• Als ich in sehr jungen Jahren "Die Buddenbrooks" gelesen hatte, wollte ich unbedingt Lübeck persönlich kennen lernen. Im Alter von 21 Jahren war dies dann möglich. Es wurde ein ganz großes Erlebnis, auch wenn der Dom noch nicht vollständig wieder aufgebaut war. Neben all dem Schönen, wie etwa Holstentor (= Holsteintor) sind mir die Stadtansichten von den noch erhaltenen relativ hohen Wällen (in Grünanlagen gebettet) der alten Stadt unauslöschlich im Gedächtnis geblieben. Vorn dort aus, über die Trave (?) hinweg die unzähligen alten Giebel und Dächer, die vielen Türme zu sehen, genau dieses Stadtpanorama hat mich mit unsagbarer Freude erfüllt. Auch wenn seither noch einiges verloren gegangen sein sollte (war das aber in den letzten Jahrzehnten nicht überall so?), so ist Lübeck, die Königin und Krone der Hansestädte auch heutzutage bestimmt noch immer wunderschön.

    3 Mal editiert, zuletzt von Villa1895 (7. Juni 2017 um 10:32)

  • Hin- und Rückfahrt dürfen bei mir nicht mehr als 40 Euro kosten

    Pro Person kriegst du das hin, wenn du früh genug buchst, dann hat die Bahn oft Sparpreise von 19,00€ je Weg für Strecken bis 200 km. Eigene Kinder und Enkel fahren einschließlich des 14. Lebensjares kostenlos mit.

    2 Mal editiert, zuletzt von Kaoru (7. Juni 2017 um 00:14)

  • Vielen Dank an Frank1204 für die schönen Bilder! Ich war 2015 und 2016 beruflich mehrmals in Lübeck und bin sehr schnell von dieser schönen Stadt in den Bann gezogen worden. Ich habe ebenfalls einen großen Fundus an Bildern. Sofern ich zeitnah dazu komme, stelle ich mal ein paar hier rein.

    Es gibt zwar tatsächlich Bereiche, die sehr sanierungsbedürftig sind, aber insgesamt macht Lübeck doch einen sehr gepflegten, guten Eindruck. Etwas Patina schadet ja auch überhaupt nicht, sondern schafft eher noch mehr das Gefühl von Authentizität.

    Wie gesagt: wer die Stadt kennt, weiß, dass sie wunderschön ist.

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • also gut, wenn man auf diese billige Beschimpfungsart mit wunderschönen Galeriebildern bekommen kann, werd ich das künftig auch so praktizieren.
    danke jedenfalls.
    Schöner als die hier gezeigten Teile kann das Gründerviertel auch nicht gewesen sein.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Es gibt zwar tatsächlich Bereiche, die sehr sanierungsbedürftig sind, aber insgesamt macht Lübeck doch einen sehr gepflegten, guten Eindruck. Etwas Patina schadet ja auch überhaupt nicht, sondern schafft eher noch mehr das Gefühl von Authentizität.

    Wie gesagt: wer die Stadt kennt, weiß, dass sie wunderschön ist.

    Ja, das stimmt! Lübeck ist wirklich eine traumhaft schöne Stadt. In so manchen Straßenzügen kann man die über 800-jährige Geschichte wirklich bewusst "atmen" und wahrnehmen. Allein schon, wenn man emporschaut und sieht, wie sich die markanten Silhouetten der Häuserzeilen und Kirchtürme vor dem Himmel abzeichnen... Das ist in der Tat atemberaubend - ich selbst erlebe das als Lübeckerin auch immer wieder neu, wenn ich in der Altstadt unterwegs bin - und bin jedes Mal von Neuem erstaunt, wie wunderschön Lübeck ist... Eine ganz besondere Stadt mit unbeschreiblichem Flair. Ich kann jedem, der Lübeck noch nicht kennt, wirklich empfehlen, diese Stadt einfach mal zu besuchen und die Historie bei Spaziergängen mit viel Ruhe und Zeit auf sich wirken zu lassen.

  • also gut, wenn man auf diese billige Beschimpfungsart mit wunderschönen Galeriebildern bekommen kann, werd ich das künftig auch so praktizieren.
    danke jedenfalls.

    Ha ha! Hab ich mir auch gedacht!

    Danke fuer die schoenen Bilder! duerfen Wir mehr haben?! Bitte, bitte und nochmal bitte!
    (Oder muss ich schimpfen?)

  • Ich habe da noch welche, als ich 2016 mehrmals geschäftlich dort war . . . bitte verzeiht, dass ich hier jetzt die Bilder hochlade, aber gerade keine Zeit für Beschriftung habe - sorry!


















