Sandau (Elbe) - Wiederaufbau des romanischen Kirchturms

  • Seit 1996 setzt sich in Sandau, Sachsen-Anhalt, eine Bürgerinitiative für den Wiederaufbau des 1945 zerstörten Turms der um 1200 erbauten romanischen Pfarrkirche ein. Die eindrucksvolle Sandauer Kirche entstand in der Nachfolge des Klosters Jerichow, das zu den ältesten und wertvollsten Backsteinbauten Norddeutschlands gehört. Seit 2002, dem Baubeginn der Wiederaufbauarbeiten, hat die Bürgerinitiative, die mit großem Einsatz Spenden sammelt, schon viel erreicht: Der Turm hat wieder mehrere Geschosse und wird für Veranstaltungen genutzt. Der Aufbau des oberen Geschosses und das Aufsetzen des Turmhelms sollen folgen.

    Sandau im Kreis Stendal gehört zu den kleinsten Städten in Deutschland. Es wurde im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört, weil eine Waffen-SS-Einheit die Übergabe der Stadt an die Amerikaner unterbunden hatte. Durch die 1993 angelegte Straße der Romanik, an deren Nordroute Sandau liegt, ist die kleine Stadt heute verbunden mit vielen weiteren bedeutenden mittelalterlichen Kirchenbauten u. a. in Halberstadt, Quedlinburg, Naumburg und Magdeburg. Die Straße der Romanik wurde auch deshalb eingerichtet, damit solche wertvollen, aber wenig bekannten und abseits gelegenen Kulturdenkmäler wie die Sandauer Kirche mehr Aufmerksamkeit bekommen als bisher. Eine Wiederaufbauinitative wie die Sandauer verdient deshalb besondere Anerkennung, gerade in einer Zeit, in der es schwieriger wird, Fördermittel zu bekommen.

    http://www.kirchturm-sandau.de/index.html

    http://www.kirchturm-sandau.de/vst%2012.8.jpg

    http://de.wikipedia.org/wiki/Sandau_%28Elbe%29

    http://www.romanikstrasse.de/

  • Ich kenn die Kirche von Sandau auch. Sie ist ein hübsches Kleinod der Backsteinromanik. Im Inneren finden sich Würfelkapitelle im niedersächsischen Stützwechsel.
    Ich war vor zwei Jahren das letzte mal dort, wie weit ist denn jetzt das Westwerk ???

  • Zitat von "Der Herzog"

    Ich war vor zwei jahren das letzte mal dort, wie weit ist denn jetzt das Westwerk ???

    Ich kenne das löbliche Projekt nicht, aber wie ich es verstehe, hat sich seitdem nichts getan. Bilder kann man ja auf der Website betrachten. Ich denke, die oberen geben auch den aktuellen Stand wieder.

  • Das wäre ja schade ! Ich kenne das Westwerk noch als Ruine, es lag da, als wäre es gerade zusammengestürzt. Nichts war abgeräumt worden. Es wäre doch schön, wenn es endlich wiedererstanden wäre.

  • Aus dem Pressezitat vom 12. 8. 2009 aus der Volksstimme ergibt sich, dass die beiden letzten Turm-Etagen als nächstes gebaut werden sollen. Die Finanzierung scheint jedoch derzeit noch nicht geklärt zu sein.

    Zitat

    (Die Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt, Sachsen-Anhalt) Petra Wernicke zeigte sich ebenfalls beeindruckt, "das Geld wäre hier wirklich sinnvoll angelegt". Fördermittel kann sie den Sandauern allerdings auch nicht versprechen, denn es liegen weit mehr Anträge vor als Geld bewilligt werden kann. Insgesamt 330 000 Euro werden für den Bau der beiden letzten Turm-Etagen - sie beherbergen Wirtschaftsbereich und Glockenturm - benötigt. Alternativ steht ein Rohbau bis zur Traufhöhe zur Wahl, der lediglich 150 000 Euro kosten würde.

    http://www.kirchturm-sandau.de/vst%2012.8.jpg

  • Uiiii! Da hätte ich aber nicht mit gerechnet! Bin dort mal vor Jahren dran vorbei gefahren, da sah es ziemlich trostlos aus.

    Top! :thumbup:

    Für weniger Ideologie!

  • Ich weiss noch, wie ich das erste Mal dort war, und das Westwerk in Trümmern vor der Kirche lag. Die Kirche ist auch in Innern sehr sehenswert, wundervolle Backsteinromanik.

  • Außerordentlich, was da mit Sachverstand, Engagement und Liebe in Sandau geleistet wurde. Jetzt fehlt nur noch der Dachreiter zur Komplettierung. Vielleicht finden sich nach dem absehbaren Abschluss der Bauarbeiten rührige Bürger aus Sandau, die sich des maroden Obelisken vor der Kirche annehmen.
    Ich denke, es handelt sich dabei ggf. um ein Denkmal für Gefallene ?

  • Der Obelisk wurde zu Ehren derer errichtet, die die Kirche zerschossen haben, und bildete mit der Ruine ein Mahnmal. Meinetwegen kann er auch versetzt werden.

  • Hallo Herzog, nicht auf die schnelle posten, sondern erst einmal kundig machen... :wink:

    Du meinst das Denkmal für die 1. Polnische Armee, das einen recht intakten Eindruck macht. (siehe hier)

    Hier ist aber die Rede von dem alten Kaiser- und Kriegerdenkmal vor der Kirche. (siehe hier)

    Hier wäre eine Instandsetzung wünschenswert.

    Eine Verwechslung ist da jedenfalls eigentlich kaum möglich. Also, innere Ruhe bewahren... :ueberkopfstreichen:

  • Ich greife das Thema mal auf, weil ich ein wenig Hintergrundinformationen liefern kann. Es war wirklich eine bemerkenswerte Leistung, die die Gemeinde in dem kleinen Ort auf die Beine gestellt hat. Leider spielten viele Interessen beim Wiederaufbau mit. Der Durchbruch der Westfassade mit weiteren Fensteröffnungen ist dem Nutzungskonzept des Turmes geschuldet und muss so wohl in Kauf genommen werden.

    Wirklich ärgerlich ist allerdings, dass man an einigen Stellen verfälscht wieder errichtet hat. Zum einen sind die Friese zum Teil in anderer Form wieder aufgegriffen worden, zu anderen sitzt das zentrale Rundfenster ganz entgegen den Gepflogenheiten des mittleren 13. Jh. in einer Wandvorlage und wirkt deplatziert. Ebenso unbegreiflich ist, dass man sich bei der Rekonstruktion des Westportals mit den Detailformen viel Mühe gemacht hat, aber offensichtlich die jüngsten Forschungsergebnisse dabei unbeachtet ließ. Die Rechteckvorlage des Portals besaß nämlich bis 1945 ein umlaufendes Profil, was nur selten zu beobachten ist. Stattdessen orientierte man beim Wiederaufbau wohl an den im Jerichower Land sonst üblichen Portalformen.

    Hier einige Aufnahmen des Wiederaufgebauten Turmes aus dem Oktober 2014:

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen