• Aber das Neue Rathaus steht doch noch. ?

  • Ohne jetzt Ahnung zu haben, las ich bei Wikipedia, dass 1889 östlich des Alten Rathauses ein neues Verwaltungsgebäude errichtet wurde. Östlich des Rathauses befindet sich auch die von "Magdeburger" angesprochene Johanniskirche und sonst nichts mehr. Das heutige Neue Rathaus steht nördlich des Alten Rauthauses und stammt von 1907. Klassisches Missverständnis?

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Es handelt sich tatsächlich um ein anderes Gebäude. Das heutige Neue Rathaus war früher der Verwaltungsbau einer Versicherungsgesellschaft. Wenn ich mich recht erinnere, wird es erst seit der Zeit nach dem letzten Krieg für die Stadtverwaltung genutzt. Das "alte neue" Rathaus existiert heute nicht mehr, wohl ein Kriegsverlust.

    Die genannten Himmelsrichtungen passen. Auf diesem Bilde sind alle drei "Rathäuser" - also das alte und die beiden neuen - gleichzeitig abgebildet. Das gesuchte Gebäude befindet sich nordwestlich der Johanniskirche (Eckhaus mit Hauptfront nach Westen):

    http://www.flickr.com/photos/magdebu…157625205971247

  • Magdeburg muss mal eine wunderschöne Stadt gewesen sein. Wie zum Beispiel dieses Bild zeigt.
    Und heute ist das gesamte Stadtbild ausgelöscht. Fast gar nichts ist übrig. Von der reichen Geschichte nichts mehr zu spüren. Selbst wenn es gelänge die Ulrichskirche zu rekonstruieren, wäre das nur ein Tropfen auf den heissen Stein. Eine Wiederherstellung des alten Stadtgrundrisses und des historischen Straßennetzes wäre ein guter Anfang. Doch dafür müssten noch massenhaft Plattenbauten abgerissen und Straßen stillgelegt werden. Ich befürchte, Magdeburg benötigt ein Wunder, um wieder eine attraktive Stadt zu werden.


  • Die genannten Himmelsrichtungen passen. Auf diesem Bilde sind alle drei "Rathäuser" - also das alte und die beiden neuen - gleichzeitig abgebildet. Das gesuchte Gebäude befindet sich nordwestlich der Johanniskirche (Eckhaus mit Hauptfront nach Westen):

    http://www.flickr.com/photos/magdebu…157625205971247


    Also das Gebäude, das zum Teil von den Türmen der Johanniskirche verdeckt wird?

    Ich hatte eher auf eine Schule getippt.

    Aber zu diesem Gebäude findet man bei Google überhaupt nichts, kein Bild, keine Info. Bei "neues rathaus magdeburg" kommt immer nur das von mir verlinkte, noch stehende Gebäude.

    In Wikipedia ist ebenfalls von zwei Rathäusern die Rede, dort heißt es:

    Zu jener Zeit stieß die Verwaltung abermals an räumliche Grenzen, so dass in den Jahren 1905 bis 1907 nördlich des Alten Rathauses das heutige Neue Rathaus errichtet wurde. Hier zogen die städtische Sparkasse, die Stadtbibliothek und das Stadtarchiv (welches noch heute hier zu finden ist) ein.

    Das Alte Rathaus wurde durch die Luftangriffe des 28. September 1944 und des 16. Januar 1945 schwer beschädigt, das Neue Rathaus brannte aus. Erst 1950 wurde mit der Wiederaufbau der beiden Rathäuser begonnen, das Städtische Dienstgebäude wurde abgerissen.

    Oder ist mit Städtisches Dienstgebäude der fragliche Bau gemeint?

  • Man muss beim Wikipedia-Eintrag aber auch nur zwei Sätze zurückgehen, dann erklärt sich auch das "abermals an räumliche Grenzen" anlässlich des Baus des heutigen Neuen Rathauses. Der Bau des sog. Städtischen Verwaltungsgebäudes an der Jakobstraße östlich des Alten Rathauses enstand demgemäß im Jahr 1889.

    Aber zu diesem Gebäude findet man bei Google überhaupt nichts, kein Bild, keine Info.

    Über eine Suche abseits der virtuellen Trampelpfade ließ sich folgendes Bild des zerstörten Verwaltungsgebäudes auftreiben:
    http://magdeburger-chronist.de/md-chronik/1800/luther.JPG

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Zitat

    Mit der Zeit wurde das Rathaus für die wachsende Verwaltung zu klein, so dass 1889 östlich des heutigen Alten Rathauses ein neues Städtisches Dienstgebäude errichtet wurde


    Ah ja. Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. :peinlich: Aber etwas verschachtelte Informationen enthält der WP-Artikel schon, oder? In Großstädten gibt es in aller Regel ein altes und ein neues Rathaus, und fertig. Und nicht ein altes und ein neues und noch ein irgendwie auch neues. Vielleicht sollte man den Artikel diesbezüglich etwas aufräumen.

