• Bevor wir mit unserem begonnenen System weiter tun, eine kleine Einschaltung.

    Sagt hier jemand Burg oder Schloss Trebsen etwas?

    Hier eine Darstellung der meisten, "aber nicht aller" ZG im Erdgeschoss:

    undefined

    Hier paar Bilder davon:

    schloss-trebsen-saal.jpeg

    schloss-trebsen-saal.jpeg (1247×831) (burgerbe.de)

    schloss-trebsen.jpg
    Trebsen_Diamantgew%C3%B6lbe.jpg


    Geisler Martin eigenes Werk

    Verwandte Projekte – Zellengewölbe – Design Principles in Late-Gothic ...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Quelle: aus M+O. Rada, Karte der Verbreitung von ZG

    Ehe wir mit unsrem Thema (Südmähren und Österreich) weitertun, kann ein Blick auf die Landkarte nicht schaden. Hier sieht man alle Standorte von ZG (historisch und aktuell). Dieser Plan ist recht akkurat, was das heutige Tschechien betrifft, hinsichtlich Österreich und Deutschland gibt es kleine Lücken (was D betrifft, so sind diese ziemlich egal - niemand wird die dichten Punkte nachzählen wollen bzw Weimar vermissen).

    Was sieht man?

    Ein dichtes Kerngebiet um Sachsen um die, bzw vor allem westlich der Elbe, was nicht verwunderlich ist. Diese Dichte geht nach N (genauer NO) ins zunächst Brandenburgische über, verliert sich aber dann sehr rasch.

    Die beiden Punkte im Norden markieren Lübz (Amtsturm, erhalten) und Schwerin (Markt 13, 1975 abgerissen, ein Schandmal für die DDR-Denkmalpflege). Nicht alle Vorkommen dazwischen sind erhalten, zB scheint auch Magdeburg auf, dessen ZG im Laufe der Geschichte (nicht erst 1945) verloren gegangen sind.

    In Richtung O wird die Streuung ähnlich schütter, geht aber nie zu Ende, ehe sich in West/Ostpreußen/Ermland ein neuer überraschender, nicht ganz dichter aber großflächiger Schwerpunkt ausbildet, der bis ins Baltikum streut. Was die Karte nicht angibt: es handelt sich hier zu einem nicht unbeträchtlichen Teil um große und großartige Objekte. Danzig und Allenstein beispielsweise sind jeweils nur ein Punkt (wie auch natürlich zB Meißen), obwohl es dort mehrere Bauwerke mit ZG gibt.

    Richtung Schlesien ist ebenfalls eine sich stark verflüchtigende Streuung zu beobachten, die allerdings weit reicht, bis über die Weichsel (Neu Sandez) hinaus.

    Was den Süden betrifft, so ist das Egertal und das Erzgebirge eigentlich in Einheit mit dem sächsischen Kernland aufzufassen. Nach Ostböhmen hin ist bald Ende, Hruby Hrohozec haben wir erwähnt, der Doppelpunkt an der Elbe südöstlich ist Pardubitz und der Kunietitzer Berg. Geht man vom Erzgebirge nach Süden, so kömmt eine ziemliche "Pause", die von mittelböhmischen Burgen (ua Karlstein) überbrückt wird, ehe wir auf eine neue, dichtere "Insel" stoßen, die, wie wir gelernt haben, vom Bechiner Minoritenkloster ausging und sich nach W streckt (Horaschd'owitz und Blatna). Moldauabwärts sehen wir nur noch zwei isolierte Punkte, nämlich Krumau (ein Haus in der Gojauergasse), und Kloster Kuglweit, beides eher mickrige Beispiele, die übermarkiert erscheinen, bedenkt man, dass die ganze ZG-Pracht Danzigs auch nicht mehr als ein solcher Punkt ist. Weiter gen Süden kommen wir schon nach Österreich: Allerheiligen im Mühlkreis (Sakristei) und Schloss Greinburg an der Donau. Von Grein nordöstlich, also wieder hinein in die Böhmische Masse, sehen wir eine etwas verbeulte Würfelzahl 5: in der Tschechei Neuhaus, Teltsch und dazwischen südversetzt Zlabings, der zentrale Ort des Geschehens, in Niederösterreich Waidhofen/Thaya und Schloss Breiteneich. Gen Osten zu müssen wir uns in NÖ zwei Punkte dazudenken: Krems (Göglhaus) und Retz (Bürgerspital, nur in Rudimenten erhalten), ehe wir auf Klosterneuburg (an der Donau, Nebengebäude Stift), Wullersdorf (ehem. Kirchenwirt), Znaim (mehrere Bürgerhäuser, dh die meisten Bürgerhäuser überhaupt), Schloss Misslitz, Eibenschütz und Burg Pernstein stoßen (von Süden nach Norden). Das ist unser Gebiet: Bis Misslitz reichte der "lange Meissnerische Atem", die meisten anderen Orte sind bereits Zlabingischer Ableger (wie wohl auch Krumau). Breiteneich dürfte "sui generis" sein. Auch die wenigen Beispiele der Slowakei (Trentschin, Neusohl, Kremnitz) sind südmährische Ableger, ein ganz isoliertes Siebenbürgisches Beispiel ist nicht eingezeichnet.

