Denkmalschutz in NRW

  • Und dabei sind 100.000 Baudenkmäler gar nicht mal so viel gemessen an der Größe des Landes. Nach meinem letzten Kenntnisstand sind es im viel kleineren Sachsen schon 105.000.

  • Der Trend geht in allen Bundesländern (laut Artikel offenbar mit Ausnahme von BW) dahin, die Förderung zurückzufahren, und das schon seit vielen Jahren. Auch die Versuche, Denkmalschutz auf "Leuchtturmprojekte" zurückzufahren, mehren sich. Anscheinend gibt es genug Stimmen, die Denkmale als lästig empfinden, und zunehmend auch in der Politik Gehör finden, und die vermaledeite Austeritätspolitik trägt ihren Teil dazu bei. NRW erreicht hier einen neuen Tiefpunkt.

    «Die Krankheit unserer heutigen Städte und Siedlungen ist das traurige
    Resultat unseres Versagens, menschliche Grundbedürfnisse über
    wirtschaftliche und industrielle Forderungen zu stellen.» Walter Gropius, 1961

  • Wo siehst Du denn eine "Austeritätspolitik" in NRW? Schaut man sich mal die Zahlen an, so stellt man eher eine stetige Ausweitung der Ausgaben und einen bedrohlichen Schuldenstand fest (siehe diesen Artikel in der Zeit und die Übersicht über die Haushaltspläne).

    Meines Erachtens hat der Ausstieg aus dem Denkmalschutz eher politische Gründe, denn für viele andere, meines Erachtens entbehrliche Projekte scheint ja genug Geld vorhanden zu sein...

    Off Topic

    Daß eine Austeritätspolitik durchaus positive Auswirkungen haben kann, stellten ja gerade die französischen Sozialisten ab 1983 unter Beweis (siehe auch hier), ein Thema, mit dem ich mich unter anderem in meiner Diplomarbeit ausgiebig beschäftigt habe.

  • Meines Erachtens hat der Ausstieg aus dem Denkmalschutz eher politische Gründe, denn für viele andere, meines Erachtens entbehrliche Projekte scheint ja genug Geld vorhanden zu sein...

    Ja, vielleicht ist Austerität derzeit eher ein Modewort, auf das ich hereingefallen bin. Ich meinte auch nicht direkt NRW, sondern eher das allgemeine Sparbestreben in der Politik, das ja treffender mit Rasenmäher umschrieben wäre... Alles, was auch nur irgendwie entbehrlich scheint, wird weggekürzt, ohne vorher mal über mögliche Folgen nachzudenken. Die Einnahmenseite mal zu prüfen und dort den Spielraum zu ermitteln, kommt ja niemandem in den Sinn.

    Aber zurück zur Denkmalpflege: diese wird fast überall reduziert, eingedampft, weggespart. Nun gibt es genug Stimmen, die sagen, ist ja kein Verlust, die sind eh überflüssig (Hofmann-Axthelm scheint doch lange nachzuwirken.) Den einen geht es sowieso zu weit, da ist die Denkmalpflege eh nur ein Investitionshemmnis (was übrigens nicht stimmt - fragt mal das mittelständische Handwerk), den anderen nicht weit genug, weil immer noch historische Substanz (teils trotz Schutz) weggerissen wird oder verfällt. Wieder andere sehen in der staatlichen Denkmalpflege falsche Zielsetzungen oder akademisches Festhalten am Substanzfetischismus oder übermaßige Fixierung auf die Nachkriegsmoderne oder was sonst so an Kritik zu hören ist. Kurzum: die staatliche Denkmalpflege wird von vielen Seiten unter Feuer genommen, da ist es nicht verwunderlich, wenn die Politik auf den Zug aufspringt. Denkmalpflege ist unbequeme, bürokratische Gängelung des Eigentümers anhand obskurer Kriterien, da kann die Politik punkten, wenn sie das abschafft oder zumindest entmachtet oder auf wenige, unstrittige Projekte reduziert Für den Erhalt des Kölner Doms braucht man keine Lobbyarbeit zu leisten, da muss "nur" Geld beschafft werden. Wäre die Zeche Zollverein nicht Welterbe, weiß ich nicht, ob sie eine Lobby hätte.
    Ich wage mal die Behauptung, dass Denkmalpflege unbequem sein muss, um einen Effekt zu haben - sonst wäre sie wahrlich überflüssig.