  • So, ich habe mich jetzt mal - zumindest am Bildschirm - ein klein wenig mit dieser Stadt befasst. Ich halte ja nichts von Forumsbeiträgen der Sorte "am besten die ganze Stadt abreißen und den Vorkriegszustand komplett rekonstruieren" - aber in Magdeburg, der Stadt, die abseits der Gründerzeitviertel so dermaßen ausradiert und neuerfunden scheint, überlege auch ich immer wieder, ob und wie und wo man der Stadt wenigstens ein winziges Stück ihrer alten Gestalt zurückgeben könnte. Und da kam mir folgende Überlegung:

    Die Johanniskirche ragte ja 1945 neben der Ruine des Alten Rathauses einsam aus den Trümmern (wobei hier noch weitaus mehr Ruinen zu sehen sind).

    Was für ein gespenstischer Anblick:

    Und diese beiden Bauwerke waren offenbar - neben dem "einen Neuen Rathaus" - auch die einzigen Gebäude weit und breit, die nicht abgeräumt, sondern wiederaufgebaut wurden.

    Da hätte es nahe gelegen, dieses spärliche Ensemble als Keimzelle für einen wenigstens an den Vorkriegszustand angelehnten Wiederaufbau dieses Teils der Altstadt zu nehmen. Stattdessen umgaben die DDR-Stadtplaner die Johanniskirche mit Grünflächen und überdimensionierten Plattenbauten. Ich habe den Eindruck, diese Bebauung war gewissermaßen die Rache an den Denkmalschützern, die sich bei der Kirche durchgesetzt hatten (was in Magdeburg ja leider auch nur vereinzelt vorkam). Es scheint, man wollte der verhassten Kirche noch mal "einen mitgeben", indem man sie ihrer städtebaulichen Fassung beraubt und sie mit riesigen Plattenbauriegeln bedrängt. Hier ist das gut zu sehen.

    Und dennoch wäre die Gegend m.E. noch immer geeignet, um ein kleines bißchen altes Magdeburg zurückzuholen. Denn wegen der Grünflächen ist einiges an Platz da.

    Den auf dem unteren Bild ("J"=Johanniskirche, "R"=jeweils die beiden heute noch zumindest teilweise stehenden Rathausbauten) grün umrandeten Teil könnte man rekonstruieren, ohne die heutige Bebauung zu tangieren; nur einige Bäume müssten fallen. Für den rot umrandeten Teil müsste einer der drei Plattenbauriegel abgerissen werden. 32 Mietparteien wären, wenn ich das richtig sehe, davon betroffen. Wenn man ihnen zur gleichen Miete Wohnungen in dem grün umrandeten Teil anböte, würde man den Riegel wohl auch leerbekommen. Eine teilweise geänderte Straßenführung wäre notwendig, aber unproblematisch, weil genug Platz vorhanden ist. Es entstünde eine Art "Johanniskirchviertel", eine kleine Traditionsinsel, ein Viertel mit Wohnungen, Geschäften und Lokalen, das irgendwann Stück für Stück erweitert werden könnte - in Richtung Elbe sogar ohne weitere Abrisse.

    (Zum Vergleich die heutige Situation als Luftbild aus Google Maps)

    Mich würde interessieren, was Ihr davon haltet. Bitte keine Belehrungen à la "Wer soll das finanzieren" oder "Das kommt sowieso nicht" - das weiß ich selbst. Es geht mir nur um die Idee.

    Abgesehen davon: Vor gut 10 Jahren konnte sich auch noch niemand vorstellen, dass aus der Frankfurter Betonwüste zwischen Dom und [lexicon='Römerberg'][/lexicon] mal ein in Teilen originalgetreu rekonstruiertes Stück Altstadt werden könnte, dass das gigantische Betonmonstrum namens Technisches Rathaus einfach verschwindet und die historischen Gassen wieder neu angelegt werden - das hätte man alles für utopisch gehalten und als Phantasterei abgetan.

