Lübeck - Neubauten im Gründerviertel

  • Lieber Frank,

    gewohnt famos, wie genau und leidenschaftlich du den Fortgang dokumentierst - hab Dank dafür.

    Ich muss sagen: Wo bleibt die Begeisterung, Herrschaften? Wir erleben mit, wie hier Zug um Zug ein bemerkenswertes Viertel entsteht. Nun knospen auch ein paar erste echte Highlights - die Rekonstruktion gefällt mir ausgezeichnet, auch die Farbigkeit wäre ein wahrer, stilvoller Hingucker.

    Zudem werden nun auch sinnvolle Korrekturen angegangen. Der in die Irre führende Entwurf von Hr. Zeschke (Alfstraße 19) muss einfach komplett rekonzipiert werden - der gesamte monothematische Zug bedarf einer kräftigen Auflockerung.

    Und wer weiß, vielleicht ist das Thema Spolien ja noch nicht vom Tisch?

    Was mich allerdings enttäuschst, ist Alfstraße 21 von Mäder. Die Steine sehen nach billigem Plastik aus, ergehen sich in an Langweiligkeit kaum zu überbietender Sterilität (wobei Alfstraße 15 auch sehr steril wirkt). Da ist seit dem abgesegneten Entwurf unglaublich viel Potenzial verloren gegangen. Sehr schade.

  • @ Bauherr

    ja, wo bleibt die Begeisterung? Das habe ich mich ehrlicherweise auch schon gefragt. Irgendwie catcht mich das Projekt nicht wirklich, was meiner Meinung nach daran liegt, dass man nicht das Gefühl hat, man wäre von seiten der Stadt wirklich mit dem Herzen dabei. Vielleicht liegt es also daran.

    Vergleicht man das mit Frankfurt, ist das Projekt in Lübeck irgendwie nichts Halbes und nichts Ganzes. Ich glaube den Anhängern von Rekonstruktionen geht es nicht weit genug, bei den Anhängern der Moderne ist es grade so an der Grenze. So ein Projekt eben, das den kleinsten gemeinsamen Nenner wiederspielgelt. Und so kommen auch irgendwie keine Gefühle auf.

    Es ist nicht schlecht, aber zumindest aus meiner Sicht auch nicht wirklich gut. Gerade die Alfstraße ist eine Enttäuschung. Insbesondere die Häuser 13 bis 19 sind sich viel zu ähnlich und langweilig. Und so ist irgendwie das ganze Projekt.

    Aber vielleicht hatte man auch einfach zu große Hoffnungen. Positiv ist, dass man zu der alten Parzellenstruktur zurückkehrt, dass es echte Dächer gibt, dass man sich bemüht, ortstypische Materialien zu verwenden und zumindest sehr abstrakt alte Gestaltungselemente aufgreift. Aber dann kommt auch schon das große Aber. Es bleibt alles irgendwie auf halbem Weg stecken. Wenn man sieht, wie toll man jedes Detail in Frankfurt bei den Neuschöpfungen plant, wie es dort auch gelingt, die dritte Dimension ins Spiel zu bringen, dann ist das Ergebnis in Lübeck doch sehr enttäuschend.

    Hinzu kommt, dass man einfach 5 bis 7 Rekkos hätte verbindich vorschreiben müssen, um den Füllbauten Halt zu geben. Man sieht hier eben, dass die modernen Bauten irgendwie mit dieser Aufgabe überfordert sind, sie bräuchten Bauten, an die man sich anlehnen kann. Nur leider gibt es diese nicht und so haben wir dann, weil die Stärke aus sich heraus eben fehlt, das gleiche Problem wie in Dresden am Neumarkt, wenn in einer Straße 5 Bauten nebeneinander ohne Rekonstruktion auskommen müssen.

    Ich hoffe, dass noch die ein oder andere Reko dazu kommt, wünsche mir aber vor allem dass man bei den Neubauten etwas mehr Mut zu einer Neuinterpretation der norddeutschen Architektur zeigt. Und da ist die Aufgabe eigentlich viel einfacher, weil sich diese Elemente eigentlich deutlich besser zur modernen Interpretation eignen als dies bei Barockbauten in Dresden oder Fachwerkhäusern in Frankfurt möglich ist.

    Also hoffen wir das beste und dass man das ganze Projekt mit etwas mehr Liebe verkauft.

