• Ja die Sprengung der Jakobikirche in Rostock ist neben der Sprengung der Marienkirche in Wismar wohl der DDR schlimmstes Verbrechen an die Backsteingotik..

    Quelle: bildindex.de

    Die DDR-Bauten an der Langen Strasse schneiden die Altstadt ordentlich in zwei haelften, und das irreparabel. Ich finde, sie werden viel zu viel gepriesen von Leuten, die doch was positives in der DDR-Staedtebau entdecken wollen. Sie erinnern viel eher an die Sowjetunion als an die Backsteingotik.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

  • Ahoi!

    Neuigkeiten, Projekte, Informationen und Diskussionen zur Hansestadt Rostock sollen hier einen Platz bekommen.

    Mit über 200'000 Einwohnern (Tendenz steigend) ist sie die größte Stadt in Mecklenburg.
    Trotz recht gelungenen Wiederaufbaus in den 50ern und speziell auch nach der Wende gibt es noch viele städtebauliche Defizite in Rostock, sodass uns die Themen vorerst nicht ausgehen sollten. 8)


    Eine umfassende Fotoschau der Stadt findet ihr hier: http://www.architekturforum.net/viewtopic.php?f=27&t=3077

    Rostock aus der Luft: http://tinyurl.com/y7zhmdh

  • An dieser Stelle möchte ich eine Diskussion zum Rostocker Hafenbereich aus dem Bilderstrang aufnehmen, die wir hier im allgemeinen Teil fortführen können.


    Zitat von "youngwoerth"

    Am meisten hat mich im ansonsten städtebaulich oft recht angenehmen Rostock die Hafenfront enttäuscht. Wie kann man dieses große Potential über Jahrzehnte hinweg in solch verhunztem Zustand belassen? Mir ist keine andere Stadt bekannt, die ihre Schauseite so stiefmütterlich behandelt.


  • Gleich vorweg: Meine "Heimatliebe" hält sich in Bezug auf Rostock aus diversen persönlichen Gründen eher in Grenzen. ;)

    Die Luftbilder auf Bing dürften übrigens recht alt sein. Anhand der Einrüstung der Marienkirche würde ich auf ~2006 tippen.
    Seitdem ist schon einiges passiert. Man hat zumindest Teile der Parkflächen anständig begrünt, einige Hafenbauten wurden aufgefrischt, neues Stadtmobiliar und Skulpturen etc. sind hinzugekommen, Museumsschiffe sind im Hafen vor Anker, Kräne wurden aufpoliert usw.

    Eines der Hauptprobleme des Rostocker Stadthafens sind seine schieren Ausmaße. Sicher bedarf es noch einiger Gestaltungsarbeit.
    Aber erstmal sollte Rostock zusehen, in der Altstadt gefährdete Bauten zu sichern. Da geht es praktisch direkt neben dem Rathaus schon los.

    Die Politik in der Hansestadt läuft auch nicht gerade nach meinen Vorstellungen. Alles sehr rot und dadurch fortschrittslahm, was die weitere Entwicklung zentraler urbaner Bereiche anbelangt. Anscheinend hütet man lieber Brachen, statt Grundstücke auszuschreiben. Da läuft es bei den "Nachbarn" Wismar und Stralsund doch deutlich vielversprechender, und das nicht allein wegen ihrem Welterbestatus.

  • Zitat von "erbsenzaehler"

    Man hat zumindest Teile der Parkflächen anständig begrünt, einige Hafenbauten wurden aufgefrischt, neues Stadtmobiliar und Skulpturen etc. sind hinzugekommen, Museumsschiffe sind im Hafen vor Anker, Kräne wurden aufpoliert usw.

    Das klingt ja hervorragend! Falls ich in diesem Leben nochmal da hoch kommen sollte, werde ich das staunend begutachten.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zitat

    Aber erstmal sollte Rostock zusehen, in der Altstadt gefährdete Bauten zu sichern. Da geht es praktisch direkt neben dem Rathaus schon los.