    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Da weiter oben danach gefragt wurde, zeige ich hier zwischendurch mal eine aktuelle Sanierung:

    Dankwartsgrube 15

    Dankwartsgrube_15_kl.jpeg
    Links Zustand 2009, rechts 2017 (das rechte Bild ist leider etwas unglücklich bei Gegenlicht aufgenommen)

    Das gotische Haus war eigentlich optisch gar nicht so heruntergekommen. Dennoch wurde (und wird noch) saniert. Erstaunlich wie erfreulich die Wiederherstellung der mittelalterlichen Doppelluken im Dachgeschoss. Eigentlich ist es (in Lübeck leider) nicht üblich, jüngere Umbauzustände wieder zurückzubauen, sofern sie nicht komplett entstellend sind. Da hier aber wohl die Dokumentationslage gut war und sogar die originalen gefasten Bogensteine der Luken im Haus anderweitig verbaut wiedergefunden wurden, stimmte die Denkmalpflege dem "Rückbau" zu.
    Ebenfalls ungewöhnlich, aber wohl auch dokumentiert, die geweißten Hochblenden. Normalerweise sind die Fassaden gänzlich geschlämmt oder eben nicht. Die neuen Fenster passen ebenfalls viel besser zum Haus.

    Ganz fertig ist man aber noch nicht: Das EG muss noch gestrichen werden und die Luken erhalten wohl noch Fenster (?). Zudem läuft momentan der Innenausbau.

    Wie ich finde, eine gelungene Annäherung an den Originalzustand des Giebels, erweckt eine Anmutung von Mittelalter. :thumbup:

    Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (16. Juni 2023 um 16:09) aus folgendem Grund: Bild wiederhergestellt

  • Die Zollstation Rothenhusen mit dem dazugehörigen Fährhaus (erbaut um 1580) ist seit dem Mittelalter im Besitz der Hansestadt Lübeck. Nun haben die neuen Eigentümer das Fährhaus umfassend saniert und mit einem reetgedeckten neuen Anbau ergänzt.

    Zitat

    Was dem Besucher als Erstes ins Auge fällt, ist der neue Anbau. Der Vorgängerbau aus den 50er Jahren wurde abgerissen. Der aus Holz konstruierte Neubau ist außen mit Reet verkleidet. Das gibt es nach Mißfeldts Angaben bisher fast nur in Holland. „Der Ort gibt das Material ein bisschen vor“, sagt er. Bei der Sanierung machten er und die neuen Pächter keine Kompromisse. „Wir sind über nichts hinweggegangen, wo man sagen würde: ,Das müsste eigentlich gemacht werden, aber jetzt kann ich erst mal damit leben‘“, sagt der Architekt. Jeder Schaden an Mauern, Dämmung, Dichtung wurde behoben, auch wenn es teuer wurde. „Es ist schon siebenstellig geworden“, sagt Norbert Marienhoff, „was nicht geplant war.“ Aber er hat sich von den Arbeiten im alten Bestand begeistern lassen: „Es belebt einen – die Kreativität, damit umzugehen.“ Bewundernd berichtet er von den Zimmerleuten, die mit den riesigen Fachwerkbalken Millimeterarbeit leisteten


    Das neue Leben des alten Fährhauses

    Bildquelle: Wikimedia Commons, Urheber "Peter Oldekop", CC BY-SA 3.0

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Das denkmalgeschützte Schulgebäude, Baujahr 1890, in der Schwartauer Allee im Stadtteil St. Lorenz-Nord, soll ein Studentenwohnheim werden. Früher war darin eine Berufsschule, danach die Volkshochschule untergebracht. Seit Jahren stand es jedoch leer und es gab Uneinigkeiten über eine neue Nutzung, z. B. eines Obdachlosenheimes. Nun einigte man sich für ein Studentenwohnheim; die Nähe zum Hauptbahnhof (ca. 850 m) sowie zum Stadtzentrum und die öffentliche Verkehrsanbindung sind dafür optimal.

    http://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…d-Studentenheim

    Hier ein Bild mit der dazugehörigen Turnhalle, die einem Box-Club gehört:

    http://www.ln-online.de/Lokales/Luebec…t-Schulgebaeude

  • Heute möchte ich eine weitere aktuelle Fassadensanierung zeigen, Marlesgrube 44:

    Marlesgrube_44_2009-2017.jpeg
    Links Zustand August 2009, rechts Juli 2017

    Interessant ist die Tatsache, dass das gotische Haus im 19. Jahrhundert klassizistisch überformt wurde. Dazu gehörte auch, dass die seitlichen Giebelstaffeln bis auf die Höhe der mittleren Staffel aufgemauert und die gotischen Hochblenden mit einer Ziegelschicht verfüllt waren. Von diesem Zustand habe ich leider kein Foto zur Hand, man kann es sich aber wohl vorstellen.