    APH - am Puls der Zeit

  • Also ich bin Liebe das Projekt und bedanke mich riesig!

    Ein riesen Dankeschoen an frank1204! Vieleicht koennte man Werbung in Luebeck fuer diese, unsere Seite machen.
    Ein riesen dankeschoen nochmals!

  • Zitat von wissen

    Hinzu kommt, dass man einfach 5 bis 7 Rekkos hätte verbindich vorschreiben müssen, um den Füllbauten Halt zu geben. Man sieht hier eben, dass die modernen Bauten irgendwie mit dieser Aufgabe überfordert sind, sie bräuchten Bauten, an die man sich anlehnen kann. Nur leider gibt es diese nicht und so haben wir dann, weil die Stärke aus sich heraus eben fehlt, das gleiche Problem wie in Dresden am Neumarkt, wenn in einer Straße 5 Bauten nebeneinander ohne Rekonstruktion auskommen müssen.

    Genau das ist es. Anpassungsarchitektur braucht etwas, woran sie sich anpasst, sonst ist sie schal und leer.
    andererseits ists natürlich schon eine glatte Verbesserung, eine Abkehr von der völligen möchtegernmodernistischen Nachkriegsöde. So hässlich wie damals hat man wohl niemals in der Geschichte gebaut.
    Dieser Zwiespalt ist oben gut auf den Punkt gebracht.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Ich sehe es ja grundsätzlich so wie "wissen.de" es treffend und umfänglich beschrieben hat. Selbst die von ihm als positiv angeführte Rückkehr zur historischen Parzellenstruktur wurde ja in Wirklichkeit nur halbherzig umgesetzt. In den unteren Abschnitten der Baublöcke gibt es durch die Verlegung der Querstraßen ja deutliche Abweichungen davon.

    Anpassungsarchitektur braucht etwas, woran sie sich anpasst, sonst ist sie schal und leer.

    Besser kann man es nicht auf den Punkt bringen.

    Aber mir geht es genauso wie "ursus carpaticus": Einerseits hätte man es viel besser machen können - durch die Vorschrift einiger wichtiger Rekos und die Wiederherstellung der Querstraßen. Andererseits wird das Ergebnis um Welten besser als die städtebauliche Katastrophe, die wir hier über 60 Jahre lang hatten. Und es ist überhaupt das bisher erste Projekt in Lübeck seit dem Krieg, das eine großflächige wirkliche Stadtreparatur versucht und in weiten Teilen auch bringen wird. Bisher war es ja kaum möglich, auf Kriegsbrachen oder Abrissgebieten kleinteilige Gestaltungen mit Lochfassaden und Satteldächern zu bekommen (siehe P&C, Haerder-Center, "Beckergruben-Eck", um nur einige jüngere Bausünden zu nennen - von den älteren wie C&A, Parkhaus Mitte, Berufsschule Dankwartsgrube usw. - ganz zu schweigen).

    Aus diesem Grund überwiegt bei mir trotz aller Mängel doch deutlich die Freude und auch Begeisterung darüber, dass wir hier demnächst wieder einen zumindest altstadtähnlichen Stadtraum erleben dürfen, der die vorherigen Vorstadt-Hinterhof-Tristesse im Herzen Lübecks ersetzen wird.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Ich kann in den vorliegenden Bauten in der Fischstraße weder Anpassungsarchitektur noch Füllbauten erkennen. Tatsächlich würde ich sagen, das sind bislang nur Volltreffer, die mit Selbstbewusstsein und Selbstverständnis sagen: "Hallo Ewigkeit, ich bin jetzt ein Teil von dir".

    Der Hangebruch-Entwurf ist auch in der Adaption ein Highlight, die Rekonstruktion verdient Applaus und die beiden außer Konkurrenz laufenden Entwürfe zu Fischstraße 5 & 7/9 finde ich grandios.

    Die Fischstraße ist die teuerste, entsprechend werden sich hier teurere Entwürfe finden, die mehr wagen/wagen können - doch auch in den Parallelstraßen tut sich sehr Positives.

    Den Entwurf von Ellinghaus für die Gerade Querstraße finde ich modern und ästhetisch (es geht!), in der Braunstraße finden sich tolle Entwürfe wie u.a. der von Kim/Nalleweg, in der Alfstraße wird mit dem Eckhaus 31 ein Highlight entstehen. Vielleicht geht Mäder ja auch noch zumindest an die Verfugung heran und optimiert weg vom Plastik-Look, wer weiß...

