Duisburg - Mercator-Quartier

  • Diese Äußerung kann alles und nichts bedeuten:

    Zitat
    Die Bebauung auf historischem Grund soll zwar kleinteilig sein wie in früheren Zeiten, aber nicht die Historie nachahmend.


    Duisburg hat in vielen Bereichen sein historisches Gesicht vollständig verloren und wirkt sehr entstellt. Ein Zurückgreifen auf die historische Vergangenheit wäre auch in dieser Stadt ein mehr als notwendiger Schritt, um der Stadt ein wenig mehr Flair zurückzugeben. Wie Heimdall es schon schrieb, kann die Ankündigung zweierlei bedeuten, so daß man jetzt noch keine genaue Vorstellung hat, was am Ende dabei herauskommen wird. Kleinteiligkeit mit horizontalen Rasterfassaden in Grau, Schwarz und Anthrazit und Strichcodefenstern werden den Wunsch nach ein klein wenig Heilung aber nicht erfüllen können.

  • Wenn geschrieben wird "nicht die Historie nachahmend" ist das doch wohl eindeutig. oder? NRW ist weit davon entfernt ein historisches architektonisches Bewusssein zu entwickeln, geschweige denn zu rekonstruieren. Wie sowas dann auszusehen hat zeigen doch Beispiele wie der Alte Fischmarkt in Münster oder das Gründerviertel in Lübeck (obwohl da ja schon zu viel "nachgeahmt" wurde).

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • (...) NRW ist weit davon entfernt ein historisches architektonisches Bewusssein zu entwickeln, geschweige denn zu rekonstruieren. (...)


    Es wäre schön, wenn NRW nicht immer als ein einziges hässliches und verlorenes Bundesland bewertet würde. Es gibt nicht nur Duisburg, Dortmund und Essen. Ich jedenfalls wohne in NRW und habe ein anderes Empfinden. Welches historische architektonische Bewusstsein haben denn Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg? Machen die irgendetwas besser?

  • Welches historische architektonische Bewusstsein haben denn Niedersachsen, Rheinland-Pfalz oder Baden-Württemberg? Machen die irgendetwas besser?


    Bei uns - nein. Architektenkammern und Lobbyverbände lassen die Antwort auf die Frage "warum" erahnen. Im übrigen ist es wirklich ein Fehler, NRW auf die Klischees der schmuddeligen Ruhrpottstädte zu reduzieren. Das wird dem kulturellen Erbe der Region nicht gerecht. Wer sich einmal z.B. mit Städten wie Soest oder Kaiserswerth vertraut macht, wird zwei fantastische und faszinierende Stadtbilder vorfinden. Krefeld weist in seinen Gründerzeitgebieten eine erstaunliche Vielfalt auf und Wuppertal ist die Stadt, die ich am mondänsten und elegantesten aller Städte in ganz NRW finde.

  • Duisburg liegt in NRW und deshalb beziehe ich mich nun mal auf dieses Bundesland, welches (besonders im Ruhgebiet) architektonisch gebeutelt wurde und wird. Sicherlich gibt es schöne historisch anmutende Städte in NRW, aber ich stelle immer wieder fest, dass bei Neubauprojekten (hier in NRW oder um korrekter zu sein hier im Ruhrgebiet) kein historisches Bewusstsein oder eine Rekonstuktion zum Tragen kommt.

    Labor omnia vincit
    (Vergil)

  • Wie sowas dann auszusehen hat zeigen doch Beispiele wie der Alte Fischmarkt in Münster oder das Gründerviertel in Lübeck (obwohl da ja schon zu viel "nachgeahmt" wurde).

    Wenn die Bebauung des Viertels in Richtung der beiden angeführten Beispiele gehen würde, wäre ja schon viel gewonnen. Selbst der Alte Fischmarkt gibt mit seinen kleinen Parzellen, den giebelständigen Häusern und Klinkerfassaden eine kleine Anmutung der alten Stadt. Das wäre schon ein großer Fortschritt gegenüber den das Quartier rahmenden bzw. abgrenzenden gruseligen Mehrfamilienhaus-Blöcken mit Flachdach, die in Duisburg mal auf einer Zeichnung zu sehen waren. (hier) Die Gefahr besteht natürlich, dass man sich mit einem solchen banalen Neubauviertel zufrieden gibt, in der Hoffnung, damit etwas gegen den demographischen Verfall der Stadt getan zu haben. Ich hoffe aber, dass das rekonstruierte Mercator-Haus als Leitbild für die weitere Bebauung herangezogen wird. Duisburg wäre das zu wünschen, um dadurch auch einen qualitativen Sprung nach vorn zu tun, der die Stadt nachhaltiger aufwerten wird.

