Traditionelle Architekten

  • Anmaßend? Ja, vielleicht, aber die Regeln von Wikipedia naja in allen Ehren - wir sollten dieses Medium nicht zu ernst nehmen. Wikipedia ist ja schön und gut, wenn man einmal schnell etwas überblicksmäßig recherchieren will. In die Tiefe darf man aber im Wikipedia eh nicht gehen, da dort leider auch viel unwissenschaftliches Blabla steht.

    Ich würde mich eher an einem deutschen Begriff orientieren. Einmal etwas neues: Anti-Lo(o)ser-Stil :biggrin:

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (12. März 2014 um 01:35)

  • Die Einstellung "man sollte es nicht zu ernst nehmen" hat eben genau zu diesem Ruf geführt, dass dort "viel unwissenschaftliches Blabla steht". Was ja auch wahr ist. ;) Aber es gibt auch verschiedenste Inhalte, die dort so gut oder gar besser als in jeder Bezahllektüre dargestellt sind. In der Sektion Architektur gibt es da viele Beispiele. Das hier ist kürzlich unter meinem Zutun entstanden.

    Unterschätze nicht die Reichweite und die Einflussmöglichkeiten der Wiki. Nahezu egal, welches Thema du über die Suchmaschinen jagst, du landest praktisch immer zuerst dort. Ein guter Artikel zu neuer klassischer Architektur kann eine ganze Menge ausrichten.


  • Ach, danke! Die hatte ich völlig aus dem Blickfeld verloren, die Listen.
    Wer administriert die Stadtbild-Webseite eigentlich derzeit? Marc(?) war doch ausgeschieden oder?

  • Was mich bei den Beispielen des neuen klassischen Bauens (siehe Büro Schmitz) leider eher negativ, nachdenklich und fragend stimmt:

    Ist das nicht hochqualitatives Bauen für eine finanzstarke Elite, die eher zurückgezogen unter sich bleiben will!?

    Zitate: "beste Lage, in vornehmster Lage, eine bezaubernde Lage, repräsentatives Stadtdomizil, erlesene Nachbarschaft, ein Ort für Kosmopoliten, die Ruhe, sowie Urbanität nicht missen wollen...", tja, wo bleibt dann das neue Bauen für das gemeine Volk?

    Sind das Bauimpulse, die in die Breite gehen werden, stadtbildprägend werden können? Wohl kaum, wenn sich die Bauherren in Villengebieten abschirmen.
    Wo sind die neuen Gestaltungsimpulse für Bauten, in denen sich Otto Normalbürger wohlfühlen kann. Für Bauten des öffentlichen-städtischen Raumes? Für Büro und Industriebauten?
    Ja, es finden sich einige Beispiele aus Berlin hier im Forum, aber auch meist "ETW-Residenzen", die sich nur Millionäre leisten können.
    Diese Architekten haben halt eine Marktnische im elitären Kapital gefunden, wo noch Stil gefragt ist!

    Wie seht Ihr die Entwicklung?

  • Das ist schon richtig, aber bei den aktuellen Baugrundstückspreisen muss eben beim Bau selber gespart werden. Daher werden auch in den westdeutschen Großstädten überwiegend Luxuswohnungen gebaut um überhaupt noch was zu verdienen. Bei normalpreisigen Wohnungen geht es nach meinem Gefühl momentan eher nach Masse statt Klasse. Und in Gebieten mit geringerem Preisdruck ist ja oft eher diese provinzielle Grundhaltung da, dass man da was "Modernes" hinsetzen muss. Zuletzt kann ich mir auch vorstellen, dass diese Architekten sehr gefragt sind und dementsprechend eher lukrative und prestigeträchtige Projekte annehmen. Schließlich kann heutzutage kaum noch ein Architekt in dieser Weise bauen. Dies sind aber alles Mutmaßungen meinerseits, die auf Eindrücken beruhen.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Schortschi: Als Antwort darauf stelle ich dann doch noch mal diesen Link zur Verfügung:

    Neue traditionelle Bauten in aller Welt (Album)


    Da sind auch eine ganze Reihe Blockrandbauten, Reihenhäuser und sogar Sozialwohnbauten in traditioneller/neohistoristischer Architektur dabei. Auch in Deutschland (etwa Bauten von Höhne, Nöfer und Patzschke). Einfach mal etwas durchklicken, das Teil hat fast 2800 Beiträge, da findest du genug Material. :cool:

    Ansonsten ist sicher zu konstatieren, dass sich neue Entwicklungen in der Architektur natürlich immer zuerst in gehobenen Projekten zeigen, bei der "Avantgarde". Ist im Automobil- und Produktdesign ja nicht anders. Bis die neue klassische Architektur auch in den untersten Segmenten ankommt, kann es nicht mehr allzu lang dauern.