    Füllbauten? Definitiv in der Minderheit. Anpassungsarchitekur? Also bitte, ich mag Polemik auch, aber alles mit Augenmaß.

    P.S. Ich finde, man kann - wie ich schon schrieb - ein Knospen erkennen. Man entwirft selbstbewusster, wagt mehr, traut sich. Die Kokonphase endet - vielleicht wird es ein Schmetterling. Ich wünsche mir eine positive Begleitung, die Möglichkeiten aufzeigt, die inspiriert.

    Das Gefühl für das Mögliche, vielleicht gar Nötige, ist bei den Verantwortlichen (Architekten und Stadt) da. Sie sollen und dürfen sich gern darin bestärkt fühlen, den eingeschlagenen Weg weiter zu beschreiten.

    Es wird Früchte tragen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Bauherr (7. März 2017 um 14:19) aus folgendem Grund: P.S. eingefügt - let's be positive!

  • Heute war ich wie angekündigt bei der öffentlichen Veranstaltung "Das Gründungsviertel im Fokus". Im ca. dreistündigen Ablauf sprachen zunächst einige Bauherren über ihre Beweggründe, gerade hier zu bauen. Danach wechselte die Runde auf Mitglieder des Gestaltungsbeirats (Prof. Petra Kahlfeldt, Prof. Jörg Springer, Prof. Zvonko Turkali) und Architekten (Ingo Siegmund, Max Nalleweg, Anne Hangebruch), die über die Vorgaben der Gestaltung und über die Qualität der vorliegenden Entwürfe diskutierten. Danach kamen einige Journalisten und Baukritiker sowie der Vorsitzende der Bundesstiftung Baukultur, Reiner Nagel, zu Wort.
    Abschließend wurde die Preisverleihung für die Wettbewerbssieger der Entwürfe des Tiefgaragen-Investoren-Grundstücks durchgeführt. Die ersten drei Plätze belegten "zufällig" die oben genannten drei Architekten.

    Überraschenderweise wurde beinahe unisono deutlich, dass sich die Ansichten insbesondere in der jüngeren Architektenschaft deutlich zu wandeln scheinen. Weg von der Bauhaus-Kultur, die noch im Studium der vorigen Generation prägend war, hin zu traditionelleren Bauformen. Max Nalleweg sprach für sich und auch für Anne Hangebruch davon, das sie wohl die erste Generation seien, die im Studium immer mehr vermittelt bekommt, dass man auch vor traditionelleren Bauformen keine Angst mehr zu haben braucht. Das lässt mich ja für die Zukunft hoffen, sollte das wirklich flächendeckend so sein und auch fortgeführt werden.

    Die Mitglieder des Gestaltungsbeirats und die Architekturkritiker waren fast durchweg der Ansicht, dass viele der bisher vorliegenden Entwürfe zu wenig wagen würden und zu eintönig seien. Insbesondere wurde auch die monotone Reihung von Dreiecksgiebeln (schließlich lebe die Stadt ja gerade von der enormen Vielfalt verschiedener Giebelformen!) und die Zweidimensionalität der Entwürfe bemängelt (genau mein Reden!). Für den Rest der Grundstücke wünschte man sich daher mehr Mut von den Architekten. Es wurde sogar gesagt, dass leider auch schlechte Entwürfe dabei seien, aber die könne man ja irgendwann auch wieder abreißen... Ich frage mich, warum der Gestaltungsbeirat die dann überhaupt erst durchgewunken hat?

    Noch-Bausenator Boden kündigte an, dass sich die Qualität in der Fischstraße gegenüber Alf- und Braunstraße deutlich steigern werde und auch einige Fassaden der Wettbewerbssieger realisiert werden. Man darf also gespannt sein, was da noch kommt.

