kann auch hier mal bei PNN nachlesen (passend zum 13. August). Mir fällt in diesem Zusammenhang auf, dass es für die Gärtner nur eines gab: Wiederaufbau der geschundenen Gärten nach den Vorlagen von Lenné und Pückler. Schade das es sowas nur selten in der historischen Mitte von Potsdam gibt. Maßstab für die Neugestaltung der alten Mitte sollten doch auch hier die alten Bauten aus der Zeit von vor der Zerstörung sein. Aber nein, bei der städtischen Architektur gelten völlig andere Maßstäbe (hier im Forum immer wieder nachzulesen). Lennè und Pückler (u.a.) könnten sich glücklich schätzen...

    Die beiden Fotos möchte ich noch nachreichen.


    Video-Fotos: Autor, 24.07.2016

  • Potsdamer Neuste Nachrichten (PNN) und auch die Märkische Allgemeine Zeitung (MAZ) berichten am 21.07.2019 übereinstimmend, dass die Heilandskirche ihr 175 jähriges Bestehen feiert. 28 Jahre stand die Heilandskirche im Mauerstreifen der DDR, preisgegeben dem Verfall und dem Missbrauch durch die Grenzer. Heute erstrahlt sie wieder in alter Schönheit.

    https://www.maz-online.de/Lokales/Potsda…ahre-Kirchweihe

    https://www.pnn.de/potsdam/vor-de…e/24677738.html