Bremen - der Westen und das Hafengebiet

  • Der Onkel hat gerade wieder ein produktive Phase und überschwemmt das Forum weiter mit Bildern. Heute war ich auch mal wieder in Walle, dort ist mir unter anderem das Gymnasium des Schulzentrums Walle in der Langen Reihe. Es ist ein wirklich beeindruckendes Gebäude aus der Zeit des Backsteinexpressionismus und erinnert mit seinem Turm ein wenig an das Osloer Rathaus:

    Schulhofseite:

    Schick sind bei diesen Gebäuden die vielen kleinen Details, hier zum Beispiel aus dem Nichts diese Rundung:

    Oder diese Sonnenuhr:

    Ich bin einfach mal reingegangen, auch der Eingang und das Foyer sind sehenswert:

    Man beachte die kleine Putte, die sich da am Treppenaufgang räkelt:

    Diese fast amerikanisch anmutenden Trinkbrunnen habe ich schon in vielen Bremer Schulen aus dem ersten Drittel des 20. Jahrhunderts gesehen, leider wohl nicht mehr in Benutzung:

    Rückweg mit Blick nach draußen:

    Allein schon diesen geilen grünen Fliesen, und die Gestaltung der Außentüren. Einfach gute Architektur. Die Schulgebäude aus dieser Zeit sind wohl in allen deutschen Städten etwas ganz Besonderes.

  • Der Onkel hat gerade wieder ein produktive Phase und überschwemmt das Forum weiter mit Bildern. Heute war ich auch mal wieder in Walle, dort ist mir unter anderem das Gymnasium des Schulzentrums Walle in der Langen Reihe. Es ist ein wirklich beeindruckendes Gebäude aus der Zeit des Backsteinexpressionismus und erinnert mit seinem Turm ein wenig an das Osloer Rathaus:

    Allein schon diesen geilen grünen Fliesen, und die Gestaltung der Außentüren. Einfach gute Architektur. Die Schulgebäude aus dieser Zeit sind wohl in allen deutschen Städten etwas ganz Besonderes.

    Der Backsteinexpressionismus gehört ja ohne Zweifel zur Moderne. Und trotz meiner Abneigung gegenüber diesem Baustil muss ich doch sagen, bei Deinem Schulbeispiel aus Walle erkenne ich doch so etwas wie einen Gestaltungswillen, etwas baukünstlerisches. Alleine schon die grünen Fliesen: das fühlt sich an wie die wilden, Zwanziger Jahre, wie Kokainorgien im damaligen Berlin, wie der Expressionist Kirchner mit seinen oftmals in grünliche irrlichternden Bildern, die einen ganz bestimmten Gefühlzustand dieser Zeit widerzuspiegeln scheinen. Grün ist der Absinth, die Grüne Fee, die in jener Zeit großen Zuspruch fand. Ich habe bei diesem Gebäude den Eindruck, die Architekten hatten einen Anspruch, künstlerisch zu gestalten, man bemerkt ein Bemühen, den Innenräumen ein bestimmtes Aussehen zu geben und grüne Fliesen könnten damals durchaus als kleine Provokation verstanden worden sein. Gleichzeitig sind sie Ausdruck der Zeit zwischen den Kriegen.

    Vergleicht man das mit den heutigen Architekturen, lässt sich doch allgemein feststellen, dass diese baukünstlerische Ausdrucksstärke fehlt - ich würde sogar unterstellen, dass auch die Ideen dafür nicht da sind - alles geht nur noch in Richtung Reduktion und Funktionalität. Wir haben inzwischen nur noch die Diplomingenieur-Architektur, Schönheit richtet sich nach der Definition des Bauhauses: Ästhetisch ist das, was funktional richtig ist.

  • Und das Erschütternde ist: Wie die Schularchitektur dieser Zeit allgemein war das die eigentliche "Diplomingenieur-Architektur", das waren Bauingenieure und verbeamtete Bauräte, die diese Gebäude entworfen haben, in diesem Falle Oberbaurat Hans Ohnesorge nach Plänen von Baurat Karl August Öhring:

    Schule Lange Reihe - Wikipedia

    Für die Kunst am Bau wurden Künstler verpflichtet, aber die Architektur war das Produkt von verbeamteten Bauingenieuren - und trotzdem 10x ausdruckstärker als vieles, was heute gebaut wird. Was ich so irre finde, ist auch, wie gut alles erhalten ist. Alle Türen, die Böden, die Kunstobjekte - alles original erhalten, auch in den Schulen meiner Kinder, die sogar allesamt aus der Kaiserzeit stammen und mit denen in Bremen weder von den Schülern noch von der Bauverwaltung her besonders gut mit umgegangen wurde. Auch in der Grundschule meiner Kinder gibt es diese Trinkbrunnen, mit sehr ornamentalem Becken etc. - leider wohl aus hygienischen Gründen aber schon seit Jahren außer Betrieb.

    Ich bin auch der Meinung, dass diese Form von Architektur eher zu pfleglichem Umgang einlädt als die gedrungene Schularchitektur der Nachkriegszeit. Ich bin ebenfalls bis auf die Grundschulzeit in Vorkriegsschulen gewesen (mein Gymnasium war diesem Gebäude in der Langen Reihe stilistisch gar nicht unähnlich) und sie haben mich geprägt.

  • Und das Erschütternde ist: Wie die Schularchitektur dieser Zeit allgemein war das die eigentliche "Diplomingenieur-Architektur", das waren Bauingenieure und verbeamtete Bauräte, die diese Gebäude entworfen haben, in diesem Falle Oberbaurat Hans Ohnesorge nach Plänen von Baurat Karl August Öhring:

    Schule Lange Reihe - Wikipedia

    Für die Kunst am Bau wurden Künstler verpflichtet, aber die Architektur war das Produkt von verbeamteten Bauingenieuren - und trotzdem 10x ausdruckstärker als vieles, was heute gebaut wird. Was ich so irre finde, ist auch, wie gut alles erhalten ist. Alle Türen, die Böden, die Kunstobjekte - alles original erhalten, auch in den Schulen meiner Kinder, die sogar allesamt aus der Kaiserzeit stammen und mit denen in Bremen weder von den Schülern noch von der Bauverwaltung her besonders gut mit umgegangen wurde. Auch in der Grundschule meiner Kinder gibt es diese Trinkbrunnen, mit sehr ornamentalem Becken etc. - leider wohl aus hygienischen Gründen aber schon seit Jahren außer Betrieb.

    Ich bin auch der Meinung, dass diese Form von Architektur eher zu pfleglichem Umgang einlädt als die gedrungene Schularchitektur der Nachkriegszeit. Ich bin ebenfalls bis auf die Grundschulzeit in Vorkriegsschulen gewesen (mein Gymnasium war diesem Gebäude in der Langen Reihe stilistisch gar nicht unähnlich) und sie haben mich geprägt.

    Dazu noch zwei Punkte:

    1. Es wäre sicher interessant, in Erfahrung zu bringen, in wieweit diese - nennen wir es mal: Baukünstlerische Architektur - zur Ausbildung bestimmter künstlerischer Haltungen der Kinder beiträgt, einfach, ohne ein Schulfach zu sein. Man könnte eine vergleichende Studie - historische Schule vs. neue Schule - machen, um die Wirkung der verschiedenen Baustile auf die Schüler in Erfahrung zu bringen. Das Ergebnis würde mich brennend Interessieren.

    2. Wir sehen bei der Schule in Walle, dass etwas bleibt, das uns die Entstehungszeit reflektieren lässt. Wir können anhand der künstlerischen Gestaltung, die ja funktional völlig unnötig ist, eine Einordnung vornehmen und uns in gewisser Weise auch an den gestalteten Elementen wie beispielsweise dem Brunnen oder den Außentüren erfreuen.

    Aber was haben die Gebäude der Zweiten Moderne, die heute in der Überseestadt und anderswo entstehen und die ja verächtlich als Investorenarchitektur bezeichnet werden, in sagen wir mal 120 Jahren, zu bieten? Baukünstlerisch ist da nichts, weder innen noch außen. Bietet dieses Reduktive dann vielleicht Anlass für Reaktionen wie: "was muss das für eine traurige, inhaltsleere, freudlose und anregungsarme Zeit gewesen sein". Oder kommen dann wieder die Architekturhistoriker und erklären großspurig eine Epoche der "Neuen Zurückhaltung", die seinerzeit als Mode um sich griff und ein typischer Ausdruck dieser Zeit sei: "Die Menschen fanden das damals schick"?

