Potsdam - der Lustgarten

  • Ich als Nichtpotsdamer, der die Stadt überhaupt noch nie betreten hat, würde einen anderen Zugang bevorzugen. Der Lustgarten ist ja das eigentliche Zentrum der Stadt gewesen, kann man das so sagen? Der Lustgarten und keineswegs der Alte Markt, der mir mehr als kleiner, quasi natürlich( =zufällig) gewachsener Stadtraum zwischen drei oder vier Monumentalbauten erscheint. Nun wäre der Lustgarten sehr leicht wiederherzustellen, ja eigentlich ist bereits alles da (sieht man vom sehr prägenden Turm der GK ab).
    Notwendig wäre jedoch in erster Linie eines: die Beseitigung der Verkehrsschneise. Das wiederum kommt mir völlig unrealistisch vor. Schließlich hat die Linke schon bei der GK-Debatte ihre Liebe zum Individualverkehr entdeckt und wird sich jeglicher fortschrittlichen Vision einer verkehrsbefreiten Innenstadt widersetzen. Von der bürgerlichen Seite ist da ja sowieso nichts zu erhoffen. Und die Grünen werden zu schwach sein bzw ebenfalls die Bedienung preußennostalgischer Interessen wittern. Sicher wird die heutige Sicht von Verkehrsfragen irgendwann einmal obsolet sein, bis dahin bleibt der Lustgarten auf Wartetaste.
    Warum soll bis dahin das Mercure nicht bleiben? So schön ist die Leere auch wieder nicht, und dieses Relikt an die DDR-Zeit erscheint mir noch ungleich annehmbarer und weniger schädlich als Staudenhof und FHS sowie der Block hinterm Rathaus.
    Ich weiß daher nicht, ob die Beseitigung des Mercure nicht ein Pyrrhussieg für die Traditionsbefürworter wäre, die nur umso erbitterteren Widerstand bei wichtigeren Projekten hervorrufen würde.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • #183, genau, der Lustgarten ist/war das städtebauliche Zentrum der Stadt. Ich habe mir das ganze am Wochenende angesehen. Das Schloß leuchtet wie ein Diamant und ist aus allen Richtungen zu sehen, ob man nun über die Brücke kommt, oder durch die Breite Straße, oder hinten im Lustgarten an den Ringerkollonaden steht. Leider bin ich beim fotografieren beinahe mehrfach überfahren worden - die Straße ist selbst sonntags stark frequentiert und hat einen Verkehrsfluss wie eine Autobahn - die zahlreichen Ampeln, die sich in jedes Foto zwängen, sind -ostdeutschlandtypisch- nur nach Belangen des Verkehrs getaktet. Die Straße stört mindestens genau so wie das Hotel. Die Straßenbahn wäre ggf. noch hinnehmbar, hier stören allerdings auch die Oberleitungen. Man stelle sich den Schloßpark Schönbrunn, Versailles oder das städtebaulich ähnlich eingeordnete Würzburger Schloß mit einer Autobahntrasse zwischen Schloss und Park vor - undenkbar.

  • Zitat

    #185 Die Straße stört mindestens genau so wie das Hotel. Die Straßenbahn wäre ggf. noch hinnehmbar, hier stören allerdings auch die Oberleitungen. Man stelle sich den Schloßpark Schönbrunn, Versailles oder das städtebaulich ähnlich eingeordnete Würzburger Schloß mit einer Autobahntrasse zwischen Schloss und Park vor - undenkbar.

    Ja, das wäre anderswo unerträglich. Für Potsdam muss ein diesbezügliches Problembewusstsein erst entstehen. Momentan ist man von der Existenz des Schlosses noch zu begeistert (was auch gut so ist)... Kommt Zeit, kommt neue Einsicht... Die momentanen Pläne um die Verbreiterung der F.E.STraße taugen leider nicht viel, werden aber wohl eh nicht in absehbarer Zeit umgesetzt.
    Das Problem um das Mercure ist da wirklich zweitrangig. Wenn das Potential dieses neuen Platzes erst einmal erkannt ist, löst sich dies von selbst.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Da dachte ich auch grad dran.
    Und an die großzügige Eingangssituation des historischen Darmstädter Waldfriedhofs, in die ein Autobahnzubringer mit voller Wucht hineinknallt.

