• Neußer: vielen Dank für den Hinweis. Grausig: die Brüder Grimm würden sich sicherlich entsetzt abwenden, wenn sie mit diesem Bunker als Museum für ihr Werk konfrontiert würden. Aber zu Kassel passt der Bunker ganz gut, das ist richtig ;)

  • Heute vor 70 Jahren: 22. 10.1943

    Gegen 20.45 Uhr erreichen die ersten von mehr als 550 britischen Bombern die nordhessische Stadt Kassel. Innerhalb von 22 Minuten werfen sie mehr als 420.000 Brandbomben ab, zwei pro Quadratmeter. Ein Feuersturm frisst die mittelalterliche Innenstadt komplett auf, 7000 Menschen sterben.

    Remember

    In dubio pro reko

  • Wegen seiner Rüstungsindustrie hatte die Royal Air Force Kassel 1940 zum Top-Angriffsziel erklärt. 444 Bomber vernichteten im Oktober 1943 die berühmte Altstadt und trafen damit die Panzer-Produktion.

    Anders als in ähnlich getroffenen Städten blieb in Kassel von der historischen Stadt kaum etwas erhalten, da die Nazis in großem Umfang beschädigte Fassaden einrissen und alte Bauten sprengten. Auch der Wiederaufbau basierte auf dem Plan einer funktions- und vor allem autogerechten Stadt. Pikanterweise orientierten sich die ersten Pläne noch an Entwürfen für die nationalsozialistische Gauhauptstadt Hessen-Nassaus aus den 1930er-Jahren. Entsprechende Skizzen wurden sogar in der Ausstellung "Kassel baut auf" von 1946 präsentiert.

    Schließlich einigte man sich auf den Slogan von der "Autogerechten Stadt". "Man wollte eine verkehrsberuhigte Innenstadtzone schaffen. Das war damals zukunftsweisend, sagt Alexander Link vom Stadtmuseum Kassel. Tatsächlich wurde der Cityring mit seinen breiten Straßen zunächst weltweit bewundert.

    Bis die Kasseler Bürger feststellten, dass ihre Version der Moderne nicht einzigartig war, sondern dass auch viele Städte im gleichen Stil wieder aufgebaut wurden und ihre Heimat jegliche Individualität verloren hatte.

    http://www.welt.de/geschichte/zwe…usloeschte.html

    In dubio pro reko

  • (...) Pikanterweise orientierten sich die ersten Pläne noch an Entwürfen für die nationalsozialistische Gauhauptstadt Hessen-Nassaus aus den 1930er-Jahren. (...)

    Auch das war in Kassel keine Besonderheit. Nach einem Artikel, den ich mal gelesen hatte, war das im Nachkriegsdeutschland gang und gäbe. War ja auch einfach, die alten Pläne aus der Schublade zu ziehen. Und die Nazi-Planer bekamen einfach neue Positionen im Wiederaufbau. Breite Straßen, die zu Kriegszeiten noch mit der Verhinderung eines erneuten Feuersturms begründet wurden, dienten später eben der autogerechten Stadt. Das erscheint doch ideal.

  • 444 Bomber vernichteten im Oktober 1943 die berühmte Altstadt und trafen damit die Panzer-Produktion.

    Inwiefern man mit der Zerstörung der Altstadt die Panzerproduktion traf, erschließt sich mir nicht.
    Die Henschel-Werke waren bis Kriegsende nahezu unzerstört.

  • Ein sehr erfreulicher Anstoß des Architekten René Winkler. Vielleicht gibt es ja sanfte Bewegungen in Richtung Besserung (wohin auch sonst, bei dem Ausgangspunkt?)

    Zitat

    [...] Diese Nachkriegshäuser seien jetzt rund 60 Jahre alt. So sei die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Bauten in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nach und nach ersetzt werden. Winkler sieht dies als Chance, über die Gestaltung der Altstadt und einen erneuten Wiederaufbau nachzudenken. So könne man Kassels Herzen Stück für Stück eine neue Struktur und Kleinteiligkeit geben. In Frankfurt beispielsweise habe man sich nach dem Abriss des technischen Rathauses mitten in der Stadt für eine kleinteilige und vielfältige Neubebauung entschieden. Winkler: „Hier waren es die Bürger, die verstärkt eine größere Auseinandersetzung mit der Stadtgeschichte haben wollten.“ Solch eine Initiative möchte der Architekt gerne auch in Kassel anschieben. Zu seinen Anliegen gehöre beispielsweise die räumliche Neueinfassung des Altmarktes und ein möglicher Wiederaufbau des Grabens und der Wildemannsgasse. [...]

    Architekt: Über Neugestaltung der Kasseler Altstadt nachdenken - Hessische/Niedersächsische Allgemeine
    (Link korrigiert)

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

    2 Mal editiert, zuletzt von Mantikor (24. Februar 2015 um 10:13)

  • der Link ist fehlerhaft, hier nochmal der Richtige:
    http://www.hna.de/kassel/archite…en-4759826.html

    Das Video des von der HNA [bis vor kurzem] ebenfalls falsch eingefügten youtube-Videos:

    Externer Inhalt www.youtube.com
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    auf jeden Fall eine gute Initiative, hoffen wir, dass daraus eine richtige Bewegung für Rekonstruktion wird;
    es gibt auch eine kleine Umfrage auf der Homepage des Architekten:
    http://www.winklerarchitekten.de/altstadt-kassel-2030/

  • Es wäre sehr erfreulich, wenn eine weitere deutsche Kulturlandschaft, hier Nordhessen, wieder etwas von seinem urbanen Zentrum zurückbekäme. Gerade auch in Hessen, wo außer Marburg an der Lahn und Wiesbaden alle Großstädte ihre Altstadt durch Bombardierung verloren haben.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Kassel hat sich leider jede Möglichkeit einer Rekonstruktion verbaut, da nahezu nirgends mehr der historische Grundriss existiert.