  • Noch ein paar Bilder aus dem zu Walle gehörenden Stadtteil Osterfeuerberg. Der namensgebenden "Berg" wurde für den Hochdamm der Haupteisenbahnstrecke nach Bremerhaven Anfang des 20. Jahrhunderts abgetragen. Es handelt sich um einen von Verkehrstrassen relativ eingepferchten Stadtteil mit der typischen sehr gemischten Einwohnerstruktur des Bremer Westens und vielen Arbeiterhäuschen, die Krieg und v.a. Nachkriegszeit leider mit sehr gemischten Ergebnissen überstanden haben.

    Die Sanierung einer Industrieruine und Reaktivierung derselben als "Craft-Beer"-Brauerei in den Jahren ab 2015 hat dem auch in Bremen praktisch unbekannten/übersehenen Stadtteil aber einen kleinen Schub gegeben, so dass auch hier nun im Zuge von Eigentümerwechseln eine etwas altbauaffinere Klientel einzieht.

    Typischer Straßenzug:

    Wie so oft in Bremen imposante kaiserzeitliche Schulgebäude:

    Und gleich nebenan noch eines, etwas neuer geschätzt aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg:

    Ziemlich plastische Gliederungen:

    Die edelsanierte Unionsbrauerei, die ich etwas knapper schon vor ein paar Jahren mal gezeigt habe:

    Ein Schuppen mit einer Whiskeybrennerei:

    Nochmal die schöne Hauptfassade:

  • Danke lieber Heinzer für die tollen Bilder aus meiner alten Heimat! Ja, Heimat, denn ich habe mal drei Jahre von 2014 bis 2017 in Osterfeuerberg gewohnt, quasi schräg gegenüber der Union-Brauerei. Und hatte genau den Eindruck, den Du beschreibst: Nicht mal Bremer kannten diesen Stadtteil, der von einer Autobahn und einer Bahntrasse (und im Norden vom Bremer Blockland) eingeschlossen wird. Aber es ist verhältnismäßig ruhig dort und nett zu wohnen, bei sehr bezahlbaren Mieten (zumindest damals). Soweit ich weiß wird aktuell auch der Osterfeuerberger Ring, der damals schon recht runtergekommen war, komplett erneuert. Da würden mich Fotos interessieren, falls Du mal Gelegenheit dazu hast...

    Ansonsten stimmt Deine Beschreibung genau: Als die Union-Brauerei saniert war, war das plötzlich ein Publikumsmagnet im sonst komplett ruhigen Viertel und das Ding war von Beginn an ziemlich ausgebucht. Auch schicke SUVs standen plötzlich auf den Straßen drumherum - derartige Autos waren vorher in Osterfeuerberg eher nicht zu sehen... Ich dachte damals, während die das saniert haben, dass das niemals funktionieren wird. Eine Brauerei mit Gasto, so versteck und abgelegen, niemals kommt da einer hin, dachte ich mir. Pustekuchen, von Beginn an war das Teil voll.

    Danke auch für die Infos zum Osterfeuer-"Berg" - ich hatte mich damals immer mal wieder gefragt, warum dieser Stadtteil, der genauso platt ist wie der Rest von Bremen (Bremens höchster Berg ist mit etwas über 40 Meter ü NN der Berg einer Mülldeponie - kein Scherz!!! :biggrin: ), eigentlich "-berg" heißt.

  • Das ist ja witzig, dass Du da mal gewohnt hast! Ich kenne den Stadtteil v.a. von meiner frühen Bremer Zeit, weil meine Freundin damals in Findorff wohnte und wir oft zu dem Rewe und Toombaumarkt an der Holsteiner Straße fuhren. Es spricht schon Bände, dass mir das Brauereiareal damals nicht einmal aufgefallen ist, der ganze Stadtteil machte damals einen wirklich vergessenen, schlechten, runtergekommenen Eindruck (ca. 2004-2005).

    Ja, das ging mir ganz genauso mit der Unionbrauerei, hätte nie gedacht, dass das läuft, aber das tut es wie Bolle. Auch die Coronazeit scheint der Laden gut überstanden zu haben, die Eigentümer planen nun eine Dependance im ähnlich "übersehenen" Stadtteil Hemelingen, erneut in einem alten Industriegebäude, der Silberwarenmanufaktur Wilkens, ich hatte im Hemelingen-Strang berichtet.

