Dresden, Altstadt - Freifläche zwischen Schloss und Taschenberg-Palais

  • Das Thema kommt vielleicht jetzt zu einem eher ungünstigen Zeitpunkt da ja viele Projekte am Neumarkt brach liegen, aber trotzdem würde ich gerne mal über "dieses" Grundstück neben dem Schloß reden.
    Es wurde ja nie in die Planung für die Bebauung des Neumarkts eingeplant. Die Frage ist also:
    Gibt es ähnlich wie beim Quartier V-1 keine Bilder von der Vorkriegsbebauung, oder ist eine Bebauung nicht möglich da es den Blick aus dem Taschenberg-Palais zum Neumarkt hin direkt versperren würde?

  • Interessanterweise könnte man an dieser stelle wieder die kleine Brüdergasse in ihrer ursprünglichen länge entstehen lassen, wenn man einen Teil dieser 50er Jahre Sozialbauwohnungen abreissen würde.
    Nur ist das noch unwahrscheinlicher als der Abriss der Wohnungen gegenüber des ehemaligen Palais de Saxe.

  • Fotos gibt es auch,nur nicht direkt von den Fassaden!
    Aus verschiedenen Blickwinkeln kann man aber bis auf ein Gebäude mit einem Erker nichts gerade aufwendiges erkennen.

  • Das Grundstück ist mir auf einigen Plänen auch schon als ausgewiesenes Bauland aufgefallen.
    Allerdings hat an dieser Stelle wohl nichts Wertvolles gestanden. Das nächste, vollkommen überbaute Grundstück in Richtung der Wilsdruffer Straße, ist wesentlich interessanter. Da standen vor dem Krieg das prächtige barocke Hotel de Pologne und das Hotel Stadt Gotha.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Auf ein paar Bildern habe ich jetzt doch vor kurzem was bedeutenderes erkennen können!
    Mindestens 2 Gebäude hatten keine schlichten Fassaden,das eine hatte wie ich schon anmerkte einen Erker,das andere eine Rokoko-Fassade.
    In dem Buch "Der Historische Neumarkt zu Dresden" (dürften wohl einige kennen :zwinkern: ) auf Seite 45 abb. 153 sieht man einen Teil der Fassaden,falls ich mich nicht komplett irren sollte.

  • Falls es noch jemand gebrauchen kann:
    Es gibt durchaus die ein oder andere Nahaufnahme. Dennoch sind es natürlich nur Ausschnitte von einem Bruchteil der Häuser, die dort standen. Außerdem kann man auf den Luftbildern von Walter Hahn - wenn auch recht schwer, weil das Gebäude recht niedrig ist- erkennen, dass das Haus Kleine Brüdergasse 2 (an der Ecke zur Schlossstraße) Renaissance-Giebel zu beiden Straßen hatte. Die Schlossstraße Nr. 13 hatte einen Erker (mit plastischem Schmuck)
    http://altesdresden.de/alts/schs0131.jpg

    Die Nr. 15 "Zum Bienenkorb" (nicht zu verwechseln mit Hauptstraße 28) hatte 4 Achsen
    http://altesdresden.de/alts/schs0131.jpg

    Die Nr. 19 war das höchste Gebäude des Quartiers und mit 6 Achsen auch recht breit,
    die 21 hatte ebenfalls einen Erker.
    http://altesdresden.de/alts/schs0131.jpg

    Insgesamt setze ich mich für eine mittel- oder langfristige Bebauung des Quartiers ein. Natürlich ist der Platz zwischen Taschenbergpalais, Schloss und Schlossstraße, vor allem, wenn Quartier 7.1 fertiggestellt sein wird, schön. Doch durch die Masse an Plätzen in der Innenstadt entwerten sie sich meiner Meinung nach gegenseitig. Wenn man vom Neumarkt zum Zwinger läuft, ist es viel urbaner und wirkt viel lebendiger, wenn man zwischen Plätzen ein geschlossenes Viertel durchquert. Außerdem müsste zwar dafür ein Teil des DDR-Riegels abgerissen werden, aber die Kleine Brüdergasse würde wieder eine durchgehende Straße mit Passanten werden würde.
    Welches Gebäude hatte denn eine Rokoko-Fassade?