    Es müsste daher schon zum Abriss eines ganzen Viertels kommen (ähnlich wie in FFM durch das technische Rathaus) um überhaupt etwas umgestalten zu können.

    Das ist aber mehr als unwahrscheinlich, da die ehemalige Altstadt ja größtenteils aus Mietshäusern besteht.

  • Tolle Nachrichten aus Kassel: Ein 1890 erbautes Gründerzeitgebäude, verkleidet mit hässlichen 70er Jahre Platten, bekommt sein ursprüngliches Aussehen wieder. :applaus:

    Zitat

    Der Kasseler Architekt Meinrad Ladleif hat auf Basis alter Fotos und Dokumente die ursprüngliche Fassade des Hauses Friedrich-Ebert-Straße 96 rekonstruiert. Diese ist zwar im Grunde bis heute unter der Verkleidung erhalten, allerdings wurden sämtliche Zierelemente und Fenstersimse vor der Montage der Platten abgeschlagen. Entsprechend aufwendig sind die Arbeiten, die auch den Wiederaufbau der nicht mehr erhaltenen Turmspitze umfassen. Nicht wiederhergestellt wird ein nicht mehr vorhandener Balkon zur Friedrich-Ebert-Straße. Auch die Fliesen am Sockel des Hauses werden zunächst belassen. Der Sandstein darunter ist zu stark zerstört. Das Haus steht derzeit nicht unter Denkmalschutz, da es nichts Schützenswertes gibt. Dies wird künftig anders sein.

    http://www.hna.de/kassel/vordere…er-4846934.html

    In der Altstadt die Macht, im Kneiphof die Pracht, im Löbenicht der Acker, auf dem Sackheim der Racker.

    Hätt' ich Venedigs Macht und Augsburgs Pracht, Nürnberger Witz und Straßburger G'schütz und Ulmer Geld, so wär ich der Reichste in der Welt.

  • Tolle Nachrichten aus Kassel: Ein 1890 erbautes Gründerzeitgebäude, verkleidet mit hässlichen 70er Jahre Platten, bekommt sein ursprüngliches Aussehen wieder.


    Warum erkennen wir den Wandel der Zeit nicht an und lassen es so wie es ist?

    Das ist nicht meine Meinung, sondern die in einem Kommentar zu dem Artikel!

    Man kann ja verschiedener Auffassung sein, was schön ist und was, wenn schon nicht schön, doch erhaltenswert. Aber in diesem Fall?

  • Endlich dann, und es gab vor dem Krieg so viele Superbauten in Kassel. Alles hoch Urban.
    Mit der Niedergang der Gründerzeitler (Dächer, fassaden) wurden die meise Städten weniger urban.....provinzial ......
    Schluss damit und her mit der Rekonstruktioonen ehemalige Dächer, Giebel und Türme. Genau wie das in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] gemacht wird. Genial :foto: !!!

  • Wenn ein historisches Gebäude eine Umgestaltung erhält, wie eine Fassadenabschlagung, eine Wärmedämmung der Fassade, etc..., dann erfolgt das ja meistens ohne all zu große ästhetische Überlegungen und ohne der Absicht, das Gebäude weißgottwie zu verschönern. Man denke nur, wie gedankenlos überall Dämmplatten auf die Häuser geklatscht werden! Deswegen verstehe ich nicht, was daran verwerflich sein soll, den alten Zustand wieder her zu stellen, wenn bei der Veränderung zumindest nichts großartiges Neues entstanden ist.

    Gut, dass sich derartige Projekte immer mehr häufen! Bevor die Wärmedämmungen denkmalgeschützt werden... :lachentuerkis:

  • Tolle Nachrichten aus Kassel: Ein 1890 erbautes Gründerzeitgebäude, verkleidet mit hässlichen 70er Jahre Platten, bekommt sein ursprüngliches Aussehen wieder. :applaus:


    http://www.hna.de/kassel/vordere…er-4846934.html

    Wie passend: Das Haus hatte ich sogar noch auf der Festplatte, bitteschön. Es war auch in der Galerie enthalten, aber die Bilder sind leider mittlerweile verschwunden - ich muss die Galerie bei Gelegenheit mal wieder neu hochladen.

    Ich weiß noch genau, wie ich fassungslos vor diesem Haus stand, weil ich schon so manchen verunstalteten Gründerzeitler gesehen hatte - aber das Ding schlägt dem Fass den Boden aus. Es wäre toll, wenn diese kranke Umbaumaßnahme tatsächlich wieder rückgängig gemacht würde. In Kassel wäre das zwar ein Tropfen auf den heißen Stein, aber trotzdem ein großer Gewinn für diesen Straßenzug.


  • Da steht man davor und denkt: was hat die damals geritten? Nach der Wende waren hier viele der Meinung, sie müssten ihre Buden Eternitschindelnd verschönern, oder diese Komplettverkleidung aus Kunststoff in Waschbetonoptik und braunen Plastefensterlaibungen ranknallen. Nur leider ist es ja heute auch nicht besser. Da wird sich Styropor ans Haus gepappt und es braucht keine 40 Jahre, bis es so aussieht wie bei diesem Eckgebäude.