Potsdam - virtuelles hist. Stadtmodell (ARSTEMPANO)

  • Hallo,

    wir sind mal wieder einen kleinen Schritt weiter: Auf Arstempano wurde mit den ersten 5 Artikeln der Lesesaal in Potsdam freigeschalten. Zu finden ist eine der umfangreichsten Textsammlungen im Netz zum Stadtschloss, der mit einem weiteren Artikel zum Lustgarten ergänzt wurde. Weiterhin finden sich Artikel zur Garnisonkirche und zur Nikolaikirche sowie ein Artikel zur Historischen Mitte. Geplant ist, den Lesesaal mit der Zeit auszubauen und vor allem durch weiteres Bildmaterial zu ergänzen. In erster Linie sollen die Informationen dazu dienen, die Infos in den Lesekarten weiter zu vertiefen. Erst einmal gilt es aber nun endlich das virtuelle Modell mal wieder auf den Stand zu bringen, um weitere historische Panoramen auszurendern. Allerdings kann ich es auch kaum noch erwarten, endlich die Dresdner Seite mal anzuschieben. Letztlich ist Potsdam ja doch eine Stadt, die erst seit dem späten 17.Jahrhundert eine Bedeutung hatte. Da hatte Dresden ja schon einige Jahrhunderte mit einem überregional bedeutsamen Bauwesen hinter sich! Man denke nur an die gotische Kreuzkirche, die den anderen obersächsischen Hallenkirchen durchaus ebenbürtig war.


    Wer entdeckt den baugeschichtlichen Fehler im Bild? Diese Grafik müssen wir im Zuge der nächsten Arbeiten mit korrigieren, wo auch noch die Plastiken auf der Attika ergänzt werden müssen - aber dies meinte ich mit Fehler nicht - es sind vielmehr 2 Dinge im Bild, die nie gleichzeitig existiert haben. Die Grafik hat daher einen gewissen Seltenheitswert! Für Ortsfremde - es handelt sich um den Blick von der Langen Brücke auf das Stadtschloss

  • Vielen Dank für die neuen Ansichten und Texte - sieht toll aus und liest sich gut.

    Bezüglich der angesprochenen Fehler denke ich, dass zunächst ja wohl das metallene Brückengeländer gemeint ist.
    Zum anderen dürften die Zierschornsteine um 1850 auch bereits entfernt worden zu sein.
    Dass darüber hinaus die Anzahl, Größe und die Verortung der abgebildteten Lindenbäume ggf. nicht korrekt sein könnte, wage ich nicht auszusprechen. :zwinkern:

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hallo Arstempano,

    Ich meine, dass die Goldflammen des Daches bereits entfernt waren, als die vorletzte Version der Langen Brücke errichtet wurde. Das Stadtschlossdach mit Goldflammen ist nur von einem Gemälde bekannt, welches ich um 1750 datiere, alle späteren Ansichten zeigen das einheitliche Kupferdach. Die Zierschornsteine waren auch bereits 1910 entfernt (durch Foto belegt). Mit dem Vorgängerbau der Langen Brücke (1886 bis 1888 gebaut) könnte es diese Ansicht (Steinerne Lange Brücke und Stadtschloss mit Zierschornsteinen) maximal 20 Jahre gegeben haben. Zu diesem Zeitpunkt müssten die Wappenkartuschen jedoch schon über dem Mittelteil und den beiden Flügelbauten des Kopfteils des Stadtschlosses angebracht gewesen sein.

