Bis zur Rekonstruktion immer eine schmerzliche Lücke !
Man kann über Professor Wilhelm Wortmann, der während des Krieges zeitweise Bremer Baudirektor und in den 60er Jahren einer der geistigen Väter des – Gott sei Dank gescheiterten - Vorstadt-zerstörenden ‚Mozart-Trassen-Projets’ war, mit gutem Grund geteilter Meinung sein (nicht zuletzt auch wegen seiner Zugehörigkeit zu diversen nationalsozialistischen Organisationen vor 1945) , aber eine Aussage von ihm, die im Nachlaß des seinerzeitigen Landesdenkmalpflegers, Dr. Rudolf Stein, überliefert ist, läßt aufhorchen:
„[…] In diesem Zusammenhang möchte ich mitteilen, daß mir Herr Professor Wortmann sagte, der ja ein tagenbarener Bremer ist, er bedauere es heute außerordentlich, nach dem Einsturz des Ansgariiturmes als damaliger Baudirektor von Bremen nicht [sofort] alsbald für seinen Wiederaufbau eingetreten zu sein. Das hätte spätestens zu einer Bedingung erhoben werden müssen, als das Kirchengrundstück an Hertie verkauft wurde. Dieser Turm war der schönste, und im Stadtbild wird [sein Fehlen] er immer eine schmerzliche Lücke bedeuten. […]“
Staatsarchiv Bremen, Nachlaß Rudolf Stein, Sigatur: 7,121
Anmerkungen:
Die Einfügungen in eckigen Klammern, die im Typoskript handschriftlichen Ergänzungen über den Textzeilen entsprechen, stammen wie die Durchstreichungen beide von der Hand Rudolf Steins.
Der Begriff ‚tagenbarener Bremer’ oder ‚Tagenbare’ steht für in Bremen gebürtige und aufgewachsene Personen, deren beide Eltern und deren alle vier Großerlterteile ebenfalls in Bremen geboren und aufgewachsen sind. Dabei müßte man den Ausdruck sinnvollerweise eigentlich umdrehen, also ‚Barentagen’, denn der Bestandteil ‚baren’ steht für ‚geboren’ und ‚Tagen’ für ‚aufgezogen’.
Man höre und staune: Wortmann hätte also am liebsten unmittelbar nach dem Einsturz mit den Vorbereitungen eines zügigen Wiederaufbaus beginnen wollen ! Da dies aber – aus verständlichen Gründen (Endphase des Krieges) - nicht realisierbar war, hätte er spätestens bei den Kaufhausplanungen die Rekonstruktion des Turmes zur Voraussetzung für die Baugenehmigung des Hertie-Baus machen wollen (aber da war er ja schon lange nicht mehr im Amt).
Seine Begründung für diese Sichtweise ist bis heute zeitlos gültig: Das Fehlen des Turms wird immer eine schmerzliche Lücke sein. Also ‚immer’ – egal ob 1959 oder 2017. Die Lücke kann nur durch den Turm und sonst gar nichts geschlossen werden !
Dem ist Nichts hinzuzufügen… oder vielleicht doch, dies Bild:
Hier noch zwei 'Links' zu Hintergrundinformationen über Stein und Wortmann: