Schweinfurt - Allgemeines

  • Ich kenne Schweinfurt nur aus dem Zugfenster, schon von dort aus wirkt es trostlos.
    Konsequent, daß Schweinfurts Panorama ein monumentales Atomkraftwerk ziert, das einen schon aus weiter Ferne mit seinen mächtigen Dampfsäulen begrüßt.
    Letztendlich empfinde ich Unbehagen beim Betrachten dieser bis heute vergewaltigten Stadt. Danke trotzdem.

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Zeno: vielen Dank für deine Präsentation Schweinfurts. Gut, dass du nicht nur die wenigen Höhepunkte zeigst, sondern versuchst uns einen repräsentativen Überblick der Stadt zu geben (obwohl ich selbst natürlich auch lieber die schönen Seiten einer Stadt photographiere).

    Ich war noch nie in Schweinfurt und sehe nach dem Betrachten deiner Bilder auch keinen Grund dies zu ändern. Weißt du, ob die Stadt vor dem WK2 deutlich mehr architektonisch hochwertige Substanz als heute zu bieten hatte oder schon immer eine Stadt ohne besonderen architektonischen Wert war?

  • Zitat von "MunichFrank"

    Gut, dass du nicht nur die wenigen Höhepunkte zeigst, sondern versuchst uns einen repräsentativen Überblick der Stadt zu geben


    :!:

    Ich entschuldige mich von Herzen für meine früheren arroganten, provokanten, aggressiven und unfreundlichen Beiträge!
    Jesus ist mein Herr und Retter!

  • Grauslich, dies Stadtbild. Schade um das schöne Rathaus, das hier wahrhaft fehl am Platze zu stehen scheint.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Leider fehlt die vorbildlich sanierte Altstadt um den Schrotturm herum in der Bildpräsentation. Bereits seit den 70er Jahren gibt es in Schweinfurt ein Sanierungskonzept für die Altstadt. Der Altstadtring ist nun bereits fast komplett saniert. Besonders hervorzuheben sind die beiden Gründerzeitvillen am Unteren Marienbach mit dem umgebenden Areal der Stadtmauer. Dieser Bereich wurde im vergangenen Jahr fertiggestellt. Einfach superklasse. Die Bilddoku zeigt wirklich fast nur die Negativbeispiele.

  • Zitat von "MunichFrank"

    Weißt du, ob die Stadt vor dem WK2 deutlich mehr architektonisch hochwertige Substanz als heute zu bieten hatte oder schon immer eine Stadt ohne besonderen architektonischen Wert war?


    Nach allem, was ich weiß, gab es auch vor dem Krieg außer dem Rathaus nicht Herausragendes.

  • Zitat von "ingenieur"

    ... übrigens: Die Schweinfurter Innenstadt war nach schweren angloamerikanischen Luftangriffen zu 85% zerstört.

    Also soweit ich weiß wurde die Altstadt "nur" zu etwa 50 Prozent zerstört. Gerade die Gassen südwestlich des alten Rathauses und östlich davon bis zur Stadtmauer sind relativ vollständig erhalten und vermitteln ein zwar kleinstädtisches, aber doch ganz angenehmes Flair, zumal sie wie von Schweinfurt schon gesagt, ab den 70ern bis heute vorbildlich saniert wurden.

    Das Museum Georg Schäfer gehört allerdings auch zu dieser Stadtsanierung, denn es wurde keineswegs auf Kriegsbrachen errichtet, sondern anstelle von sieben Altbauten, die zwar angeblich "nur" Gründerzeitler waren, woran ich allerdings so meine Zweifel habe.

    An dieser Stelle möchte ich auch noch mal dezent auf meine Hausarbeit zum Thema Stadtsanierungen (ca. 14 mb, 47 S.) hinweisen, wo ich auch die Sanierungsmaßnahmen in Schweinfurt behandelt habe. Auf S. 13 ist ein schöner Vorher-Nachher-Vergleich, was anstelle des Museum Georg Schäfer bis Ende der 1970er dort stand.

