• Mit den Hitlerbauten oder anderen, älteren Wohnanlagen, z. B. aus der Zwischenkriegszeit, ist es besonders schlimm. Bei denen gibt es nur wenige Dekorationen, und wenn dann die Wärmedämmung draufgeklatscht wird fällt niemanden auf, dass man diese nicht oder nur armselig nachgebildet hat. Den meisten Leuten fällt dann gar nicht auf, dass etwas groß anders ist. In Wirklichkeit verliert der Charakter der Hauses aber stark.

    So ist es. Abgesehen von wenigen, natürlich in jedem Falle bitteren Verirrungen werden vollverstuckte Gründerzeitler ja tatsächlich weiterhin eher selten dieser fragwürdigen Maßnahme unterzogen (auch wenn es hier von solchen abschreckenden Beispielen nur so wimmelt). Die schlichteren, aber gar nicht unbedingt minder ästethetischen Bauten der Zwischenkriegszeit hingegen sind großflächig zum Abschuss freigegeben. Hier in Bremen werden ganze Blöcke von diesen typischen 20er-Jahre-Gewerkschafts- oder Bauvereinblocks mit ihrer reduzierten Ornamentik (Figuren überm Fenster/den Eingangstüren, durchdachte Klinkerornamente etc.) "energetisch saniert" und damit letztlich zerstört, denn ihr ästhetischer und optischer Wert liegt danach fast auf Niveau eines fassadengedämmter 50er-Jahre-Blocks.

    Auch die typischen Kleinhaussiedlungen, mit denen während der frühen Nazizeit die weiter bestehende Wohnungsnot gelindert werden sollte, haben nach den Geschmacksverirrungen der "Renovierungen" à la 70er Jahre nun eine weitere, möglicherweise gar ihre härteste Probe zu überstehen, werden sie (natürlich auch wegen der wirklich recht dürftigen Isolationseigenschaften) zur Zeit überall mit großer Verve styroporveredelt.

  • Endlich kommen auch von den Ministerien Signale, dass der Dämmwahn nicht nur ein ästhetisches und strukturelles, sondern auch ein sicherheitsrelevantes Problem ist:

    Experten der Bauminister warnen vor Brandgefahr bei Wärmedämmung

    Bei Häusern, deren Fassaden mit Wärmedämmverbundsystemen aus Styropor versehen sind, bestehen erhebliche Brandgefahren: Das geht dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" zufolge aus einer internen Analyse für die Bauminister der Bundesländer hervor.
    Darin würden die Ergebnisse einer Versuchsreihe wiedergegeben, bei der Experten eine Holzkrippe vor einer 60 Quadratmeter großen Wand mit Polystyrol-Dämmplatten entzündet hätten. Dabei habe sich der Brand bereits "15 Minuten nach Entzünden der Brandquelle zum Vollbrand entwickelt und über die gesamte Wandfläche, verbunden mit massiver Flammen- und Rauchentwicklung ausgebreitet", heißt es laut "Spiegel" in der Expertise.

    /Wall Street Online

  • Der Dämmwahnsinn muss echt aufhören. Als ich hier in Trier letztens durch die Maarstraße ging, musste ich auch mit Schrecken feststellen, dass man gerade dabei war einen Gründerzeitler mit dicken Dämmplatten einzupacken. :kopfwand:

  • Der Dämmwahnsinn muss echt aufhören.

    Das wird kommen. Die Vernunft wird siegen, da bin ich sicher. Die Dämmung von Altbauten spielt nach einer Hochphase vor etwa 10 Jahren zumindest bei uns nur noch eine marginale Rolle. Mir ist hier in der Region auch kein wertvolles Altbaugebäude bekannt, das gedämmt wurde. Es hat sich anscheinend herumgesprochen, dass die nachträgliche Dämmung in kleinster Weise das hält, was den Hausbesitzern versprochen wird. wer 30.000 Euro in die Dämmung investiert und dann vielleicht 500 Euro im Jahr an Heizkosten einspart und dann noch mit Schimmel und "Spechtbefall" zu kämpfen hat, wir sich zurecht verarscht vorkommen. Gut so. Ähnliches werden wir noch bei der einseitig unüberlegten "Energiewende" erleben. Bleibt zu hoffen, dass die Fehler erkannt werden und man die Klimaschutzbemühungen endlich mal in weniger emotionale und sachlichere Bahnen lenkt.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Die "Region" ist dann wohl doch nicht das Maß aller Dinge.
    Ich sehe ständig neue Stapel mit Styroporplatten, die plötzlich irgendwo angeliefert werden und dann geht's los mit der quietschenden Einpackerei.

    Expertenpapieren und signifikant vermehrt kritischer Berichterstattung zum Trotze hat die Bundesregierung just in dieser Woche eine Ausweitung der steuerlichen Förderung für Dämmmaßnahmen beschlossen:
    Regierung setzt auf Wärmedämmung - Zeit online
    Nationaler Effizienzplan: Energetische Sanierung soll Steuern sparen - Tagesspiegel Berlin
    Wir werden schon noch die verdammte Welt retten - koste es, was es wolle und ob es uns gefällt oder gar Sinn ergibt...Augen zu und durch und der Vernunft den politischen Stinkefinger.