    Im Übrigen gibt es ja auch halbwegs erschwingliche Büros für traditionelle Einfamilienhäuser, z.B. Der Spieker, der Mittelklasse-Eigenheime in norddeutschen Fachwerkstilen errichtet. Oder, für Putzhäuser, die Firma Bella Vista. Auch nicht superteuer.

  • Wahnsinn, gegen die neoklassischen Bauten in Kiew, Bukarest, Russland oder auch USA sehen die Ansätze in Deutschland aber ganz schön schwach und verzagt aus. Da kann man nur neidisch auf die restliche Welt schauen.

    Man stelle sich mal sowas in der Berliner Friedrichstraße vor, das wagt nichtmal ein Patzschke:
    http://static.panoramio.com/photos/large/23046914.jpg

    Oder sowas, wenn auch fast schon überladen. In Deutschland wäre so ein Eklektizismus undenkbar:
    http://img80.imageshack.us/img80/5209/kas1nn8.jpg

    Auch toll, St. Petersburg:
    http://img-fotki.yandex.ru/get/3813/fotos…b_ee654eb5_orig

    Fantastische Beispiele, tolle Galerie.

    In dubio pro reko

    4 Mal editiert, zuletzt von reklov2708 (12. März 2014 um 11:55)

  • ^ Naja, gerade diese Bauten gehören für mich eher in die Ecke "Neureiche bauen drauf los". Geschmackvoll finde ich das nicht.
    Würde das hier gebaut, wäre das eher kontraproduktiv für eine aufkeimende Historismus-Renaissance.

    Russland kann aber auch anders, diese neo-neogotische ;) Villa im englischen Stil ist geradezu sensationell:

    Villa in Zhokovka, Russland (um 2000 errichtet)

    Der Architekt ist O.E. Klimov mit seinem Büro Art Klimov.
    Die genaue Lage wird nicht verraten, heißt es hier. Dort gibt es auch Bilder von innen. Einfach wow.

  • Zitat

    Wer administriert die Stadtbild-Webseite eigentlich derzeit? Marc(?) war doch ausgeschieden oder?

    Das fällt in meinen Aufgabenbereich, ich kann Dir gern ein Wordpress-Benutzerkonto einrichten, falls Du die vorhandene Liste ausbauen möchtest.

  • Also mal die prekäre politische und gesellschaftliche Situation in der Ukraine ignorierend, muss ich sagen, der Entwurf für Kiev auf der ersten Seite ist doch einfach phantastisch, so sieht Ensembleverträglichkeit, ja sogar noch Aufwertung aus!
    Man kann nur hoffen, wenn das zur Ausführung kommt (oder ist es schon?) dass es qualitätvoll gebaut wird, dann kann das wirklich richtig toll werden, ansonsten besteht natürlich schnell die Gefahr, dass das ganze wie eine Kitsch-Kiste, ein Barbie-Schloss aussieht.
    Werden wir es nochmal in Deutschen Landen erleben, dass zentrale Stadtplätze wieder mit solchen Bauten geschmückt werden (Neuentwürfe, nicht nur Rekonstruktionen)? Ich befürchte für die nächsten 50 Jahre wohl nein. Man stelle sich mal vor, würde man mit solchen Gebäuden Stadtreparatur betreiben, solche Bauten haben wirklich die Bezeichnung Neohistorismus verdient.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (12. März 2014 um 13:25)


  • Werden wir es nochmal in deutschen Landen erleben, dass zentrale Stadtplätze wieder mit solchen bauten geschmückt werden (Neuentwürfe, nicht nur Rekonstruktionen)? ich befürchte für die nächsten 50 Jahre wohl nein. Man stelle sich mal vor würde man mit solchen Gebäuden Stadtreparatur betreiben, solche Bauten haben wirklich die Bezeichnung Neohistorismus verdient.

    Ich befürchte, das wäre der Todesstoß der deutschen Bauindustrie. Bei einer prognostizierten abnehmenden Bevölkerungszahl nachhaltig und qualitätvoll bauen? Dann gäbe es in Zukunft ja kaum noch etwas zu tun.
    Bin insgesamt aber sehr überrascht, was andernorts gebaut wird. Wobei ich persönlich mit Neubauten, die bis ins Detail gründerzeitlich sind aber ohne historisches Vorbild am Ort darstehen (also auch keine interpretierenden Rekonstruktionen sind) so'n bisschen meine Probleme habe. Finde dann doch Bauten wie z.B. das vielgelobte Charlottenpalais oder das Adlon, die sich strukturell klassisch geben aber im Detail als Gebäude unserer Zeit erkennbar sind, etwas besser. Würde mich vor allem auch mal freuen, wenn sich jemand moderner Ornamentik und Symbole bedienen würde - z.B. Skulpturen von Personen in zeitgenössischer Kleidung oder - z.B. bei einem Industrie-Verwaltungsgebäude - auch detailreiche Skulpturen moderner Objekte. Wenn man da z.B. an die Dachskulptur vom Frankfurter Hbf denkt - so etwas mal mit Motiven unserer Zeit, das wäre was...

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Ja, wenn man es schafft eine Ornamentik zu entwickeln, die unserer Zeit enstpricht, das wär toll, das gab es ja auch im Historismus, wenn auch etwas zaghaft. In [lexicon='Leipzig'][/lexicon] in der Friedrich-Ebert-Straße fällt mir ein Haus ein, dass ist wirklich sehr klassisch gestaltet, ziemlich konservativ, aber eine Skulptur hält ein Zahnrad in der Hand, das ist wirklich ein Eyecatcher.
    Heute könnte man vielleicht Ornamente in der Optik von Schaltkreisen und Platinen entwerfen, oder aber noch zukunftsweisender Häuser in einem hochorganischen, naturinspierierten Stil, aber sehr qualitätvollen Ausführungen, mit heimischen, erdverbundenen, nachhaltigen Materialen. Wir überwinden unseren ständigen Fortschritts- und Technologisierungsglauben, jenes größenwahnsinnige und anmaßende, was den Menschen schon in der ersten Hälfte des 20en Jahrhunderts zum Verhängnis wurde. Vielleicht muss es aber erst so eine Gesellschaft geben, damit diese neue, bescheidene, aber ästhetische Sicht sich im Bauen durchsetzen und manifestieren kann. Das wäre mal wirklich eine Moderne die ihren Namen auch verdient hätte. Häuser müssen leben, Häuser müssen emotionaliseren, leidenschaftlich sein, sie müssen mit Respekt ihre Umgebung reflektieren und einbeziehen, Traditionen nicht vergessen, und sie müssen lebenswert sein. Ich wäre definitiv für eine Art Jugendstil 2.0, in Gaudi-Manier, moderner, weil nachhaltiger und bodenständiger, Gebäude die rhytmisch mit der (Stadt)landschaft in der sie eingebunden sind, harmonieren und aufwerten.

    Einmal editiert, zuletzt von Kaoru (12. März 2014 um 14:27)

  • Ja, die Idee mit dem Kaispeicherturm hat durchaus was. Wobei mir dann doch die höhere und ikonischere Elbphilharmonie lieber ist. Ein echtes Wahrzeichen des 21. Jahrhunderts tut der Stadt auch mal ganz gut, denke ich.

    Toll finde ich dieses Neubauprojekt von Siemonsen in der Eimsbütteler Wiesenstraße.
    Der Neohistorismus breitet sich von Berlin, Düsseldorf, Hamburg, der meckpommschen Ostseeküste und Co. über Deutschland aus. :thumbup:

  • Ersetze Deutschland durch Norddeutschland, dann passt es. Traurig ist nur, dass die Gebäude meist billigster Bauart sind. Dünne Betonwände, zugepasst mit brennbarer Plaste....

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • War gerade auf der Seite des Architekten Siemonsen:

    beim wunderschön wiederaufgebauten Gut Witzhave steht...

    ..."Der Bauherr wollte zu meiner Freude und im Gegensatz zu dem Denkmalschutzamt keine moderne Interpretation (z.B. ein Stahlfachwerk), sondern das ehemalige Erscheinungsbild."

    Quelle: http://www.siemonsenarchitektur.de/index.php?id=22

    Wie krank ist das denn?! Dieser dämliche Denkmalschutz, der sein ureigenstes Handwerk vernachlässigt, ist der Bock im Denkmalschutzgarten!

    Traumhaft auf der Seite von Stuhlemmer die rekonstruierten Innenräume des Stadtschlosses in Braunschweig:

    http://www.stuhlemmer.net/index.php?cont…ossbraunschweig

    Einmal editiert, zuletzt von Exilwiener (21. März 2014 um 22:19)

  • Wie krank ist das denn?! Dieser dämliche Denkmalschutz, der sein ureigenstes Handwerk vernachlässigt, ist der Bock im Denkmalschutzgarten!


    Das absurde Verhalten des Denkmalschutzes wird ihm schließlich selber das Genick brechen, der Substanzfetischismus wird dem Denkmalschutz noch seine ganze Substanz und Existenz kosten:

    Früher oder später freilich wird der neue Weg des Denkmalschutzes durch die Bürger und die Volksvertreter auf breiter Front abgelehnt werden und die staatliche Denkmal"pflege" wird entmachtet werden. Wir werden es noch erleben.