    Zu Kriegszerstörung und Sanierung der Schweinfurter Altstadt gibt es das sehr schöne 2001 erschienene Buch "Die Schweinfurter Altstadt: Geschichte, Zerstörung, Erneuerung." von Edgar Lösch, wo ich auch die meisten Infos für meine Hausarbeit herausgeholt habe. Am schlimmsten fand ich (neben dem grausamen Museumsklotz und der Schnellstraße, die die Altstadt zusätzlich zur Bahnlinie noch mehr vom Main abriegelt), dass im Jahr 1960 für den Bau des Horten-Kaufhauses (heute Galeria Kaufhof) ein Stück Stadtmauer samt erhaltenem Mauerturm abgerissen wurde. Kommentar der Helmut Horten GmbH gegen das Veto des Stadtrats: "Eine an sich verständliche, weil historisch bedingte, konservative Denkweise muss gegenüber den baulich entwicklungsmäßigen Erfordernissen der Gegenwart zurücktreten. [...] Auch [die Konservativen] kommen nicht darum herum, zuzugeben, dass auch der pflichtschuldigste Respekt vor einer konservativen Betrachtungsweise dann unrealistisch wird, wenn er zu einem Element der Rückständigkeit wird und die gemeindliche Gesamtexistenz in ihrer Lebenskraft gegenüber den Nachbarn ins Hintertreffen bringt." (Lösch 2001, S. 117)

  • Das dieser bemerkenswert schreckliche und abstossende Museumsklotz im Inneren eine bedeutende Spitzweg-Gemäldesammlung beherbergt, passt irgendwie auch gut zusammen...

    @ Maxileen: danke für den Link auf deine "Hausarbeit", nicht nur bzgl. Schweinfurt (und den Vorher-Nachher-Vergleichen) muss ich mir das mal noch in Ruhe durchschauen...

    Schweinfurt war im übrigen neben Hof die letzte größere Stadt in Bayern, die ich bis voriges Jahr noch nicht aus eigener Anschauung kannte (jahrelang konnte ich mich nicht entschließen, dort hinzufahren, allzulange war ich dann letztes Jahr auch nicht dort...).

  • Allerdings war es nicht so, dass die Häuser im südlichen Teil der Bückenstraße für das heutige Museum weichen mussten. An dieser Stelle war ein Parkhaus vorgesehen, das einige Jahre lang als Bauruine rumstand. Da es nur eine geringe Höhe (ich meine mich an so ca. 1 m über Straßenniveau zu erinnern) hatte, störte es wenigstens insofern nicht. Das Museum kam erst später. Erst damit wurde die städtebauliche Situation vollends kaputtgemacht.

  • Danke für die vielen Fotos aus Schweinfurt!

    Ich finde es fehlen noch Fotos von den vielen völlig unzerstörten Strassenzügen und Vierteln, die Schweinfurt noch hat. Das sind wesentlich mehr als Würzburg zu sehen bietet, wo fast nur noch große Profan-, Prunk- und Sakralbauten wiedererrichtet oder erhalten wurden.

    Zum Beispiel wären da die Judengasse und die Gegend um den Schrotturm, die Zürch, der Fischerrain, das Zeughaus und wie Du schon von Dir erwähnt hast große Teile der Stadtmauer und darum herum.
    Ferner noch etliche Ecken im Gründerzeitviertel sowie ein oder mehrere Straßen in der nördlichen Altstadt.
    Den Namen habe ich jetzt leider vergessen. Vielleicht Bauerngasse? Auf jeden Fall habe ich dort noch etliche historische Geschäftshäuser gesehen, allerdings recht verwahrlost.
    Auch in der Innenstadt gibt es noch viele enge Gassen, allerdings auch mit vielen Neubauten dazwischen.

    Falls Du aus SW kommst, wäre es schön, wenn Du bei Gelegenheit noch ein paar Fotos davon hochladen könntest.

    Falls man mal in Würzburg ist, dann lohnt es sich meiner Meinung nach auf jeden Fall, auch Schweinfurt zu besichtigen, was ja nur 25 Minuten entfernt liegt.

    Ein anderer "Geheimtipp" wäre in dieser Gegend auch noch die Kleinstadt Kitzingen, nur 15 Minuten von Würzburg mainaufwärts mit sehr vielen alten Häusern in der Innenstadt, welche aber leider auch nicht von Zerbombung verschont blieb. Hat glaube ich noch gar keinen Thread hier.

  • In Kitzingen war ich dieses Jahr. Stellenweise ganz nett. Ganz in der Nähe liegt zudem das kleine Örtchen Dettelbach, das einen recht urigen Charakter aufweist.

  • In Dettelbach war ich noch nicht.
    Wenn man aber mal in Kitzingen ist, empfiehlt es sich auch in Sulzfeld am Main vorbeizuschauen, was nur zwei Ortschaften weiter liegt, mit nahezu vollständig erhaltener Befestigunsanlage samt mittelalterlichem Ortsbild.
    Es ist aber ein Dorf...

    Überhaupt gibt es am Main entlang zwischen Hassfurt und Aschaffenburg wirklich noch enorm viele gut erhaltene fränkische Dörfer, Kleinstädte und auch Burgruinen.
    Insbesondere die Wertheimer Altstadt (ist vergleichbar mit Marburg oder Tübingen, wenn auch wahrscheinlich etwas kleiner, dafür eingebettet in eine im Sommer herrliche Landschaft) und die Henneburg in Stadtprozelten ( gut 10 km mainabwärts Richtung Miltenberg, welches ja ebenfalls sehenswert ist) kann ich wärmstens empfehlen.

