• Hier noch einige Fotos vom neuen Dorotheen-Quartier direkt neben der Markthalle und hinter dem Breuninger-Gebäude, wobei Breuninger das Projekt auch realisiert hat.

    Das ganze kommt in Form von drei großen Blöcken daher, die immerhin so etwas wie städtische Strukturen mit Gassen und einer Art von Platz schaffen - ein deutlicher Fortschritt gegenüber dem vorherigen tristen Block, der noch bei Bing zu sehen ist. Außerdem entstehen dadurch wieder interessante Sichtbeziehungen, z. B. auf den (leider häßlichen) Rathausturm oder zur Stiftskirche.

    Generell soll es hier eher Luxus-Marken geben, es gibt aber auch einen riesigen "normalen" Supermarkt im Untergeschoß (wobei ich mich frage, wer zum Großeinkauf ins Zentrum fährt) oder einen kleinen Hugendubel (der große Hugendubel wurde ja leider geschlossen, inwiefern gleich neben dem Wittwer noch Platz für einen kleinen Buchladen besteht, ist mir aber auch nicht klar). Los war kaum etwas, auch in Deutschlands "größtem Tesla Showroom" standen nur 2 Autos und keine Besucher...

    Hier die Galerie. Einige Fotos daraus:

    Aus Richtung Schloßplatz, der dritte Block ist etwas versetzt und nicht zu sehen:

    Der altbekannte Breuninger gleich dahinter:

    Blick zum Rathaus:

    Die Markthalle gleich daneben:

    Und noch ein paar Eindrücke:

  • Der alte Breuninger-Bau wäre ja eigentlich auch was für die Brutalismus-Diskussion hier im Forum . . .

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Ohauoh, diese durchfensterten Dächer, oder durchlöcherten schrägen Dachwände, oder was weiß ich welcher Bauteil das ist, so was von unproportioniert draufgesetzt, eine Zumutung!
    Mit den schrägen, verwinkelten Linien hätte es ja auch was durchgestaltetes Expressionistisches geben können oder man hätte anthroposophische Architekten beauftragt. Dann wäre es in sich stimmig.
    Na gut, städtebaulich/stadträumlich eine Verbesserung, aber sonst, na ja. Wenn man's stark verkleinert, im Miniformat würd's noch als die Luxusvariante der Hobbit-Häuser durchgehen! 8)

  • Zu kalt, zu futuristisch, dieses neue Quartier, als dass dort vitales Stadtleben entstehen könnte. Von Behaglichkeit gar nicht zu sprechen. Manchmal denke ich, heutigen Architekten geht jede Spur von Einfühlungsvermögen in die menschliche Seele ab.

    In dubio pro reko

  • oder man hätte anthroposophische Architekten beauftragt. Dann wäre es in sich stimmig.

    Auch ich habe mir just vor 10 Tagen das Dorotheenquartier angesehen. Zumindest eine Verbesserung gegenüber dem vormaligen trivialen Verband von baulichen Nichtigkeiten lässt sich m.E. schon ausmachen; immerhin kann man hier endlich mal von Architektur reden. Die Natursteinfassaden mit ihren plastisch ausgearbeiteten Fenstergewänden haben eine gewisse Strahlkraft, die allerdings von den monströsen Dachaufbauten abgemildert wird. Einer der Blöcke birgt in der Dachzone sogar vier Stockwerke; das Bestreben ist offensichtlich, die hohe Grundstücksausnutzung durch acht Oberstockwerke durch eine Pseudo-Dachlandschaft zu kaschieren.

    Der Architekt ist Stephan Behnisch, der Sohn des bekannten Günther Behnisch, der als Kompromissloser etwa mit der Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz - in Stuttgart u.a. mit dem Bankgebäude in der Fritz-Elsas-Straße - Furore gemacht hat. Stephan Behnisch aber hat sich neuerdings mit Bauten für die Waldorfschule (die auch von seinen Kindern besucht wird) neu profiliert. Nach dem ersten Neubau der Waldorfschule Uhlandshöhe entsteht derzeit sein zweiter Bau daselbst. Man kann darüber streiten, ob man diese beiden Entwürfe als anthroposophisch werten mag (was immer das sei), aber seine nicht ohne Geschick neuerworbene Übung in der Vermeidung des rechten Winkels hat er mit dem Dorotheenquartier erstmals auf den Geschäftshausbau übertragen. Immerhin ein muteiger Vorstoß zur Überwindung des banalen Einheitsbreis.

  • Aha, da hatte ich also doch ein Gespür in welche Richtung diese schrägen Winkel gehen könnten. Aber diese plumpen Dachhauben unterdrücken alles, was unten sich an plastischen Linien entwickeln will!

