• Ich denke, dass dieses Bewusstsein eventuell aber auch gerade durch die Opposition zu Preußen befeuert wurde. Indem man sich auf die glorreiche Vergangenheit berief, versuchte man den Schock zu immunisieren, plötzlich von einer "fremden" Macht beherrscht zu werden. Preußen ist der typische Emporkömmling der Geschichte, vielleicht vergleichbar mit Makedonien. Ein Gemeinwesen, das im Gefüge der verschiedenen Mächte eigentlich ursprünglich eher den Platz eines Außenseiters einnimmt, sich jedoch durch Pragmatismus und Fleiß hocharbeitet und im folgenden vielleicht eher durch Effizienz besticht denn durch Feingeistigkeit. Natürlich ist dies sehr vereinfachend ausgedrückt - auch Preußen hatte einen Friedrich den Großen oder einen Friedrich Wilhelm IV. Und irgendwann sehen sich die älteren, traditionsreicheren Herrschaften plötzlich durch diesen vitalen Emporkömmling überwunden. Um dieser demütigenden Realität zu entkommen, flüchten sich also nun die älteren Gemeinwesen in ihre ruhmreiche Geschichte und betonen ihre überlegene Kultur. Eine ruhmlose Gegenwart wird mit ruhmreicher Geschichte kompensiert.

    Natürlich gab es im 19. Jahrhundert eine generelle Ablehnung gegenüber allem "Welschen", aber ja, in einer Stadt wie Köln mit "welschen" Wurzeln war es natürlich viel schwieriger, diesen Teil der Vergangenheit auszublenden, weswegen man sich dort vielleicht auch eher mit dem Mittelmeerraum verbunden fühlte als in Gebieten Deutschlands, die nie Anschluss an die Antike gehabt hatten. Der Katholizismus spielte hierbei sicherlich auch eine Rolle. Aus diesem kulturellen Hintergrund heraus kann man Adenauer und seine Sympathien Frankreich gegenüber verstehen.

    3 Mal editiert, zuletzt von Suebicus (11. Februar 2018 um 14:11)

  • Ich habe bei meinen zahlreichen Rheinland-Aufenthalten noch nie irgendein Ressentiment gegenüber Preußen erlebt. Im Gegenteil, es wird als Teil der eigenen Historie verstanden. Wenn irgendwer in der Presse nun Gegenteiliges herbeischreiben sollte, dann hat das vermutlich ganz andere bzw. "zeitgeistige" Gründe...
    Nach dem Motto: Ich fühle mich nicht als Deutscher (=Preuße), sondern als "Europäer", "Weltbürger" oder wahlweise Franzose, Italiener oder sonst irgendetwas....
    Das wäre eine "bürgerliche Fluchtbewegung" ins "Exotische", weil man die eigene Herkunft nicht so recht annehmen möchte. Nicht mehr, nicht weniger.

  • Die Preußen-Zeit im Rheinland hat natürlich auch sehr viel positives gebracht, man denke nur an den Kölner Dom, der so ohne Friedrich Wilhelm IV. nicht möglich gewesen wäre. Aber auch in der Infrastruktur wurde viel geleistet. Aber trotzdem gab es damals gewisse Konflikte und Spannungen (z.B. Kulturkampf). Zumindest bei Adenauer, der selbst bekanntlich kein Preußen-Freund war, lässt sich das Denken finden, das ursprünglich zivilisierte, dem Mittelmeerraum und Frankreich zugewandte Deutschland sei durch das "barbarische" Preußen korrumpiert worden. Ich ging in meinem oberen Beitrag auch vom 19./ beginnenden 20. Jahrhundert aus. Heutzutage spielen solche Ideen natürlich keine Rolle mehr.

    2 Mal editiert, zuletzt von Suebicus (4. September 2017 um 00:00)

  • Ich muss sagen, dass ich Köln immer irgendwie gemocht habe. Mit Kölns Hässlichkeit bin ich zurande gekommen, anders als mit der süddt.- fränkischen Wiederaufbauhässlichkeit. Auch die Bilder von Wissen (obzwar auf Hässlichkeit getrimmt) bestätigen mich in diesem Eindruck - diese Stadt HAT noch irgendetwas. Die Rheinfrontzählt zu den ganz großen Stadtpanoramen, gerade Prag ist mal besser. Auch im Inneren stößt man stets auf Ecken, die begeistern. Die Moderne steht der Stadt nicht so schlecht an wie ihren bayerischen oder fränkischen Pendants.
    der Vergleich mit Paris ist natürlich absurd. aber mit Brüssel... allemal zulässig!

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat von ursus

    Auch die Bilder von Wissen (obzwar auf Hässlichkeit getrimmt) bestätigen mich in diesem Eindruck - diese Stadt HAT noch irgendetwas.

    Da muss ich dir aber doch widersprechen, sorry. Mir vorzuwerfen, ich würde Bilder auf hässlich trimmen, ist einfach nicht wahr. Wenn du meine Galerien zu Köln verfolgt hast, wirst du sehen, dass ich beleibe versucht habe, das beste aus dieser Stadt herauszuholen.
    Dass bei der Aufnahme das Wetter nicht sonderlich gut war, das liegt leider nicht im meinem Ermessen, ansonsten wurde das Quartier so fotografiert, wie es nun mal ist.
    Davon abgesehen sind wir uns wohl alle einig, das Köln ein unglaubliches Potential hat, deine These aber, dass Köln sich mit Brüssel vergleichen kann, ist dann aber doch etwas steil und fände es in diesem Kontext doch recht interessant, wenn du näher ausführen könntest, wie du deine These begründest.

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (4. September 2017 um 23:39)

  • Was mittelalterliche Einzelbauten (Kirchen!) und historische Tiefe betrifft kann Brüssel sich nicht mit Köln messen (bei Weitem nicht!), und sowas wie das kölner Rheinpanorama gibt es in Brüssel erst recht nicht (in der Tat, nur Prag ist da besser). Dafür hat Brüssel aber den unglaublich schönen Grand Place, und dazu auch einige schöne, ja sogar großartige und beeindruckende Bauten und Quartiere des Historismus zu bieten, die es so in Köln nicht (mehr) gibt. Also, insgesamt sind die beiden Städte mE. ziemlich gleich sehenswert.

  • Ein Artikel zum Förderverein zur "Rettung der Kölner Stadtmauer". Schön, dass es das Engagement gibt.
    Bedenklich, dass die Stadtverwaltung dies durch "geflissentliches Übersehen" erst notwendig macht.

    Einige aktuelle Eindrücke der aktuellen Situation (voraussichtlich) demnächst in der Galerie.

    Quelle: Kölnische Rundschau - online, 08.09.17
    Fazit: Die Sanierung kostet wohl mehrere Millionen Euro. Der Förderverein möchte gemeinnütziger Verein werden und Spenden sammeln.

    Und wo wir gerade bei Fördervereinen sind: Auch zum traditionsreichen Ratsschiff "MS Stadt Köln" gibt es jetzt einen solchen.
    Über das denkmalgeschützte, aber vor sich hin rottende Schiff berichtet selbige Zeitung: Quelle: Kölnische Rundschau - online, 30.08.17
    Steht ebenfalls auf meiner Fotoliste.

    Schönes Wochende allerseits!

  • Ich war heute mal wieder in Köln und werde einige Fehlstellen, die es hier noch gibt, ergänzen. Starten möchte ich mit einigen Baustellenupdates:

    Beginnen wir in der Hohen Straße, das Eckhaus dürfte mittlerweile bekannt sein


    Der Projektentwickler ist offenkundig auch für die nachfolgenden Bauten verantwortlich

    Ein weiteres Projekt in der Schildergasse

    Das was man dort erwarten darf, ich sage mal naja :S

    Spoiler anzeigen

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (21. September 2017 um 23:49)

  • Es geht weiter am Breslauer Platz, die Bauten sind nun weitgehend fertiggestellt

    Dann gibt es noch einen Blick zur Baustelle des Jüdischen Museums am Alten Rathaus

    APH - am Puls der Zeit

  • Dann gibt es zwei Baustellenupdates, auch wenn für das APH vielleicht weniger interessant, zeige ich sie trotzdem.

    Zunächst die Umgestaltung des Kurt-Hackenberg-Platzes in Domnähe. Ich sage mal naja .

    APH - am Puls der Zeit

  • Und dann eine sehr traurige Baustelle, nämlich jene am ehemaligen Kölner Stadtarchiv. Ich muss sagen, dafür dass es so lange her ist, ist man bemerkenswert wenig weit gekommen.

    APH - am Puls der Zeit

  • in Köln ist man schon einen Schritt weiter als in Berlin:

    Zitat von welt.de

    Zeitreise

    Diese Tram nimmt Sie mit in das Köln von 1900

    Vom alten Köln ist im Zweiten Weltkrieg nicht viel übrig geblieben. Wer in eine Straßenbahn einsteigt, soll die historische Innenstadt nun wieder sehen können. Eine Brille macht es möglich.

    „Dat is Kölle“, ruft der Tramfahrer. Direkt neben der Bahn hat ein Dieb gerade einem Straßenjungen seine Beute geschenkt – einen Apfel. Andere Fahrgäste belächeln die Geste nur milde. Im 21. Jahrhundert ist so ein Apfel nicht wirklich etwas wert. Doch die Szene spielt im Köln von vor 100 Jahren. Rund um den Dom ist die historische Innenstadt wiederauferstanden, die im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört worden war – und mitten hindurch fährt die Tram von Time Ride VR. Das Unternehmen bietet seit Samstag eine Zeitreise als Touristenattraktion an.
    [...]
    Für eine andere Hürde bei der Entwicklung der virtuellen Zeitreise, die im November 2016 begann, haben die Kölner Archive gesorgt. „Wir mussten an einigen Stellen natürlich auch eine gewisse künstlerische Freiheit walten lassen. Denn nicht von allen Häusern einer Straße gibt es auch Fotos“, erklärt Rothe. Vorerst habe man sich deswegen auf einen Bereich von Köln konzentriert, der besonders gut dokumentiert ist. Die Fahrt beginnt am Rheinufer in Richtung Dom. Kurz vor ihm biegt die Tram in die Bischofsgartenstraße ein, um dort nach ein paar Metern einem verunglückten Transportwagen auszuweichen und wiederum Richtung Alter Markt abzubiegen, wo die Fahrt endet.
    [...]
    Der Sprung ins Köln um 1900, für den die Entwickler einen siebenstelligen Betrag investiert haben sollen, bleibt aber nur ein Vorgeschmack auf das, was die VR-Technik in Zukunft bieten wird. So liegen die Daten für die virtuelle Straßenbahnfahrt zwar schon in hochauflösender 4K-Qualität vor, doch die aktuellen Brillen können die Bilder der Kölner Innenstadt nur in HD-Qualität darstellen.

    https://www.welt.de/wirtschaft/art…n-von-1900.html

    • Das historische Köln mit VR-Technologie
    • Historischer Fund am Antoniterquartier
    • Ursulinenschule mit neuer Figur der heiligen St. Ursula

    ad 1:

    Wie im oberen Post bereits angesprochen: Ein münchener Unternehmen (Anbieter) präsentiert das historische Köln mit VR-Technologie. Der Standort ist zentral am Alter Markt (schräg gegenüber des Rathauses) und aufwendig gestaltet,z.B. mit einer alten Stadtbahn. Weitere Städte sollen, so Berichte, folgen. Interessant ist, dass eine gewisse historische Genauigkeit zu Grunde gelegt worden sein soll.

    Hier findet sich ein Bericht in bewegten Bildern, zeitlich begrenzt abrufbar:
    Zeitreise ins historische Köln, Quelle: WDR, Lokalzeit Köln Moderationshinweis: Ungültigen Link gelöscht.

    ad 2:

    Bei einem Bauprojekt an der Schildergasse wurden Überreste eines ungewöhnlich alten Hauses entdeckt, das scheint mir erwähnenswert: "Sensationsfund", Quelle: Kölnische Rundschau

    ad 3)

    Das Ursulinengymnasium hat wieder eine Figur der heiligen Ursula, nicht das Original, dennoch eine schöne Sache:
    Quelle: Erzbistum Köln

  • Dann gibt es noch eine volle Runde Baustellenupdates aus der Innenstadt

    Auf dem Kurienareal gibt es noch keinen sichtbaren Fortschritt

    Aber die Mieter scheinen raus zu sein

    Gegenüber tut sich noch nichts, aber der Abrissbagger wird kommen

    Hier mal die Rückseite des Areals, die noch nie hier gezeigt wurde in der Sporergasse

    Köln halt :lachentuerkis::lachentuerkis:

    Müsste ja eigentlich in die real life Galerie, aber kommt ja zum Glück bald weg :D

    APH - am Puls der Zeit

  • Dann geht es zum Neubau an der Hohen Straße, wenigstens hier ist ein sichtbarer Fortschritt erkennbar

    Zur Erinnerung, so soll es aussehen

    Und zum Abschluss der Bau in der Schildergasse

    So soll es werden

    APH - am Puls der Zeit

  • Nochmal drei kleine Updates:

    Jüdisches Museum (ich fürchte das wird ein zweiter BER was das Tempo angeht :lachentuerkis::lachentuerkis: )

    Keine Ahnung was man hier treibt

    Der Nachkriegsbau in der Salomonstraße wird leider nicht abgerissen, aber zumindest saniert, ein Bauschild war leider nicht zu finden:



    Am Geschäftshaus in der Hohen Straße werden die Fenster eingebaut

    Das wars auch schon wieder aus Kölle :D:D

    APH - am Puls der Zeit

  • Als hätte ich es nicht schon geahnt, aber wie so oft wird es natürlich deutlich teurer beim Jüdischen Museum und es dauert länger .... Naja, man nimmt so etwas ja mittlerweile als Normalfall hin.

    Die Kosten für die archäologische Zone inklusive Jüdischem Museum liegen nunmehr bei 80 mio. Euro (man startete mal bei 48 mio.), hinzu kommen jährliche Betriebskosten von 10 mio. Euro. Das sind echt mal Hausnummern.

    https://www.ksta.de/koeln/verzoege…t-2021-28940262

    Dazu ist die Architektur des gesamten Museums sehr zweifelhaft und wird der Ecke nicht wirklich helfen. Oh mein Köln, du wirst einfach nicht schöner :lachentuerkis:

    APH - am Puls der Zeit