• Ein ganz interessanter Artikel aus der Stuttgarter Zeitung zum Umbau der Tübinger Straße - dabei handelt es sich gewissermaßen um die Verbindungsstraße zwischen dem Gerber-Projekt und dem Marienplatz im Süden Stuttgarts.

    Ist Stuttgart-Süd im Allgemeinen noch ein recht angenehmer Stadtteil, so wird die Bebauung Richtung Innenstadt insbesondere ab dem Marienplatz spätestens ab der Dinckelacker-Brauerei bis zur katholischen Kirche St. Maria (deren Anblick man ja durch eine mehrspurige Hochstraße ruiniert hat) äußerst schäbig und besteht teilweise aus einer Art Nachkriegs-Behelfsarchitektur - die Bretterbaracke mit dem Dinckelacker-Werbeschild (erstes und vorletzes Fotos in meiner Galerie wurde aber inzwischen abgerissen.

    Nicht so ganz nachvollziehen kann ich indes den Leserkommentar im obigen Artikel (" Zudem gehören diese Gebäude als ein Beispiel für den Wideraufbau Stuttgarts nach dem Zweiten Weltkrieg dringend unter Denkmalsschutz gestellt.") - sofern er denn ernst gemeint sein sollte. Zwar sind die Neubauten (ob der neue Glaskasten der Versicherung oder die Sporthalle) bestenfalls nichts besonderes, aber der jetzige Zustand ist wirklich ein Armutszeugnis für eine der wirtschaftlich erfolgreichsten Städte Europas.

  • Beim Vorschlag im Bürgerhaushalt (Beitrag # 128) fehlen solche alberne Kommentare auch nicht. Es ist zu erhoffen, auch nicht ganz unrealistisch, daß der Denke im Vorschlag an Bekanntheit und Befürwörter gewinnt, und letztendlich etwas bewirkt. Jede Änderung hier in diese Richtung wäre eine enorme Verbesserung. Zum heutigen Marktplatz und dessen Umgebung fällt doch nichts positives ein.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Ein Dialog zum Thema Marktplatzrekonstruktion auf der facebook-Seite, der "Kontrahent" ist Architekt:

    XXX: Gerade als Liebhaber historischer Bauten sollte man eine solche Idee verwerfen. Neu gebaut wird nie historisch, sondern eben neu, auch wenn die Optik alt aussieht. Gegenüber den wirklich historischen Gebäuden wäre das eine Beleidigung. - Trotzdem kann man das Stadtbild am Marktplatz verbessern. Mit guter moderner Architektur. Das, was man neu baut, muss nur besser sein als das, was man abreißt. - Und nicht vergessen: "Heute sind die guten alten Zeiten von morgen." Karl Valentin

    Baudenkmäler Stuttgart: Also sollte man die Frauenkirche in Dresden wieder abreissen? Oder den Campanile in Venedig? Den [lexicon='Römerberg'][/lexicon] in Frankfurt? Die Palais Unter den Linden in Berlin? Den Hildesheimer Marktplatz? Das sind nämlich alles auch keine Originale sondern 100%ige Nachbauten. Interessanterweise fühlt sich dort niemand dadurch beleidigt, vielmehr erfreut man sich daran und ist stolz darauf. Ich sehe diesen "Originalitäts"-Standpunkt als nicht wirklich haltbar an, es zählt doch nicht wie alt die Steine sind sondern die architektonische Idee, und diese kann man mit einer Rekonstruktion vollauf erfüllen. Auch der Kölner Dom besteht fast nur noch aus ausgetauschten Steinen, und niemand stört sich daran, oder spricht dem Bau deshalb jemand seine Authentizität ab? Ach, moment, sie gehören ja dem Berufsstand an, der Rekonstruktionen aus Prinzip ablehnt und der "modernen" Architektur das Wort redet. Hat man ja so an der Hochschule gelernt und verinnerlicht. Kennen sie das Büro Stuhlemmer aus Berlin? Von der Sorte Architekten wünsche ich mir viel mehr.