  • Zu kalt, zu futuristisch, dieses neue Quartier, als dass dort vitales Stadtleben entstehen könnte. Von Behaglichkeit gar nicht zu sprechen. Manchmal denke ich, heutigen Architekten geht jede Spur von Einfühlungsvermögen in die menschliche Seele ab.

    Königsbau, Du hast recht. Auf mich wirkt diese Architektur auch irgendwie erdrückend und bedrohlich... Diese schwarz gerahmte Befensterung wirkt derart düster - überhaupt nicht einladend. Mich würde es gar nicht reizen, in die Geschäfte hinein zu gehen. Würde eher ganz schnell daran vorbeilaufen - vielen geht es bestimmt ebenso. Ein Ort zum Entspannen und Verweilen ist das nicht, von Licht, Wärme und Gemütlichkeit überhaupt keine Spur.

  • Auf mich wirkt die Dachlandschaft monströs, beklemmend. Und diese pyramidenartigen Fassaden-Elemente dürften recht witterungsanfällig sein. Derzeit ist das(wieder) Mode. Beim "Flare of Frankfurt" finden sich ja im Prinzip vergleichbare Vorsprünge der Vorhang-Fassade.

  • Zu kalt, zu futuristisch, dieses neue Quartier, als dass dort vitales Stadtleben entstehen könnte. Von Behaglichkeit gar nicht zu sprechen. Manchmal denke ich, heutigen Architekten geht jede Spur von Einfühlungsvermögen in die menschliche Seele ab.

    Darum gehts in großen Teilen der Stuttgarter Innenstadt ja auch gar nicht mehr. Das ist eine "Shopping-Maschine" für die kaufkräftige Stuttgarter Oberschicht. Entscheidend ist, was die Preisschilder der Waren in der Auslage sagen. Sind die nicht mindestens vierstellig, dreht man mit gerümpfter Nase und pikiertem Blick ab . . .

    Schon mal im Breuninger und drum herum gewesen? Die Damen und die Töchter und Söhne der Upper-Class (Top-Management bei Daimler, Bosch usw.) praktizieren da "Shop till you drop". Da laufen manchmal 15, 16-jährige, an beiden Armen mit prallen Taschen von Vuitton, Gucci, Armani und co. herum. In der Hosentasche Papas Platin-Karte . . .

    "Mens agitat molem!" "Der Geist bewegt die Materie!"

  • Das schlimme an diesem neuen "Stadtquartier" ist aber seine zentrale Lage. Im Grunde liegt der Bereich in der Altstadt von Stuttgart, zwischen dem ebenfalls verschandelten Marktplatz und dem Schloss siehe dieser alte Stadtplan.
    Leider ist Stuttgart nicht Frankfurt, man hätte hier ein wunderbares Altstadtquartier rekontruieren können...

  • So negativ würde ich da alles nicht sehen, die zahlreichen Innenstadt-Bauprojekte in Stuttgart haben die Stadt doch allesamt aufgewertet, anstelle von häßlichen (und häufig schäbigen) grauen Klötzen entstanden immer deutlich hochwertigere Neubauten - sicherlich keine traditionelle Architektur, aber besser als die Vorgänger.

    Hier gibt es Stuttgarter Ansichten zum Durchklicken: Stuttgarter Nachrichten

  • So negativ würde ich da alles nicht sehen,

    Soll das schwarzer Humor sein oder meinst Du das ernst? Diese Investorenkisten die man da sieht sind nun wirklich keine Besserung für das Stuttgarter Stadtbild :wuetenspringen: . Nur das "Design" der modernistischen Bauten hat sich "aktualisiert" und ist weil es krachneu ist auch "sauber", was sich aber schnell ändern wird. Im Grunde sind die Neubauten doch eher nur eine "Modeerscheinung" mit ihren neuen, reflektierenden und transparenten Materialien und dann in 20 Jahren wieder "out" also das Gegenteil von Nachhaltigkeit unf Zeitlosigkeit. Aber was ist denn an diesen Bauten altstadtgerecht oder gar "stuttgarterisch" bzw schwäbisch-alemannisch, denn so war mal die untergegangene Altstadt! Stuttgart hat es gerade wegen seinem Totalverlust extrem nötig, wieder eine echte Altstadt zu besitzen. Und sei es nur ein winziges Viertel. Denn in der Kernaltstadt (ohne Vorstädte) gibt es kein einziges größeres erhaltenes authentisches, mittelalterliches Ensemble. Selbst das Viertel um den "Hans im Glück Brunnen" ist im Grunde historistisch und nur mittelalerlich anmutend! Etwas mehr Kleinteiligkeit wäre ganz gut gewesen, nicht so Monsterblöcke, weniger Geschosse, es müssen auch keine Rekos sein, aber das Dom-Römer Projekt in FFM wäre schon als Vorbild zu nehmen :daumenoben: Fazit : es ist im Grunde eine "Verschlimmbesserung"!

  • Wieder so geistreiche Sätze wie diese:

    Zitat

    Stuttgart ist eine schöne Stadt. Aber früher war sie noch viel schöne

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Soll das schwarzer Humor sein oder meinst Du das ernst? Diese Investorenkisten die man da sieht sind nun wirklich keine Besserung für das Stuttgarter Stadtbild

    Nein, das ist schon ernst gemeint.

    Natürlich fände ich es wünschenswert, wenn man die verbliebenen Reste der alten Bebauung aufwerten und z. B. als hochwertiges Ausgehviertel gestalten würde, anstatt sie zum Rotlichtviertel herunterkommen zu lassen. Oder wenn man so etwas wie eine Altstadt zwischen Schloßplatz und Marktplatz rekonstruieren würde - wobei die Stuttgarter Markthalle ja in den 70ern auch fast abgerissen worden wäre und die Blockrandbebauung am Standort des heutigen Dorotheen-Quartiers vermutlich kaum sinnvoll rekonstruiert werden könnte. Aber eine kleine Altstadtinsel zwischen Schloß und Rathaus könnte entstehen...

    Das ist aber alles komplett illusorisch, weil es schlicht und ergreifend 99 % der Bürger nicht wünschen oder sich nicht dafür interessieren - eher glaube ich, daß künftig irgendwelche gruseligen 50er-Jahre Gebäude wie am Marktplatz unter Denkmalschutz gestellt werden.

    Im Rahmen des Möglichen haben aber alle Projekte der letzten Jahre die Innenstadt deutlich aufgewertet, von Caleido und Gerber über die Königsbau-Passagen bis hin zu den Neubauten an der Tübinger Straße. Möglicherweise soll ja auch ein Teil des Kaufhofs endlich abgerissen werden, siehe hier, ebenfalls erfreulich, genauso erfreulich wie das weitgehende Ende des "kleinen Schloßplatzes" beim Neubau des Kunstmuseums (siehe hier).

    Problematisch finde ich eher, daß es in weiten Teilen des Zentrums eher so wie hier aussieht (direkt am Rathaus):

  • Stuttgart hat noch weitaus mehr Altbausubstanz zu bieten als Heilbronn. Historische Altstädte haben jedoch beide nicht mehr (Stuttgart immerhin eine kleine Insel mit altstädtisch anmutendem Flair sowie das Bohnenviertel). Insofern dürftest du (ich kenne deine Präferenzen) von beiden Städten gleichermaßen enttäuscht sein.

    In dubio pro reko

    3 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (18. November 2017 um 10:51)

  • Also, Heilbronn ist nun wirklich nicht schön, sondern wirkt vielerorts reichlich schäbig.

    Ansonsten habe ich den Eindruck, wir reden aneinander vorbei - im Rahmen des Möglichen sind alle genannten Projekte deutliche Verbesserungen, und Reko-Projekte stehen hier sowieso nicht zur Debatte. Außerdem gibts durchaus auch preislich ganz normale Gastronomie im Viertel, und den flächenmäßig größten Mieter kann sich wohl jeder leisten, das ist ein normalpreisiger Supermarkt im Untergeschoß.

  • Ich kann hier Gmünder nur zustimmen. Auch auf mich wirkt es so, daß die Innenstadt in erster Linie ein Ort des Konsums sein soll. Freilich gibt es mittlerweile auch zunehmend Gastronomie, letztendlich auch nur, weil man damit Geld machen kann.
    Auch die Entwicklung der letzten Jahre geht in diese Richtung. Ist die Königsstraße schon eher funktional angelegt, wird das mit den neuen riesigen Shopping-Centern noch schlimmer. Ich habe in den SN vor ein, zwei Jahren gelesen, daß auf dem neuen Areal von S21 ein weiteres Einkaufszentrum entstehen soll. Begründung: Die Kaufkraft der Umlandbewohner soll nicht auf der grünen Wiese außerhalb der Stadt abgeschöpft werden. Ich halte es für eine vollkommen irrwegige Argumentation, dafür dann die eigenen Innen"stadt" in ein gefühltes Gewerbegebiet umzuwandeln, nur damit die Menschen dort bequem ihr Geld ausgeben können. Zumal: Als ob man an Kaufkraft und Konsum nicht ohnehin in Stuttgart genug hätte.. Das ist doch nicht das Problem...