    Nun zu den Wettbewerbsergebnissen für das Investorengrundstück an der Einhäuschen Querstraße zwischen Braun- und Fischstraße:


    Der 1. Platz ging an Max Nalleweg (Berlin):

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    Abb.1: Platz 1, Max Nalleweg, links: Fassaden an der Fischstraße, rechts Fassaden an der Braunstraße

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    Abb.2: Platz 1, Max Nalleweg, Fassadenabwicklung an der Einhäuschen Querstraße

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    Abb.3: Platz 1, Max Nalleweg, Eckansicht Braunstraße

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    Abb.4: Platz 1, Max Nalleweg, Hofansicht Querstraße

    Die Jury lobte bei diesem Entwurf den Gegensatz zwischen den einzelnen Fassaden in den OGs und deren Auflösung durch fassadenübergreifende Gestaltungselemente im EG. Zudem sei mit "Humor" an die Sache herangegangen, wie am runden Regenfallrohr in der Fischstraße zu sehen sei. "Das prasselt bei Regen bestimmt ganz schön", meinte einer... :blink:

    Meine Meinung:
    Die Abwicklung an der Querstraße gefällt mir ganz gut. Insbesondere die Tiefgaragen-Zufahrten sind mit den Rundbögen ganz gut kaschiert. Und die Hoffassade des Querstraßenriegels hat mit den Rundbögen und dem Laubengang direkt was mittelalterliches.
    Die Fassaden zu Fisch- und Braunstraße gefallen mir aber schon weniger, bzw. nur ansatzweise: Die Rundbogenfenster in den Dachgeschossen sind als Zitat von Speicherluken zwar gut gemeint, allerdings hätte ich sie um ca. 1/3 in der Höhe reduziert. Dann hätte das ganze deutlich authentischer gewirkt. Zudem hätte ich nicht alle Fassaden im gleichen Material gestaltet, was den Eindruck eines großen Baublocks vermittelt, der ja eigentlich vermieden werden sollte. Und dann wieder diese ganzen Dreiecksgiebel...
    Und um die Erdgeschosse gut zu finden, muss man wohl wirklich mit Humor an die Sache gehen. Ich hoffe, dass da zumindest noch ein wenig mehr Struktur hineingebracht wird. Offene Ecken mag ich ja eigentlich auch nicht, aber durch die Rundung hat das ganze schon wieder irgendwas...
    Generell kann ich mit dem Entwurf leben, aber an den drei kleinen Fassaden in Braun- und Fischstraße müssten dringend noch Verbesserungen in den EGs vorgenommen werden.


    2. Platz Anne Hangebruch (Berlin)

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    Abb.5: Platz 2, Anne Hangebruch, links: Fassaden an der Fischstraße, rechts Fassaden an der Braunstraße

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    Abb.6: Platz 2, Anne Hangebruch, Abwicklung Querstraße

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    Abb.7: Platz 2, Anne Hangebruch, Isometrische Gesamtansicht von Südwesten

    Die Jury bezeichnete den Entwurf mit einem Augenzwinkern als "Klosterarchitektur".

    Meine Meinung:
    Das modern adaptierte Motiv der Hochblenden ist an den Giebelseiten sehr passend, an den Traufseiten an der Querstraße mir aber etwas zuviel des Guten und in Lübeck so auch nicht üblich. In der isometrischen Gesamtansicht gefällt mir der Entwurf aber gut. Hier sieht man im Gegensatz zu Nalleweg, dass die kleineren Luken-Rundbogenfenster viel passender sind und zusammen mit den Hochblenden den in meinen Augen erwünschten Eindruck alter Lager-/Kaufmannshäuser vermitteln. Obwohl mich die durchgehend gleichartige Gestaltung der Giebel stört, hätte ich diesen Entwurf eher auf Platz 1 gesehen - wegen der m.E. besseren Gestaltung von EGs und Giebeln. Frau Hangebruch hat es wie auch schon bei Ihren Entwürfen im Fassadenwettbewerb meiner Meinung nach von allen am besten verstanden, lübeck-typische Motive modern zu adaptieren. Ich hätte deswegen gerne mehr von ihr in den drei zur Disposition stehenden Straßen gesehen.


    3.Platz: Ingo Siegmund (Lübeck)

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    Abb.8: Platz 3, Ingo Siegmund, links: Fassaden an der Fischstraße, rechts Fassaden an der Braunstraße

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    Abb.9: Platz 3, Ingo Siegmund, Abwicklung Querstraße

    Meine Meinung:
    Siegmund lehnt sich z.T. an seine Siegerentwürfe aus dem Fassadenwettbewerb an. Wie schon dort überzeugen mich seine klassizistisch inspirierten Entwürfe, die spitzgiebeligen wegen des strengen aufdringlichen Rasters aus schießschartenartigen Fenstern und der fehlenden Giebelgestaltung allerdings leider gar nicht.
    Die Querstraßenansicht ist schon besser, mir aber auch etwas zu streng und hart. Immerhin sind die Fassaden bei diesem Entwurf im Gegensatz zu den beiden obigen unterschiedlich gestaltet, wodurch der positive Eindruck von Einzelhäusern anstatt einer großen Baumasse entsteht.