    XXX: gute Beispiele: Frauenkirche ist eine Rekonstruktion auf gut gesicherter (Plan-)Grundlage und als Sonderfall vertretbar. Campanile war eingestürzt und wurde wieder aufgebaut. [lexicon='Römerberg'][/lexicon] ist Disneyland. Schauen Sie mal hinter die Fassaden. So etwas wäre für Stuttgart kein Vorbild. Es geht nicht um die alten Steine. Es geht um Geschichte und um Originale. Und der Kölner Dom ist ein gutes Beispiel, denn an ihm wurde immer wieder weitergebaut. Manchmal hilft es, wenn man genauer hinsieht.

    Baudenkmäler Stuttgart : Die Frauenkirche verteidigen Sie nur, weil Sie wissen daß eine Kontra-Position angesichts des beeindruckenden Resultats mittlerweile auch von einstigen Skeptikern abgelegt wurde. Vor deren Bau waren auch wiedermal die Architektenverbände gegen die Rekonstruktion. Zum Glück hat man nicht auf sie gehört! Den [lexicon='Römerberg'][/lexicon] würde außerdem kein Frankfurter freiwillig wieder hergeben. Daran stört sich nur eine modernistisch-dogmatisch geprägte Elite von Architekten und Denkmalpflegern. 99% der Restbevölkerung gefällt es bestens und sie schätzen diese Gebäude. Daher wird in Frankfurt jetzt sogar die Altstadt noch erweitert, und das hässliche Technische Rathaus (seinerseits von Architektenverbänden hochgelobt) ist endlich Geschichte. Rekonstruktionen sind zeitgemäß und ein Nachbau kann genauso zum Original werden wie sein Vorgänger. Legen wir die ideologischen Scheuklappen ab.

    XXX: legen wir die Scheuklappen ab. Nicht alles Alte ist gut und nicht alles Neue "modernistisch" und schlecht. "Zeitgemäß" können Rekonstruktionen nicht sein, sondern immer nur Ausnahme.

    Baudenkmäler Stuttgart: Rekonstruktionen sind eine moderne und zeitgemäße Erscheinung, das belegen Berlin (Stadtschloss), Dresden (Neumarkt), Frankfurt (Altstadt) u.v.a. Auch wenn eine Minderheit sogenannter "Experten" dagegen argumentiert, die Zeichen der Zeit lassen sich nicht aufhalten. Die sogenannte "Moderne", die an Hochschulen immernoch einseitig gelehrt wird und später die Arbeit unserer Architekten bestimmt hatte seit vielen Jahrzehnten überall in Deutschland ihre Chance zu beweisen, daß sie zu besserem Städtebau in der Lage ist. Und nahezu überall (Stuttgart, Hannover usw.) lässt sich deren Scheitern begutachten, auch wenn Architekten dies ständig bestreiten und unbeirrbar so weitermachen wie bisher. Da liegt es doch nahe, daß viele Menschen nicht mehr an diese "modernen Heilsversprechen" glauben und stattdessen einen Rückgriff auf Tradition und Historie bevorzugen. Rekonstruktionen, die sowieso nur einen winzigen Bruchteil der Bautätigkeit in Deutschland ausmachen, können diesen Wunsch erfüllen. Und es ist mir kein Fall bekannt, in dem eine Rekonstruktion nachträglich von den Bürgern abgelehnt wurde, vielmehr fand jedes Projekt nach Vollendung große Zustimmung und Freude. Zustimmungswerte, von denen die Baumeister des gegenwärtigen "Funktionalismus" nur träumen können. Könnte es sein, daß die heutige propagierte Baukunst im Vergleich zu früher einfach gestalterisch ungemein verarmt ist und daher so wenig Freunde hat? Wenn ich durch Stuttgarts Innenstadt gehe fällt es mir jedenfalls schwer, keinen Zorn auf die sogenannte "zeitgemäße" Architektur zu entwickeln, die sich nur in Form von funktionalen Kästen und monotonen Fassaden erschöpft. Wen wundert es da, daß die alte Architektur heute beliebter ist denn je.