    Man sieht hier also eine Art Wanderroute der Meissnerischen Bauleute: Erzgebirge - Bechin- Pernstein - Misslitz. Zlabings und Breiteneich sind wohl schon eigenständige Entwicklungen.

    Am für mich faszinierendsten ist der "Gang nach Westen." Zunächst scheint der Spuk schnell vorbei zu sein, ehe sich an der Saale ein neuer, allerdings kleinerer Kern bildet, der sich bis gen Halle erstreckt. Weiter nach Westen kommt noch... ein Schloss im Thüringer Wald, Farnroda... und dann noch, als letzter Punkt, das von Markus gezeigte Dorf Öslau. Ende.

    In Nürnberg ist der Verlust vieler wertvoller Bürgerhäuser mit schönen Gewölben und Innenhöfen zu betrauern. Keines davon hatte ZG. In Bamberg gäbe es unzählige Details und Innenräume zu entdecken, aber kein ZG. Warum ist das so?

    Die Antwort ist zunächst klar: Weil die Meißner Bauleute nicht weiter gekommen sind. Warum aber sind sie bis nach Wilna gekommen? War im Osten mehr Nachfrage als im kulturell dichteren Westdeutschland? War man dort aufgeschlossener gegenüber dem neuen Sonderstil? Kein Fürst, kein Bischof in Hessen, der mit der "Meissnerischen Zeit gehen wollte"?

    Im Donauraum war es wohl die "Zeit", dh das Auslaufen einer Epoche. Zlabingser Beispiele datieren schon mit 1550. Der Verweis von M+O Rada auf die Hohe Kunst der Donauschule mit den großartigen Schlingrippengewölbe, gegen die sich die ZG nicht durchsetzen konnten, greift mE nicht. Denn eben gerade an Schlingrippengewölben hätte auch in Sachsen kein Mangel geherrscht.

    Diese Entwicklung oder Nichtentwicklung brachte für die Wahrnehmung der ZG große Auswirkungen nach sich. Im Westen, jenseits des Eisernen Vorhanges gab es keine ZG (von mickrigen Ausnahmen wie Ölsau und den paar österreich. Beispielen abgesehen, wobei diese österr. Beispiel überwiegend in Privatbesitz und somit nicht zugänglich waren/sind).

    Nun war zB die Stadt Meißen niemals "weg vom Schuss" bzw außerhalb eines gesamtdeutschen Kulturbewusstseins gerückt. Allerdings handelt es sich um eine Klein- bis Mittelstadt im Schatten Dresdens, gerade mal gut für einen Tagesausflug von dort. In dessen Mittelpunkt stand allerdings - der großartige gotische Dom. Auch die mitbesichtigte Albrechtsburg besteht nicht "nur aus ZG".

    Hingegen fielen diese ZG im Raum des sog. Deutschen Ostens ungleich stärker auf, und man muss auch zugeben, dass die Beispiele in und um Danzig und Allenstein wirklich großartig sind. Auch in der CSSR, die ihre Schlösser gut zu vermarkten wusste, stieß man immer wieder darauf. Letztlich führte dies dazu, dass selbst Gebildete ZG "mit Osteuropa" assoziierten.