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo,

    die Wappenkartuschen fehlen noch - die werden in den nächsten Tagen noch "gebastelt". Das Dach und Brücke nicht zusammenpassen ist völlig korrekt und war gemeint. Die Brücke stellt die Version dar, welche 1825 dem Verkehr übergeben wurde und bis in die 80iger Jahre des 19.Jahrhunderts Bestand hatte. Irgendwo hatte ich mal gelesen, das da Schinkel seine Hand im Spiel hatte, weiß es aber nicht genau. Zu dieser Zeit existierte der Zierrat auf dem Dach nicht mehr. Er muss bald nach 1800 entfernt worden sein. Die meisten Grafiken und Ansichten, die den Zierrat auf dem Dach des Schlosses zeigen, stammen aus den 70iger und 80iger Jahren des 18.Jahrhunderts, also in etwa der Zeit, in der der gigantische Stadtumbau Friedrich II. so langsam zum Abschluss kam. Leider ist er nur ungenau dargestellt, so dass man im Detail am Raten ist... wenn also irgendwo noch was Genaueres auftaucht... Nur wenige Gebäude (Schloßstraße/Neuer Markt + Kopfbauten an der Breiten Straße) stammen noch von Knobelsdorff aus den 50iger Jahren. Die überwiegende Mehrzahl der Prachtfassaden entstand nach dem Ende des Siebenjährigen Krieges, wo Friedrich wohl 10 Millionen Taler für die Fassaden ausgab. Zum Vergleich - die Frauenkirche in Dresden kam etwa 250.000 Taler, Schloß Hubertusburg in Sachsen mit allen Inneneinrichtungen circa 1 Million und die Hofkirche in Dresden auch knapp 1 Million Taler. Friedrich hatte Sachsen im Siebenjährigen so gründlich ausgeplündert, dass zumindest in seiner Kasse zum Ende des Krieges "ein Plus" war. Da er zudem mit der gigantischen Münzfälschung durch Veitel Ephraim zu seinem Gunsten und mit seinem Wissen auch seine eigenen Landsleute beschissen hatte, gab er hier dann wieder etwas zurück, indem er in Potsdam mit diesen Fassaden und dem Neuen Palais ein großangelegtes Bauprogramm anschob, was viele in Lohn und Brot brachte.

    Gruß Andreas

  • Hallo,

    da in letzter Zeit ein gehöriger Schub an neuen Lese- und Visitenkarten fertig geworden ist, möchte ich dieses Feature hier kurz vorstellen. Diese Karten beinhalten Kurzinfos zur Geschichte bzw. praktische Infos (Öffnungszeiten, Webseite etc.) einer entsprechenden Lokalität (z.B. Kapelle an der Garnisonkirche). Mit den nun fertiggestellten 91 Lesekarten und 27 Visitenkarten werden fast alle Museen, Kirchen, Baudenkmäler und die wichtigsten Straßen- und Plätze der Potsdamer Mitte und Altstadt vorgestellt. Da die rekonstruierten Fassaden des Potsdamer Stadtschlosses eine hohe Relevanz haben, gibt es hier mehrere Lesekarten zu den einzelnen Bauteilen, die künftig noch mit dem Lesesaal verknüpft werden. In Zukunft ist noch geplant die wichtigsten Bauten im Bereich der Gärten von Sanssouci vorzustellen. Abrufbar sind die Karten innerhalb des Tourplaners und der interaktiven Stadtplänehttp://www.arstempano.de/potsdam/stadtp…troller%5D=Cityüber einen Auswahlkatalog. Innerhalb des Stadtplanes und des Panoramarundganges sind sie über die entsprechenden Symbole im Plan bzw. Pano abrufbar. Die gelben Symbole im Panoramarundgang stehen im übrigen für Fotos, die bei klick dargestellt werden, die ich zum Teil in nächster Zeit noch einmal aktualisieren möchte, den immerhin sind ja nun die Gerüste am Stadtschloss gefallen. Freu mich schon, wenn ich diese Woche den ausgerüsteten Mittelteil der Lustgartenfassade in Augenschein nehmen kann.

    Ziel ist mittels dieser Karten im Tourplaner für die Reiseplanung alle Infos zum heute komprimiert zur Verfügung zu stellen. Bei Stadtplänen und Panoramen sind die Karten dann auch ein hilfreicher Begleiter durch die Reise in die Vergangenheit, die noch in diesem Sommer erheblich an Umfang zu nehmen wird.

    Ansonsten sind wir derzeit an vereinfachten Modellen des Kopfbaues vom Langen Stall, der Neptungruppe im Lustgarten und den Wappenkartuschen der Lustgartenfassade des Stadtschlosses am Arbeiten. Hier dazu in Kürze mehr. Hoffentlich meint es der Sommer nicht zu gut, den das rendern eines Panos nimmt mindestens eine Nacht in Anspruch und leider kommt aus dem PC keine gekühlte Luft.... :wink:

    viele Grüße - Andreas

  • Ein kleiner Bericht über Andreas Hummel und das Projekt ARSTEMPANO in den PNN.