  • Neues Leben auf alten Fundamenten


    Das hört sich ja sehr gut an. Offensichtlich will man tatsächlich die mittelalterlichen Fundamente nach deren Erforschung nicht beseitigen, sondern in die Neubauten integrieren. Bleibt abzuwarten, ob dies auch geschieht, aber der Wille scheint ja da zu sein.

  • Das Grundstück für das künftige Mercator-Quartier wird derzeit "vorbereitet". Verschiedene alte Schulgebäude werden dafür abgerissen. Die genaue Planung und Architektur für die kommende Bebauung steht offenbar noch nicht ganz fest.


    Zitat

    (...) Frankfurter Römer als Vorbild ...


    „Wir werden ohnehin nicht die Kölner Altstadt nachbauen, haben aber trotzdem den Frankfurter Römer oder die Bremer Rathaus-Umgebung im Sinn, wenn wir an unser Mercator-Quartier denken.“ (...)


    http://www.derwesten.de/staedte/duisbu…id11487447.html

    Hmm, in diese Zeilen kann man jetzt natürlich alles hineindenken. Ich bin jedenfalls sehr gespannt auf das Ergebnis. Zumindest das Mercatorhaus soll ja rekonstruiert werden.

  • Auf jeden Fall wird die Rekonstruktion des Mercatorhauses und die Wiedergewinnung alter Strukturen in dieser Stadt selbst vom OB unterstützt, der das Projekt bis zum ehemaligen Marktplatz vor dem Rathaus hin weiterentwickeln will. Auch im übrigen scheint das Projekt in der Stadt breit getragen zu werden. Wo findet man so was sonst?
    Das obige Zitat bei ''Neußer'' finde ich merkwürdig, denn für mich stehen der Frankfurter Römer oder die Bremer Rathausumgebung qualitativ über die sogenannte Kölner ''Altstadt'', da es an beiden Orten mehr Originalfassaden gibt, die zudem im Ensemble stehen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Offenbar hat es Überarbeitungen des alten Planes zur Bebauung des Mercatorquartiers gegeben. Bislang kannte ich die Planung nur mit diesen schrecklichen Blöcken, die das ganze Gebiet umfassen. (Siehe hier und hier) Nun bin ich auf einen vom Berliner Stadtplanungsbüro GfP entwickelten Wettbewerbsentwurf gestoßen, der das Areal weit kleinteiliger gestaltet darstellt. Sogar Giebel und spitze Dächer sind im gesamten Areal zu finden. Diese Entwicklung würde sehr positiv stimmen. Wenn das in Richtung Lübeck gehen sollte, könnte das eine enorme Aufwertung der Duisburger Innenstadt beinhalten.

    http://www.innenhafen-portal.de/standort/mercator-quartier.html

    http://www.archkk.com/portfolio/mercator-quartier-duisburg/

  • Ja, Duisburg bekäme damit sogar wieder einen angedeuteten, erlebbaren Altstadtkern, wie es ihn auch in Düsseldorf und Köln gibt und neulich in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] geben wird. Das wäre eine ungeheure Verbesserung.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Das klingt durchaus spannend und sollte unbedingt von Leuten vor Ort im Auge behalten werden.

    Zitat:


    Zitat

    In die etwa 200 Wohneinheiten, die im Mercatorquartier entstehen, werden die gefundenen historischen Fundamente und Keller mit einbezogen. Die oberirdische Architektur darf auch historisierende Elemente enthalten. Historisch rekonstruiert werden ein Barockpalais an der Ecke Oberstraße und Bohnengasse, Gründerzeitfassaden an der Gutenbergstraße und wie berichtet das Mercatorhaus an der Ecke Oberstraße und Steinsche Gasse.

    Wo Duisburg 2017 schöner wird
    http://www.rp-online.de/nrw/staedte/du…d-aid-1.5993089

  • Zitat von Heimdall

    (...) ...sollte unbedingt von Leuten vor Ort im Auge behalten werden.