    Eine der Auswirkungen dieser Konstellation ist das Synonym "Diamantgewölbe", das sich bis heute verbreitet hat. Daran ist nichts auszusetzen, es ist nur zu bemerken, dass es diesen Begriff vor 1945 wohl nicht gegeben hat, dass es sich um einen Begriff aus (aum dem Tschechischen übersetzten) deutschen Reiseführern der CSSR handelte. Zwar gibt es im Tschechische einen anderen Begriff für ZG, es kennt aber als fast regelmäßigen Klammerausdruck auch diesen. Eine Kleinigkeit nur, gewiss, aber wir werden sehen, wie daneben selbst renommierte österr. Kulturhistoriker der Nachkriegszeit in ihren Anschauungen über ZG lagen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Klar. Scheint hübsch zu sein (kann die Ansicht nicht steuern, lande immer am Boden).

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Man kann die obige Karte natürlich auch grob vereinfacht lesen: Thüringen, Brandenburg, Schlesien und Böhmen sind einfach Nachbarländer Sachsens, und es ist ganz natürlich, dass sich der neue Baustil dorthin ausgebreitet hat. Österreich zählt hier nicht, da nur eine zu geringfügige Fußnote. Dann bliebe Ost-Westpreußen samt Ausläufern als zweites Verbreitungsgebiet. Warum auch immer.

    Andere Lesart, eine "arrogant west-zentristische". Abgesehen vom sächsischen Entstehungsraum breiteten sich die ZG in kulturell leicht rückständigen Gebieten aus, jedenfalls in Gebieten mit einer geringeren kulturellen Dichte. Mit dieser Arroganz befinden wir uns nicht in schlechtester Gesellschaft, wenn man ein Goethe-Wort memoriert, mit dem er sich weiland in Oberschlesien ziemlich unbeliebt gemacht hatte.

    Vielleicht ein gemäßigterer Ansatz: ZG breiteten sich - wiederum abgesehen vom sächsischen Kernland, dort aus, wo die Wölbungskunst in der jüngeren Zeit keinen nennenswerten Fortschritte erzielt hatte, wo es keinen gotischen Spät- oder Sonderstil gab, und wo man einen diesbezüglichen Nachholbedarf sah. Das passt gut ins Bild der österreichischen Verhältnisse: bis zur Donau, und nicht weiter, was zu der nicht zu übersehenden Beeinflussung des österr. Nordens durch die böhm. Länder passt und dessen Sonderstellung unterstreicht. Krems mit seinen Sgraffito-Häusern wirkt "böhmischer" als zB Steyr bzw mit dem böhm. Norden mindestens so verbunden wie mit dem Donauraum, seine hochgezogene Attiken entsprechen zwar dem Inn-Salzach-Schema, wirken aber via Böhmen vermittelt. Jenseits der Donau kamen diese Eindrücke so gut wie zum Erliegen.

    Diese Überlegung würde den Erfolg der ZG im norddeutschen, "preußischen" Backsteingebiet erklären. Letztlich korreliert die Backsteinbauweise sehr gut mit den ZG.

    Politisch-herrschaftliche Kausalitäten sind mE nicht besonders ergiebig, höchstens dahingehend, dass die Wettiner gute Beziehungen in den benachbarten Norden Böhmens unterhielten. Für die Weitertragung nach Süden mögen die mit ihnen verbundenen Observanten eine Rolle gespielt haben. Im Westen endeten die ZG mit dem Ende des Wettinischen Einflussgebietes. M+O Rada vermuten, dass die Innungen der anders arbeitenden Steinmetzen im Westen rippenlose Gewölbeformen verhindert hätten, während andere meissnerische Elemente sehr wohl im Westen nachweisbar sind (zB die sog. Bibratreppe auf der Festung Marienburg zu Würzburg

    Eingang im Burginnenhof zum Treppenturm mit Bibra-Wappen

    ) (Klammer zu).


    Indes hätten die Rivalitäten der Wettiner mit den Hohenzollern im Norden und Osten für keine günstigen Bedingungen der Ausbreitung des "sächsischen Stils" gesorgt. Hier muss man nach anderen Gründen suchen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der mitunter anzutreffende Verweis, dass die großen ZG-Räume nur im Danziger Raum anzutreffen wären, ist Unsinn. Zunächst gibt es dort kein Hauptschiff, sondern nur Seitenschiffe mit ZG, während es zB in Böhmen zugegebenermaßen zwar eher kleine Stadtkirchen mit allerdings vollständig ausgestatteten Langhäusern gibt. Und dann gibt es in der Lausitz dieses unikate Beispiel:


    Grundriss_peterpaulkirche.JPG

    Die Rede ist natürlich von der St.Peter und Paul Kirche in Senftenberg (Lausitz), die besitz- und kirchenrechtlich mit Meissen verbunden war.

    Diese durchwegs zellengewölbte Hallenkirche ist mit einer Länge von 30 m (Achse Hauptschiff) und einer Breite von knapp 20 m ein durchaus beachtlicher Raum.

    Hier ein Vergleich mit der Danziger Marienkirche: diese kommt auch kaum auf eine etwas größere ZG-Fläche: pro Seitenschiff (also mit 2 zu multiplizieren, um die Gesamtfläche zu erhalten), ganz grob und ohne Kapellen, damit dies nicht in Erbsenzählerei ausartet: ca 35 x 8 m. Allerdings sind dort die einzelnen Joche durch Gurtbögen getrennt. Von einer vereinheitlichte Wirkung wie zu Senftenberg kann dort keine Rede sein.

    Die Seitenschiffe deuten einen Chorumgang nur an, enden aber dann am Scheitel des Chores, nachdem sie das Hauptschiff in dessen Bereich etwas verengt haben - eine wie man liest für die Lausitz typische Lösung. Auch wenn die Gewölbe der Seitenschiffe niemals mit dem des Hauptschiffs verbunden sind, entsteht dennoch eine monumentale schiffübergreifende einheitliche Wirkung, die sich besonders in der Quersicht zeigt:

    csm_05_089392abbf.jpg

    Diese Wirkung dürfte mE durch die "Grobkörnigkeit", dh durch die Größe der Zellen entstehen, wodurch die Gurtbögen über den Pfeilern eigentlich nicht auffallen und so zum integralen Bestandteil werden. Auch die nur geringe Höhendifferenz zwischen den Schiffen verstärkt die Einheitlichkeit.

    Die Gewölbestruktur ist relativ einfach: ein Netz von gekrümmten Rauten im Hauptschiff, und eine Folge von vierzackigen Sterne in den Seitenschiffen, die sich im Chorbereich dann verflüchtigt.

    Die monotone Abfolge von wenigen, vergleichsweise großen Zellen erzeugt eine beträchtliche Monumentalität, deren Grobheit sogar modernistische Züge trägt:

    Peter-Paul-Kirche am Markt Senftenberg – Förderkreis Alte Kirchen ...
    Peterpaul_sfbgewoelbe.JPG

    z Thomas eigenes Werk

    Evangelische Peter-Paul-Kirche Senftenberg - Innenansicht


    Stadtfest Senftenberg: Peter Paul-Markt lockt wieder tausende Gäste ...

    nach meinem aktuellen Wissensstand ist dies die einzige "durchunddurch"- Zellengewölbte Kirche überhaupt. Eventuell kann man bei der Marienkirche zu Dohna diskutieren, ob diese auch dieses Kriterium erfüllt; unstreitig ist jedoch, dass die Wirkung der ZG durch die angefügten Rippen stark abgeschwächt wird.

    Ein unikater Bau also, ein Kunstschatz seinergleichen, der breiten Öffentlichkeit so gut wie unbekannt. Wir können von Glück reden, dass die Gewölbe den Brand von 1945 überstanden haben.


    Ein stilistisch ähnliches (grobes und tiefes) ZG befindet sich in der Petrikapelle zu Brandenburg/H:


    Petri_zgemp.jpg

    Kotofeij K. Bajun

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die monotone Abfolge von wenigen, vergleichsweise großen Zellen erzeugt eine beträchtliche Monumentalität, deren Grobheit sogar modernistische Züge trägt:

    Interessant, dass Du das sagst! Auf den ersten Blick erscheinen mir Zellengewölbe durch ihre Glattheit und Schärfe eh immer wie futuristische Fremdkörper in einer alten Welt... das sind wirklich faszinierende Gebilde. Was ich auch bemerkenswert finde, ist das oftmals riesige Volumen, was den Eindruck erweckt, dass die Hälfte des Raumes aus Gewölbe besteht. Ungefähr von wann bis wann waren denn Zellengewölbe eigentlich im Gebrauch?

    "In der Vergangenheit sind wir den andern Völkern weit voraus."

    Karl Kraus

  • 1475 bis 1550. Grob gesagt.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • 1475 bis 1550. Grob gesagt.

    Der Amtsturm in Lübz wurde zwischen 1310 und 1350 als Teil der Wehranlage errichtet. Auf dem "Video" sieht man nur eine Mischung aus Stern- und (Kreuz-) Rippengewölbe - also aus meiner Sicht keine zusätzliche Aufteilung.