    Alle Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (19. Mai 2023 um 21:43) aus folgendem Grund: Bilder wiederhergestellt

  • Und hier wie immer bei neuen Entwürfen - die aktualisierten Straßenabwicklungen:

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    Abb.1: Braunstraße, Nordseite


    Fischstrasse-5-27-20170325-kl.jpeg
    Abb.2: Fischstraße, Südseite


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    Abb.3: Einhäuschen Querstraße

    Montagen von mir mit meinen Fotos auf Basis des Rahmenplanes der Hansestadt Lübeck

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    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (19. Mai 2023 um 21:45) aus folgendem Grund: Bilder wiederhergestellt

  • @ Frank, wieder mal besten Dank für deine Beiträge, insbesondere auch für die Darstellungen der Fassadenabwicklungen, ohne die man wohl kaum einen so guten Einblick in das Gesamterscheinungsbild des werdenden Viertels bekommen würde! :blumen:

  • Die Jury bezeichnete den Entwurf mit einem Augenzwinkern als "Klosterarchitektur".

    Genau das Gleiche dachte ich, als ich den Entwurf sah, noch bevor ich Deinen Text gelesen habe.

    Insgesamt gefallen mir alle drei Entwürfe auf ihre Weise gut. Der Siegerentwurf ist dabei aber auch mein Favorit.

  • Danke für die detaillierte Darstellung.
    Mir gefällt der erstplatzierte Entwurf sehr gut. Die Rundfenster in den Giebeln finde ich nicht unpassend groß und auch viel gelungener als beim Zweitplatzierten. Durch die Höhenabstufungen entstünde m. E. auch keine monotone Giebelreihung.
    Ebenfallls besser als beim Zweitplatzierten gefällt mir die Gaubengestaltung in der Querstraße. Lediglich die auf die Ecke gelegte, gläserne Öffnung zur Braunstraße halte ich für weniger gut gelöst. Die Idee an sich ist ganz interessant, aber mit einer gläsernen Schiebetür im Rundbogen ist die Materialität m. E. nicht so passend gewählt. Der drittplatzierte Entwurf versagt m. E. trotz lübischen Doppel-Sockelgeschosses bei der Gestaltung des Giebelhauses und lässt uns zudem bezüglich der Querstraße eher im Dunklen.
    Warten wir mal die Auswahl und etwaige Überarbeitungen ab, aber bange sein muss einem für diese Ecke schon mal nicht. Das ist sehr erfreulich.

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • @ frank

    ich möchte dir zunächst auch einmal persönlich danken. Dein Engagement ist vorbildlich. Durch deine Arbet ist jedem hier im Forum - auch wenn er keine Ortskenntnis besitzt - zu jeder Zeit klar, was wo gebaut wird. Dies ist ein unglaublich wichtiger Beitrag hier im Forum, bedeutet eine Menge Arbeit und verdient es daher, explizit herausgehoben zu werden.

    Zur Sache: Ich bin wirklich positiv überrascht. Vielleicht entwickelt sich das Ganze doch noch positiver als gedacht. Ich finde des Siegerentwurf sehr gelungen, man sieht auf den zweiten Blick, dass es ein Neubau ist, aber auf den ersten Blick ist es doch sehr hanseatisch. Gut so! Es geht zumindest genau in die Richtung, die ich in meiner Kritik weiter oben formuliert hatte. Wenn es in der Art weiter geht, dann bin ich doch noch einigermaßen versöhnt!

    Das einzige, was mir nach wie vor nicht gefällt, ist die Tatsache, dass man null mit der dritten Dimension spielt. Das macht gerade den Charme vieler der Neubauten in Frankfurt aus. Warum beraubt man sich diesem wesentlichen Gestaltungselemen? Verstehe das nicht so wirklich. Aber vielleicht wird hier ja noch nachgearbeitet. Von der Art her erinnern mich die neueren Entwürfe von der Grundtendenz sehr an den Wiederaufbau von Münster. Das wäre ja nicht das aller schlechteste.