    Dabei steht alles hier aktuell noch mal aufgeführt, was man bedenken muss, bevor man Steuergeld in ignoranter ideologischer Mission verbrennt.
    Verdämmt noch mal! - Süddeutsche Zeitung

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Ein schwarzer Tag für alle, die sich um den Erhalt der historischen Bausubstanz in Deutschland einsetzen. Mit dem heute beschlossenen Steuerboni für die Wärmedämmung, wird das Thema vermutlich erheblich vorangetrieben. Nach den Entstuckungsexzessen der Nachkriegszeit verschwindet jetzt der Rest hinter zentimerdicken Styrorporplatten.

    Es ist schon erstaunlich, dass selbst eine breite Medienmehrheit gegen den Dämmwahn offensichtlich keinerlei Einfluss auf die Entscheidung des Parlamentes hatte. Bei der wirtschaftsstarken Dämmindustrie und ihren bestens vernetzten Lobbyverbänden dürften heute die Sektkorken knallen. Haben wir eine starke oder eine schwache Demokratie in Deutschland? Ich bin mir da nicht mehr so sicher.

    ...

  • Naja, dass da die Sektkorken knallen, würde ich nicht direkt schlussfolgern. Immerhin muss es auch Bürger geben, die die Medienberichterstattung ignorieren oder schlichtweg verschlafen, und so eine Dämmung bestellen.

    Aber du hast Recht, ich persönlich sehe auch noch viel zu oft diese Dämmstoffpaletten bei Altbausanierungen in der Straße stehen. Ich bin grundsätzlich aber auch zuversichtlich, dass das nicht ewig so gehen wird. Man merkt es ja heute schon, auf den Immobilienmärkten sind ungedämmte, attraktive Altbauten kaum mehr zu haben, während schrottig sanierte Wohnungen wie Sauerbier angeboten werden. Und unsere Kinder werden uns dafür genau so verdammen, wie wir heute die Atomindustrie und die Asbest- und Contarganhersteller... WDVS wird sich in diese Reihe eingliedern. Todsicher. Und millionen Menschen werden auf noch nicht abbezahlten Schrottimmobilien sitzen.

  • In der DDR wurde dieses Material (Styropor) für Eierverpackungen verwendet. Diese Verpackungen ließen sich nur schwer entsorgen und man bat darum, sie nicht wegzuwerfen, sondern den Verkaufstellen wieder zurück zu bringen, damit sie weitere male verwendet werden konnten. Nun ja, irgendwann nach ein paar mal benutzen waren sie nicht mehr zu gebrauchen - also wohin nun damit? Ja, mann kan Styropor in Aceton, Chloroform und ähnliche Lösungsmittel auflösen - und was macht man dann mit dem gelösten Zeugs?
    Diese Eierverpackungen wurden also im Zuge der Wende aus dem Verkehr gezogen - aus Umweltgründen .....heute pappt man das Zeugs tonnenweise an die Häuser - aus Umweltgründen :gehtsnoch::gehtsnoch::gehtsnoch:

  • Irgendwie scheint das Dämmen inzwischen rein ideologisch zu erfolgen und wird gar nicht mehr hinterfragt. So habe ich letztens gesehen, daß unser Bahnhof in Neuburg/Donau jetzt teilgedämmt wird, und das trotz dicker Mauern und einer sowieso kaum beheizten Aufenthaltshalle. Der Effekt dürfte nicht meßbar sein, und noch nicht einmal für die lokale Wirtschaft bringt es etwas, weil die Arbeiten von einer Firma aus Polen ausgeführt werden.

    Aber wahrscheinlich kann die Bahn dann damit werben, sich für den "Klimaschutz" einzusetzen...

  • Die "Region" ist dann wohl doch nicht das Maß aller Dinge.
    Ich sehe ständig neue Stapel mit Styroporplatten, die plötzlich irgendwo angeliefert werden und dann geht's los mit der quietschenden Einpackerei.

    Also hier, lieber Palantir werfe ich die mal Kirchturmdenken vor. Du siehst, was in Berlin passiert und schließt daraus auf den Rest der Republik.
    Wer glaubt, dass sich durch solche Verordnungen jetzt landauf, landab historische Viertel in Dämmstoffwüsten verwandeln werden, reagiert doch auch hysterisch. Eine Historismus-Metropole wie Wiesbaden oder [lexicon='Leipzig'][/lexicon] wird nicht plötzlich von einer Entstuckungswelle überrollt werden, nur weil die Regierung mal wieder was beschließt. Darüber hinaus werden doch auch gerade in Berlin immer mehr Häuser wiederbestuckt, wie ich hier verfolgen kann. Berlin war ja auch bei solchen Entwicklungen wie der Entstuckung leider schon immer unrühmlicher Vorreiter, dafür begann hier aber auch schon früh die Wiederbestuckung, habe ich auch aus diesem Forum. Also erst mal abwarten. Wenn deine Befürchtungen wirklich zutreffen, wäre das sehr schlimm aber ich glaub nicht so recht daran. Hoffentlich liege ich richtig.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Eine Petition gegen die deutschen Weltrettungsfantasien in der sich das deutsche Gutmenschentum mal wieder so richtig austoben kann? du machst wohl Witze! In der "Rheinpfalz" stand in einem Artikel zu lesen, dass 2 Drittel der Pfälzer Windkraft im Pfälzerwald gutheißen würden und das sogar am Haardtrand, also hier: http://de.academic.ru/pictures/dewiki/72/Haardtrand.jpg
    Gleichzeitig wurde denen, die dagegen waren, nahegelegt, doch Flächen zur Lagerung von Atommüll zur verfügen zu stellen. Man sieht also, auf welcher Ebene solche Diskussionen geführt werden. Fazit: Bitte nicht auf's Niveau treten!