  • Ich frage mich auch, warum das Gebiet nicht in die Neumarkt-Bebauung mit einbezogen wurde. Vermutlich wurde das Gebiet städtebaulich (Kante zum Taschenberg und Gasse zwischen Taschenberg-Palais und diesem Quartier) und auch architektonisch als nicht so wertvoll eingestuft.
    Es war ja mal geplant, dort Verwaltungsgebäude (o.Ä.) fürs Schloss zu bauen, ohne bestehende Bebäude abreißen zu müssen. Doch diese Planungen hat man dann wieder aufgegeben, ich weiß auch nicht warum.
    Den Riegel Schlossstraße/ Willsdruffer Straße würde ich nicht als architektonisch besonders wertvoll einstufen, dass man ihn nicht abreißen könnte, doch ist er noch in sehr gutem Zustand, wird gut genutzt und ist immerhin zurückhaltend gestaltet. Wenn man aber nur das eine etwas nach hinten versetzte Gebäudeteil abreißen wollte, dann würde zwar die Kleine Brüdergasse in ihrem Verlauf wiederhergestellt, doch ergäbe sich eine wirklich hässliche Lücke zwischen Schlossstraße, Großer Brüdergasse und eben der Kl. Brüdergasse.
    Wie gesagt: Eine mittel- oder langfristige Bebauung in ihrem ursprünglichen Grundriss würde dem Viertel guttun.

  • Man kann nicht bestreiten, dass der durch das Quartier VII/1 entstehende kleine Platz vor dem Wirtschaftsflügel des Residenzschlosses angenehme Proportionen aufweisen wird. Wo dieser trostlos sein soll, werter Jan, kann ich nicht nachvollziehen.
    Dennoch bleibt festzustellen, dass die Masse an Plätzen und diffusen Räumen der städtebaulichen Entwicklung der ehemaligen Altstadt auf Dauer abträglich sein dürfte. So werden sich an den Altmarkt der aufgeweitete Teil der südlichen Schloßstraße anschließen, der dann wiederum in den besagten Teilplatz übergeht. So jedenfalls wird keine spannende Raumfolge aus Enge und Weite entstehen können.
    Deshalb halte auch ich eine Bebauung des besagten Platzes tendenziell für sinnvoll. Das allerdings wird erst möglich sein, wenn zumindest der Schloßstraßenflügel des Herbert-Schneider-Blocks fällt. Dann nämlich kann man endlich die Kleine Brüdergasse wieder zur Schloßstraße durchbrechen, ohne, dass ungünstige Überschneidungen und eben diffuse Räume entstehen. Dann allerdings klafft eine riesige Lücke im Quartier, die das dahinterliegende Elend offenbaren wird. So gesehen besteht also nur eine Möglichkeit: der Abbruch des gesamten Quartiers zwischen Kleiner Brüdergasse und Wilsdruffer Straße.
    Dass eine solche Lösung in den nächsten Jahrzehnten kaum zu erwarten ist, dürfte offenkundig sein.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • So gesehen besteht also nur eine Möglichkeit: der Abbruch des gesamten Quartiers zwischen Kleiner Brüdergasse und Wilsdruffer Straße.
    Dass eine solche Lösung in den nächsten Jahrzehnten kaum zu erwarten ist, dürfte offenkundig sein.

    Ist das so? Meines Erachtes würde ein Rückbau des Schlossstraßenflügels ausreichen, entweder bis zur Öffnung der Kleinen Brüdergasse oder man nimmt noch etwas mehr weg und ermöglicht auch die Anbindung der Großen Brüdergasse an die Schlossstraße. Da an der Wilsdruffer Straße ohnehin die 50er Jahre dominieren, kann man die eigentlich ganz gelungenen Bauten dort besser stehen lassen. Damit würde sich an der Rosmaringasse/Kleine Brüdergasse dann ein krasser Bruch zwischen rekonstruierter Altstadt und Moderne ergeben, die jedem Besucher vor Augen führt, was städtebaulich die bessere Lösung ist.