    Der Osterfeuerberger Ring ist jetzt vollständig saniert. Er ist ja Teil eines großen Halbkreises um die Innenstadt herum, hier im Bild gelb markiert, rot umrandet ist der Ortsteil Osterfeuerberg:

    Ursprünglich sollte hier mal eine Ringlinie der Straßenbahn gebaut werden, deshalb ist der Straßenzug auch im gesamten gelb markierten Teil so "überdimensioniert" und breit. Besonders der Waller und der Schwachhauser Ring sind ja richtig boulevardartig angelegt, der Osterfeuerberger Ring war vorher ziemlich schmucklos, ist aber jetzt auch von 4 auf 2 Spuren zurückgebaut und ist damit großzügiger geworden. Ein Foto habe ich nicht zur Hand, das müsste ich noch machen.

    Aktuell passiert gerade erneut einiges im Stadtteil, direkt gegenüber der Brauerei auf dem Areal des alten Toom-Baumarkts. Dieser ist nach einem Brand vor vielen Jahren mittlerweile abgerissen:

    Im Hintergrund ist noch der REWE mit Getränkemarkt angeschnitten, das ganze Areal soll nun neu entwickelt werden, ein Wettbewerbssieger steht auch bereits fest, es sind "alles wird gut-Architekten" aus Wien, Siegerentwurf hier bei competitionline, zunächst Modellansicht von Nordwesten:

    Und eine Fassadenvisualisierung:

    Reißt mich jetzt nicht vom Hocker, ist aber trotzdem ein für den Bremer Westen durchaus ambitionierter Entwurf.

  • Ich bin auf der gleichen Tour mit dem Fahrrad noch tiefer in den Bremer Westen und später Norden gefahren. Es ist nicht alles zeigenswert. Im folgenden ein paar gemischte Schnappschüsse aus den Stadtteilen Walle und Gröpelingen.

    Als erstes ein Haus der Evangelischen Kirche im hinteren Walle:

    Typische Straßen in Gröpelingen:

    Die übliche Mischung aus schlechten Renovierungen, ganz schönen Häusern und vereinzelten Nachkriegsbauten auf Bombenlücken.

    Je weiter man nach Westen kommt, desto eher stehen zwischen den Häusern auch noch Reste der vorindustriellen Dorfbebauung:

    Typisch an den Heerstraßen sind auch diese Villenbereiche, jeder Stadtteil hatte auch seinen eigenen Villenteil, manchmal waren dies Häuser, die die Bauern vom Erlös ihrer Grundstücksverkäufe für sich selbst gebaut hatten, manchmal Fabrikbesitzer, die in die Nähe ihrer Fabriken zogen:

    Im Gröpelinger Zentrum geht es mal kurz etwas großstädtischer zu, allerdings bleiben die Gebäudehöhen vergleichsweise niedrig:

    Noch ganz interessant ist die riesige JVA in Oslebhausen, die neogotisch erbaut ist und einen ziemlichen Sanierungsbedarf hat:

    Ganz interessant war, dass man auf die Randgrundstücke konnte, durchaus ganz reizvolle Szenen:

    Und noch eine typische Schule in Oslebshausen:

    Und eine ganz interessante expressionistisch imponierende Dorfkirche in Oslebshausen:

  • Danke für die Infos und Zusammenstellung! Wirklich spannend, in dem Rewe bin ich immer einkaufen gegangen. Damals war der Toom-Baumarkt schon abgebrannt. Das ganze Areal wirkte wirklich gruselig, und ziemlich heruntergekommen. Und es ist eine sehr große Fläche, die zusammen mit der Brache der Brauerei gegenüber wirklich keinen guten Eindruck machte. Da hat die Sanierung der Union Brauerei sehr vieles bewirkt. Toll, dass die Inhaber ein weiteres altes Gelände retten wollen, hast Du auch dazu Infos / Fotos / Links?