    Auch wenn die Museums-Homepage auf seltenes Zellengewölbe hinweist - nach deinen umfassenden Erläuterungen hierzu vermag ich ein solches nicht zu erkennen (oder ich habe die Merkmale falsch verstanden).

  • Wahrscheinlich irritiert dich der scheibenförmige Schlussstein aus Putz im Scheitel. Die darauf zulaufenden Zellen flachen zunehmend ab und lassen hier, siehe deine beiden Skrinschotz, eventuell den Eindruck eines bloßen Gratgewölbes entstehen. Aber es handelt sich, wie auch aus deinem verlinkten Video ersichtlich, ganz unzweifelhaft um ein ZG aus der "klassischen" Zeit um 1500 mit einem sechszackigen Stern. Die Kappen bilden wie üblich das tragende Element, nur sind sie ziemlich in die Länge gezogen und verflachen wie gesagt in Richtung Scheitel. Das mag etwas täuschen. Wo du Rippen oder ein Kreuzrippengewölbe erblicken willst, ist mir nicht ersichtlich.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Der Amtsturm in Lübz wurde zwischen 1310 und 1350 als Teil der Wehranlage errichtet.

    Aber definitiv nicht das Obergeschoss. Hier sind wir zu Beginn des 16. Jahrhunderts, was sich im Übrigen auch an den Vorhangbogenfenstern zeigt.

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Das Auslaufen der ZG im südmährischen und österreichischen Raum II

    Wie schon gesagt ist die Darstellung mangels Bildmaterial nicht immer sehr befriedigend möglich.

    Zeitnah mit dem Misslitzer Schlossbau kam es in der nicht besonders entfernt gelegenen Stadt Eibenschütz zu einer interessanten Neuerung: das kleine sternförmige ZG erhielt einen hängenden Schlussstein.

    Die Bauleute zogen sodann weiter nach Österreich.

    Daneben bildete sich im südwestmährischen Zlabings, bekanntlich hart an der Grenze zum nö. Waldviertel gelegen, also doch ziemlich weit von den erwähnten Städten, eine eigene Werkstatt um den Meister Leopold Esterreicher (verschiedene Schreibweisen, auch tschechisiert etwa Lipolt Estreicher). Seine Steinmetzzeichen sind ist mehrfach überliefert: MLE und LE, das M steht für Meister. Daneben tritt noch ein Mauer JOE auf, was wohl Jörg (Georg) O. Esterreicher zu bedeuten hat, früher auch als Oesterreicher gelesen.

    Die Werke der Esterreicher zählen zu den bekanntesten ZG in Tschechien und damit wohl auch in Österreich. Aus ganz persönlicher Sicht: Die beiden im Kommunismus voll zugänglichen Zlabingser "Maßhäuser" (es gibt keine deutsche akkurate Entsprechung für mazhauz) sind meine ersten beiden Begegnungen mit dem Phänomen ZG. Auch ein drittes Haus mit ZG war meiner Erinnerung nach damals betretbar.

    Wahrscheinlich errichteten die Esterreicher auch die in Bürgerhäusern von Waidhofen und Znaim erhaltenen ZG.

    Berühmt wurden sie durch ihre Arbeiten in Schloss Teltsch.

    Hier der typische hängende Schlussstein.

    Dazu gibt es übrigens ein lustiges Projekt im nö. Bad Pirawarth:

    Archoe Zeichenbüro und Architekturschaugarten: Schaugarten Saubergen, Projekte Städtebau Studien Gartenprojekte Wohnbau Bürobau Betriebsanlagen Industriebau Wettbewerbe Sanierungen Publikationen Visionen

    In diesem Zusammenhang ist auf einen alten Fehler in der kunstgeschichtlichen Betrachtung dieser Mikroregion bzw dieses Mikro-Phänomens aufmerksam zu machen: Die Zlabingser Werkstatt bestand bereits als solche und ist keinesfalls Ableger von in Teltsch tätig gewesenen Baumeistern. Im Mittelpunkt steht somit Zlabings und nicht Teltsch. Im tschechisch geschriebenen Urbarium des Herrn Zacharias war der Bürger und Steinmetzmeister Leopold Esterreicher als Besitzer eines Hauses in der Rosenstraße zu Zlabings (heutige Nr 116) geführt. Jener Herr Zacharias, dem Zlabings damals unterstand, war offensichtlich an Architektur sehr interessiert und von den Zlabingser Arbeiten überzeugt, weshalb er Meister Leopold nach Teltsch holte, wo Herr Zacharias das Schloss (und danach die praktischerweise frisch abgebrannte Stadt) neuerbauen ließ. Auch in der Stadt seines ursprünglichen Sitzes, also in Neuhaus, wurde MLE auf Geheiß von Herrn Zacharias tätig.