    Zitat

    Schon als Kind Burgruinen rekonstruiert - Warum Andreas Hummel arstempano.de macht.

    http://www.pnn.de/potsdam/763358/

    Wir wünschen weiterhin gute Resonanz und recht viel davon!

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Hallo,

    Danke! Am Vortag hatte die PNN ja schon dankenswerter Weise eine Fülle von Bildmaterial abgedruckt. Mal sehen, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Stille stehen tut es bei uns jedenfalls nicht - letzte Woche ging ja mal wieder ein neues historisches Pano von der Plantage online, weitere werden diese Woche folgen, so alles soweit klappt. Hier schon mal eine Impression:

    Panorama Plantage Potsdam 1850

    Beste Grüße Andreas

  • Hallo,

    es ging mal wieder einen kleinen Schritt voran - mit nunmehr 8 Panoramen kann mann eine kleine virtuelle Tour in der Potsdamer Plantage zwischen Garnisonkirche, Stadtkanal und Langem Stall um 1850 unternehmen. Auch wenn die umgebende Bebauung in der Breiten Strasse und jenseits des Stadtkanales nur als Kubenmodell vorhanden ist, finde ich die Raumeindrücke schon sehr reizvoll. Wenn man sich dann die jetzige Situation im Dualview mit herzuholt - uops - da kann man nur auf die Zukunft hoffen!
    Ansonsten möchten wir in den nächsten Wochen noch den östlichen Vorplatz der Garnisonkirche visualisieren. Die Breite Strasse an sich hat als 3D-Modell nur mit Werbeeinnahmen aus der Webseite langfristig eine Chance - leider sind die ja im Moment noch null.... Aber reizvoll wäre die Prachtstraße schon! Ansonsten geht es mit Renderings am Kanal / Brockesches Haus Richtung Wilhelmplatz und im Lustgarten um 1850 weiter.

    Ansonsten ist die Mitte Potsdams schon eine sehr schwierige Geschichte - an den samstäglichen Führungen der TMB zu Stadtschloss/Landtag und Garnisonkirche haben 2012 ganze 56 Personen teilgenommen.... Da ist für die Mitte noch viel gute PR notwendig!

    Beste Grüße

    Andreas

  • Hallo zusammen,

    na da hat sich die Märkische ja mal ins Zeug gelegt. Nur was ist denn das wieder für ein Duktus, Zitat: " Wäre man zu Friedrichs Zeiten umherflaniert, hätte man sich in einer Retortenstadt gewähnt mit den zahllosen, schnell hochgezogenen Palastfassaden, hinter denen oft Handwerker wohnten, die nicht wussten, wie sie die Betriebskosten zahlen sollten. Auch um 1850 hätte man sich noch recht fremd an der Nauener Straße (heute Friedrich-Ebert-Straße) gefühlt, denn der Schaufensterbummel wäre komplett flachgefallen."?

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo,

    nun ja - mit der MAZ - das war ein sehr langes Telefonat vor meiner Reise ins schöne Thüringen Anfang Juli.
    @ Luftpost - hm man sagt es mit seinen Worten und der Journalist hat seine eigenen Sichtweisen und Formulierungen - damit muss man leben - in der Summe hat mich der Artikel aber jedenfalls sehr gefreut.
    Gemeint war, das Potsdam um 1785 eher eine sehr sehr neue Stadt war - so gut wie nichts von dem was um diese Zeit stand hatte 100 Jahre oder mehr auf dem Buckel. Eine handvoll Bauten war aus der Zeit um 1700 (z.B.Fortunaportal), die Masse der Bebauung war zwischen 0 und knapp 60 Jahren alt. Wenn man das mit den meisten anderen Städten des Reiches vergleicht, sah es da deutlich anders aus! Was gab es eigentlich noch neben Mannheim, Karlsruhe und Potsdam an quasi kompletten "Barockstädten" in Deutschland?
    Weiterhin war Potsdam schon eine, um es positiv zu formulieren, sehr "merkenswürdige" Stadt. Sie sollte ja nach Allgarotti und F zwo eine Schule der Baukunst werden. So wurden Fassadenkopien bedeutender europäischer Architekturen nach Skizzen des Königs hochgezogen - ein in Europa einzigartiger Vorgang im positiven Sinne - die Kehrseite war, das die Gebäude dahinter oft nicht so recht zu den Fassaden passten und zum Teil auch einfache Leute drinnen wohnten, die dann wirklich Probleme hatten, die Räume im Winter beheizt zu bekommen. Ein damaliger Reisender oder Architekt amüsierte sich, wie die Soldaten ihre Strümpfe zum trocknen von Fenster zu Fenster über Säulen und Pilaster hinweg hängten. Zu diesem Thema des Potsdams als Schule der Baukunst ist in den nächsten Wochen/Monaten noch ein Artikel im Lesesaal geplant.
    Was die Schaufenster anbelangt, war ein Teil unseres Gespräches die völlig andere Einkaufskultur bis um ca. 1800. Bis dahin wurde oft im Freien oder mittels Marktbuden und Ständen die Ware feil geboten. Handwerker verkauften ihre Ware oft direkt und aus ihrer Werkstatt heraus. Erst ab dem 19.Jh. entwickelten sich eigentlich die für uns heute typischen Schaufensterfronten mit ihren Warenauslagen. Wenn man alte Grafiken von Dresden betrachtet, gab es erste, vereinzelte Ansätze ab etwa 1820. Die den Gebäuden auch noch nicht weh taten. Spätestens mit der Gründerzeit ab 1871 ging es den richtig los. Nun gut die Medaille hat 2 Seiten. Zum einen macht so ein Schaufensterbummel schon Spaß - zum anderen wurde es aber oft soweit getrieben, das die Fassaden zum Teil regelrecht verhunzt wurden. Ein besonders schlimmes Beispiel war hier die Frauenstraße 7 (Chiabonisches Haus) in Dresden. Gibt es eigentlich über die Entwicklung hierzu vernünftige Literatur? Wir wollten in unseren Visualisierungen jedenfalls die ursprüngliche Architektur zeigen. So entschieden wir uns in Dresden wie in Potsdam nicht für den Vorkriegszustand bei den Visualisierungen. In Dresden war die Richtschnur ca. 1820 - der Zeitpunkt, wo die für Dresden eminent wichtige Fassadenbemalung noch vorhanden war. In Potsdam war der Zeitpunkt der Fertigstellung der Kuppel der Nikolaikirche für uns der wichtige Einschnitt. Früher ging wegen der fehlenden Kuppel nicht und mit jedem Jahrzehnt später weichten gründerzeitliche Umbauten doch einige Entwürfe auf. Ein Beispiel wäre die Nordseite des Wilhelmplatzes, wo der linke Kopfbau mit einem die Symmetrie sprengenden Mansarddach versehen wurde.

    Auf der Webseite gibt es dann noch zu sagen, dass die Umbauarbeiten im Lesesaal ein gutes Stück vorangekommen sind - die Navigation klappt wieder einwandfrei - nur die rechte leere Spalte muss mit der Zeit noch befüllt werden.
    Weiterhin ist seit Gestern der erste Teil unserer erweiterten Startseite http://www.arstempano.de Online. Diese ermöglicht einen Blick auf die neuesten Meldungen im Blog und den Schnellzugriff auf von uns ausgewählte Rubriken, welche mit einem kleinem Bild angezeigt werden. Damit hoffen wir für diejenigen, die öfters vorbeischauen, Neuigkeiten quasi auf einen Blick schon auf der Startseite zu zeigen und für diejenigen, die zum ersten mal auf der Startseite sind, die Webseite in ihrem Angebot besser vorstellen zu können.Weiterhin ist nun im Footer (graue Fußzeile) per klick auf das Facebook oder Google+ Symbol direkt unsere jeweilige Socialmediaseite aufrufbar, wo wir uns über jedes "Gefällt mir" sehr freuen würden!
    Ansonsten gibt es seit kurzem ein Panorama von der Ladenbergbrücke um 1850. Die Brücke ist aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen versetzt worden und heute nicht mehr am Standort wie genauer gesagt 1855, dem Zeitpunkt ihrer Errichtung. Weitere Panos von der Plantage bis zur Nauener Brücke um 1850 sind in Arbeit. Sobald diese Online gehen, werde ich auch einige Screenshoots hier posten.