    Die neue Bebauung, die auf dem Gelände des Rewes / Tooms geplant ist, haut mich jetzt auch nicht vom Hocker. Aber besser, als der Ist-Zustand auf jeden Fall. Und auch besser als der 2. Preis, und die beiden Anerkennungen, die man in Deinen Links einsehen kann. Insbesondere Nr. 4 wäre guselig geworden, mit dem Charme von Plattenbausiedlungen... Ich bin gespannt, wie es dort weitergeht! Wenn Du mal in der Ecke bist, kannst Du uns ja hier mit Fotos auf dem Laufenden halten - mich würden auch welche zum neu gestalteten Ring interessieren.

    Zu dem von Dir eingezeichneten gelben Ring muss man aber dazu sagen, dass dieser im Bürgerpark unterbrochen ist. Da fährt kein Auto durch, insofern war der "Ring" nie geschlossen.

  • Da hat die Sanierung der Union Brauerei sehr vieles bewirkt. Toll, dass die Inhaber ein weiteres altes Gelände retten wollen, hast Du auch dazu Infos / Fotos / Links?

    Hier ist ein Weserkurier-Artikel (aber hinter Paywall). Ich habe nicht sehr viele Fotos vom Komplex, der schönste Teil ist die Front zur Hemelinger Bahnhofstraße:

  • Nochmal ein paar Eindrücke aus Walle heute, zunächst wieder das kleine Generalsviertel mit zumindest einigen halbwegs erhaltenen Straßenzügen:

    Typisch für den Bremer Arbeiterstadtteile tlw. sehr kleine Bremer Häuser, leider extrem häufig fehlsaniert trotz hier kaum vorhandener Kriegszerstörungen:

    Dieses Viertel hatte den Krieg wie gesagt unzerstört überlebt, noch in den 60er Jahren hatte es letztlich optisch seinen Vorkriegscharakter erhalten. Dann kamen die Baumarktsanierungen, die Plastikfenster, die Entstuckungen, die Aufstockungen, die unpassend farbigen Fassadenanstriche:

    Typisch für Bremer Altbaustadtteile sind diese (Bomben?/Abriss?)-Lücken zwischen den Häuserreihen, die dann zu Spielplätzen umfunktioniert wurden:

    Um die Ecke an der Vegesacker Straße sehr schlichte Miets-/Geschäftshausbebauung aus der Zeit unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg:

    Die Seitenstraßen weiter sehr gemischt, typisch sind diese relativ herausgehobenen Eckhäuser mit einem Laden oder Gastronomie:

    Weiter stadtauswärts auch wieder Straßen mit dieser Zwischenkriegsbebauung/leicht backsteinexpressionistisch:

  • Man muss sagen, dass Bremen noch nie die Stadt der urbanen Ausfall- und Geschäftsstraßen gewesen ist, auch ohne den Krieg wäre das etwas dürre im Vergleich zu tlw. sogar (deutlich) kleineren Städten. Die Waller Heerstraße etwa weist wie so oft in Bremen einen starken Wechsel der Traufhöhen auf, es wechseln sich mehrstöckige gründerzeitliche Wohn/Geschäftshäuser mit ganz normalen zweistöckigen Wohnhäusern ab, dazwischen natürlich auch reichlich Nachkriegsfüller:

    Typische Ensembles in diesem Bereich:

    Nochmal ein Blick stadteinwärts - das wäre auch 1930 kein wesentlich beeindruckenderer Anblick gewesen:

    Wieder eine Bebauungslücke mit einem Blick auf einen Spielplatz zwischen den Häuserreihen der Querstraßen:

    Ungelenk aufgestocktes Haus

    In diesem Stadtteil wohnen sehr viele Zuwanderer. In der Straßenbahn heute würde ich den Anteil der Menschen mit optischem Migrationshintergrund (entsprechend also viele Europäer gar nicht erfasst) auf locker 70% schätzen.

    Interessant waren am heutigen Sonntag die Besucher einer afrikanischen Kirche, aus der die Menschen vom Greis bis zu den Kindern in ihren besten Sonntagskleidern kamen. So etwas sieht man bei Deutschen ja gar nicht mehr, die Männer alle in Anzügen, die Frauen in (bunten) Kleidern, die Kinder sehr schick zurechtgemacht - das hob sich wohltuend ab vom sonstigen "Freizeitklamottenlook", der auf unseren Straßen seit bestimmt 50 Jahren dominiert.