    Allerdings sind die JETZIGEN Potsdamer Planungen nicht unbedingt auf dieser Linie - der Mehrheitsflügel der Partei Die Linke mit der verbissenen Beibehaltung der siebenspurigen Friedrich-Ebert-Straße hat sich ja glücklicherweise in der Stadtverordnetenversammlung nicht durchsetzen können -, allerdings empfinde ich die Entscheidung einer faktisch doppelt so breiten Friedrich-Ebert-Straße wie die historische Hohewegstraße es seinerzeit war, als Akt der Phantasielosigkeit.

    Das Erfurter Brühl zeigt, dass eine gut frequentierte Straßenbahntrasse mit einer Auto-Anliegerstraße auf einem Gleis und damit einer einzigen Richtungs-Fahrspur gut kombinierbar ist. Das ginge selbst bei zweifelloser höherer ÖPNV-Frequenz in Potsdam.

  • Liebe Forumsmitglieder,

    Freiherr von Ketteler hat, durch eine anonyme Spende von 500.000 Euro, die Möglichkeit das Neptun- Bassin fast wieder herzustellen und was macht die Stadt Potsdam, sie hat kein Interesse an der Wiederherstellung, so scheint es zumindestens wenn man den aktuellen Bericht in der PNN von 19.07.2013 liest. Ich finde es wirklich bedauerlich und man muss sich schon fast schämen. Es gibt großzügige Spenderinnen/er bzw. Bürgerinnen/er die das Portmonaie weit öffnen und dann sagt die Stadt "Nee lass mal", aber genauso geht es ja mit den Stadtschlossfiguren!! :sad:
    PNN
    http://www.pnn.de/potsdam/770918/

    MAZ
    http://www.maz-online.de/Lokales/Potsda…er-Neptunbecken

    (in diesem Bericht gibt es mehr Informationen)


    Grüsse :lehrer:

    Einmal editiert, zuletzt von Meister Lampe (19. Juli 2013 um 15:03)

  • Zitat

    Allerdings habe der anonyme Spender, der schon eine der bereits bestehenden Figuren finanziert habe, eine Bedingung gestellt, sagte von Ketteler. Der Lustgarten müsse in seiner jetzigen Form erhalten bleiben

    Ja das ist natürlich auch eine ganz schreckliche, gar völlig unannehmbare Forderung für die Volksvertreter der "Hauptstadt der kleinen DDR". Schließlich sollte man sich für die Zukunft nicht alle Optionen hinsichtlich Winkelbauten, Straßen oder gar Aufmarschplätzen verbauen, und das schon gar nicht für ein paar nachgemachte Barock-Figuren. >>Ironie-Modus off<< :boese: :kotz:

  • Oh Kralle,

    ich hätte es nicht besser zu formulieren vermocht. Nur das /ironie off am Ende ist doch recht unverständlich. Schließlich handelt es sich nicht um Ironie, sondern um Potsdamerische Real-Politik.

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

  • Liebe Freunde,

    wir dürfen eben hoffen das, das Hotel "Mercure" und der Lustgarten mit in das Sanierungsgebiet bzw. Projekt kommen, denn dann könnte man sicher gehen das der Lustgarten wieder kommt, wenn er auch durch eine Strasse zerschnitten ist. Was ist eigentlich mit dem Tor was Anfang der 50er Jahre eingeschmolzen worden ist. Man sagt immer es hätte den Lustgarten abgegrenzt aber ich habe es noch nie gesehen.

    Viele Grüsse :lehrer:

  • Hallo,

    endlich scheint eine für viele Potsdamer verträgliche Lösung gefunden zu sein:

    "Weiße Flotte rückt ans Mercure"

    "Für den Neubau eines Hafengebäudes im Lustgarten am Fuß des Hotels Mercure zeichnet sich eine deutliche Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung ab"

    http://www.maz-online.de/Lokales/Potsda…ckt-ans-Mercure vom 09.08.13, MAZ

    Damit hat der Karpfenteich die reale Chance, in alter Schönheit wieder zu entstehen.

    Schöne Grüße...

  • Hallo zusammen,

    steht Potsdam ein Fiasko wie bei der Ullrichskirche in Magdeburg bevor? Die SED, nein PDS sorry Linke will auf Vorschlag des Brandenburgischen Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden der SVV der Linken, Genosse Dr. Stasi-Scharfenberg eine Bürgerbefragung durchführen, in der die Frage nach dem Abriss des Interhotels gestellt werden soll.

