• Angenommen, man hätte einen Fernbahnhof im Neckartal errichtet - der wäre dann ja sowieso über S-Bahn und Regionalbahn mit dem jetzigen Standort verbunden, und da selbst der ICE sehr langsam am Schloßgarten vorbei in den Hauptbahnhof einfährt, wäre das auch mit keinem Zeitverlust verbunden.

    [...]
    Oder man läßt es einfach unverändert, in München, Frankfurt, Leipzig usw. bleibt es ja auch beim Kopfbahnhof.

    Für erstere Überlegung müsste die Deutsche Bahn maximal zuverlässig sein. Dann könnte man sowas Verwegenes planen wie Umstiegszeiten von 4-5 Minuten, wodurch sich keine Nachteile durch Umstiege ergäben. Leider ist es aber viel eher so, dass jeder einzelne Umstieg das Risiko erhöht nicht ans Ziel im vorgesehenen Zeitfenster zu kommen, und - gerade auch deshalb - man bei regionalen Verbindungen vielleicht 20 Minuten Puffer, bei Fernverkehr gerne auch einiges Mehr einplant. So ist Umsteigen unattraktiver als direkte Anbindung. Letztlich macht doch genau das das Auto so attraktiv, dass man von seinem Start zu seinem Ziel durchfahren kann.

    Gegen die zweite Überlegung ist nichts zu sagen, einzig, dass die Bahn weiterhin stringent verfolgt Kopfbahnhöfe abzuschaffen. Ich vermute, dass dies sehr triftige Gründe hat, da dieser Weg seit Jahrzehnten eingeschlagen bleibt. In besagten Beispielen gibt es einfach extreme Hindernisse für Durchgangsbahnhöfe, weshalb man die sehr wohl untersuchten Durchgangsbahnhofslösungen in die Schubladen wieder hat verschwinden lassen. In München ist u.a. der Untergrund derart verbaut, dass man sogar für die S-Bahn in extreme Tiefen gehen muss am Hbf. Gleichzeitig wird mit den Stammstrecken in kleinerem Umfang eine Art Regionaldurchgangsverkehr erreicht mit Expresslinien und Bummelbahnen.

    Und ich erachte wiederum die scheibchenweise Erhöhung der prognostizierten Kosten für wenig seriös und das ist noch zurückhaltend formuliert.

    Andere Foristen haben ja bereits auf die Mélange hingewiesen, von Anfangs systematisch zu gering gerechnete Kosten, um die demokratischen, aber auch rechtlichen Hürden (z.B. Standardisierte Bewertung von Verkehrswegeinvestitionen im schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr etc.) zu durchlaufen, dazu kommen unerwartete Verzögerungen, nicht nur durch Planungsmängel, sondern auch durch eine Protestbewegung, die erst aktiv wurde, als alles bereits in Gang war. Diese Verzögerungen führen dann zu höheren Kosten, die aber aufgrund des festgelegten Finanzierungsgefüges der einzelnen Partner ewig weiter zu tief gehalten werden, bis sich eben die Fertigstellung nähert. Nichts anderes kann man aus den von Dir herausgesuchten Zahlen herauslesen. Wenn man nun aber diese Ausgaben mit anderen Ländern vergleicht, so kommt dabei eine -für manche eventuell überraschend - gute Preis-Leistung heraus. Ergo, vergleichbare Projekte werden in anderen Ländern zu spürbar höheren Kosten realisiert. Vergleiche dazu nur mal die Hochgeschwindigkeitsneubaustrecken im angelsächsischen Raum. Wichtig ist bei solchen Vergleichen eben genau das zu unterscheiden, über das ich mit buarque diskutiere: Projekte welche im dicht besiedelten Raum realisiert werden, und Projekte, welche diese möglichst aussparen (u.a. in weiten Teilen des spanischen HG-Netzes, sowie Chinas).

  • Hier würde ich gerne mal die Inflation rausgerechnet haben...

    Meinst du das würde dann ein deutlich anderes Bild abgeben?

    Allein bei der Betrachtung der jährlichen Inflationsraten gelangt man zur Erkenntnis, dass dies niemals der Haupttreiber dieser enormen Kostensteigerungen sein kann.