    Könntest du da konkreter werden? Ich empfand Rostock als eine Stadt, die zu gefühlt 99,9 Prozent durchsaniert ist. Das gilt auch für die Viertel drumherum. Eigentlich schade, wenn irgendwie alles schon fertig ist. Da ist es städtebaulich weit weniger spannend als in [lexicon='Leipzig'][/lexicon], wo sich das Gesicht mit jeder Revitalisierung ändert. Zudem sind viele Gebäude hundsmiserabel saniert worden (meist schon in den 90ern mit Plastikfenstern und -ladeneinbauten sowie entstuckt). Dass Rostock mehr Brachen hat als Wismar und Stralsund hat m.E. zwei Gründe. Zum einen die größeren Kriegsverluste, zum anderen die m.E. fast beispiellose Zersiedelung der Landschaft mit Plattenbauten sowie Einfamilien- und Reihenhaussiedlungen. Bei dieser aus der Kontrolle geratenen Streuung ist es schwierig, das Zentrum entsprechend nachzuverdichten.

    Eine Beobachtung noch vom letzten Sommer. Die Wildwuchsbrache östlich der Altstadt wurde abgeräumt. Ob und was dort gebaut wird, weiß ich allerdings nicht.

  • Zitat von "spacecowboy"

    fast beispiellose Zersiedelung der Landschaft mit Plattenbauten

    Zwischen Rostock und Warnemünde findet sich ein Plattenmekka, das es nicht mehr normal ist. In dieser Hinsicht ist m.E. [lexicon='Leipzig'][/lexicon] am besten davongekommen: Fast alles konzentriert sich in Grünau - und das liegt so geschickt und abgelegen, daß es der durchschnittliche Besucher nicht zu Gesicht bekommt. In Rostock dagegen wurde gerade der wichtigste Abschnitte zugepflastert: So ziemlich jeder Warnemünde-Tourist darf sich das antun. Und der Symmetrie halber wurde auch auf der gegenüberliegenden Stadtseite geklotzt. Die Einfamilienauswüchse markieren das nächste Extrem und machen Rostocks Peripherie letztlich zu einer der traurigsten in Ostdeutschland.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
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  • Das ist das Schicksal der meisten demographischen Aufsteiger der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Rostock war eine der wenigen Städte der DDR, die zumindest bevölkerungsmäßig von der Teilung Deutschlands profitierten. Da sich auf dem Gebiet der DDR kein größerer Überseehafen befand, musste Rostock massiv für Handel, Marine und Schiffbau ausgebaut werden und zog entsprechend viele Menschen an.

    1939 hatte Rostock 121.000 Einwohner, bei Kriegsende etwa 70.000, 1955 bereits 150.000, 1971 wurde die 200.000-Marke überschritten und 1988 der Höchststand von 254.000 Einwohnern erreicht. Hier liegt der wohl einzigartige Fall vor, dass eine Vorkriegsgroßstadt in der DDR ihre Einwohnerzahl verdoppelt hat. Dass die bauliche Expansion nicht mehr so erfolgte wie zur Gründerzeit, sondern eben jene bekannten zeittypischen Wucherungen hervorbrachte, versteht sich von selbst.

    Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Einwohner…ung_von_Rostock

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • Seit Oktober wohne und studiere ich in Rostock und habe architektonisch ein sehr wechselvolles Verhältnis zu dieser Stadt. Die (östliche) Altstadt aber hat trotz enormer Kriegszerstörungen - dank einer maßvollen und angepassten Bebauung der 1950er und Nachwendezeit - überwiegend ihren Reiz behalten. Mit der Kröpeliner Straße hat man eine wunderschöne hanseatische Einkaufsstraße und die Lange Straße ist, wie hier bereits festgestellt wurde, eines der besten Wiederaufbauprojekte in Deutschland.

    Worauf will ich hinaus? Der Neue Markt macht mir, wie einigen anderen auch, zu schaffen. Genauer: Die fehlende - bombardierte und/oder später abgerissene - Nordseite. Stattdessen blickt man auf ein hässliches Hochhaus aus den (vermutlich) 1960ern, im Nordosten wiederum auf eine auf einer weggebombten Fläche errichtete Grünfläche. Kurzum: Sowohl architektonisch als auch räumlich fehlt jegliche altstädtische Qualität und der Neue Markt ist nicht als Platz "erlebbar", wie es in der Fachsprache so schön heißt.

    Offenbar wird seit Jahren schon diskutiert, ob und wie die Nordseite wieder bebaut werden soll. Ich habe diese Diskussion vor Ort noch nicht erlebt, da ich erst seit wenigen Monaten hier wohne. Im Maßnahmeplan für die Städtebauliche Sanierungsmaßnahme "Stadtzentrum Rostock" für das Jahr 2011 stehen 140.000 Euro für einen "städtebaulichen Wettbewerb Bebauung Nordkante Neuer Markt" bereit. Näheres ist mir nicht bekannt.