    Beste Grüße Andreas



  • Vielen Dank für die Blicke zurück in eine Zeit, als Bauen noch eine Kunst war! Man kann sich nicht sattsehen...

    Ansonsten gibt es seit kurzem ein Panorama von der Ladenbergbrücke um 1850. Die Brücke ist aus für mich nicht nachvollziehbaren Gründen versetzt worden und heute nicht mehr am Standort wie genauer gesagt 1855, dem Zeitpunkt ihrer Errichtung.


    ist bereits in Arbeit :wink: :

    Zitat

    Etwas bewegt sich aber doch. Laut Thielemann laufen derzeit Baumaßnahmen in der Yorckstraße, um die Ladenbergbrücke an ihren historischen Ort zu versetzen.


    http://www.pnn.de/potsdam/646194/

  • Danke für den Hinweis! Man glaubt es kaum, da ist man nun öfters dort und rafft es nicht, das die Brücke mittlerweile da steht, wo sie hingehört! Also die Ladenbergbrücke steht jetzt richtig - auf den Panoramen von 2011 ist sie noch am alten Standort - Wir werden in den zugehörigen Lesekarten darauf hinweisen.

    Ansonsten haben wir die Veranstaltungshinweise im Tourplaner Potsdam aktualisiert. Insbesondere auf die Ausstellung "Die schönste der Welt - Wiederbegegnung mit der Bildergalerie Friedrichs des Großen" bin ich gespannt - muss ich mir unbedingt noch ansehen. Allerdings hat das für einen "Sachsen" einen gewissen Beigeschmack - war es doch Friedrich II. der Schloss Hubertusburg mit Ausnahme der Kapelle bis auf den Rohbau plündern ließ und damit auch die dortige Galerie vernichtete. Pikanterweise gelangte eines der geraubten Bilder über die Versteigerung 1765 in Amsterdam in die Galerie nach Potsdam. Die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden bringen ja dieses Jahr etwas höfischen Glanz noch bis zum 5.10.2013 mit einer wunderbaren Ausstellung nach Hubertusburg zurück. In Dresden wurde durch die Folgen des Siebenjährigen Krieges zudem eine der vornehmsten Galerien, die Brühlsche auf der gleichnamigen Terrasse, zum einen durch Verkauf nach St. Petersburg und zum anderen durch Abriss in der Gründerzeit vernichtet.

    Ansonsten sind die ersten Rubriken für eine Schnellauswahl auf der Startseite online - weitere Panoramen am Stadtkanal folgen bis zum Wochenende.

    Beste Grüße

    Andreas

  • Richtig!
    Als der berühmte Friede von Hubertusburg geschlossen wurde, mussten angeblich sogar Tische und Stühle aus den Bauernhäusern Wermsdorfs herangeschleppt werden. Die Preußen hatten gar schrecklich in dem wohl bedeutensten Barockschloss Sachsens gewütet!
    Kennst du übrigens den Aufsatz von Prof. Johannes Burkhardt aus dem Dresdner Heft 114? Er wirft ein mir vollkommen neues Licht auf den Friedensschluss.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Hallo Bilderbuch,