  • Zitat

    allgemeine Sparbestreben in der Politik, das ja treffender mit Rasenmäher umschrieben wäre... Alles, was auch nur irgendwie entbehrlich scheint, wird weggekürzt, ohne vorher mal über mögliche Folgen nachzudenken. Die Einnahmenseite mal zu prüfen und dort den Spielraum zu ermitteln, kommt ja niemandem in den Sinn.

    Das ist zwar Off Topic, aber eine "Sparpolitik" (man denke nur mal an die beiden Konjunkturpakete von 2009 mit einem Volumen von zusammen rund 80 Mrd. Euro, die größten in der Geschichte der Bundesrepublik) gibt es bestenfalls in den Sonntagsreden von Politikern, tatsächlich werden die Ausgaben seit jeher immer weiter aufgebläht, und auch die deutsche Staatsverschuldung hat sich allein seit der Einführung des Euro als Buchwährung ziemlich genau verdoppelt.

    Und natürlich wird stets die Einnahmenseite auf Spielräume überprüft, sprich: es wird immer mehr abkassiert (schließlich haben wir ja derzeit das absolut höchste Steueraufkommen seit Gründung der Bundesrepublik).

    Als Student zahlte ich noch 1,10 D-Mark für den Liter Benzin (dann kamen 30 Pfennig für die deutsche Einheit drauf, dann Ökosteuer), zu Beginn meiner freiberuflichen Tätigkeit galt noch ein Umsatzsteuersatz von 12 %, heute sind es 19 %, damals konnte man noch Lebensversicherungen von der Steuer absetzen usw. usw. Unter dem Strich explodiert die Gesamtbelastung bei real eher stagnierenden Einkommen. Das aber nur nebenbei.

  • Drastische Kürzungen beim Denkmalschutz in NRW! Erbärmlich, was sich die Kraft-Regierung da leistet. Nationales Kulturgut zählt offenbar nicht viel für die derzeitige SPD-Regierung. Dafür werden weiterhin großzügig Steuergelder für Zuschüsse zu Moschee-Bauten (z.B. Duisburg-Marxloh) und die Zerstörung des alten Schulsystems verbraten.

    Die WDR5-Sendung "Westblick" berichtete heute über die geplanten drastischen Kürzungen beim Denkmalschutz (ab Minute 9:34):
    Klick hier: http://medien.wdr.de/m/1363367709/r…130315_1800.mp3

  • Scharfe Kritik am Denkmalsschutz-Kurs der roten NRW-Regierung kommt jetzt auch von Kultur-Staatsminister Bernd Neumann:

    Zitat

    Das Vorhaben, die Denkmalschutzförderung vollständig zu streichen, ist eine kulturpolitische Bankrotterklärung der rot-grünen Landesregierung in Düsseldorf. Die Kürzungspläne sind ein schwerer Schlag gegen all diejenigen, die sich idealistisch und uneigennützig für die Bewahrung unseres einzigartigen kulturellen Erbes einsetzen. Letztlich schädigen die Kürzungen das Ansehen Deutschlands als Kulturnation. Sie geben auch ein schlechtes Signal für andere Bundesländer. Vor allem tragen die Einsparungen aufgrund ihres prozentual geringen Umfangs am Gesamthaushalt nicht zur Haushaltskonsolidierung bei. Umgekehrt wird aber die erhaltenswerte, kulturelle Substanz des Landes nachhaltig und unwiederbringlich geschädigt. Der große Flurschaden steht in keinem Verhältnis zu den eingesparten Mitteln


    Dem ist nichts hinzuzufügen !! :boese:

    Quelle: http://bundespresseportal.de/bundesmeldunge…%C3%A4rung.html

  • Ich habe die Petition eben unterzeichnet. Ich halte das für sehr gefährlich, was die Regierung in NRW da plant. Nicht auszudenken, wenn das Beispiel Schule macht.
    Wenn ich das richtig sehe, liegt der Gesamtetat NRW 2013 bei rund 60 Mrd. Euro. Ob sich da nicht andere Sparpotentiale finden lassen, wenn man denn schon sparen muss?