    Wo die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge lange Schatten
    Karl Kraus (1874-1936)

  • Zitat

    Dennoch bleibt festzustellen, dass die Masse an Plätzen und diffusen Räumen der städtebaulichen Entwicklung der ehemaligen Altstadt auf Dauer abträglich sein dürfte. So werden sich an den Altmarkt der aufgeweitete Teil der südlichen Schloßstraße anschließen, der dann wiederum in den besagten Teilplatz übergeht. So jedenfalls wird keine spannende Raumfolge aus Enge und Weite entstehen können.

    Stimme BB eigentlich in allem überein. Allerdings stellt sich die Frage, inwieweit die in obzitierten Zeilen angesprochene Situation so schlecht sein muss, bzw ob in ihr nicht doch auch ein positiver Aspekt liegen könnte.
    DD hat eine wiederaufgebaute Altstadt, was sich eben an Straßenzügen bzw Platzfolgen wie diesen ablesen lässt. Warum sich nicht dazu bekennen, überhaupt, wenn Plätze mit - wie völlig zurecht festgestellten "angenehmen Proportionen" entstehen?
    Da man sich für die Beibehaltung des KP entschlossen hat, wären die von Bilderbuch beschriebenen Utopien mE gar nicht mehr so besonders sinnvoll.
    Meine Utopien würden sich im Gegensatz dazu auf den Altmarkt beschränken, da gäbe es noch einiges zu gewinnen, so wie ich das sehe. Das wirklich schmerzhaft fehlende "Schöne Haus" aus der Wilsdruffer müsste man demnach transloziiert rekonstruieren.

    Augustinus (354-430) - Zweiundzwanzig Bücher über den Gottesstaat
    14. Buch 9. Kapitel
    Der Staat oder die Genossenschaft der nicht gottgemäß, sondern nach dem Menschen wandelnden Gottlosen dagegen, die eben infolge der Verehrung einer falschen und der Verachtung der wahren Gottheit Menschenlehren anhangen oder Lehren der Dämonen, er wird von den bezeichneten verkehrten Gemütserregungen geschüttelt wie von Fieberschauern und Stürmen.

  • Innenstädte sind im Allgemeinen beliebter, wenn die Straßenräume geschlossen sind und es einige Plätze gibt. Außerdem wirkt eine Innenstadt meiner Meinung nach nicht wirklich städtisch, wenn sie aus einer Reihe von Plätzen besteht. Da fehlt dann einfach die Urbanität, die Städte aus- und beliebt macht. Natürlich sind geöffnete Straßenzüge wichtig, doch bitte nur "dosiert". Dresden hat wirklich viele offene Plätze oder Straßenzüge, auch in und um die Innenstadt herum. Nicht zu bestreiten ist sicherlich, dass es einige schöne Plätze gibt.
    ursus carpaticus:
    Wenn man z.B. das Schöne Haus rekonstruieren wollte, dann am richtigen, also ursprünglichen Platz. Außerdem: Wenn die Zeile abgerissen würde, wäre es tatsächlich möglich, dieses Haus und einige andere zu rekonstruieren. Natürlich ist es in den nächsten Jahrzehnten unmöglich, allein aufgrund der noch nahezu frisch sanierten Wilsdruffer Straße, in irgendeiner Weise dort zu rekonstruieren. Doch ich halte die Rekonstruktion dieses Hauses an einem anderen Ort, auch wenn es wirklich schön war, für unangemessen. Dann müsste man ja das ganze Viertel zwischen Kl. Brüdergasse und Wilsdruffer Straße zur Reko in Betracht ziehen. (wäre sicherlich um das Vielfache schöner als der aktuelle Zustand...). Das ist aber quasi UNMÖGLICH.