  • Das kommt sowieso nicht. Wer soll das denn finanzieren?


    ablachen:)


    Nein, Spaß beiseite. Es müsste dazu geklärt werden, ob es überhaupt rekonstruktionswürdige Gebäude in dem Areal gegeben hat. Bzw. Gebäude, deren Rekonstruktionswürdigkeit man eben nach heutigem Bewusstsein irgendwie vermitteln kann. Auf dieser Aufnahme kann ich z.B. wenig vorgründerzeitliche Altstadt in dem Areal erkennen: http://img.beeat24.de/ak_img_n/17705a.jpg
    Vielleicht kann ja ein Magdeburger ein wenig aufklären, was in dem Bereich einst stand. Sollte man dann bei einer "kritischen Rekonstruktion" landen (also Grundriss ohne Gebäude-Einzelrekonstruktionen), müsste man genau prüfen, wie das Ergebnis aussieht. Mit Berliner Rasterfassaden a la Lüscher oder Neubauten a la Unterneustadt Kassel (http://www.film-commission-hessen.de/WebObjects/LH.…ails;de;no=1046) wäre der Sache vermutlich kaum gedient. Dann vielleicht doch besser die Grünfläche belassen, oder?

  • Das Rathaus hat derzeit im Osten kein bebauten Hinterland, das ist schon ein sehr unbefriedigender Zustand und würde mit der neuen Bebauungsinsel sich entsprechend verbessern. Das trifft selbst dann zu, wenn keine alten Fassaden rekonstruiert werden.

    Ich glaube, nördlich des Johanniskirchhofs begann gleich das sogenannte Knattergebirge mit einer übermäßig verdichteten Bebauung - das andere Extrem zum heutigen Zustand. Das muss man vielleicht nicht wiederhaben. Aber eine Bebauung mit geschlossenen Blockrändern wäre nicht nur für das Stadtbild von Vorteil, sondern würde auch gegen den Verkehrslärm der Straße "Schleinufer" abschirmen.

    Einmal editiert, zuletzt von 05hamburg (6. November 2013 um 19:26)

  • Vielleicht wäre es gut, sich etwas vom Bild des heutigen Magdeburg zu lösen, dem ja dessen ursprüngliche sehr hohe Bedeutung keinesfalls angesehen werden kann. Allenfalls die Hegelstraße in südlicher Flucht des Doms in Richtung Hesselbachplatz lässt etwas vom Reichtum und damit auch baulichen Reichtum erahnen.

    Ich weß nicht, was im Einzelnen im eingezeichneten, rot umrandeten Areal stand. Dennoch kann es resultierend aus der seinerzeitigen Bedeutung Magdeburgs schon als mittelalterliche Metropolis fast gleich mit Rom und Jerusalem nicht unerheblich gewesen sein. Der Vergleich mit dem Dom-Römer-Quartier in [lexicon='Frankfurt am Main'][/lexicon] geht deshalb m. E. nicht fehl. Was das Lübsche Recht für den Ostseeraum bis hin ins Baltikum, war das Magdeburger Stadtrecht als außerordentliche praktische Rechtsinstitution für den Raum bis hin nach Oberschlesien, ja sogar bis Krakau. Damit ist nicht der territoriale Einfluss gesetzt, sondern der kulturgeschichtliche.

    Nach den drei Zerstörungen Magdeburgs - der 1. durch die Truppen Tillys im Dreißigjährigen Krieg, der 2. durch die Luftangriffe im 2. Weltkrieg, der 3. durch den Neukonstruktionsanspruch der Stadt seitens der SED - wäre es an der Zeit, etwas von der ursprünglichen Bedeutung Magdeburgs wieder aufzugreifen, so unrealistisch das auch erstmal klingen mag, weil eben a) die Finanzen kaum da sind und b) die 40-jährige Zugehörigkeit zur DDR es in den Köpfen vieler Menschen als ostdeutsche / als ehemalige DDR-Stadt ausweist.

    Das sollte allerdings nicht von weitergehenden Perspektiven abhalten.

  • Hier eine aus Wikipedia herauskopierte Karte von 1572. Die Stadt hatte seinerzeit den Überlieferungen zufolge sagenhafte 20.000 Einwohner. Zu mittelalterlichen Zeiten, in der die meisten Menschen gerade mal bis drei zählen konnten, war dies eine schier unglaubliche Ansammlung von Menschen.

    Die Karte ist selbstverständlich ORIENTiert und nicht eingeNORDet.

    http://upload.wikimedia.org/wikipedia/comm…z_Hogenberg.jpg

  • Mit Berliner Rasterfassaden a la Lüscher oder Neubauten a la Unterneustadt Kassel (http://www.film-commission-hessen.de/WebObjects/LH.…ails;de;no=1046) wäre der Sache vermutlich kaum gedient. Dann vielleicht doch besser die Grünfläche belassen, oder?

    Nein, so ein Gebilde wie die Unterneustadt meine ich natürlich nicht (wobei das zweite Haus von links auf Deinem Bild sogar noch halbwegs vertretbar aussieht im Vergleich zu den grauseligen Nachbarn und - bei Wiederherstellung wenigstens des alten Straßennetzes - gegenüber dem heutigen Zustand durchaus eine Verbesserung darstellte).