    Blick in den recht breit erbauten Waller Ring, das boulevardartige liegt daran, das hier man eine Ringstraßenbahn verkehren sollte:

    Weiter stadtauswärts kommt nun nochmal ein Bereich mit freistehenden Häusern/Villen - auch das ist sehr typisch für Bremen, dieser Wechsel der Bebauungsform, eine wird gerade renoviert:

    Diese hier fand ich sehr schick diesem reduzierten Jugendstil:

  • Insgesamt mag ich das Lebendige, das diese gemischten Stadtteile ausstrahlen. Um die Ecke geht es dann wieder in deutlich ruhigere Wohnstraßen:

    Ich fühle mich in diesen Vierteln, die von der Erbauungszeit kurz vor und kurz nach dem Ersten Weltkrieg liegen, immer ganz wohl:

    Hier wird auch viel renoviert:

    Um den Langeooger Platz gruppieren sich dann Häuser eindeutig aus der Zwischenkriegszeit:

    Immer wieder kleine Ensembles von Bremer Reihenhäusern:

    Diese drei Häuser sahen einst alle so aus wie das ganz linke, mit diesem fürchterlichen Eternit verkleidet. Ich hoffe seit Jahren, dass auch das linke Haus mal von diesem Zeug befreit wird, die Fenster sind schon seit mindestens 10 Jahren "neu" im Stile des Hauses, aber dann scheint dem Besitzer die Luft oder die Lust ausgegangen zu sein:

    Zurück am Waller Ring geht es weiter mit recht unspektakulärer Zwischenkriegsbebauung:

    Bin ja unheilbarer Fan dieser reduzierten Fassadengestaltungen - bei diesen Häusern sind passende Fenster und Haustüren aber enorm wichtig:

    Auch gegenüber geht es ähnlich weiter:

  • Nun geht es wieder zurück auf die andere Seite des Waller Rings (Richtung Stadtzentrum), es folgt ein kleines Viertel mit richtigen Bremer Kleinhäusern. Ein ähnliches Viertel ("Klein Mexiko") habe ich mal in der Östlichen Vorstadt vorgestellt:

    Oft gibt es dann kleine Gemeinschaftsflächen (hier links angeschnitten):

    Dahinter erhebt sich wieder ein großes Schulgebäude:

    Noch ein paar Impressionen aus dieser Ecke:

    Es ist sehr schade, dass die historistischeren/älteren Gegenden des alten Bremer Westens nahezu komplett ausgelöscht wurden. Geblieben sind größtenteils die weitere westlich/stadtauswärts liegenden Gegenden, die erst ab etwa der Jahrhundertwende entstanden sind und entsprechend auch stilistisch anders sind. Insgesamt soll Walle, seit ich 2004 nach Bremen gezogen bin, "im Kommen" sein - aber wie so vieles in Bremen läuft dieses Kommen sehr, sehr gemächlich ab. Von einer explosionsartigen Gentrifizierung, die natürlich schon ebenso lange an die Wand gemalt wird, kann überhaupt keine Rede sein.

    Einfach eine schöne Haustür:

    WIeder zurück an der Vegesacker Straße nochmal dieses Schulgebäude (die sind nahezu immer unschlagbar):

    Gegenüber ein weiteres Schulgebäude, heute anders genutzt:

    Es hat gerade einen Anbau bekommen:

    Naja. Hätte schlimmer kommen können. Der Anbau bildet ein Torhaus zur neugestalteten "Waller Mitte":

    Dies war ein alter Sportplatz, der jahrelang gesperrt gewesen war wegen einer Dioxin?-Belastung der Asche. Das Gelände, das ich nur verschlossen kenne, sollte schon lange neugenutzt werden, nach sehr viel hin und her, bei dem die Stadt immer wieder versucht hat, deutlich mehr Anteile des Gebiets zu bebauen, wurde schließlich ein recht großzügiger und gut angenommener Platz zum Spielen und Verweilen realisiert, umgeben von gemeinschaftlichen Wohnformen und Baugenossenschaften (auf dem Bild oben im Hintergrund). Dieser Teil Walles braucht ein solches Gebiet, da er von zwei sehr stark befahrenen Straßen und der Eisenbahntrasse nach Bremerhaven eingekeilt ist.

    Ist eigentlich ganz nett geworden und war auch gut angenommen an diesem Sonntag. Das war's gewesen.