    Von meiner Arbeit aus sind es 30 km nach Duisburg. Wenn das Bauprojekt angelaufen ist, kann ich gern regelmäßig hinfahren und Bilder machen.

    Es wäre wirklich toll, wenn Duisburg durch diese Maßnahme attraktiver wird. - Hier wurde ja auch mal behauptet, daß die Turmspitze der Salvatorkirche rekonstruiert werden soll. Leider habe ich davon nichts mehr gehört. Auch am Rathaus könnte man noch so einiges machen. Möglicherweise wird dieses Quartier der Startschuss für weitere "Verschönerungen" in diesem Bereich. Ich würde es mir wünschen.

  • Zitat von http://www.rp-online.de/nrw/staedte/duisburg/wo-duisburg-2017-schoener-wird-aid-1.5993089

    Historisch rekonstruiert werden ein Barockpalais an der Ecke Oberstraße und Bohnengasse, Gründerzeitfassaden an der Gutenbergstraße und wie berichtet das Mercatorhaus an der Ecke Oberstraße und Steinsche Gasse.

    !!!

  • Nachdem "Neußer" das Mercator-Quartier wieder angesprochen hat, habe ich mal versucht, mich hier auf den aktuellen Stand zu bringen. Leider ist es nicht so leicht, wie es damals beim Dom-Römer-Projekt war.

    Es scheint aber, als hätte sich der kleinteilige Entwurf mir hoffentlich einigen Rekonstruktionen durchgesetzt:
    WAZ: Die Bürger freuen sich auf das Mercator-Quartier

    Duisburg war meines Wissens von den großen Ruhrgebietsstädten mit der am besten erhaltenen Altstadt bis zum zweiten Weltkrieg. Laut Wikipedia waren von der Stadtmauer nach dem 2. Weltkrieg noch 80% erhalten, heute sind es nur noch (oder immerhin noch) 26%. Leider war Duisburg auch sehr früh nach dem Krieg wieder sehr reich, genau wie Gelsenkirchen, Essen oder Dortmund, so dass man die Mittel hatte, die Stadt vollständig modern wiederaufzubauen. Heute ist das einer der Hauptgründe, warum diese Städte als so häßlich gelten. Auch die Gründerzeitviertel in Duisburg sind nicht so berühmt wie die in Essen (Moltkeviertel, Südstadt, Rüttenscheid) oder Dortmund (Nordstadt, Kreuzviertel, Kaiserstraßenviertel). Und man darf bei allem Lob für den mutigen Schritt, die Altstadt zu rekonstruieren, einige Kilometer weiter ganze Gründerzeitstraßenzüge dem Erdboden gleichgemacht wurden.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Duisburg ist fast schon das Detroit Deutschlands, jedenfalls war das lange so. Dafür wurde in den letzten zwei Jahrzehnten noch relativ wenig an Altbausubstanz plattgemacht, da kann man fast froh sein. Da wurde selbst in einigen ostdeutschen Mittelstädten mehr "aufgeräumt", siehe etwa Weißenfels (seufz)..

    Das Mercatorquartier ist eine große Chance. Ich hoffe, Duisburg nutzt sie gut. Gerne würde ich genauere Entwürfe sehen.

    Was den Erhaltungsgrad der Stadtkerne angeht, da dachte ich immer, dass Dortmund im Ruhrgebiet die Nase vorn hatte, vor dem Krieg?!

  • Das kann ich mir nicht so richtig vorstellen, in den 1920er und 30er Jahren wurde in Dortmund großflächig modernisiert. Bis auf das Rathaus, die vier Kirchen und ein paar wenige Einzelbauten wurde alles in der Gründerzeit ersetzt und begann gerade, zum zweiten Mal ersetzt zu werden. Größere Fachwerkviertel hat es höchstens noch in der nordöstlichen Altstadt gegeben, dort stand aber m.W. kein einziges Gebäude mit kunsthistorischer Bedeutung.
    In Duisburg wurde dagegen in der Gründerzeit vor allem in Richtung Bahnhof erweitert, so dass der Investitionsdruck im alten Kern geringer war als in Essen oder Dortmund, wo der Bahnhof direkt an der alten Stadtmauer stand.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)