    Und nochmals danke Frank für deine tolle Arbeit, sowas braucht das APH! cclap:)cclap:):daumenoben::daumenoben:

    APH - am Puls der Zeit

  • Wunderbar, Frank. Meine Zeit ist leider entsetzlich knapp bemessen, aber unser "Reporter vor Ort" ist ja zur Stelle.

    Kurze Kritik muss sein - nun droht das Projekt für meinen Geschmack langsam doch, ein wenig zu sehr ins Biedere zu kippen. Wirklich fast NUR Satteldächer, kaum formschöne Giebel? Auch Nalleweg bringt nicht mehr zustande. Fährt ansehnliches, aber sachliches Mittelmaß auf (bei dem mir allerdings die Fensteranordnung und -größe auch im Dachbereich sehr gut gefällt). Tolle 3D-Präsentation - vermutlich sein großer Vorteil bei Wettbewerben-, aber gestalterisch frei von großen Ideen. Betrachtet man "sein Ensemble" in der Braunstraße (auch die 30 ist von ihm), so fällt bereits dort ein begrenztes Repertoire auf. Dabei ist das noch ein junger Architekt...

    Siegmunds Entwurf hätte ich souverän und selbstverständlich gefunden, besonders der Klassizist ist schön. Dass auch dort nicht mehr als das Normale angestrebt wurde, ist aber Fakt. Hangebruchs Mädchentraum vom Hanni-und-Nanni-Kloster wäre dann gleich wieder fröhlich übers Ziel hinaus geschossen - hätten da nur rosa Autos in die Garage fahren dürfen? Also wirklich.

    Apropos wirklich - wirklich, Lübeck? Gibt es da oben so eine Art Dreiecksgiebel-Fetisch?

    Ich würde noch in Planung befindliche, wie auch bereits abgesegnete (!) Entwurfs-Teams aus Bauherren/Architekten bitten, nochmals in sich zu gehen. Die paar Euro mehr für eine schöne Fassade machen den Braten auch nicht fett. Wohl aber die Stadt schöner. Und darum geht es doch neben Renditejagd, Investment-Fun und Selbstverwirklichung auch, Herrschaften.

    Lübeck ist Giebelpracht. Gründungsviertel ist Dreiecksgiebel-Orgie. Wir merken - Disharmonie.

    Wie sagte mein Opa auf dem Totenbett: "Solange man noch warm ist, kann man die Welt erobern!".

    Machen!

    Einmal editiert, zuletzt von Bauherr (26. März 2017 um 18:59)

  • Es gibt "einen Guratzsch" zum Lübecker Gründungsviertel. Vielleicht hat ja jemand die €-Version oder die Print-Ausgabe der Welt.
    Dies ist der Durchbruch zu einem neuen Städtebau

    Der Deutschlandfunk zitiert:

    In Lübeck hat man nämlich etwas richtig gemacht, erfahren wir von Dankwart Guratzsch, dem Architekturkritiker der WELT.

    "Im alten Gründungsviertel zu Füßen der Marienkirche, dort, wo die 'Urzelle' der Hansestadt vor einem Dreivierteljahrhundert weggebombt wurde, soll ein Stück 'neue Altstadt' entstehen, errichtet von privaten Bauherren, kleinteilig, gemischt, urban. Wie kann das gelingen? Indem die Stadt die Grundstücke nicht en bloc meistbietend an einen Generalübernehmer oder Großinvestor verkauft, sondern einzeln, Parzelle für Parzelle, an Privatleute und Baugenossenschaften."

    Die laienhafte Frage, warum das nicht immer und überall so gemacht wird, beantwortet der Artikel im weiteren Verlauf: Es liege meistens an der Drückebergerei der Stadtverwaltungen. Denn haben die mehr Arbeit, wenn jedes Haus einzeln ausverhandelt werden muss. In Lübeck geht es immerhin um einen Komplex von 38 Grundstücken. Ein durchsetzungsstarker Bausenator kann aber hier einen Paradigmenwechsel bewirken. Lübeck ist insofern nicht bloß ein Sonderfall, sondern ein Vorbild.