    Jedenfalls wäre die langfristige Bebauung des einen Quartiers (am besten parzelliert) wünschenswert, da so ein Viertel insgesamt wirklich geschlossen werden könnte. Die Dächerlandschaft wäre um einiges interessanter, weil dann ein dann zusammenhängendes Viertel von Taschenbergplalais bis Dinglingerhaus und von Schloss bis zum Kulturpalast keine Lücke hätte.

  • Ich finde es reizvoll, dass man aktuell von der Seestraße aus den Eckturm des Schlosses schon aus recht großer Entfernung sehen kann - hilft auch manchmal, Touristen den Weg zu weisen. Da fände ich eine Bebauung des Platzes eher unschön, zumal das im Kontext der 50/60er Jahre-Bebauung auch nicht wirklich gut funktioniert, wie andere schon schrieben.

  • Wenn man dieses Quartier bebaut, dann steht diese 50er-/60er-Jahre-Bebauung sowieso nicht mehr direkt daneben, da man den ganzen Flügel des Riegels abreißen müsste und es deswegen grundsätzlich erst einmal überflüssig ist, ein kohärentes Programm von den Fassaden in der Schlossstraße zu bilden. Man sollte sich an der (äußeren...) Kleinteiligkeit von Q8/1 und dann auch Q7/1 orientieren und auch die Dächer einfühlsam, aber nicht monoton gestalten. Zudem gäbe es ( wie in einigen Luftaufnahmen zu sehen) wenig Konkurrenz für den Eckturm des Schlosses durch die Dächer dieses Quartiers. Auch vom Altmarkt aus sehe ich wenig Konkurrenz zum Eckturm. Unbestreitbar ist die Tatsache, dass er von der Seestraße aus schlechter zu sehen sein wird. Ich empfinde derzeit den Eckturm insgesamt allerdings nur als rettenden Fluchtpunkt in einer Aussicht, die trist wirkt: Schlichte, aber triste Fassaden vom hier schon oftgenannten DDR-Riegel, der Kulturpalast, und derzeit auch noch Brache auf der Fläche des Q7/1.
    Da stört mich ein etwas verbauter Blick auf diesen Eckturm wirklich weniger als ein lückenhaftes Quartier.

  • Ich habe mir die Problematik noch einmal auf einer Karte angesehen und bin zu dem Schluss gelangt, dass allein der Abbruch des Seitenflügels des 50er-Jahre-Blocks in der Schloßstraße zu einem durchaus überzeugenden Ergebnis führen könnte.

    Zur Verdeutlichung eine kleine Handskizze

    Aktuelle Situation mit dem angesprochenen Seitenflügel (rot markiert):

    Situation ohne Seitenflügel und mit Durchbruch der Kleinen Brüdergasse zur Schloßstraße:

    Meiner nun gewonnenen Ansicht nach könnte dieser relativ kleine Eingriff zu städtebaulich überzeugenden Ergebnissen führen. Die Kleine Brüdergasse wäre als Stadtraum zurückgewonnen und die Schloßstraße erhielte eine weitere straffe Fassung.
    Abgesehen davon könnte man über weitere Rekonstruktionen nachdenken. In diesem Zusammenhang wären vielleicht das Hotel Stadt Gotha oder das Haus Brüdergasse 2 interessante Kandidaten.

    Wahre Baukunst ist immer objektiv und Ausdruck der inneren Struktur der Epoche, aus der sie wächst. Ludwig Mies van der Rohe

  • Bilderbuch hat das wunderschön ersichtlich gemacht, was das städtebaulich für Chancen birgen täte!

    Anbei auch ein paar Aufnahmen von möglichen Rekokandidaten:

    Hotel Stadt Gotha:


    Innenansicht

    beides: altesdresden.de

    Brüderstrasse/Ecke Schlossstrasse - Hotel de Pologne:

    deboline.de


    Ganz toll wäre natürlich auch das langgestreckte Haus neben dem Schloß, von dem ich keinen Fotografie kenne, aber das ein wunderbares und riesengroßes Mansarddach hatte!

    Das hier meine ich - habe es rot eingeringelt:


    Ausschnitt aus einem privaten Foto

    2 Mal editiert, zuletzt von Exilwiener (21. Oktober 2015 um 12:20)