Bauen zwischen 1933 und 1945

  • Oh ja, gut, dass du das Erwähnst! Daran habe ich gar nicht gedacht! Die Straße wurde ja als Ost-West-Achse verbreitert. Die Speer'schen Kandelaber stehen immernoch zw. eben dem Haus und Theodor-Heuss-Platz (das ist ein ganz schönes Stückchen!). Am Kaiserdamm (der westl. Teil der O-W-Achse) steht auch noch etwas Speer'sches, weiß aber nicht, was das sein soll...

  • coooool die Kandelaber sind auch von Speer!
    Mhh fand die schon immer toll, dachte aber dass sie aus den 50er stammen würden!

  • das ernst-reuter-haus von speer? das hätte ich nicht gedacht. gehört dann aber zu seinen besseren.
    die kandelaber gefallen mir übrigens auch gut, wenngleich ich die unter den linden doch wesentlich schöner finde... ;)

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • naja, neubau ist eigentlich neubau.
    dort steht auch: "Nach dem Krieg mit vereinten kommunalen Kräften wieder aufgebaut". das ist schon ungewöhnlich für ein gebäude aus dem dritten reich. außerdem fielen mir da dutzende anderer bauten in berlin ein, bei denen es wichtiger gewesen wäre, sie mit vereinten kräften wieder aufzubauen...

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Zitat von "Antiquitus"

    ... außerdem fielen mir da dutzende anderer bauten in berlin ein, bei denen es wichtiger gewesen wäre, sie mit vereinten kräften wieder aufzubauen...

    Doch die meisten davon befanden sich außer Reichweite :weinen:

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • steht nicht in hinter der bibliothek in dortmund ein ns-bau? wenn man vom bahnhof in richtung innenstadt geht, mein ich mich an ein gebäude links zu erinnern, dass zumindest in einem ähnlichen stil errichtet ist.

    weiß ein dortmunder vielleicht mehr?

  • Zitat

    Doch die meisten davon befanden sich außer Reichweite

    Aber nicht alle! Das wär doch ein Traum gewesen, wenn man damals in West - Berlin als Kontrast zu Ulbrichts Sprengkommandos, versucht hätte, möglichst viel zu rekonstruieren;
    z.B. den vollständigen Reichstag, den Ku - Damm mit der Kaiser - Wilhelm - Gedächtniskirche etc.

    Aber das Gegenteil war der Fall! :weinen:

    Ich hab mal von einem Geschichts - Dozenten von mir gehört, dass es in Berlin (West) sogar Prämien gab, wenn man den Stuck von den Gebäuden geschlagen hat! :x
    Vielleicht weiß da ja noch jemand etwas Genaueres?

    Man könnte den Spieß ja umdrehen (wenn es genügend Geld gäbe):
    Prämien, wenn man entstuckte Gebäude wieder herstellt!

  • Aber immerhin steht von der Gedächtniskirche überhaupt noch was. Ullbricht hätte die, wie z.B. die Petrikirche oder die Paulinerkirche in [lexicon='Leipzig'][/lexicon] ohne zu zögern gesprengt! Und der Ku'damm ist Größtenteils auch noch intakt, was man von der Leipziger, die ja irgendwie das Ost-Pendant ist, nicht behaupten kann...Und den Reichstag...? Wurde der überhaupt genutzt zu Mauerzeiten?

    Wo die Logik in dieser Entstuckungsprämie lag, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen...

  • Ja der Reichstag wurde genutzt, für so offizielle Dinger!
    Aber nie so richtig zum tagen oder, nur wenn was geschichtliches oder sowat besprichen wurde war es chiquer in den Reichstag zu gehen!

  • @ Kai: Das ist das Dortberghaus, es entstand 1937/1938, also in der NS-Zeit als Verwaltungsgebäude der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft. Beim Wiederaufbau wurden Veränderungen am Grundriss und an der Fassade vorgenommen, die ich leider nicht zu beschreiben weiß. Aber ich bin ja auch erst ganz am Anfang meiner Dortmund-Erforschung.


    Quelle: http://www.route-industriekultur.de

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Die Gedächtniskirche sollte aber ursprünglich gesprengt werden, nur durch starke Bürgerproteste, die gegen den Eiermann - "Bau" waren, wurde wenigstens der Turm gerettet!

    Zum Reichstag: Gelegentlich wurden dort Sitzungen des Bundestages abgehalten, der Osten reagierte mit Tieffliegerflügen direkt daneben, um diese Sitzungen zu stören - mit Erfolg.

  • Zitat

    1937/1938, also in der NS-Zeit als Verwaltungsgebäude der Gelsenkirchener Bergwerks-Aktiengesellschaft. Beim Wiederaufbau wurden Veränderungen am Grundriss und an der Fassade vorgenommen.

    Trotz dieser Veränderungen meiner Meinung nach mit das beste Gebäude im Bahnhof - Umfeld! Schreckliche Ecke! Am Schlimmsten ist die Einfahrt von Westen mit der Bahn! Eine Ekel- Fassade neben der Nächsten!

  • Nee... der Löwenhof ist besser, das Hauptpostamt auch (wenn man das mal wieder zurückrekonstruieren würde) und die Botta-Bibliothek hat auch was... nur sollte man die Rasenfläche mal parkähnlich gestalten und die schlichte terrakottafarbene Fassade mal aufwerten.. evtl. durch ein Großgemälde einer alten Dortmunder Stadtansicht... doch darum geht's ja jetzt nicht...

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  • hallo,

    weiß jemand von euch, was eigentlich aus dem führerhauptquatier und dem führerbunker geworden ist?? oder hat man den auch gesprengt??
    .....theoretisch müßten doch noch bunkeranlagen unter berlin sein, bei einer sprengung wäre ja halb berlin eingestürzt!?

  • Hmm... hatte mal richtig viele Infos darüber im Netz gefunden, weiß aber nicht mehr wo. Die meisten Teile wurden Ende der 80er mit der Bebauung der Wilhelmstraße abgerissen (wann kommen endlich diese Platten weg), ich glaube aber, dass es immer noch Teile davon gibt.

    BTW: Farbfotos sind kein Indiz, die gab es schon viel früher.

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    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ich sehe das ganze Thema doch etwas kritischer als die meisten der Beiträge hier in diesem thread. So einfach lassen sich Politik und Architektur meiner Meinung nach dann doch nicht trennen.
    Gerade die Monumentalarchitektur à la "Germania"-Kuppel hatte im wesentlichen einen politischen Zweck. Hitler sagte, glaube ich, über die geplante Kuppel so etwas in der Art: "Wer in dieses Gebäude kommt, soll sofort spüren, daß er es mit den Herren der Welt zu tun hat." Gerade die Monumentalität dieser Bauten hatte also schon einen klaren ideologischen Sinn: die Demonstration von "Herrenmenschentum". Insofern sind viele dieser Bauten tatsächlich nichts anderes als gebaute NS-Ideologie. Davon kann man einfach nicht abstrahieren - eine rein architektonisch-ästhetische Betrachtung greift deshalb dann doch zu kurz.

    Bis auf wenige Ausnahmen kommen diese Bauten übrigens auch in architektonischer Hinsicht bei mir nicht gut weg: sie haben doch häufig etwas hohles und nichtssagends. Vieles von dem, was hier in Berlin an alten NS-Ministerien rumsteht, sieht schon aus wie die handelsüblichen Betonkisten, mit denen unsere Städte nach dem Krieg verschandelt wurden (einige der Wiederaufbau-Pläne und -prinzipien, die in den 50'iger Jahren dann umgesetzt wurden und unsere Städte ruiniert haben, stammen übrigens noch aus Speers Bauminsterium).

    Ich finde allerdings andererseits auch, daß unter den Oberbegriff "Nationalsozialistische Architektur" ein bißchen zu viel subsumiert wird. Nicht alles, was zur Zeit des NS oder sogar im Auftrag des NS-Staats erbaut wurde, ist darum gleich im engeren Sinn "nationalsozialistisch".
    Oft ist es einfach nur in einem Stil erbaut, für den es zwar keinen richtigen Namen gibt, der aber in den 30'iger Jahren offenbar recht vebreitet war: so eine Art vereinfachter, ein bißchen bauhaus-mäßig wirkender, teilweise auch "brutalisierter" oder monumentalisierter Neoklassizismus. Ich habe in Paris (siehe das Palais Chaillot), Brüssel oder auch Washington dutzendfach Bauten aus der Zeit gesehen, die sich nicht großartig von dem unterscheiden, was in Berlin unter "nationalsozialistische Architektur" einsortiert wird.

    Insofern sehe ich die Nazi-Architektur im eigentlichen oder engeren Sinn (Germania-Kuppel, Reichskanzlei etc.) zwar sehr kritisch, würde aber bei weitem nicht alles darunter fassen, was üblicherweise so darunter gefasst wird. Die italienische Botschaft oder den Flughafen Tempelhof z.B. nicht.

    Übrigens muß man auch mal sehen, was für die großen Nazi-Bauten in Berlin an historischer Bausubstanz vom Barock bis zum Jugendstil abgerissen wurde oder abgerissen werden sollte. Für die Reichskanzlei wurden, so weit ich weiß, ja dutzende Adelspalais und Bürgerhäuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert platt gemacht.

    P.S.: Damit plädiere ich nicht für Abriß - als Zeugen der Geschichte sollte man diese Bauten natürlich erhalten.

  • Philon
    Danke - ich dachte schon ich bin der einzige hier, der diesen Bauten nichts abgewinnen kann.

    Sie erinnern mich einfach zu sehr an die, die in ihrem Wahn für die Vernichtung von sagen wir 60/70% unserer baulichen Vergangenheit verantwortlich waren. Also eigentlich Typen, an die ich so wenig wie möglich erinnert werden will, wenn ich durch meine Stadt Nürnberg gehe...

    Habe derzeit ein paar Tage frei und besuche täglich das Stadtarchiv Nürnberg.
    Dort nehme ich Einsicht in die Unterlagen von Prof. Fritz Traugott Schulz. Er war Kunsthistoriker und hat 1945 bis 1948 in einem Bericht über 300 Seiten an die Bayerische Denkmalbehörde haarklein geschildert, wie der Zustand der Stadt in diesen Jahren war.

    Es ist einerseits interessant zu sehen, welche Gebäude noch standen bzw. aus welchen noch Objekte geborgen werden konnten, andererseits ist es auch unglaublich, was damals kollektiv einfach über Bord geworfen wurde. 1000 Jahre Kultur, einfach geopfert... verrückt!

  • Im Prinzip kann ich mich deinem Statement nur anschließen, Philon. In der Beseitigung mancher Bauten sehe ich ein verwischen der Geschichte (z.B. Obersalzberg), aber schön finde ich sie nicht. Bauten, die zu der Zeit entstanden, wie das Dortberghaus will ich jedoch nicht verurteilen

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • @ Jörn

    Die dänische Botschaft steht noch. Wird aber nicht von DK genutzt. Das Thema hier ist interessant, ich finde aber die Architektur der Nazi-Zeit ziemlich unheimlich....

    Unsere große Aufmerksamkeit für die Belange des Denkmalschutzes ist bekannt, aber weder ökonomisch noch kulturhistorisch lässt es sich vertreten, aus jedem alten Gebäude ein Museum zu machen. E. Honecker