    XXY: Wir sprechen hier über ein heikles Thema , Rekonstruktion sind immer dann zeitgemäß wenn es politsich und historisch gewünscht ist, Bsp. Warschau /Kiew hier wurden die Innenstädte alle wieder als Rekonstruktion "original" aufgebaut ! Während dort die historische Kontinuität bewusst gewahrt bleiben sollte , wurde dies im besetzten D im Zuge der Umerziehung bewusst negiert.

    XXX: egal wie viel Sie zu dem Thema schreiben: Die Marktplatzrekonstruktion in Stuttgart ist einfach daneben (baugeschichtlich, stadtplanerisch, auch wirtschaftlich). Das war mein letzter Kommentar zu dem Thema. Sie können sich also entspannen ...

    XXY: Stuttgarter Uni für Architekten = Fortsetzung der Frankfurter Schule in Beton und Styrpor! Des was sich da heute Stadtplaner nennt und auf die Öffentlichkeit los gelassen wird hätte früher gradmal die Büroabfalleimer leeren dürfen.

    Baudenkmäler Stuttgart: Schade Herr Schmidt, ich hätte da noch eine abschließende Frage gehabt: Glauben sie wirklich, mit "modernen", "zeitgemäßen" Mitteln ließe sich ein Marktplatz erbauen, der es in Sachen Schönheit mit dem historischen aufnehmen könnte? Entschuldigung, mir fehlt dazu der Glaube, ich kenne kein Beispiel wo dies gelungen wäre.

    Baudenkmäler Stuttgart: Und noch ne kleine Polemik von Matthias Matussek, Journalist: "Die meisten Feuilletonisten (und Architekten, Anm.) sind gegen urbane Heilung durch Restauration. Sie möchten dem Normalbürger das „Zeitgemäße“ über den Schädel ziehen wie eine historische Kopfnuss. Sie beten Adolf Loos´“Ornament und Verbrechen“ nach, finden Le Corbusiers Wohnsilos fürs gemeine Volk interessant und flippen heimlich aus vor Freude, wenn ihre Altbauwohnung Stuckreste aufweist. Sie verachten die historisierende Tendenz - ohne die es Renaissance und Klassizismus nicht gegeben hätte - als rückschrittlich und verordnen der Großstadtherde den schmucklosen Korridor."

    In dubio pro reko

  • Ich kenne mich in Stuttgart leider gar nicht aus. Ist eine Reko denn überhaupt machbar? In Hildesheim hat man ja z.B. viele Nachkriegsgebäude einfach mit historischen Fassaden verblendet. Wäre so etwas in Stuttgart möglich oder müsste man alle Gebäude abreißen. Gibt es irgendwo Bilder vom historischen Marktplatz, wodurch man sich mal einen Eindruck zu den Gebäuden verschaffen könnte bzw. eine Gegenüberstellung von Vorkriegszustand und heute?

    APH - am Puls der Zeit

  • Ich finde es schwierig, mit "Schönheit" zu argumentieren. Schönheit liegt im Auge des Betrachters, der eine mag "überladenen" Historismus, der nächste ornamentlose Kuben.

    Viel stichhaltiger finde ich die Tatsache, dass sich heutige Architektur für gewöhnlich nicht an Ort, Geschichte und Bautraditionen orientiert, sondern austauschbar ist, unsere Städte einander angleicht und in kriegszerstörten Städten nichts zur Rückgewinnung verlorener Identität beiträgt.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Ich finde es schwierig, mit "Schönheit" zu argumentieren. Schönheit liegt im Auge des Betrachters, der eine mag "überladenen" Historismus, der nächste ornamentlose Kuben.

    Ja, aber hier gibt es doch auch ganz klare Tendenzen. Die historische Baukunst wird von einer überwältigenden Mehrheit als schön empfunden, während dies bei den ornamentlosen Kuben doch nur für eine Minderheit, zumeist akademisch indoktriniert, zutrifft. Insofern kann man den Schönheitsbegriff schon zur Argumentation einsetzen, wenn er denn so eindeutig zugunsten einer Seite ausfällt.

    Ich fand vielmehr interessant, daß der "Kontrahent" wohl schließlich keine Argumente mehr hatte und aus der Diskussion ausstieg, freilich nicht ohne auf seinem Standpunkt zu beharren. Mit Architekten über Rekonstruktionen zu diskutieren ist eine schwere Angelegenheit, zu tief sitzt die Beeinflussung durch die gängige Lehre.

    In dubio pro reko

  • Ich habe mir bei google grad mal das Rathaus angesehen. Der Turm hat den Krieg komplett überstanden, der Rest war wiederaufbaufähig. Heute sieht das Rathaus wie der restliche Markt aus. Furchtbar. Steckt das alte Rathaus denn noch unter der neuen Fassade. Auch das Rathaus müsste man dann ja rückbauen. Bei einem grünen Bürgermeister kaum vorstellbar.

    Stimmen denn die Grundstücksgrenzen wenigstens noch, so dass man hier mit einer Vorblendung von Fassaden arbeiten könnte. Aber der Markt ist architektonisch einer der schlimmsten zentralen Marktplätze, die ich in Deutschland bislang "bewundern" durfte.

    APH - am Puls der Zeit

    Einmal editiert, zuletzt von Apollo (14. März 2013 um 16:35)

  • Ich bin zwar nicht unbedingt ein Fan der Nachkriegsarchitektur und der alte Marktplatz war wunderbar schwäbisch und gediegen, aber das was dort heute steht, zumindest auf dem Bild sichtbar, gehört sicherlich zum besseren was in Deutschland wiederaufgebaut wurde.
    Hätten die Häuser Giebel und Walmdächer, stände ein Reko-Diskussion sicherlich gar nicht zur Debatte.
    Die 50er-Jahre-Bauten zeugen deutlich von dem Bemühen eines Neuanfangs. Ich muss zugeben, dass sie mir gefallen und dass die Menschen damals stolz auf sie waren.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Einem Buch zum historischen Stuttgart habe ich entnommen, daß die Bauten auch damals stark umstritten waren - aber hier wie in allen anderen Fällen wurden die Bürger wieder mal vor vollendete Tatsachen gestellt (wie bei den Nacht- und Nebelabrissen aller möglichen historischen und aufbaufähigen Gebäude).

    Die Gebäude sind aber immerhin noch besser gelungen als der Breuninger-Betonbunker (damals noch mit dieser braunen Verkleidung, heute hängt da normalerweise Werbung) und das Rathaus...

    Hier einige alte Fotos aus dem Jahr 2005 zum Marktplatz (leider aufgrund der damaligen Kamera qualitativ nicht besonders gut) und ein allgemeiner Eindruck der Stuttgarter Innenstadt außerhalb der bekannten Sehenswürdigkeiten.

    Jedenfalls sind meines Erachtens Gerber und Co. schon die bestmögliche qualitative Aufwertung, die in der Realität hier möglich ist. Rekonstruktionen halte ich praktisch für ausgeschlossen, vielmehr wird weiterhin fleißig abgerissen (ob Nachkriegs-Bauten oder qualitätsvolle alte Architektur).

  • Hallo Webmaster, gibt es Beispiele wo fleißig historische Bausubstanz abgerissen wird? So schlimm ist es auch wieder nicht, zum allergrößten Teil ist die Stuttgarter Bausubstanz unantastbar geschützt. Mir ist da jetzt aktuell außer der kleinen Kirche in der Sophienstraße kein Abriß bekannt (wenn man mal von S21 absieht). Viel Nachkriegsarchitektur fällt, das stimmt, aber das ist ja meistens nicht bedauerlich.