    ja - schon gelesen und völlig richtig. Ist eine Empfehlung, das kleine Heft! Richtig ist ja auch, das Friedrich 1752 in seinem geheimen Tagebuch schon alles niedergeschrieben hatte, warum und wie man Sachsen erobern sollte, alles anderslautende war seine Propaganda... Hinzu kommt, das er nie eine Chance gegen Österreich, Frankreich und Russland gehabt hätte, ohne Sachsen auszuquetschen, wie eine Zitrone. Ein Problem war wohl, das sich die sächsische Regierung nicht in ihren schlimmsten Alpträumen vorstellen konnte (also letztlich schon a bisserl zu naiv war), welche Grenzen der Kulturbarbarei und Menschenfeindlichkeit F ZWO zu überschreiten im Stande war. Daher war die Armee zu stark reduziert, mit unzureichender Ausrüstung und ohne nennenswerte Verproviantierung. Brühl wollte damit Geld sparen, was an allen Ecken fehlte und seinen Friedenswillen zeigen. F ZWO zwang die sächsischen Soldaten in seine Uniformen, woraufhin diese in Scharen (zum Teil mehrere Hundert auf einmal) der preußischen Armee davon liefen und als sogenannte Revertenten in einer konstanten Truppenstärke von ca. 10.000 Mann gegen Friedrich kämpften. Weitere, 1756 in Polen stationierte sächs. / poln. Reitereinheiten nahmen weitere "Ehemalige" auf und waren so 1757 in der Schlacht bei Kolin am Sieg der Österreicher wesentlich beteiligt. Auch nötigt das Ausharren der sächsischen Armee im Lager von Pirna Respekt ab, schließlich vermasselte dieses "ausharren" F ZWO seinen "Blitzkrieg". Er vergaß in seiner Wut darüber jede Zivilität und lies sämtliche Brühlsche Schlösser plündern und teilweise brandschatzen, 1759 lies er gar das Brühlsche Belvedere, dieses Kabinettstück des sächsischen Rokoko in seinem unstillbaren Hass auf Brühl zerstören. Im Sommer 1760 lies er schließlich die sächsische Residenz in einen rauchenden Trümmerhaufen verwandeln. Als dann im Herbst bei der Besetzung Berlins und Potsdams einige Soldaten ihrer Wut in Charlottenburg und Schönhausen einige Stunden freien Lauf ließen, war das nicht schön, aber die Schäden sind sogar laut den alten preußischen Akten samt und sonders reparabel gewesen. Das die Armeen der Verbündeten Kontributionen verlangten, Zeughäuser leerräumten und Militärfabriken zerstörten - das hat er selbst in Sachsen auch nicht anders gemacht... Dann kam es zur mörderischen Schlacht bei Torgau - für F ZWO knapp gewonnen - aber den Kontrahenten wurde klar, das es in diesem Krieg keine Sieger in eigentlichen Sinne mehr geben konnte. Für F ZWO war damit klar, das er Sachsen als Provinz bei einem Friedensschluss nie und nimmer behalten konnte - in seiner Wut vergriff er sich an Hubertusburg.... Als dann im Winter 1762/1763 in Hubertusburg verhandelt wurde, musste man auf Nebengebäude ausweichen - Im Hauptschloss gab es teilweise keine Fenster mehr, das Dach war durch das heruntergerissene Kupfer undicht, keine Öfen und Kamine mehr, fast alle Fußböden und Türen herausgerissen und selbst die eisernen Treppengeländer waren geklaut... Drei Monate lang richtete man planmäßig diese sächsische Residenz, neben Stupinigi bei Turin das größte Jagdschloss Europas zugrunde. F ZWO konnte Schlesien behalten und wurde zur Großmacht. Der Preis dafür ist, denk ich, bekannt. Die Sachsen mussten in die zweite Reihe - aber stille und fleißig waren sie nach 15 Jahren wieder schuldenfrei und legten das Fundament für das Industriezeitalter.... Die Annektion von 2/3 des Landes sollte Preußen erst 1815 gelingen.

    Nun ja - in Berlin, Potsdam und Rheinsberg hat er viele feine Sachen bauen lassen, aber ich bin dankbar, wenn ich in meinem Leben nie mit einer Person, wie F ZWO zu tun habe - solche Menschen machen mir einfach nur Angst! und das Leben alles andere als erträglicher - das sahen im übrigen auch seine Brüder so - nur das sie ihn ertragen mussten. Hier möchte ich insbesondere auf die Briefe von Prinz Heinrich und das Tagebuch von Lehndorf verweisen. Im übrigen ist die Arbeit des Markus von Salisch - "Die treuen Deserteure" mit all den Informationen zum Schicksal sächsischer Soldaten in diesem Krieg, den die einfachen Sachsen nie wollten, sehr lesenswert.

    Beste Grüße - Andreas

    Geht hoffentlich in Ordnung, das man auch mal bisserl abschweift

  • Hallo Arstempano,

    und ich dachte, nur das Lustschloss Bornim ging (erzwungenermaßen und wohl auch gewollt) auf Friedrichs Abrißkonto. (Was wollte auch Friedrich II mit einem Lustschloss, wenn er keine Frauen in Sanssouci duldete und seine eigene Frau quasi in der Verbannung in Berlin, im Stadtschloss oder in Berlin Friedrichshain lebte.) Sind die Aussagen belegbar?