  • Ein sehenswerter Beitrag in der "Kulturzeit" über die geplante Streichung von Fördermitteln für den Denkmalschutz in NRW ab 2015.

    http://www.3sat.de/mediathek/inde…=play&obj=35975

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Nochmalige Bitte: Unterzeichnet bitte die Petition gegen die faktische Abschaffung der finanziellen Zuwendungen für den Denkmalschutz in NRW!

    Gestern bekam ich diesbezüglich folgende Mail von den Verfassern der Petition:

    Zitat

    Endspurt bei der Petition gegen die angekündigten Kürzungen bzw. die Streichung der Landeszuschüsse für die Archäologie und Baudenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen.
    Liebe Unterstützerinnen, liebe Unterstützer unserer Petition, mehr als 26.000 Menschen haben die Petition der Deutschen Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte e.V. (DGUF) seit Ende März unterzeichnet. Die Hälfte der Unterschriften stammt aus Nordrhein-Westfalen, die andere Hälfte aus den anderen Bundesländern und aus vielen, vielen anderen Ländern, sogar aus Kanada, Australien und Japan. Viele prominente Denkmalpfleger und Archäologen haben sie persönlich unterzeichnet, viele Fachgesellschaften und Verbände haben ihre Mitglieder zur Unterzeichnung aufgefordert. Aber die überwiegende Mehrheit der Unterschriften – das zeigen auch die zahlreichen und wertvollen Kommentare – stammen nicht von Fachleuten, sondern von interessierten und engagierten Bürgerinnen und Bürgern, denen unser gemeinsames kulturelles Erbe ein wichtiges Anliegen ist. Das ist ein starkes Signal an die Politik, für das wir Ihnen von Herzen danken!
    Die Landespolitik nimmt die Petition und die Proteste anderer Verbände deutlich wahr. Sogar Kanzlerin Angela Merkel reagiert mittlerweile auf den Druck und bezeichnet die Sparpläne als falsch gesetzte Priorität. Wir haben eine echte Chance, mit der Petition zu einem Umdenken in der Politik beizutragen!
    Die Petition läuft morgen, am 23. Juni, um 23.59 Uhr aus. Wir werden Ihre Unterschriften am 25. Juni an Carina Gödecke, die Präsidentin des Landtages von Nordrhein-Westfalen, und an Michael Groschek, den für Archäologie und Baudenkmalpflege zuständigen Minister, im Düsseldorfer Landtag übergeben. Wir werden den Minister fragen, wie es um die Finanzierung der Denkmalpflege in NRW für 2014 und 2015 steht.

    HIER kann die Petition unterzeichnet werden: >> https://www.openpetition.de/petition/onlin…e-zuruecknehmen :dichter: Danke!

  • Der Anteil solcher Großbauten an der Gesamtzahl der Baudenkmäler ist dann doch eher gering. Ich denke wenn man sich nur auf die beschränke, würde jedes Land dicke auskommen. Deine Aufzählung kann doch aber nicht darüber hinwegtäuschen wie wenig im Vergleich zu Sachsen tatsächlich unter Denkmalschutz steht. Dass der Substanzverlust, den man da ja gar nicht erfährt, größer ist, erscheint mir nicht abwegig. Über die jeweilige Schlösser oder Burgendichte ist mir jetzt nicht allzu viel bekannt, meine aber gehört zu haben, dass sich Sachsen da nicht verstecken braucht^^.
    Ich wüsste auch nicht welches große Wettinerschloss sich noch in Privatbesitz befände.