    Wie dem auch sei: Ich bin der Ansicht, dass die Nordseite rekonstruiert werden sollte, und stehe damit sicher nicht allein. Ich würde mich gerne in irgendeiner Form dafür einsetzen. Der Neue Markt würde zu einem schönen Platz am Ende der Kröpeliner Straße werden, ja es entstünde sogar eine zweite, kleinere Platzsituation am anderen Ende der Bebauung mit der Marienkirche im Westen. Die an dieser Stelle schmerzlich sichtbare Kriegswunde könnte geschlossen werden.

    Wer hat nähere Informationen zu dem offenbar in Vorbereitung befindlichen städtebaulichen Wettbewerb? Wie hoch kann die politische Durchsetzungsfähigkeit eines solchen Rekonstruktionsvorhabens taxiert werden? Wie könnte eine mögliche Finanzierung aussehen? Sind bereits bürgerschaftliche Strukturen in Rostock vorhanden, an die man sich wenden kann, um die Initiierung eines solchen "Bürgerbegehrens" eventuell einzuleiten?

    Wahrscheinlich wirken diese Zeilen ein wenig stürmisch-naiv. Aber ich bin der Meinung, dass es möglich sein muss, den Wunsch zur Rekonstruktion öffentlich zu artikulieren und wenigstens eine Debatte anzustoßen (auch wenn Rostock derzeit arg mit dem Hickhack um ein neues Theater beschäftigt ist). Ende dieses Jahres werden übrigens Sanierung und Neubau eines Teils des Rathauskomplexes (Ostseite des Neuen Marktes) abgeschlossen. Dann dürfte doch ein guter Zeitpunkt gegeben sein, den Vorschlag zu artikulieren.

    Ich freue mich über eure Einschätzung und jedwede Resonanz!

  • Prima, dass Du Dich für ein Rekonstruktionsprojekt an der Nordseite des Neuen Marktes in Rostock engagieren möchtest. Mit Deiner Idee stehst Du mit Sicherheit nicht alleine in Rostock. Eine gemeinsame Initiative zu artikulieren ist aber natürlich trotzdem nicht so einfach. Meine Empfehlung: Stadtratssitzungen besuchen und Kontakt zu den Bauausschüssen knüpfen. In diesem Umfeld bewegen sich oft auch Architekturinteressierte mit gleichen Interessen. Hier ein kleiner Überblick über andere Reko-Initiativen in Deutschland http://www.reko-szene.blogspot.com/

    ...

  • Durch Gründung von Interessengruppen bei StudiVZ und Facebook könnte man erst mal ein paar potenzielle Mitstreiter um sich sammeln und eruieren, wie groß bei anderen das Interesse und die Einsatzbereitschaft sind. Hat man erst genug Leute gefunden, die bereit sind, sich zu engagieren, ist die Gründung eines Vereins oder einer Initiative nur noch ein formaler Akt. Sich öffentliches Gehör zu verschaffen ist natürlich schwierig, wenn man nicht gerade Journalist ist oder sowieso im Licht der Öffentlichkeit steht. Die Meinung eines einzelnen "normalen" Bürgers interessiert kaum jemanden und am wenigsten die Politiker. Darum wäre eine Initiative mit möglichst vielen Anhängern, die groß genug ist, mediale Aufmerksamkeit zu erregen, mit Sicherheit das Beste. Aber so etwas aufzubauen und zu organisieren ist, denke ich, nicht ganz leicht. Falls es dir wirklich ernst damit ist, könntest du bei der "Gesellschaft historischer [lexicon='Neumarkt Dresden'][/lexicon]" (http://www.neumarkt-dresden.de/) ja mal nach Rat und Tipps fragen. Dort ist man so einem Vorhaben gegenüber bestimmt aufgeschlossen.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Hallo zusammen.

    Weil es Gerüchte gibt, daß die Nordseite des Neuen Marktes in Rostock wiederbebaut werden soll, habe ich mal die Hansestadt Rostock angeschrieben und nachgefragt. Nach etwa einem Monat kam diese Antwort:

    Zitat

    Die Neubebauung der Nordseite des Neuen Marktes ist als – langfristige – Maßnahme Bestandteil des Städtebaulichen Rahmenplanes im Sanierungsgebiet
    "Stadtzentrum Rostock“. Die bauliche Ausgestaltung dieser Häuser wird im Rahmen eines hochbaulichen Wettbewerbes gefunden werden.