    Nachzulesen in der PNN.

    Was in diesem Land passiert, wie die politische "Aufarbeitung" der DDR-Zeit geschieht, zeigt der Umgang des Brandenburger Landtagspräsidenten Gunter Fritsch (SPD) mit der DDR-Enquetekommission, welche erst rund 20 Jahre nach der friedlichen Revolution '89 gegründet / gestartet wurde. Nachzulesen hier.

    Grüße aus der Hauptstadt der kleinen DDR
    Luftpost

    Einmal editiert, zuletzt von Luftpost (12. August 2013 um 10:34)

  • Auch ich habe bei einer Bürgerbefragung überhaupt kein gutes Gefühl. Nicht weil die Leute primär das Gebäude schön finden würden. Aber ich habe so meine Zweifel, ob über 50% für den Abriss eines zumindest oberflächlich noch intakten Gebäudes stimmen. Dann spielt die Linke wieder die Nostalgiekarte aus, es werden die schönen Erinnerungen beschworen, die an dem Gebäude hängen und dann werden die Wessis beschimpft, die doch eh alles aus der DDR-Zeit schlecht reden und und und. Bei den politischen Verhältnissen glaube ich dann nicht an eine Mehrheit für den Abriss. Schlimmer noch. Wenn sich die Mehrheit gegen den Abriss ausspricht, muss mit dem Gebäude ja etwas passieren. Vermutlich fasst man das Ergebnis dann als Legitimation für einen langfristigen Erhalt auf an dessen Ende wohl die Sanierung stehen wird. Keine guten Aussichten!

    APH - am Puls der Zeit

  • Es ist ja irgendwie modisch geworden, Volksabstimmungen über alles mögliche zu veranstalten und schon diese rechnerische Bestätigung oder dieses rein rechnerische Niederstimmen für Demokratie zu halten. Sind Sie dafür, dass der Delinquent x, y, z für alle Tage im Bau verschwindet, dass die Rübe ein Kopf kürzer gemacht wird oder er freigesprochen wird? Ihre Zustimmung wird erbeten unter Taste 7, 8 und 9.

    Entschuldigung für diese sehr sehr grobe Zuspitzung, doch ich halte eine Volksabstimmung oder auch nur Befragung zum stehengebliebenen Torso der ganzen Reihe von Hochhäusern, die dort vom Plan her hätten stehen sollen und schon zu DDR-Zeiten (bis auf dieses eine) absichtlich nicht gebaut wurden, für verfehlt. Die Erinnerung an gesellige Stunden und an gesellige Veranstaltungen werden höherrangiger veranschlagt und sind stärker im Bewusstsein verankert, als die ausgebildete Empfindung für die erhebliche Störung des Stadtraums.

    Soll ich eine Abstimmung darüber machen, ob im Museum besser der Gaugin, der van Gogh oder doch lieber der Leonardo den Vorzug kriegen soll?

    Das Hochhaus kann überall stehen und von daher braucht es nirgends zu stehen; der Potsdamer Lustgarten, Sinnbild aller nachfolgenden Gärten, aber kann nur hier sein.

    Im Falle des Falles wäre ich allerdings kein Freund des Zensus-Wahlrechts, dass das Gewicht der Geldschatulle über das stimmenmäßige Gewicht entscheiden soll. Ich wäre ein Freund des Naheliegenden. :blink: Ein zunehmender Multiplikationsfaktor mit der Nähe zum Ort des Geschehens, ein abnehmender mit der Ferne der Wohnung zum Stadtkern, reicht vollkommen aus

  • Da Bürgerbefragungen keinen verbindlichen Charakter aufweisen, würde ich mir keine gesteigerten Sorgen machen. Dennoch bleibt es ein Rätsel, warum die Linke ihre Energie für ein privatwirtschaftlich geführtes Hotel verschwendet.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • nunja..man kann somit perfekt die Harmonie von Schloss und Lustgarten auf Jahre torpedieren und sich für die anstehenden Rekoprojekte und den neuen (alten) Landtag rächen. Kindergarten ist absolut nichts dagegen. :gehtsnoch:

    "We live in the dreamtime-Nothing seems to last. Can you really plan a future, when you no longer have a past." Dead Can Dance - Amnesia