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Hallo Luftpost,

    die Aussagen sind durchaus belegbar. Selbst hat Friedrich natürlich nicht geplündert - aber gab seine Leuten einen Wink.... dafür gibt es noch schriftliche Belege. Erstmal aber noch eine Frage zu Friedrichshain / Schönhausen - wo saß sie den nun, die "Ärmste"? Ich hatte gelesen in Schönhausen? Auch in Friedrichshain? Das Schloss in Schönhausen war ja vor 1760 kleiner und bei der Instandsetzung wurden dann die Seitenflügel aufgestockt.

    Zurück zu Sachsen:

    - Garten Großsedlitz - nachweislich während des Siebenjährigen Krieges Zerstörung der Nagelwerke (Biwakfeuer), Entfernung sämtlicher Bleileitungen (Kugeln) und Beschädigung von Skulpturen durch preußische Truppen.

    - Brühlsche Gemäldegalerie - ab Herbst 1756 Exerzierhalle der Preußen - ab 1757 bis 1759 schrittweise Plünderung des Brühlschen Palais in Dresden, zum Schluss war es ein Lazarett... nach 1760 nur die Wohnung Brühls im 1.OG laut alten Inventaren wieder instand gesetzt. Der Gartensaal nach 1770 immer noch als "ruiniert" bezeichnet.

    - Japanisches Palais/Dresden - 1757-59 Beschädigung der verbliebenen Ausstattung durch Benutzung als Strohlager durch preußische Truppen, ebenso die kgl. Oper

    - Schloss Grochwitz / Brühl - 20.10. 1757 - 4 Tage lang erst geplündert, dann verbrannt auf Befehl Friedrichs und wohl zumindest teilweise in seinem Beisein

    - Schloß Pförten - 1.9. 1758 Plünderung und vor allem Brandschatzung des größten Brühlschen Schlosses - nach 1760 nur noch als Stroh- und Heulager benutzt, da vollständig ausgebrannt.

    - Schloß Oberlichtenau / Brühl - 1758+60 Plünderung durch preußische Truppen / alles im in allen wiederherstellbar

    - Schloß Nischwitz - Herbst 1758 - Plünderung und Verwüstung durch preußische Truppen auf Befehl Friedrichs, Festsaal beschädigt (bis heute!) erhalten, ebenso Gartensaal und Vorraum Festsaal nach 1763 im ursprünglichen Sinne wiederhergestellt, restliche Raumfassungen ebenso wie gesamtes Mobiliar seit 1758 verloren. Lieblingsschloss der Gräfin Brühl

    - Wilsdruffer Vorstadt Dresden - von preußischen Truppen zur Erhaltung freien Schussfeldes weitgehend abgebrannt

    - Brühlsches Belvedere - ab September 1759 Abbruch auf Befehl Friedrichs - die kurprinzliche Familie bat um Schonung.... kein Pardon

    - Dresden - Juni/Juli 1760 Belagerung durch Preußen, dabei Abbrennung der restlichen Vorstädte durch preußische Truppen, die Alte Annenkirche erst bei Abzug der preußischen Truppen, weitgehende Zerstörung von Skulpturen im Großen Garten durch preußische Soldaten, fällen von Bäumen; Beschießung der Pirnaer Vorstadt und der Alt- und Neustadt durch Kanonen und Mörser (90 Pfund?) Dabei min 1/3 der Altstadt zerstört, darunter Kreuzkirche, mehrere große Palais (Prinzenpalais, Palais Werthern u.a.m.) und eine Vielzahl von Bürgerhäusern, Verwüstung des Orangeriegartens (ehemals Herzögin Garten). Der Beschuss zielte zum großen Teilen auf die Gebäude, um die Bevölkerung zum aufgeben zu zwingen..... Durch Vorbereitung der Bevölkerung nur ca. 50 tote Zivilisten, dafür aber allein auf einer Seite 1400 Tote und Verletzte.

    - Berlin - Nov. 1760 mal nur in Bezug auf die beiden Schlösser - es wurden Figuren von den Soldaten umgeschmissen, manches Gemälde geklaut oder geschlitzt, Porzellan zerdeppert, Vorhänge heruntergefetzt, Wandbespannungen und Bezüge geschlitzt usw. In Schönhausen wohl auch Wände mit Fäkalien beschmiert - sprich man hat da mehrere Stunden wie die Sau gehaust! Letztlich konnte man die Figuren aber wieder zusammenkleben, da nicht zerschossen, die Gemälde flicken, teilweise neue Wandbespannungen kaufen, neues Porzellan kaufen, neue Bezüge für Sitzmöbel und gut - da sah es in Sachsen ja wohl doch anders aus! Zudem ist bis heute nicht so richtig klar, ob an den Exzessen überhaupt sächsische Soldaten beteiligt waren. Zudem waren diese Verwüstungen der spontanen Wut der Soldaten auf Friedrich geschuldet und hatten kein System. In Potsdam ebenso wie beim Berliner Stadtschloss wurde "Manneszucht" gehalten und es ist nix passiert. Was die Kontributionen anbelangt - wie man in den Wald hereinruft.... In Dresden und [lexicon='Leipzig'][/lexicon] machten die Preußen nicht viel Federlesen - da wurden die Ratsherren und Kaufleute eingesperrt und angedroht ihre Häuser zu verbrennen, wenn die Millionen nicht dann und dann an die Preußen gezahlt werden...

    Nun ja und das mit Hubertusburg kann man im Ausstellungsbuch zur dortigen Ausstellung im Artikel von meinem Mitstreiter, Herrn Knobelsdorf und auf das gründlichste recherchiert, nachlesen.

    Da Arstempano ja auch in Sachsen hoffentlich noch aktiv wird, hoffe ich, das man das eines Tages auch auf unseren Seiten noch ausführlicher nachlesen kann.

    Beste Grüße

    Andreas

  • Herzlichen Dank für deine traurige Zusammenfassung, werter Andreas!

    Ich bin immer wieder erstaunt, wie unkritisch man Friedrich heute noch sieht. Mag das vielleicht eine Nachwirkung des unseligen Dresdners Treitschke sein? Im Geschichtsunterricht wird armen sächsischen Kindern ja immer noch Friedrich als das Paradebeispiel eines aufgeklärten Monarchen präsentiert, der zwar irgendwie auch einige blutige Kriege geführt hat, aber ansonsten eigentlich ein ganz netter Kerl gewesen sein soll. Da nehme ich - wir haben ja die Wahlfreiheit! - doch lieber Joseph II.

    Aber nun irgendwie zurück zum Thema! :smile:

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Nun mal halblang Jungs, :cool:
    nicht nur auf den Alten Fritz schimpfen, auch die Sachsen haben fleißig demoliert und geklaut! Sie haben im 7-jährigen Krieg Schloss Charlottenburg in Berlin gründlich geplündert, der alte Fritz war darüber so erbost, dass er Schloss Hubertusburg (und all die o.g. Bauwerke) plündern ließ. Als waschechter Preuße muss ich allerdings einmal sagen, dass Friedrich doch die Frauenkirche hätte klauen sollen und sie in Berlin hätte aufstellen sollen! :koenig:

  • Und gleich nochmal viertellang Mädls, denn wir Österreicher haben uns auch nicht wirklich mit Ruhm bekleckert, wenn ich an die vernichtende Bombardierung Zittaus im 7-jährigen Krieg denke! Zwar ist das heutige Zittauer Rathaus auch sehr schön, aber das alte Rathaus Zittaus wäre mir vielleicht noch lieber...

    bilderbuch

    Joseph II. hat aber zum Zeitpunkt des 7-jährigen Kriegs noch nicht einmal (mit)regiert. Ich schicke Dir deshalb Maria Theresia zur Auswahl. Dass Joseph II. ein großer Verehrer Friedrichs des Großen war, darf man dieser Überlegung nicht unter den Tisch fallen lassen.

    Um Schloß Hubertusburg ist es aber trotzdem Jammerschade! Sch... Kriege halt und Schlesien ist auch futschigatto.