    Aus Sicht des Amtes für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Wirtschaft als zuständiges Fachamtes wird weder eine Rekonstruktion der Häuser nach historischen Vorbild noch eine ausgeprägt historisierende Bebauung Grundlage für die Wettbewerbsausschreibung werden. Wie jede Zeit, wird die zukünftige Bebauung der Nordseite des Neuen Marktes architektonischer und funktionaler Ausdruck der Entstehungszeit der Gebäude sein. Mit einem Architekturwettbewerb wird die notwendige hohe Qualität gesichert.


    Wie diese "Qualität" aussehen kann, wissen wir ja alle. :unsure:

  • Na servus, das sind mir Hohlköpfe. Von der stumpfsinnigen Phraseologie die gleichen wie bei uns zu Wien. Und wie hier noch stolz auf ihre troglodytische Borniertheit, die sich auch in der Grammatik bzw Syntax manifestiert.
    Da kann man nur von Glück reden, dass sie "langfristig" nicht mehr im Amt sein werden. Und bis dahin werden sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Zitat

    Da kann man nur von Glück reden, dass sie "langfristig" nicht mehr im Amt sein werden. Und bis dahin werden sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen.

    Das ist sehr zu erhoffen. Denn so sieht es für den Rostocker Neuen Markt nicht gut aus. Diese Leute würden sicher etwas Banales da hinstellen. Denen gehts doch nur um sich selbst daß sie ach so gut sozial hipp clever sind.. Auf Kosten der Lebenswelt und Geschichtstiefe eines ganzen Gemeinwesens.

    VBI DOLOR IBI VIGILES

    Einmal editiert, zuletzt von Brandmauer (6. Mai 2011 um 00:56)

  • Ja, hoffen wir auf die Wirtschaftskrise, desinteressierte Investoren und klamme Kommunalkassen. Eine kurzfristige Bebauung jener Markt-Seite sollte nach Kräften verzögert und möglichst verhindert werden, bis bessere Zeiten anbrechen. Wenn man den Platz optisch fassen möchte, reicht z.B. fürs erste eine Reihe aus hohen Backsteinpfeilern als Platzhalter. Diese Lösung ist dort allemal besser, als irgendein Konsum- oder Zeitgeistobjekt.

  • Da kann man nur von Glück reden, dass sie "langfristig" nicht mehr im Amt sein werden. Und bis dahin werden sie nicht über die notwendigen Mittel verfügen.


    Das Geld ist leider im Budget und wie es aussieht, könnte der Wettbewerb bereits im Herbst ausgeschrieben werden. Und dies gilt es zu verhindern. Ich werde also in den nächsten Wochen auf jeden Fall die Lokalpresse einschalten. Denn weder die Öffentlichkeit noch die Politik hat dieses Thema zur Zeit auf dem Schirm. Das könnte unsere Chance sein, zumindest eine Diskussion einzuleiten und den Wunsch nach einer Rekonstruktion oder zumindest einer historisierenden Bebauung klar zu artikulieren.

  • Neußer: Hoffentlich schickst du denen noch eine gepfefferte Antwort zurück. Diese selbstverständliche Abweisung von Rekonstruktion und "historisierender" Architektur ist angesichts aktueller Beispiele wie Dresden, Potsdam oder Frankfurt ja nun wirklich nicht angebracht.

    Die Welt muss romantisiert werden! - Novalis

  • Aus der Ostsee-Zeitung vom 8.10.2012:

  • Na, das hört sich ja schon wieder toll an. So viel Ablehnung von allen Seiten. Manche tun ja gerade so, als wäre die Marienkirche nach einer Neubebauung verschwunden. Auf diesen Bildern sieht man die Wirkung. Moderationshinweis: Ungültige Links entfernt.

    Es klingt jedoch deutlich die Angst durch, daß wieder ein 08/15 Kasten mit Strichcodefenstern entsteht.

    Zitat

    (...) Einen alten Zustand künstlich wiederherzustellen, müsse misslingen. Alleine schon, weil der Charme alter Gemäuer und Fassaden durch moderne Häuser nicht herzustellen sei. (...)


    Diese Leute sollten davon überzeugt werden, daß die Nordseite rekonstruiert werden muss. Alte Photos müssen veröffentlicht werden, damit die Leute eine Idee haben. Bestimmt wäre die Ablehnung nicht mehr so eindeutig.