    Rekonstruktionen in Stuttgart auszuschließen hieße für mich Fatalismus, warum sollte dies in einigen Jahren nicht auch hier möglich sein? Ich denke, wenn die Frankfurter Altstadt erstmal steht, gibt das neue Impulse und Denkanstöße auch hier. Und man sieht es ja an dem Vorschlag für den Bürgerhaushalt, daß die Idee schon um sich greift. Auf der facebook-Seite "Unnützes Stuttgartwissen" wurde der Marktplatz zur größten Bausünde Stuttgarts gewählt, es gibt also offenbar eine breite Unzufriedenheit mit dem Zustand, daher glaube ich daß sich an diesem in naher Zukunft etwas ändern wird und muss. Vielleicht muss es auch keine Rekonstruktion sein, ich könnte mir u.U. auch ein modernes Ensemble vorstellen, das die Vergangenheit zitiert, wenngleich mir kein Beispiel bekannt ist wo das wirklich gelungen wäre. Eine Reko wäre also natürlich mein Favorit.

    Das Rathaus finde ich persönlich gar nicht so schlimm, ich habe mich an sein Erscheinungsbild gewöhnt und man kann diesem durchaus positiv gegenüberstehen. Es ist modern und funktional, aber z.B. der Turm mit dem Glockenspiel ist doch ganz markant, fast schon ein Wahrzeichen der Stadt. Natürlich war der Vorgänger hundertmal schöner, keine Frage. Aber ich finde diese Behelfsbaracken mit den Flachdächern rund um den Marktplatz viel schlimmer als das Rathaus.

    In dubio pro reko

  • Mit den Abrissen bezog ich mich weniger auf die Innenstadt - hier steht ja sowieso kaum noch etwas Historisches (angeblich nur noch rund 40 Gebäude mit einen Alter von über 200 Jahren), sondern eher auf meine ganz subjektiven Eindrücke beispielsweise bei einer Fahrt mit der 15er Stadtbahnlinie von Süden in die Innenstadt, die ja überwiegend durch geschlossene Bebauung führt(e).

    Und im Laufe der letzten 16 Jahre ist mir schon aufgefallen, daß entlang der Strecke immer wieder mal eine alte Villa fehlt, wo dann einige Zeit später etwas "modernes" erbaut wird... was ich in ähnlicher Form auch in Ludwigsburg bemerkt habe, das für eine (im Krieg) fast unzerstörte Stadt ein ziemlich mittelmäßiges Erscheinungsbild aufweist. Hier noch ein Artikel mit dem treffenden Titel Stuttgart bricht ab aus den Stuttgarter Nachrichten.

    Wirklich unantastbar geschützt ist vermutlich wenig, siehe auch diesen Artikel aus der Stuttgarter Zeitung.

  • Hier einige alte Fotos aus dem Jahr 2005 zum Marktplatz (leider aufgrund der damaligen Kamera qualitativ nicht besonders gut) und ein allgemeiner Eindruck der Stuttgarter Innenstadt außerhalb der bekannten Sehenswürdigkeiten.

    "Webmaster", Du entführst die Betrachter gerade mit dem zweiten Link in das Grauen des modernen Städtebaus. Die Moderne scheint zudem wirklich großenteils nur die Farbe Grau zu kennen. Kein Wunder, dass solch eine Horrorcity noch einige Leute dazu verführt, die eiskalte Wüste via Graffiti oder dekonstruktivistischen "Brüchen" zu verschlimmbessern. Mich schüttelt es regelrecht. Und das schlimmste ist, dass ich bei einigen dieser Bilder gedacht habe, dass ich diese Ecke exakt so doch aus Frankfurt kenne. Es dürfte einigen Betrachtern mit anderen westdeutschen Städten ähnlich gehen. :angry:

  • Ja, das ist eine gute Idee, vielleicht wiederhole ich die Aufnahmen nochmals mit meiner aktuellen Spiegelreflex, damals hatte ich nur eine absolute Einsteiger-Kamera.

  • Stuttgart, wo ich mich schon mehrere Male aufhalten konnte, hat gefällige, durchaus schöne Seiten. Der Marktplatz gehört m. E. nicht dazu. Über eine Teilrekonstruktion von vielleicht ein/zwei Platzseiten sollte zumindest nachgedacht werden.