    Ich denke aber eher an eine Mischung aus Rekonstruktion und angepasstem Neubau, wie sie demnächst in der Frankfurter Altstadt entsteht; allerdings beschränkt auf die gelungenen Füllbauten einschließlich der (leider) nicht realisierten Entwürfe.

  • Ich glaube, nördlich des Johanniskirchhofs begann gleich das sogenannte Knattergebirge mit einer übermäßig verdichteten Bebauung - das andere Extrem zum heutigen Zustand. Das muss man vielleicht nicht wiederhaben. Aber eine Bebauung mit geschlossenen Blockrändern wäre nicht nur für das Stadtbild von Vorteil, sondern würde auch gegen den Verkehrslärm der Straße "Schleinufer" abschirmen.

    Nun ja, die allzu dicht bebauten, tageslichtarmen Hinterhöfe muss man natürlich nicht 1:1 nachbauen, das versteht sich von selbst. Ich würde auf Hinterhäuser komplett verzichten und stattdessen Licht, Luft, Balkons und ein wenig Grün im Innenhof vorsehen - so wird es ja auch am Dresdner Neumarkt gemacht, sofern dort nicht noch eine dieser unsäglichen Einkaufspassagen reingequetscht wird, weshalb DD auch nur bedingt als Vorbild taugt.

  • Die Johanniskirche wurde übrigens nicht in der DDR-Zeit rekonstruiert, sondern die Ruine wurde nur als Mahnmal belassen. Erst nach der Wende beschloß man, die Kirche wiederaufzubauen. Die Leere hinter dem Rathaus und der Johanniskirche irritiert auf Bildern vom Marktplatz aus, mit den Plattenbauten hinten links, immer sehr. Dennoch bleibt kurz- bis mittelfristig die Rekonstruktion der Ulrichskirche im Zusammenhang mit dem Abbruch des "Blauen Blocks" gegenüber auf der Ernst-Reuter-Allee, an dessen Stelle man klassisch bauen könnte oder die Häuser, die hier nach dem Krieg noch standen und erst für den "Blauen Block" abgerissen wurden rekonstruieren könnte, die beste Chance, das Stadtbild Magdeburgs mit Bedacht auf der Historie erheblich zu verbessern.
    Der Verein für den Wiederaufbau der Ulrichskirche kämpft unermüdlich für die Rekonstruktion der Kirche weiter, und das nach der katastrophalen Volksabstimmung. Es ist an der Zeit, daß Rekonstruktionsfreunde ihre Verbitterung über diesen Volksentscheid vergessen, diese Stadt nicht aufgeben und den Ulrichskirchenverein kräftig unterstützen.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

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    Der Verein für den Wiederaufbau der Ulrichskirche kämpft unermüdlich für die Rekonstruktion der Kirche weiter, und das nach der katastrophalen Volksabstimmung. Es ist an der Zeit, daß Rekonstruktionsfreunde ihre Verbitterung über diesen Volksentscheid vergessen, diese Stadt nicht aufgeben und den Ulrichskirchenverein kräftig unterstützen.

    Auch in Dresden konnten sich anfänglich ja sogar 90 % nicht für den Wiederaufbau der Frauenkirche erwärmen und bei den allermeisten Rekonstruktionsvorhaben, nicht nur von Kirchen, sieht dies keineswegs anders aus. Wer eine bloß rechnerische Volksabstimmung schon für Demokratie hält oder sich derart ins Bockshorn jagen lässt, steht angesichts der auftretenden Negativ-Koalitionen schlichtweg auf verlorenem Posten. - Analoges fand sich auch bei den Volksentscheiden zulasten von Straßenbahn(erweiterung)en in Frankfurt (Oder) und der Einführung in Aachen.

    DAFÜR sind jeweils Menschen, die genau dieses Projekt, in genau dieser Ausgestaltung, zu genau diesen Kosten an genau diesem Ort haben wollen,

    dagegen sind alle anderen, die entweder

    1. das Gesamtprojekt nicht mögen,

    2. grundsätzlich dafür wären, allerdings an einem anderen Ort

    3. grundsätzlich dafür wären, allerdings zu anderen Kosten

    4. grundsätzlich dafür wären, allerdings bei anderer Ausgestaltung

    Mithin liegt die Wahrscheinlichkeit gleich zu Anfang, ohne dass ein Stein gesetzt würde oder ein Meter Gleis verlegt würde, nach meiner Einschätzung 1 : 4 oder kaum über 20 % der Abstimmenden.

    Dies sollte nüchtern ins Kalkül gestellt werden, bei ganz wenigen Ausnahmen, wo dies gleich zu Anfang anders ist.