Dresden - die Äußere Neustadt

  • Mal wieder ein schöner und informativer Rundgang. Dafür vielen Dank. War vor einigen Jahren auf dem Weißen Hirsch und freue mich jetzt auch sehr über die angehenden Projekte. Den Turm vom "Adler" wird man doch bestimmt noch irgendwann nachrüsten, oder?
    Habe schon überlegt ob das Viertel jetzt unter Umständen seine längst überfällige Renaissance erlebt, weil "Der Turm" ja dort spielt/gedreht wurde (kam ja letztens im Fernsehen). Evtl. möchten sich jetzt ja auch einige wohlhabende Literaturliebhaber auf dem Hirsch niederlassen um das Flair des niedergegangenen Dresdner Bildungsbürgertums zu atmen oder sogar zu revitalisieren? Es soll ja mittlerweile sogar ausgedehnte Führungen zu den Orten des Romans geben; wohl auch gute Werbung für diese schöne Ecke.

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"

  • Ich bin leider selten hier. Also verzeiht mir, falls diese Neuigkeiten schon bekannt sind.

    Das Hochhaus am Albertplatz wird nun endlich saniert. Unverständlicherweise reißt man dafür die beiden Seitenflügel ab. Die gründerzeitliche Blockrandstruktur wird somit gänzlich aufgegeben und die ergänzenden Neubauten können mich leider nicht überzeugen. Und ob die Neustadt noch ein weiteren Lebensmittelmarkt braucht, wage ich auch zu bezweifeln.

    Des Weiteren baut ab 2014 ein wohl "spanischer Investor" auf den Hinterhofareal zwischen Bautzner- und der Böhmischen Straße(Lustgarten) mehrere Stadtvillen und Wohnhäuser. Architektonisch orientiert man sich nicht an die vorhandene vor- und gründerzeitliche Bausubstanz. Die Gestaltung der Häuser steht aber noch nicht gänzlich fest. Es könnte beispielsweise auch Klinker als Fassadenmaterial verwendet werden. Für die Planung ist wie beim angrenzenden Florana-Parkhaus das Architekturbüro Schubert Horst zuständig.^^ Gentrifizierung, ick hör dir trapsen...

    Einmal editiert, zuletzt von mahler (21. Oktober 2012 um 18:53)

  • Soviel ich weiß, ist die Neustadt doch schon zu großen Teilen gentrifiziert. Insofern kann die Verwendung des entsprechenden Kampfbegriffes in Zusammenhang mit der geplanten Maßnahme nur als propagandistischer Kniff gewertet werden.
    Trotzdem verstehe ich etwaige Proteste der Anwohner. Der Lustgarten war eine städtische "Freifläche", die alljährlich zur BRN einen wichtigen Mosaikstein im Reigen der Veranstaltungsorte darstellte. Protest gegen die Verbauung ist richtig und unterstützenswert.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Bei der Neustadt spricht man ja oft von einer sanften Gentrifizierung. Im Gegensatz zum Prenzlauer Berg(z.B.) zieht sich dieser Prozess schon seit 20 Jahren. Auch heute kann man hier verhältnismäßig günstige Wohnungen und WGs finden. Es existiert noch eine recht vielseitige Sozialstruktur. Ich lebte einige Jahre im Prenzlauer Berg, dort verschwand der soziale Mix weitgehend innerhalb von ein paar Jahren und wich größtenteils einer gutbürgerlichen Mittelschicht, die nun wiederum von richtig Reichen verdrängt wird. Diese wohnen in Dresden noch woanders. Das Projekt geht nun für mich halt eher in die falsche Richtung.


    In dem Kontext lasse ich mir auch keine Verwendung von propagandistischen Kampfbegriffen einreden. Auch wenn dieses Wort gern (hoch) politisch motiviert genutzt wird, steht es ja trotzdem für ein wissenschaftlich anerkannten Begriff der Stadtsoziologie, auf den man kritisch eingehen kann.

    grüße :smile:

  • Ähnliche Gedanken, wie sie hier von Petersburg geäußert wurden, hat wohl sicher jeder Freund Dresdens schon mal gehabt. Leider müssen wir den unwiederbringlichen Verlusten an wertvollster Architektur in DD wohl auf ewig nachtrauern.
    Die nach tausenden zu zählenden, zerstörten Gebäude, zahlreiche, ansehnlichste Prunkbauten darunter, waren Ausdruck des Reichtums der Bürgerschaft des Sachsenlandes.
    Noch 1938 vermeldet das l e t z t e "Statistische Jahrbuch des Deutschen Reiches", dass Sachsen das höchste Bruttosozialprodukt in
    Deutschland aufweist . . .

    Der daraus resultierende Reichtum ermöglichte u. a. schöne, kostenaufwendige und ansehenswerte Architekturen.

    Das uns Nachgeborenen wenige Verbliebene wird obendrein nur noch recht und schlecht "verwaltet".
    Wirkliches architektonisches Schöpfertum, architektonische Schönheit wie man sie überbordend im alten Dresden kannte, sind kaum noch Gegenstand der heutigen Zeit.

    Eine abgehobene Architektenkaste mutet uns eine Scheußlichkeit nach der anderen zu !
    Nur ein kleines Beispiel ist das vorgesehene neuerliche und einfallslose platte Monstrum an der Grunaer Straße. Eine wahrhafte Totgeburt.
    Aufschreie der Empörung verhallen wie bei ähnlichen "Projekten" obligatorischer Weise fast ungehört.

    Mahler beklagt hier den Abriss der beidseitigen Seitenflügel des Hochhauses am Albertplatz. Diese beiden kurzen "Stummel", die m. E.
    wie angeklebt wirken, können durchaus verschwinden, wirkten sie sich noch immer störend auf die Wirksamkeit des eigentlichen Hochhauses aus.