    Zlabings musste im Historismus ein paar wenige, indes herbe Verluste hinnehmen, so das Herrenhaus vor der Kirche mit sehr interessanten, mit Rippen ausgestatteten Formen . Übrig blieben immerhin fünf Häuser, deren bedeutendsten am Unteren Platz stehen. Es handelt sich hiebei um die Nummern 46 und 25, heute cp 480 und 459.

    8614697594_1ba864a78f_b.jpg


    photo-2895-1f3b7f7c.jpg

    Auf der Konsole sieht man das Monogramm des Meisters Leopold.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Was die Anfänger betrifft, so ist auch das ZG des Göglhauses zu Krems "Zlabingisch":

    File:Krems Göglhaus - Innenraum 2.jpg

    Wolfgang Sauber

    Aber auch die Verflachung des Sterns in der Mitte ist ein Esterreichisches Element, das in einem Zlabingser Bürgerhaus durch vollständige Ausfüllung der Kappen sogar noch auf die Spitze getrieben worden ist. Was eigentlich nur wirklich fehlt, ist der hängende Schlussstein.

    Zlabings 480, wegen der Anfänger:

    Estreicher, Leopold *+ 16. stol. - Oficiální stránka Knihovny Matěje  Mikšíčka

    Der hängende Schlussstein des Hauses 480 von unten:

    Katalog - Slavonice
    Slavonice, dům čp. 480, detail klenebního pasu a sklípkové klenby (Zdeňka Míchalová, 2019)

    Datschitzer Straße 58, ehem Post- und Umspannstation:

    Soubor:Slavonice, Dačická 58, místnost se sklípkovou klenbou.JPG

    Unter dem rechten Bild ist wieder mal die Buchstabenfolge MLE - diesmal aufgemalt- zu sehen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zur leichteren Orientierung, dh für künftige Zlabings-Besucher die Häuser von außen:

    hier die heutigen C.P 480 und 479 auf dem Unteren Platz:

    domy čp. 480 a 479

    beide Häuser weisen ZG auf. Nr 480 (links, früher D.N. 46) haben wir schon umfassend dokumentiert, es handelt sich um ein "mázhauz", dh ein Haus mit einem großen Eingangsflur. In CP 479 befindet sich das ZG im Obergeschoss. Die Attika von 480 ist eine kommunistische Ergänzung, die dem ursprünglichen, verloren gegangenen Zustand entspricht. Damals wurde das OG ausgebaut.

    479 besitzt über das ZG hinaus über wertvolle Interieurs:

    Image.aspx?id_org=200036&id_obrazky=8551
    Image.aspx?id_org=200036&id_obrazky=8554
    Slavonice, historické centrum | egeon.cz

    Hier mehr Informationen in tschechisch:

    měšťanský dům - Památkový Katalog (pamatkovykatalog.cz)

    Ein Bild des ZGs kann ich nicht auftreiben, es ist ähnlich, aber weniger großartig als jenes in CP 480.

    Cp 459 (früher 25) ist kein Ruhmesblatt für die tschech. Denkmalpflege, und das aus mehreren Gründen:

    Soubor:Slavonice, čp 459.JPG

    a) die "historisierende" Fassade täuscht ein falsches Alter und somit eine falsche Struktur des Hauses vor. In Wahrheit war dieses Haus in derselben Flucht wie das linke Nachbargebäude errichtet worden und besaß daher einen Laubengang. Im Historismus wurde das Haus durch Abriss des Vorderteils sozusagen rückversetzt. Der Eingang zum schönen Saal mit den ZG blieb erhalten, darüber baute sich eine historistische Fassade auf, deren Beseitigung zugunsten der aktuellen pseudohistorischen Schlichtheit nicht gutzuheißen ist, zumal die alte Fassade durchaus die Würde des Ensembles zu wahren verstand und eben auf ihre Art authentisch war.

