• In Rheine plant man derzeit die so genannte Emsgalerie, ein großes Einkaufszentrum in der historischen Altstadt. Die Pläne lassen das Schlimmste befürchten: Anstatt in diesem historischen Quartier Stadtreparatur zu betreiben und eine kleinteilige Bebauung mit altstadtgerecheten Wohn- und Geschäftshäusern zu bauen, soll ein riesiger Klotz erstellt werden, der vor allem der Panaroma am Emsufer den Rest gibt. Das Areal liegt zwischen der Ems- und der Münsterstraße und der Hohen Lucht:

    http://www.rheine.de/pics/medien/th…8734105828.jpeg

    Zurzeit werden auf dem Gelände archäologische Untersuchungen durchgeführt. Es kamen u.a. Reste der Stadtmauer zutage:

    • Schutz und Machtdemonstration • [Archäologie Online] • •

    So soll sich der Komplex von der gegenüberliegenden Flussseite aus darstellen ("Als architektonisches
    Highlight der „Ems-Galerie“ ist darüber hinaus ein Aussichtsturm
    vorgesehen, welcher von der Ludgerusbrücke aus deutlich erkennbar ist.
    Von diesem Aussichtsturm soll dem Besucher ein Ausblick über die gesamte
    Innenstadt und dem Umland ermöglicht werden. Der Turm ist dabei als
    eigenständiges Element im Objekt erkennbar und stellt eine neue
    attraktive Landmarke dar.
    ")

    http://dev.herein.tv/cache/0deb1c05…0cb56331360.jpg

    http://herein.tv/cache/e374d2444a9ecbd6f46196060ecf449f.jpg

    Hier weitere Infos:

    Ems-Galerie | EWG Rheine

    Ursprünglich war die Galerie etwas kleiner geplant, wie aus Fotos in der Dorstener Zeitung hervorgeht:

    http://www.produkte.immomia.de/storage/scl/md…development.jpg

    Eines der schönsten Häuser der Münsterstraße (Nr. 37), die Gaststätte "Barönchen", würde durch die Neubauten vollkommen isoliert werden:

    http://mw2.google.com/mw-panoramio/photos/medium/3398815.jpg

    Noch stehen links von diesem Haus ältere Gebäude
    Eine giebelständige Nachbarbebauung scheint leider nicht vorgesehen zu sein (das weiße Haus im Hintergrund ist das "Barönchen):

    http://www.ewg-rheine.de/coRED/_data/ei…erstr_klein.jpg

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (3. Dezember 2011 um 17:57)

  • Der schlimmste Verlust für das Stadtbild dürfte der Abriss von drei Giebelhäusern in der Münsterstraße nördlich des Barönchens (für einen Eingang) sein. Darüber hinaus werden auch das Gebäude der Commerzbank an der Emsstraße (für einen weiteren Eingang), die (gesamte ?) Häuserzeile an der Hohen Lucht (für noch einen weiteren Eingang) und etliche Häuser im Inneren des Areals, darunter vermutlich u. a. das Hans Niermann-Haus (für den Aussichtsturm) abgerissen. Informationen (Adresse, Alter, Denkmalstatus) zu den einzelnen Häusern konnte ich leider nicht finden - es könnte sein, dass tatsächlich nur das Barönchen unter Denkmalschutz steht, das erhalten und saniert werden soll.

    Insgesamt ein unglaublich rücksichtsloses Projekt. Im sog. Sanierungsgebiet wird nicht saniert, sondern das Areal vielmehr zum Abrissgebiet gemacht. Und was sagen die Politiker zu ihrer Tat?

    Zitat

    Die Politik zeigte sich nach der Vorstellung fraktionsübergreifend zufrieden mit den Plänen. „Das ist keine Pseudolösung“, sagte Ausschussvorsitzender Horst Dewenter (CDU) zum geplanten Aussichtsturm. Besonders freue ihn, dass denkmalgeschützte Gebäude wie etwa das „Barönchen“ erhalten bleiben. Dieses soll nach Aussage von Hermann Klaas saniert werden und später „unabhängig von der Ems-Galerie“ genutzt werden.

    „Das ist eine Lösung, die die Stadt bereichert - vor allem die Partie zur Ems“, sagte Josef Niehues (CDU). Besonders der Aussichtsturm werde ein Gewinn für Rheine sein. Auch Günter Löcken (SPD) lobte die Pläne der Architekten. „Das sieht absolut nicht nach Rückseite aus“, sagte er. Rüdiger Grawe (Grüne) lobte die fraktionsübergreifende Unterstützung für das Projekt. „Wir müssen es unterstützen, damit sich so schnell wie möglich etwas tut“, forderte Grawe.