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Ausgerechnet von den Grünen - diese Heuchler!

    Zitat

    Mögliche Risiken von Dämmstoffen
    Die Risiken von Dämmstoffen, die für die energetische Gebäudesanierung verwendet werden, sind Thema einer Kleinen Anfrage (18/3881) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Unter anderem wollen die Abgeordneten wissen, welche Kenntnisse die Bundesregierung über die Mengen grauer Energie hat, die für die Herstellung und fachgerechte Entsorgung von Dämmmaterialien aufgewendet werden muss. Als graue Energie wird die Energie bezeichnet, die für die Herstellung von Gütern sowie für Transport, Lagerung und Entsorgung benötigt wird.
    Außerdem interessiert die Abgeordneten, inwieweit die Dämmmaterialien recyclebar sind und in welchem Ausmaß Dämmstoffe aus nachwachsenden Rohstoffen verwendet werden. Thema sind auch mögliche Risiken bei der Verwendung des Brandschutzmittels HBCD in Styropor-Dämmstoffen. Sie hätten laut Umweltbundesamt gesundheitsschädliche Effekte, schreibt die Grünen-Fraktion. Zudem sei sehr der Stoff schwer zu entsorgen und schwer abbaubar.

    Wenn denn wenigstens Konsequenzen gezogen würden...

    Schön ist das, was ohne Begriff allgemein gefällt.
    (Immanuel Kant)

  • Die scheinheiligen Grünen gehen mir sowas von auf den Zeiger! Sie sind doch die Hauptverantwortlichen für den zur Zeit herrschenden Ökoterror mit all seinen Auswüchsen, wie Styroporisierung der Städte und Verspargelung der Landschaft durch WKAs! Jetzt mal schön das Fähnchen schwenken, weil man den Unmut der Bevölkerung unterschätzt hat. Bin mal gespannt wann sich die ersten Grünen gegen die Windkraft an Land aussprechen. Das Problem ist doch, dass jeder dem die Risiken dieser Dämmung bekannt sind, dem die Entästhetisierng von Kulturlandschaften im Namen einer zweifelhaften "Energiewende" Wut bereitet, von eben diesen Leuten die ganze Zeit als tumber, heimatduseliger, wahrscheinlich rechter und ewiggestriger Spinner abgetan wurde. Genau unter diesen Gesichtspunkten, rein von der "grauen Energie" her gesehen, müsste auch mal der herrschend Windwahn untersucht werden und ich bin mir sicher, dass da auch rauskommen würde, dass die Windkraft mehr schadet als nutzt! disgust:) :boese: :blah:
    So nebenbei, hat eine seriöse Studie ergeben, dass alle deutschen Bemühungen, wenn die anderen nicht mitziehen, den "Klimawandel", sofern er denn kommt, um 17 Tage verzögern wird. Anstatt auf hysterisch-endzeitlich motivierte Alleingänge zu setzen, sollte ein zunächst mal europäisches Energiewende-Modell erarbeitet werden. Welche alternative Energie lässt sich wo am besten gewinnen, wo solle Sonne, Wind Gezeitenkraft, Biomassekraft abgeschöpft werden etc. So könnte das ganze was werden. Und zum wiederholten mal meine Frage: Wieso spart man nicht konsequent Energie ein, wo es nur geht? Wenn alleine eine Gemeinde von 2000 Einwohnern bei mir in der Nähe, die ihre ganze Straßenbeleuchtung auf LEDs umgestellt hat, schon 80% an der Straßenbeleuchtung spart, wie hoch wäre da das Einsparpotenzial generell? Wir bräuchten die unselige Windkraftdiskussion hier nicht zu führen und könnten sogar konventionelle Kraftwerke stillegen.

    Der deutsche Pfad der Tugend ist immer noch der Dienstweg.

  • Wäre es eventuell möglich, das Äußern politischer Haltungen auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken? Das Thema Gebäudedämmung ist sicherlich ein schwieriges Feld und ich bin überzeugt, dass es hier ganz üble Auswüchse von Lobbyismus gibt, gepaart mit grobem Unwissen bei den Politikern. Doch das Eindreschen auf die Parteien links der Mitte hat mehr mit Stammtisch oder Wahlkampf als mit Diskussion über Baukultur zu tun.