    "Künftig wird es nicht mehr möglich sein", heißt es in der WELT, "dass sich eine Stadtverwaltung hinter dem Argument verschanzt, sie habe sich bei der Absegnung struktur- und stadtbildschädlicher Bauprojekte dem finanziellen Druck von Investoren beugen müssen."

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ein durchsetzungsstarker Bausenator, der jeder Stadt gewünscht sei, wird beim nächsten Mal vor allem hoffentlich keine Verhinderungs-, sondern eine Ermöglichungskultur etablieren. Ansonsten kann man sich dann auch an jener Stätte an generischem Einerlei erfreuen - halbgarem Möchtegern-Geplänkel, das nicht nur Zeit verschwendet, Geld und Lust, sondern sich auch an historischen Vorbildern vergeht, deren sonore Haltung man mal so eben im Handstreich auf genormtes Aldi-Format im Maße DIN AA reduziert. Stolzer Odem wird fauliger Hauch - edler Geist zum blassen Gespenst, das sich jeden Tag mit Bleiche einreibt, um nur ja keine Couleur zu entwickeln.

    Wie beschrieb Frank:
    "Die Mitglieder des Gestaltungsbeirats und die Architekturkritiker waren fast durchweg der Ansicht, dass viele der bisher vorliegenden Entwürfe zu wenig wagen würden und zu eintönig seien. (...)). Für den Rest der Grundstücke wünschte man sich daher mehr Mut von den Architekten. Es wurde sogar gesagt, dass leider auch schlechte Entwürfe dabei seien, aber die könne man ja irgendwann auch wieder abreißen..."

    Wie kann man nach solchen Aussagen von Entscheidungsträgern einen Wettwerb einfach so fröhlich weiterlaufen lassen, ohne sofort auf die Bremse zu treten? Wieso lockert man die offenkundig Schaffenskraft abwürgenden Zügel nicht und ermöglicht den festgezurrten Pferdchen nicht den stolzen Galopp? Stattdessen steuert man fröhlich weiter auf die selbstgemauerte Wand zu. Chapeau.

  • Ein durchsetzungsstarker Bausenator, der jeder Stadt gewünscht sei, wird beim nächsten Mal vor allem hoffentlich keine Verhinderungs-, sondern eine Ermöglichungskultur etablieren.

    Zu dem Thema gerade heute in den LN eine Aussage der neuen Bausenatorin Glogau, gerade zwei Tage im Amt:

    Zitat

    Die parteilose Bausenatorin Joanna Glogau, seit vorgestern im Amt, äußerte sich zu dem Thema vorsichtig. „Wir brauchen nicht zwangsweise dieses Welterbezentrum, um den Status zu behalten“, sagte sie im Gespräch mit LN-Redakteurin Josephine von Zastrow. „Es kann die Öffentlichkeitsarbeit bestärken. Es ist aber auch mit Betriebs- und Folgekosten verbunden. Wir wollen ja auch nicht in Konkurrenz treten zu musealen Angeboten der Stadt in dem Bereich.“

    Soso, aus Angst vor Kosten scheut auch sie sich davor, selbst 30 Jahre nach Lübecks Ernennung ein Welterbezentrum einzurichten. In Wismar und Stralsund, erst seit ein paar Jahren Welterbe, gibt es das längst. Und was haben die Museen mit dem Welterbe zu tun? Sie hat´s offenbar (noch) nicht verstanden. Aber ich hoffe, dass sie es noch lernt. Warten wir mal die ersten 100 Tage ab.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

  • Wieviele der Bauherren des Gründungsviertels, die sich zwischen Reko und einem der zeitgenössischen Entwürfe entscheiden konnten, haben sich eigentlich für die Reko entschieden?

  • Außer denen auf den neu geordneten Parzellen der verschobenen Querstraßen hätten sich alle anderen für Rekos entscheiden können, also mehr als 30. Dafür entschieden hat sich bisher aber leider nur ein einziger (Fischstraße 17). Für die bedeutende Fassade Fischstraße 19 hätte es auch einen Investor gegeben, aber diese Reko wurde leider durch den Denkmalpflege vereitelt, die die Rückführung der Steine von Mengstraße 6 aus nicht nachvollziehbaren Gründen verhindert hat (siehe im Strang weiter oben). Mir ist dabei nicht ganz klar geworden, wieso man diese Fassade nicht komplett mit neuen Steinen bauen konnte/wollte, wenn das Geld schon da war.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (13. Juni 2017 um 21:35)