  • Okay, Danke für den Link zum Kitzinger Thread. Hatte ihn nicht über die SuFu gefunden.

    Ja okay, dann lass es halt 5 Minuten mehr sein von Würzburg nach Schweinfurt oder Kitzingen (bei freier Autobahn).
    Fahr die Strecken nicht sehr oft, aber es kam mir jetzt nicht sehr weit vor und ein Besuch in beiden Städten lohnt sich mMn sehr für jemanden der gerade in Würzburg ist zur Stadtbesichtigung o.ä.

    Hmm, Würzburg die schönste aller Großstädte...Naja schön wär's.
    Historische Wohn- und Geschäftsbebauung bis auf wenige Ausnahmen und ein paar Gründerzeithäuser in diversen Stadtteilen leider nicht mehr vorhanden.
    Im Gegensatz zu z.B. Schweinfurt...

    Gut die zahlreichen Kirchen (von denen ja leider auch viele nur rekonstruiert sind), Pracht- und Profanbauten, sowie die alte Mainbrücke etc. retten natürlich manches.
    Immerhin wurden ja auch der Verlauf der meisten Straßen und Gassen beibehalten, was aber natürlich ein schwacher Trost ist.


    In Bezug auf die Sehenswürdigkeit von Schweinfurt teile ich Deine Meinung und freue mich schon auf ein paar Bilder bei Gelegenheit.
    Vielleicht hilft's ja, den schlechten Ruf von SW zu verbessern.

  • Zitat

    Schließlich gilt Würzburg als eine der schönsten denkbaren Großstädte

    Jetzt wird s nur mehr noch grotesk...

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Die Selbstgefälligkeit in Bayern ist bekanntermaßen ein Haupthindernis für Rekonstruktionen. Leider würde ich das von Zeno geschilderte Verhalten für durchaus repräsentativ für die Würzburger Bevölkerung halten.

    Diese Dummheit ist jedoch nicht auf Süddeutschland begrenzt. Auch andernorts tut man sich schwer, den katastrophalen Ist-Zustand als solchen zu benennen. Man denke nur an die absurde Würdigung Dresdens als "Elbflorenz", die selbst nach dem Krieg nicht aus der Mode kam. Sie war schon vor dem Krieg lächerlich, danach wurde sie völlig grotesk.

    "Meistens belehrt uns der Verlust über den Wert der Dinge."
    Arthur Schopenhauer

  • "Zeno", erst einmal vielen Dank. Das war wirklich eine kolossale Arbeit, all diese Fotos einzupflegen. Respekt!
    Zu Schweinfurt: Ambivalent. Einerseits städtebaulich eigentlich weitenteils halbwegs intakt. Es fehlen also die ganz großen, den städtischen Rahmen sprengenden Klöpse (Trabantenstädte, Hochstraßen, Extrem-Disharmonien), welche aber auch in einer Kleinstadt ungewöhnlich wären. Andererseits eben auch ziemlich langweilig. Ich empfand manche der modernen (ja durchaus proportional eingepassten) Neubauten, z.B. auch das Hugendubel-Haus, eher als Belebung in diesem Nachkriegseinerlei. Und bei den wenigen historistischen Gebäuden begann ich fast zu lechzen wie ein Verdurstender nach einigen Tropfen Wasser. Auffallend ist, dass die historische Bausubstanz in weit schlechterem Zustand ist als die Nachkriegsarchitektur. Also insgesamt ist die städtebauliche Struktur gar nicht so schlecht. Auch einige markante "Leitbauten", z.B. das Rathaus, die Kirchen, die Stadtmauer, sind ja ganz gut erhalten. Das müsste man weiterentwickeln. Vor allem müssten die bestehenden Fachwerk- und Barockbauten besser hergerichtet, saniert/renoviert werden. Dann müsste man an eine liebevollere Fassadengestaltung der restlichen Substanz angehen. Auch da ließe sich ein wenig mehr draus machen, wenn es behutsam und mit Stil erfolgt. Was mir zudem auffällt: Mir sind nur wenige Städte bekannt, in deren Stadtbild ich so wenig Kunst gesehen habe. Sowohl an den Fassaden fehlen weitgehend Reliefs, als auch auf den Plätzen sind kaum Plastiken, Skulpturen, Installationen zu sehen. Eine offenbar wirklich weitgehend kunstfreie Zone. Auch hier sollte doch ein wenig mehr möglich sein.