A
B
C1
C2
C3
D1
D2
E
F
Wien ist, wie vielleicht sonst nur Paris, eine vom Historismus geprägte Metropole.
Das mag man für gut oder für schlecht befinden, je nach Neigung, und, vor allem, je nach Ausgangspunkt. München etwa wäre über ein so adrettes, im Weltkrieg erhaltenes Stadtbild froh, bezogen auf Prag würde man etwaige Massenabrisse um und vor 1900 aus heutiger Sicht wohl eher nicht schätzen.
Wie auch immer, das Vorherrschen historistischer Stilarten in Wien ist eine Tatsache, die zu verneinen ein Akt der Realitätsverweigerung wäre.
Eine Auseinandersetzung mit dem Wiener Stadtbild darf daher das Phänomen 'Historismus' nicht außer acht lassen.
Das Thema ist sehr vielschichtig, und sollte auch so behandelt werden. Ein wiederholtes Beklagen von unwiederbringlichen altstädtischen Substanzverlusten soll hier ebenso unterbleiben wie ein unreflektiertes In-den Himmel-Heben von schablonenhaft reproduzierten Pseudostilen, nur weil sich diese angeblich von der dadurch hervorgerufenen Abkehrreaktion des bösen Bauhausstiles so wohltuend unterscheiden.
Folgende Gesichtspunkte sollen in dieser Bilderserie behandelt werden:
1) Frühhistorismus um 1850
2) Sakaralarchitektur des Historismus.
Hier liegen mE die größten Errungenschaften dieser Epoche, nur wenig beachtet und bekannt.
Zu zeigen sein wird ein typisches Phänomen des Wr. Historismus: der Aufgriff fremder Baustile. Italienische Romanik, Norddt. Backsteingotik, französische Kathedralgotik...
Nicht nur ausgesprochene Historismusfreunde werden hier die eine oder andere Anregung empfangen.
3) Versuch einer Stilkunde des Wr Historismus:
Aufgriffe lokaler Formen und Stile sind eher selten, kommen aber vor (Neobarocke Palais v.a. in der Innenstadt, vgl C1).
Typischer sind auch hier Imitationen weit entfernt gelegener Bauten anzutreffen, vorzugsweise solcher aus Italien, aber auch Frankreich (C2).
Noch typischer jedoch ist ein weiteres Phänomen, das sich aus dem Wesen des Historismus als den Stil einer aufkommenden kapitalistisch orientierten Gesellschaftsschichte ergibt: Das Gebrauchen, Verwerten, Vereinnahmen, Ausbeuten von zeitgemäßgen, uU dem Historismus diametral entgegengesetzten Stilformen. Tatsächlich ist in Wien recht bald nach dem Aufkommen des Jugendstils kein klarer Trennstrich zwischen diesem und dem Historismus möglich (C3). Auch für spätere Stilen und Tendenzen wird dies in gewissem Maße gelten.
4) historistische Stadtbilder
a) in denen eine ältere Struktur überformt oder verdrängt wurde D1
b) originärer Natur D2
5) Historismus als den Bedürfnissen des jeweiligen Standortes angepasstes Massenphänomen.
Eher langweilig, aber nicht zu negieren, da omnipräsent. Vielleicht ergeben sich hier neue Gesichtspunkte. Auch hier scheinen sich prima vista bereits unter 2 und 3 aufgestellte Thesen zu bestätigen: die grundsätzliche Verwurzelung des Wr. Historismus in der Renaissance lässt sich als Hinwendung zu fremden, 'ausländischen' Anregungen deuten, denn Renaissance, überhaupt in dieser verwendeten, eher romanischen Ländern entlehnten Form, gibt es praktisch nicht im Stadtbild (E)
6) überdurchschnittliche oder gar herausragende architektonische Leistungen des Wr Historismus.
Auch das gibt es. Schließlich hat zB ein Otto Wagner historistisch begonnen.(F)