    Hier eine alte Ansicht:

    měšťanský dům

    Auch hier schon die Schließung (Privatisierung) des Flurraumes. Links das Fenster, das Einsicht gewährt.

    b) Eben diese Privatisierung ist im Hinblick auf den architektonischen Wert für die Allgemeinheit abzulehnen. Hier darf man hinsichtlich der Eigentumsrechte der Erwerber nicht zu zimperlich sein - jeder neue Erwerber weiß um die Problematik nicht nur des Denkmalschutzes, sondern auch der Vertreibung. Hier hätte der Denkmalschutz mehr heraushandeln müssen. Auch die aktuelle Situation ist ja für die Eigentümer nicht ideal, denn durch das Fenster kann jeder den ganzen Tag in die Stube glotzen. Eine Schließung während vernünftiger Abend- und Nachtzeiten wäre zweifellos angebrachter gewesen.

    Sklípková klenba: Turistické informační centrum Slavonice

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zlabings Haus Nr 88, zwischen Unterem und Oberem Platz gelegen (dh eigentlich schon dem Letzteren zugehörig und an dessen "legendäre" Häuserzeile angrenzend), ist auch von außen prominent und wurde schon im Plischka abgebildet:

    Slavonice_%C4%8Dp._520_-_Horn%C3%AD_n%C3%A1m%C4%9Bst%C3%AD.jpg

    Im Obergeschoss findet sich ein ZG Leopold Esterreichers, das wir bereits iZm dem Kremser Göglhaus erwähnt haben:

    Eigentlich handelt es sich um eine Mischform bzw um eine Kombination ZG/Gratgewölbe und zeigt den Ideenreichtum des Meister

    Edit:

    Weiß nicht, ob das Bild angezeigt wird - ich seh s nicht (fürher hab ich s gesehen...)

    Hier der link:

    Fotogalerie: Interiér domu ve Slavonicích, který získal ocenění Památka roku 2015. (idnes.cz)

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Weitere Werke von Meister Leopold:

    B%C3%BCrgerhaus_Hauptplatz_11%2C_Waidhofen_a.d._Thaya.jpg

    Waidhofen a d Thaya, Hauptplatz 11. zweijochiges ZG, das analog zur Zlabinger Poststation ausgestattet und daher MLE zuzuschreiben ist. Weitere ZG sind höchstwahrscheinlich beim großen Stadtbrand in den 1870er Jahren untergegangen.

    Vom ZG ist kein Bild verfügbar.

    Neuhaus, Ringplatz, sog. Langer-Haus

    Langrův dům

    schöner Innenhof mit div. Renaissance-Elementen, wenngleich nicht im Meissner Stil:

    Langrův dům

    Das ZG selbst haben wir schon gezeigt, hier zur Wiederholung. Es stammt eindeutig von Leopold Esterreicher, der von seinem Herrn Zacharias in die Stadt dessen ursprünglichen Sitzes berufen worden ist. Typisch der im Hintergrund sichtbare hängende Schlussstein.

    10114851776_c8779b9d40_b.jpg

    Dieses ZG hat (wie sein ca 50 Jahre jüngeres Komotauer Pendant) den Vorzug, zu wirklich jeder Zeit unbeschränkt zugänglich zu sein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Keine Stadt, auch nicht Meißen, verfügt über mehr Häuser mit ZG als Znaim. Leider sind diese idR nicht zugänglich. Nicht von allen sind mir Bilder verfügbar.

    Nicht nur stilistische Gründe sprechen für die Involvierung der Zlabingser.

    imager.php?img=1408855&hash=0e8529307bfd225c52f5c69c511232ea

    Unterer Platz 11 Südmährisches Museum

    imager.php?img=873066&hash=03e49b21ccc08762da4884d9dddfc0d8

    Große Nikolaigasse:


    Das Haus an der Einmündung der Tränktorgasse in die Große Nikolaigasse zählte zu den langjährigen Sorgenkindern der Stadt. Jetzt hat sich wer seiner angenommen, dabei konnte ich es betreten und Bilder machen (muss ich mir erst heraussuchen, dief folgenden sind nicht von mir).


    Fotogalerie: Valerie a David Kozelští opravují dům - Břeclavský deník
    Stara_Pekarna_BoysPlayNice_02-68.jpg?ph=0932e0bc24

    Im Lederertal V Jirchářích č.p. 436/4. Vom Interieur ist nix verfügbar.

    městský dům

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.