    Quelle: http://www.westfaelische-nachrichten.de/lokales/kreis_…sichtsturm.html

    In Rheine scheint man in der Wirtschaftswunderzeit schon viel Altbausubstanz abgebrochen zu haben. Die Stadt besitzt bereits ein scheußliches Karstadtgebäude. Lernen will man jedoch offenbar aus den Fehlern der Vergangenheit nicht, sondern stattdessen den vor Jahrzehnten einmal eingeschlagenen Weg auch im 21. Jahrhundert kraftvoll fortsetzen.

    Das Projektgebiet aus der Luft: http://binged.it/tp7thH

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Daß die Politiker dieses Projekt begrüßen, ist doch klar. Die sehen immer nur wirtschaftliche Vorteile. Welche Bausubstanz dafür vernichtet wird ist Nebensache. Als Alibi wird ganz groß ein einziges Haus vorgeschoben. - Das Gebiet / die Brachfläche ist eigentlich groß genug, daß man auch ohne Massenabriss ein schönes Einkaufszentrum errichten könnte. Die Eingänge könnte man ebenso ohne den Verlust von Bestandsgebäuden planen. Platz genug ist vorhanden. Doch solche Projekte sind leider immer etwas größenwahnsinnig und überdimensioniert.

  • Nach dem 2007 erschienenen Buch über "Die Kunst- und Kulturdenkmäler in Rheine
    Teil II – Die profanen Denkmäler" steht in diesem Teil der Stadt offenbar nur das "Barönchen" unter Denkmalschutz. Die meiner Meinung nach durchaus erhaltenswerten Giebelhäuser nebenan leider nicht, ebensowenig die drei ebenfalls giebelständigen Häuser Im Coesfeld 1,3 und 5. Durch die Neubebauung werden die historischen Strukturen, der alte Stadtgrundriss total verwischt. Das geplante Parkhaus an der Hohen Lucht wird sich wie ein Riegel vor die Südseite der Altstadt legen. Als hätte die Stadt nicht schon genügend Bausünden aufzuweisen:

    Bilder von RHEINE

    Immerhin ist der Marktplatz noch recht ansehnlich:

    http://www.rhdrescher.de/Marktplatz.jpg

    http://www.hermannshoehen.de/hermannshoehen…ne-markt-gr.jpg

    Hier noch ein Blick auf das betroffene Areal (links, zwischen der ersten und der zweiten Brücke, bis zu der Straße, die direkt auf den Turm der Kirche zuführt):

    http://www.muensterland-tourismus.de/49422/Luftbild_Rheine_gallery.jpg

  • Dein erster Link ist interessant. Ich erlaube mir, zu zitieren:

    Zitat

    Dummerweise entscheiden diese Leute über das Bild der Stadt!

    Zitat

    Obwohl kaum ein Rheinenser diesen Baustil mag, scheinen unsere Stadtväter nicht viel Wert auf jene Meinung zu legen.


    Die kleinen Häuschen am Marktplatz gefallen mir außerordentlich. Hat was von Luckau.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Neueste Visualisierungen der Emsgalerie:


    Auf das so genannte "Barönchen" (Haus ganz rechts) wird leider keinerlei Rücksicht genommen, es droht von den Flachdachklötzen der Galerie regelrecht erschlagen zu werden und zwar von beiden Seiten:

    Fotostrecke: Projekt Ems-Galerie : neueste Visualisierungen - Rheine - Westfälische Nachrichten

    westline | Einkaufstempel mit Aussicht

    Damit würde es von den übrigen historischen Bauten der Innenstadt komplett isoliert und zu einem Fremdkörper werden.


    Noch schließen sich links vom Barönchen zwei giebelständige Bauten an...

    Das Barönchen:

    http://www.nahraum.de/user/5029/92768_0.jpg

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (9. August 2012 um 16:03)

  • Hier einige Fotos:

    http://www.iandus.de/presserelease.php?mitid=70

    Und Videos:

    http://www.herein.tv/video/%E2%80%9…b5a39460dc3a461

    http://www.herein.tv/video/Webcam%3…c0d3ecb08bd8acd

    http://www.herein.tv/video/Ems-Gale…10f926c657094ac

    Eine Schande, dass in Rheine wieder einmal historische Bausubstanz vernichtet wird! Als hätte die Stadt in den letzten Jahrzehnten nicht genug bluten müssen...

    Einmal editiert, zuletzt von Ravensberger (17. Februar 2013 um 13:51)

  • Für den Bau des neuen Einkaufszentrums wurden bekanntlich mehrere Häuser abgebrochen, darunter auch dieser unscheinbare Backsteinbau, der für ein Haus des 19. Jh. über ein ungewöhnlich steiles Dach verfügte:

    http://www.mv-online.de/var/storage/im…630_420f_wn.jpg

    Ein Foto von der Rückseite zeigt, dass es sich im Kern um ein altes Fachwerkhaus handelte. Ob es wohl noch aus dem 16. Jh. stammte? Was meint ihr? Das Foto lässt sich vergrößern:

    http://lebenanderems.files.wordpress.com/2013/01/dsc_2948.jpg

  • Als ich irgendwo in den hier verlinkten Berichten gehört habe (ist ja schon ein paar Monate her), es handle sich bei der abgebrochenen Bebauung durchweg um Belangloses, bin ich sowieso hellhörig geworden. Deine Frage, ob dabei ein sehr altes Fachwerkhaus vorsätzlich oder fahrlässig ignoriert wurde, passt voll dazu. Es ist offenbar unglaublich verbreitet, in geradezu kindlicher Naivität von der gegenwärtigen äußeren Erscheinung auf das Entstehungsjahr zu schließen. Es muss jetzt nicht gerade aus dem 16. Jh. gewesen sein, aber aus dem 19. Jh. kann das nicht gewesen sein.

  • Es ist ohnehin merkwürdig, dass die Denkmalpflege zu diesem Projekt keinerlei Stellung bezogen und eine bessere Einbindung der Neubauten ins Stadtbild gefordert hat. Der Investor hatte offenbar völlig freie Hand! Außerdem wird ein Teil des mittelalterlichen Straßennetzes überbaut werden, dessen Erhalt wichtig gewesen wäre. Nun werden die historischen Strukturen völlig verwischt.

  • Im Vergleich dieses Bildes mit der Vogelperspektive , kann man sehen, was da alles durch Abriss zerstört wurde. Aber wenn die lieben Kommunalpolitiker halt unbedingt ein eigenes Einkaufszentrum haben wollen, setzen sie ihren Willen durch. Mit etwas Glück, ist die Innenstadt bald vom Leerstand geprägt, weil es nur noch Geschäfte in der neuen Ems-Galerie gibt. Dann haben die Stadtoberhäupter ihr Ziel erreicht.

    Bisher gibt es noch keine Galerie von Rheine. Im Oktober habe ich 'ne Woche Urlaub. Dann werde ich die Stadt mal besuchen und Photos knipsen.

  • Ich bin einige Kilometer von Rheine entfernt aufgewachsen, hätte längst mal ein paar Bilder beisteuern können. Spätestens zu Weihnachten bin ich wieder da und könnte ergänzen. Bin aber gespannt auf Deine Rheine-Galerie. Der Weg vom Bahnhof in die Stadt rein lässt ja nichts Gutes erahnen... aber dann stellt man fest, dass es doch eigentlich sehr viele interessante Ecken gibt.

    Was mir nach wie vor schleierhaft ist, ist der Grund, warum die Gegend dort unbedingt "entwickelt" werden musste. Unzählige, teilweise richtig alte Gebäude wurden dort abgerissen (durch den Vorher-Nachher-Vergleich wird mir erstmal deutlich, wieviele), obwohl die Ecke nichtmal groß heruntergekommen war, insbesondere in Zusammenhang mit dem Trend zur Stadtwohnung hätte man dort gut Wohnflächen entwickeln können. Jetzt sind geschätzte 20% des verbliebenen Teils der gewachsenen Altstadt vernichtet worden, während in anderen Ecken, die früher schon neu strukturiert wurden, absolut belanglose Bausubstanz zu finden ist.

    Das allerschlimmste ist, dass ein paar hundert Meter weiter westlich ein verlassenes Hertie-Gebäude die Stadt nach Süden hin abriegelt, zusammen mit dem ohnehin häßlichen Parkhaus schränk darunter hätte man hier perfekte Bedingungen für das Einkaufszentrum gehabt:
    Link zu der Situation

    Ich bin sehr gespannt, wie sich die Emsgalerie auf die Entwicklung der Innenstadt dort auswirkt. Ich hatte nie den Eindruck, dass fehlende Ladenflächen ein Grund für das beschränkte Angebot ist.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Dieser Hertie/Karstadt steht leer? Wusste ich gar nicht. Dann wäre das (aus unserer Sicht) tatsächlich der perfekte Standort für ein neues Einkaufszentrum gewesen. Direkt an die Innenstadt angebunden und einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt. Außerdem hätte man diesen Bereich mit einer neuen Bebauung aufwerten können. ABER, das Gelände ist nicht direkt an der Ems. Ich denke, daß der Investor besonders scharf auf die Wasserlage war. Jetzt hat die Stadt noch immer die verlassene Kaufhausimmobilie am Bein. Sehr schade.