  • (...) gibt es in NWR viel größere und viel bedeutendere Bauwerke wie der Kölner Dom, der Aachender Dom, Stadttore, Porta Nigra, (...)

    Wenn ich mich irre, möge mir das jemand sagen? :smile: :harfe:

    Aber bitte. Die Porta Nigra befindet sich in Rheinland-Pfalz. :tongue:

    Was die Petition angeht, finde ich es echt traurig, daß in einem Bundesland mit über 17 Millionen Einwohnern, gerade einmal knapp 27.000 Leute unterschrieben haben. Und dabei ist auch nur gut die Hälfte wirklich aus NRW. Nun gut. Ich muss gestehen, daß ich selbst erst heute von der Petition erfahren habe. Diese Möglichkeit müsste eigentlich viel breiter veröffentlicht werden. Beispielsweise in der BILD-Zeitung.

  • Wie viel romanische Kirchen Köln hat, ist so gesehen ja erstmal völlig Wurst. Die entsprechenden Pendants der Gotik oder des Barock hier zu Lande stehen ebenso unter Denkmalschutz und deren Unterhalt ist nicht billiger wie der romanischer Kirchen. Besonders was die vor allem im Erzgebirge und im Vogtland sehr kunstvolle Spätgotik angeht würde ich da auch eher von Gegenteiligem ausgehen. Je aufwändiger das Gebäude desto teurer der Unterhalt. Da spielt das Alter erstmal gar keine Rolle.
    Und Fakt ist nunmal auch, dass viele Altstädte in Sachsen und den anderen neuen Ländern keine Kahlschlagssanierungen erlebt haben. Die Verluste durch Abriss und Verfall in der DDR Zeit waren bitter aber nicht mit dem zu Vergleichen was in einigen Wirtschaftswunder Städten in NRW passiert ist. Dementsprechend höher ist auch die Zahl der als denkmalwürdig eingestuften Gebäude. Im Übrigen haben nach der Wende ja nicht allein die Ost-Denkmalschützer die ganzen Städte abgeklappert, da gab es fleißige Unterstützung durch die westlichen Kollegen.

    Ich möchter hier jetzt aber keinen Schwanzvergleich vom Zaun brechen. Mein Standpunkt ist schlicht und einfach, dass in NRW, gemessen an der Einwohnerzahl und auch in Anbetracht des vielleicht nicht ganz Repräsentativen Bildes das uns DortmundWestfalica hier des öfteren zeigt, viel zu wenig Gebäude Denkmalschutz genießen.

  • So wie du das darstellst, ist das doch nun wirklich Unfug. Wieso sollte es so was in anderen Ländern denn nicht geben? NRW hat die größte Bevölkerung natürlich gibt es da die meisten Kirchen, ist doch völlig logisch. Was soll denn bitte ein Land wie Sachsen-Anhalt sagen? Was da pro Einwohner an national beudetenden Kulturstätten existiert ist tatsächlich bundesweit einzigartig. Würde man dort den selben Irrweg wie das Land NRW beschreiten sehe es aber zappenduster aus. Und dabei ist Sachsen-Anhalt auch wirtschaftlich weitaus schwächer auf der Brust als NRW.

    Zu deiner letzten Frage, ich bin aus familiären Gründen regelmäßig in Düsseldorf und im Sauerland (Arnsberg, Soest, Meschede).

  • Leute, müsst Ihr denn bei jedem Anlass immer wieder in dasselbe Fahrwasser des unproduktiven Städtevergleichs kommen? Manchmal habe ich das Gefühl, hier im Forum geht es nur darum, wo was besser oder großartiger oder wertvoller oder wichtiger ist. Können wir nicht einfach akzeptieren, dass es in allen unseren Ländern erhaltenswerte Stadtbilder gibt? Muss denn immer das eine besser sein als das andere?