    Entsetzt bin ich über den vorgesehenen Abriss der Auferstehungskirche.
    Wenn ein Herr Grimme vom Referat Städtebau feststellt, dass sie kein Kulturdenkmal ist, sei ausdrücklich festgestellt, dass jedwede Kirche ein Denkmal der Kultur darstellt.
    Für mich ist der Abriss einer Kirche Banausentum, Barbarei, nicht für möglich zu halten.

  • Na ja, wie von mir schon zuvor angemerkt, handelt es sich um ein Kirchengebäude der Methodisten , die unter starkem Mitgliederschwund leiden und vor allem eine spendenfinanzierte Privatkirche darstellen, also nicht über Kirchensteuern usw. finanziert werden.

    Daher war der Verkauf wohl nicht zu vermeiden... im Prinzip bräuchten wir also einen Investor, der die Kirche kauft und weiterhin nutzt. Wobei die Methodisten wohl mit ihren Einsprüchen gegen das Gerber-Projekt den Preis noch recht erfolgreich hochgetrieben haben...

  • Der Stuttgarter Marktplatz ist trotz seiner bemüht farbenfrohen Häuser ein lebloser, seelenloser Ort. Daß es dort nicht bis in alle Ewigkeit so aussehen kann ist wohl den meisten Stuttgartern bewußt. Strittig ist nur ob eine Rekonstruktion hier in Frage kommt, es gibt in der Stadt der Weißenhofsiedlung leider auch viele Modernismusanhänger, die diese Idee allein schon meiden wie der Teufel das Weihwasser. Man wird sehen.

    In dubio pro reko

  • Es stimmt schon nachdenklich, wie in dieser Stadt Stuttgart über die Nachkriegsjahrzehnte hin ein Trend sich verfestigt hat, die Resultate der städtebaulichen Nachkriegsentwicklung als naturgegeben hinzunehmen. Noch vor zwanzig Jahren wurde das Thema "Marktplatz" immer wieder von den Medien aufgegriffen, wurde daran erinnert, dass die Inhaber der Geschäfte an diesem Platz eigentlich allesamt ihre Häuser so wiederaufbauen wollten, wie sie vor der Zerstörung ausgesehen hatten; was aber die Architektenschaaft verhinderte mit dem Hinweis auf die Wiedergutmachungsleistung, welche die Stadt gegenüber der modernen Bewegung zu erbringen habe (merkwürdig nur, dass zur selben Zeit die Weißenhofsiedlung in eben dem Sinne verstümmelt wurde, den die Nationalsozialisten angestrebt, aber nicht mehr verwirklicht hatten). Damals, vor zwanzig Jahren gab es noch Zeitungsartikel, in denen bedauert wurde, dass Stuttgart keinen Altstadtkern mehr besitzt, und selbst der OB Manfred Rommel, ein Stadtmodernisierer ganz in den Fußstapfen des NachkriegsOB Arnulf Klett, dem der unablässige den Kampf gegen die Denkmalpflege ein Herzensanliegen war, äußerte über den Marktplatz, da müsse über kurz oder lang etwas geschehen. Sein Nachfolger Wolfgang Schuster nahm endgültig Abstand von solchen Skrupeln und verkörperte den Stolz auf die wirtschaftlich prosperierende Landeshauptstadt, die sich nicht zuletzt im Glanze spektakulärer Neubauten wie Daimler-Museum und Kunstmuseum sonnte. Das letzte Aufflackern einer stadtbaukritischen Postion beobachtete ich vor nun auch schon vielen Jahren, als der Gedanke in der Zeitung zu lesen war, das in den sechziger Jahren beseitigte Kronprinzenpalais könnte am Karlsplatz als Rekonstruktion wiedererstehen, um einem Fünf-Sterne-Plus-Hotel Raum zu bieten und der Stadt wenigstens an diesem Ort etwas metropolitanen Glanz zu verleihen. Der Gedanke blieb ohne jede Resonanz, und seither ruht die Stadt in einer modernismus-seligen und wirtschaftsorientierten Selbstzufriedenheit, an der auch kein Regionalpolitiker oder Journalist mehr zu kratzen versucht.

    Einmal editiert, zuletzt von Philoikódomos (16. März 2013 um 11:39)