    Soweit ich gehört habe, war der Giebel vor ca. 10-15 Jahren so marode, dass eine Sanierung fällig war. Unter anderem war wohl die Statik durch das Gewicht der klassizistischen Aufmauerungen gefährdet. Da festgestellt wurde, dass das gotische Mauerwerk darunter wunderbar erhalten war, gab die Denkmalpflege wohl (ausnahmsweise) grünes Licht, oben den gotischen Originalzustand wiederherzustellen.

    Weiterhin habe ich seinerzeit gelesen, dass der Eigentümer wohl plante, die Hochblenden bis über das EG wiederherzustellen. Seitdem hatte ich eigentlich darauf gewartet. Umso erstaunter war ich nun, als ich jetzt die aktuelle Sanierung sah, bei der der klassizistische Zustand im 1. und 2. OG beibehalten wurde. Ich kann damit leben, hätte aber die komplette Regotisierung bevorzugt. Warum das nicht gemacht wurde, kann ich nicht sagen. Evtl. hat die Denkmalpflege nicht mitgespielt oder es wurde zu teuer, weil die Hochblenden teilweise durch die zu großen Fensteröffnungen gestört sind.

    Jedenfalls ist das Haus nun ein schöner Farbtupfer in der Straße. Ob der Ochsenblut-Farbton nach gotischem Originalbefund hergestellt wurde, vermag ich nicht zu sagen - ich finde, er passt jedenfalls gut zum oberen gotischen Teil. Auf dem Klassizistischen Teil ist er eher gewöhnungsbedürftig, aber hier eine andere, helle Farbe zu nehme, wäre auf jeden Fall zu bunt geworden. Etwas störend finde ich die kupfernen Beschläge, insbesondere als Trennung zwischen verputztem klassizistischen und dem geschlämmten gotischen Teil. Sobald das Kuper nachdunkelt, wird es wohl besser werden, wenn es grüne Patina ansetzt, dürfte es zusammen mit dem Rot als Komplementärfarbe allerdings noch merkwürdiger aussehen. Sehr schön aber die neuen Fenster im klassizistischen Teil.

    Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (16. Juni 2023 um 16:24) aus folgendem Grund: Bild wiederhergestellt

  • Und noch eine weitere Sanierung, gerade frisch abgerüstet, Beckergrube 81:

    Beckergrube_81-2009_2017.jpeg
    Links: August 2009, rechts 31. Juli 2017

    Klassizistische Fassade vor deutlich älterem, wohl gotischem Hauskörper.

    Ganz erhebliche Verbesserungen bringt das wieder geschlossene und von der Werbung befreite Erdgeschoss, auch wenn mir die "50er-Jahre-Gestaltung" mit den messinggerahmten Schaufenstern und entsprechender Tür nicht recht gefallen will. Auch die Fenster in den Obergeschossen sind zwar deutlich besser als die vorigen ungeteilten, aber dennoch halbherzig. Insbesondere die Versatzstücke im unteren Bereich der Fenster im 1.OG, die das schiefe Gesims ausgleichen, finde ich unschön. Hier hätte man die Fenster besser entsprechend schief anpassen sollen, auch wenn das teurer geworden wäre. Und ich hätte mir zudem Fensterkreuze gewünscht (siehe beispielsweise das Haus links daneben).
    Sehr schön aber das jetzt wieder altstadtkonforme rote Dach.

    Mein Fazit: Eine ganz erhebliche Verbesserung gegenüber dem Vorzustand, bei der aber noch mehr möglich gewesen wäre.

    Fotos von mir

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (16. Juni 2023 um 16:38) aus folgendem Grund: Bild wiederhergestellt

  • Die Fenster im 2. OG bräuchten unbedingt noch weitere Unterteilungen, so sehen sie nicht gut aus.
    Gar nicht gut. Das ganze Haus wirkt dadurch "verkahlt". Die Fenster ganz oben im Dachgeschoß sind hingegen eine echte Verbesserung.
    Der Schriftzug am Laden... Geschmackssache. Ich finde es jetzt ein wenig ZU unauffällig, solche Ladenbeschriftungen haben immerhin eine mindestens 150jährige Tradition.
    Es gibt Straßen, in denen derart unauffällige Läden ihren Platz haben, in Zurzach/Schweiz habe ich derlei schon gesehen. Funktioniert aber nur, wenn es viele solche gibt.