    Inflationsrate 2009: 0,3%

    Im März 2009 wurden die Gesamtkosten veranschlagt mit: 3,08 Milliarden EUR

    Neun Monate später im Dezember 2009 wurden die veranschlagten Gesamtkosten um 1 Mia. EUR erhöht auf: 4,09 Milliarden EUR.

    Das entspricht einer Kostensteigerung von knapp 33% innerhalb des Kalenderjahres 2009, bei einer Inflationsrate von 0,3%.

    Inflationsraten 2012 - 2014:

    2012: 1,9%

    2013: 1,5 %

    2014: 1,0%

    Im Dezember 2012 wurden die Gesamtkosten veranschlagt mit: 5,63 Milliarden EUR

    Drei Monate später im März 2013 wurden die veranschlagten Gesamtkosten um knapp 900 Mio EUR erhöht auf: 6,50 Milliarden EUR. Das entspricht einer Kostensteigerung von über 15 % in nur einem Quartal.

    Inflationsraten 2015 - 2018:

    2015: 0,5%

    2016: 0,5%

    2017: 1,5%

    2018: 1,8%

    Im November 2017 wurden die Gesamtkosten veranschlagt mit: 7,60 Milliarden EUR

    Zwei Monate später im Januar 2018 wurden die veranschlagten Gesamtkosten um knapp 600 Mio EUR erhöht auf: 8,20 Milliarden EUR.


    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Und sind das die allgemeinen Inflationsraten oder die vom Baugewerbe? Eine Kostensteigerung bei Butter hat ja relativ wenig Einfluss, eine bei Bausand dagegen sehr wohl.

  • Und sind das die allgemeinen Inflationsraten oder die vom Baugewerbe? Eine Kostensteigerung bei Butter hat ja relativ wenig Einfluss, eine bei Bausand dagegen sehr wohl.

    Das ist ein guter Einwand! Dazu passt die jüngste Nachricht, dass wir bei vielen Baustoffen derzeit eine Inflationsrate von 30 bis teilweise über 40 % haben:

    Baumaterialien in Deutschland verteuern sich erneut
    Gut 40 Prozent mehr für Zement, fast 30 Prozent mehr für Dachziegel: Viele Baumaterialien haben sich in den letzten Monaten erneut stark verteuert. Ein…
    www.spiegel.de

    Kunsthistoriker, Historiker, Webdesigner und Fachreferent für Kulturtourismus und Kulturmarketing

    Mein Bezug zu Stadtbild Deutschland: Habe die Website des Vereins erstellt und war zeitweise als Webmaster für Forum und Website verantwortlich. Meine Artikel zu den Themen des Vereins: Rekonstruktion / Denkmalschutz / Architektur / Kulturreisen

  • Und sind das die allgemeinen Inflationsraten oder die vom Baugewerbe?

    Was für eine idiotische Frage, es sind selbstverständlich die allgemeinen Inflationsraten.

    Die Kostensteigerungen im Baugewerbe sind ein vergleichsweise aktuelles Phänomen und spielten im betrachteten Zeitraum (2009 - 2018) für Stuttgart21 keine ausgeprägte Rolle.

    "Wenn wir die ehemalige Schönheit der Stadt mit der heutigen Gemeinheit verrechnen, kommen wir, so die Bilanz, aufs direkteste in den Schwachsinn." (E.H.)

  • Die Kostensteigerungen im Baugewerbe sind ein vergleichsweise aktuelles Phänomen und spielten im betrachteten Zeitraum (2009 - 2018) für Stuttgart21 keine ausgeprägte Rolle.

    Wie unify gezeigt hat, sind diese Kostensteigerungen durchaus relevant. Ich sage nicht, dass bei der ursprünglichen Rechnung Wunschdenken keine Rolle gespielt hat, aber ganz so krass ist es eben auch nicht. Ganz so "idiotisch" ist die Frage daher wohl doch nicht.

  • Kennt Ihr diese Videoserie über geplante 'Mega-" Bahnhöfe in Deutschland bereits?

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  • Da fehlen bestimmt bis zur Fertigstellung noch ein paar Milliarden, ich erinnere mal wie man über den BER und die Elphi gelästert hat. Stuttgart 21 wird das alles toppen.


    Ein Bahn-Sprecher wollte sich zu den Berichten nicht äußern. Bei einer Sitzung des Lenkungskreises von Stuttgart 21 hatten die Projektpartner aber jüngst betont, mit weiteren Kostensteigerungen zu rechnen.