    Ich bin der Auffassung, dass das eigentliche Hochhaus, nunmehr "freigestellt", günstiger wirken kann, als vorher.
    Vor der Zerstörung hatte der Haus - Stummel zur Königsbrücker Straße hin, immerhin eine wichtige Verbindungsfunktion zu einem anschließenden, aufwendigen Jugendstil - Haus, nahm dessen Traufhöhe auf.
    Wie bekannt, existiert das schöne Jugendstil - Haus leider nicht mehr, damit entfällt auch die Notwendigkeit eines verbindenden Scharniers.


    "DRESDEN ist ein Ort, der herrlich ist, und wenn mir´s erlaubt wäre, ein kleines Supplement daran zu fügen,
    so wünschte ich mich nie heraus." ( Goethe )

  • Andererseits hätte man die Stummel zu netten Häusern fortführen können. Jetzt baut man da wieder einmal Kuben hin, obwohl mir die grün bewachsene Fassade zumindest auf den Rendering-Bildern doch gefällt.

  • Laut DNN-Information vom 10.01.2013, starten schon in der nächsten Woche die ersten Arbeiten am Hochhaus am Albertplatz mit dem Abriss von maroden Nebengebäuden.

    http://www.dnn-online.de/dresden/web/re…haus-2183069133

    Laut früheren Informationen, arbeiten drei Architekturbüros an Fassadenstudien für die geplanten Neubauten. Ich hoffe auf gut strukturierte Gebäudekuben, die sich relativ harmonisch in die kleinmaßstäbliche Bebauung der Antonstadt einfügen.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Zitat

    ...Ein paar Gerüchte sind inzwischen schon durchgesickert. So werden wohl die Seitenflügel erhalten bleiben, da sonst die Statik des Hauses gefährdet ist. Die wiederum ist so schwierig, dass höchstwahrscheinlich keine gastronomische Einrichtung ins Dachgeschoss einziehen kann. Das Einkaufszentrum soll insgesamt 5.800 Quadratmeter Verkaufsfläche bekommen, eine Tiefgarage ist geplant und der Einzug der Bibliothek ist zumindest noch nicht ganz ausgeschlossen...

    http://www.neustadt-ticker.de/nachrichten/ar…/#comment-29002


    Die Seitenflügel dienten einst zum nahtlosen Anschluss an die ehemalige Nachbarbebauung was auch gut gelungen war siehe:

    http://static3.akpool.de/images/cards/16/164221.jpg

    Ohne die beiden Flügel stünde das Haus haltlos in der Gegend:

    http://quo-vadis-dresden.de/wp-content/upl…AlbertTower.jpg

    ...und bekäme u.U.den noch haltloseren Namen "AlbertTower" *grusel*

  • Bei den Seitenflügeln bin ich hin- und hergerissen.
    Einerseits war das "Hochhaus" als ein sich organisch aus der Blockrandbebauung entwickelnder Turm entworfen worden. Andererseits muss man aber auch sagen, dass der Blockrand für diesen Teil der Antonstadt vollkommen atypisch war. Nicht umsonst schrieb der vielbemühte Erich Kästner von der Dreiteilung der Königsbrücker Straße, deren im südlichen Abschnitt vorhandene Villenbabauung gleichfalls noch immer in der Antonstraße vorzufinden ist. Eine Wiederaufnahme der geschlossenen Bebauung wäre also in meinen Augen nicht anzustreben.
    So gesehen hätte ich mittlerweile das Experiment gewagt und die Flügel abgerissen. Wenn das nun aber aufgrund statischer Probleme nicht möglich sein soll, muss man sich für die Anschlussbebauung etwas anderes einfallen lassen. Wir dürfen gespannt bleiben!

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Wie kann man in einer ansonsten geschlossenen Fassadenfront (zwischen Glacierstr. und Hoyerswerdaerstr.) solch eine Fassade planen und auch noch bauen wollen?

    Mir fehlen die Worte.

    Holger

  • Ich kann die Aufregung um dieses Haus auch nicht ganz verstehen. Sieht recht solide aus, ohne aufgeregt zu sein.
    Die Dachschräge über dem "Mittelrisalit" greift sogar die Schräge der Nachbardächer auf. Wenn man sieht, was da z.B. im Prenzlauer Berg schon so alles zwischen die Altbauten gezwängt wurde, völlig harmlos und sicher kein Schandfleck. Eher unauffällig und ein bisschen langweilig.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Habt ihr euch nur das Bild von "Urbanes Wohnen" noch einmal angesehen oder oder seid ihr mit streetview einmal diesen Straßenabschnitt "abgegangen"?

    Meine Meinung ist eben, wenn man solche zum Glück noch erhaltene Straßenzüge hat, mit nur einer Baulücke, sollte man diese Baulücke möglichst orginalgetrau wieder aufbauen. Wobei ich damit nur die Straßenfassade meine. Ich kann mit solchen absichtlichen Brüchen nichts anfangen.

    Am meisten stoße ich mich an diesen Klinkern. Ich bin zwar schon vor einigen Jahren von Dresden weggezogen, kann mich aber nicht erinnern, dass Klinkerverkleidungen irgendwelchen Bezug zu Dresden haben.

    Holger

  • Also das Gelbe vom Ei ist es natürlich nicht, doch es hätte auch deutlich schlimmer kommen können. Tut an dieser Stelle jetzt aber nicht so extrem weh, auch wenn ich deinen Wunsch nach möglichst authentischer Rekonstruktion verstehen kann und eigentlich auch befürworte.

    "Willst du eine Stadt vernichten, baue Kisten, Kisten, Kisten!"