  • Interessant, dass das Loch am linken Hausrand zwischen den Fenstern von Dachgeschoss und dem zweiten Obergeschoss gelassen wurde. Da die Fassade offensichtlich über die Traufe des Walmdaches hinausragt, geht die Regenrinne durch die Fassade auf die Straßenseite. Offenbar hat man hier sogar die Möglichkeit, durch das Haus hindurch den Himmel zu sehen. Ich verstehe allerdings nicht, wieso das Loch so groß sein muss. Oder ist es etwa historisch?

    Einmal editiert, zuletzt von Obsolet (1. August 2017 um 23:51)

  • Ja, das Loch ist mit Sicherheit historisch und stammt noch vom originalen Treppengiebel vor der klassizistischen Umgestaltung. Irgendwie muss man ja das Regenwasser von den bei giebelständigen Häusern zwischen diesen liegenden Traufen abführen. Wenn dann noch Schaugiebel vorhanden sind, geht das nur über solche Löcher oder über das Einrücken des Giebels ab der Traufe. Beides ist in Lübeck bei fast allen historischen Giebelhäusern zu finden. Die Löcher sind dabei mal größer und mal kleiner und ganz unterschiedlich gestaltet. Es gibt sogar noch größere als das von Beckergrube 81.

    Hier nochmal das bereits oben verlinkte Bild des Hauses Marlesgrube 44, das sogar beide Formen an einem Haus aufweist: Links ist der Giebel eingerückt und rechts findet man ein (relativ kleines) Loch:

    Marlesgrube_44_2009-2017.jpeg
    Marlesgrube 44 (2009/2017), Fotos von mir

    So im direkten Vergleich muss ich sagen, dass mir die Loch-Variante doch deutlich besser gefällt als die Einrückung.


    Zitat von Loggia

    Der Schriftzug am Laden... Geschmackssache. Ich finde es jetzt ein wenig ZU unauffällig, solche Ladenbeschriftungen haben immerhin eine mindestens 150jährige Tradition.

    Die alte Beschriftung war aber etwas zuviel des Guten, finde ich. Vermutlich wird da ja noch wieder eine Werbung für den Friseur angebracht werden. Seit kurzem gibt es aber für die Altstadt eine Werbesatzung, die die Art und Größe der erlaubten Fassadenwerbung genau festlegt, um den in letzter Zeit immer stärker werdenden und das historische Stadtbild schädigenden Wildwuchs einzudämmen. Teilweise konnte man vor lauter Schildern, Leuchtreklamen, Plakaten usw. die Fassaden gar nicht mehr wahrnehmen.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)

    Einmal editiert, zuletzt von frank1204 (16. Juni 2023 um 16:39) aus folgendem Grund: Bild wiederhergestellt

  • Hm ja, wenn es eine altstadtweite Werbesatzung gibt, dann könnte das funktionieren, weil man sich dann daran gewöhnt, nach kleinen Schildern zu schauen. Nur wenn man es so nur in einer Straße hat, wird es problematisch.

  • Solche Unregelmässigkeiten, "Loch-Variante" oder "eingerückt", sind doch eher zufällig entstanden. Ursprünglich waren giebelständig aneinander gereihte Häuser stets voneinander getrennt mit jeweils eigenen vier Wänden errichtet worden, d.h. mit einem Ehgraben dazwischen. Dies egal ob in Lübeck, Danzig, Frankfurt etc. Das Zubauen dieser Ehgrabengassen geschah dann meist zufällig, jenachdem, welcher Anstösser der schnellere war. Auch habe ich schon oft Fälle angetroffen, wo das geschossweise unterschiedlich gehandhabt worden war, im 1. Obergeeschoss also der linke Nachbar, im 2. dann der rechte.


    Bei Marlesgrube 44 sieht es so aus, dass das linke Nachbarhaus ein vollständiger gründerzeitlicher Neubau ist, also ohne Reste eines Jahrhunderte alten Vorgängerbaus. Für diesen wurde eine durchgehende neue Backstein-Brandmauer errichtet und der Ehgraben dem Schicksal überlassen. Die Seitenwand von Nr. 44 scheint erst vom 1. Obergeschoss an aufwärts zu bestehen, denn das Erdgeschoss scheint nachträglich bis an die neue Brandmauer des linken Nachbarn erweitert worden zu sein, unter Abbruch der eigenen Seitenwand und Abfangung der oberen Partien derselben.

    Marlesgrube 44:


    Links Zustand August 2009, rechts Juli 2017

    Bei Beckergrube 81 kann ich mir eine ähnliche Baugeschichte vorstellen. Das eine Bild ist eher von links aufgenommen, das andere eher von rechts. So sieht man, dass der First des dahinterliegenden älteren Walmdaches eher rechts liegt, also assymmetrisch zur jüngeren klassizistischen Fassade. Demnach bestand links wohl auch mal ein solcher Ehgraben, und die ursprüngliche Fassade wohl um Mauerstärke schmaler.

    Und noch eine weitere Sanierung, gerade frisch abgerüstet, Beckergrube 81:


    Links: August 2009, rechts 31. Juli 2017

    Klassizistische Fassade vor deutlich älterem, wohl gotischem Hauskörper.

    Edit. 3.8.2017: In Lübeck war es offenbar anders; dort wurden schon seit dem 13. Jh. gemeinsame Brandwände errichtet. Siehe die nächsten beiden Beiträge!

  • Riegel, ich tue es nur ungerne, aber ich muss Dir leider in großen Teilen widersprechen. Offenbar hast Du dich mit der Lübecker Baugeschichte noch nicht so detailliert beschäftigt. Es mag in vielen oder den meisten anderen Städten bzgl. des Themas Ehgräben so gewesen sein wie Du schreibst, aber in Lübeck nicht.

    Bereits bei der ersten Steinbauphase ab ca. 1220/1240 begann man, direkt auf den Parzellengrenzen für jeweils beide Häuser eine gemeinsame starke Brandmauer zu errichten. Das war eine Neuerung, die in Lübeck zuerst eingeführt wurde. Sie entstand nicht zuletzt daraus, dass die Vorschrift, steinerne Brandmauern (statt Fachwerkseitenmauern) zu errichten, nach vielen Stadtbränden ins Lübische Recht übernommen wurde und damit beim Bauen verpflichtend waren. Es wurden dort sogar die Längen und Höhen der gemeinsamen Brandmauern (auch Kommunmauern genannt) vorgeschrieben. Zudem - ganz praktisch gedacht - brachte mehr Lagerfläche den Kaufleuten mehr Gewinn, weswegen man die Grundstücksfläche möglichst komplett ausnutzen wollte. Da konnte man Ehgräben nicht gebrauchen.
    Ich brauche also nicht auf solche Hohlräume wie auf Deinem interessanten Bild zu achten, weil es die in Lübeck einfach nicht gibt.

    In den vom Krieg verschonten Gebieten der Lübecker Altstadt besteht noch heute ein großer Teil der mittelalterlichen gemeinsamen Brandmauern, da fast nie zwei nebeneinanderstehende Häuser gleichzeitig abgerissen wurden und die Mauer so zwangsweise in einen Neubau integriert werden musste. Der riesige Bestand an spätromanischen/frühgotischen Brandmauern ist daher auch ein wesentlicher Bestandteil des Stadtdenkmals Lübeck, auch wenn davon von außen so gut wie nichts zu sehen ist. Bei späteren Neubauten ist also fast immer davon auszugehen, dass die Seitenwände im unteren Bereich gotisch sind. Es kommt sogar vor, dass selbst Neubauten aus dem 20. Jhdt. an einer oder sogar beiden Seiten auf mittelalterlichen Brandmauern stehen.

    Dass bei Marlesgrube 44 die eine Seitenwand abgerissen und neu gebaut wurde, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Wie soll man das erstens statisch machen, ohne das ganze Dach und die Zwischendecken mit abbauen zu müssen und wieso sollte ein Hausbesitzer zweitens dazu gezwungen werden, sein halbes Haus abzureißen, nur weil der Nachbar neu bauen will? Der Dachstuhl ist sicher noch original und die Einrückung auf der linken Giebelseite hat auch von Anfang an bestanden. Dafür spricht, dass solche Einrückungen oberhalb der Traufe übrigens auch bei direkt nebeneinanderstehende gotischen Häusern zu sehen sind, bei denen seit ihrer Erbauung nichts abgerissen oder verändert wurde.

    Und auch bei Beckergrube 81 wurde die Fassade sicher nicht nachträglich um die Breite eines hypothetischen Ehgrabens (der hier sicher nicht existierte) erweitert. Dass das Dach zur Querstraße hin übersteht und damit eine gewisse Asymmetrie erzeugt, liegt einfach daran, dass das in Lübeck bei Traufseiten an Querstraßen so üblich ist.

    Lûbeke, aller Stêden schône, van rîken Êren dragestu de Krône. (Johann Broling, Lübecker Kaufmann und Ratsherr, um 1450)