• Im nördlich von Berlin gelegenen Städtchen Oranienburg plant ein Investor ein Stadtviertel im asiatischen Stil hochzuziehen. Neben Wohnhäusern und Geschäften im chinesischen Stil soll es in dem neuen Stadtviertel auch ein Heilkunst-Zentrum geben. Das auf einem ehemaligen Flugplatz gelegene Viertel soll durch ein Mauer umschlossen werden. Baubeginn ist für 2008 geplant, kosten soll es 500 Millionen €, Finanzierungsplan besteht bislang keiner. Der Bauausschuss hat den Rahmenplan für das Projekt bereits abgesegnet, nun muss noch die Stadtversammlung zustimmen. Ein ganzes chinesisches Viertel aufzubauen könnte eine neue touristische Attraktion werden, hofft man.

    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,477954,00.html\r
    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,477954,00.html" onclick="window.open(this.href);return false;

    Laut der Projektgesellschaft BCPM (Brandenburg China Project Management) liegen Erschließung und Bau bei 700 Mio. €. BCPM-Gesellschafter Reiß rechnet mit einem Baubeginn frühestens ab 2009. Die Mauer dient als Lärmschutzwand an der nahen Bundesstraße 96 "Durch das Vorhaben sollen bis zu 2.000 Arbeitsplätze entstehen", erklärte Angela Podwitz von der Brandenburgischen Boden (BBG).


    Zitat

    Die BCPM will auf dem 80 Hektar großen Gelände einen Chinesischen Garten, ein Hotel, Wohnungen für 2.000 Menschen, Geschäfte und ein Zentrum für chinesische Medizin bauen. "Wir haben in China Kontakt zu einem ersten, ernsthaften Investor", sagte Ingenieur Reiß.

    http://finanzen.aol.de/Wirtschaft/Inves\r
    finanzen.aol.de/Wirtschaft/Inves" onclick="window.open(this.href);return false; ... 982-0.html

    Beide Quellen sind leider etwas widersprüchlich. Bilder oder Pläne waren auch keine zu finden, außerdem verfügt die BCPM scheinbar über keinen Internetauftritt.

    http://www.tagesspiegel.de/brandenburg/\r
    http://www.tagesspiegel.de/brandenburg/" onclick="window.open(this.href);return false; ... 202946.asp
    http://www.rbb-online.de/_/nachrichten/\r
    http://www.rbb-online.de/_/nachrichten/" onclick="window.open(this.href);return false; ... 34289.html
    http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/\r
    http://www.maerkischeallgemeine.de/cms/" onclick="window.open(this.href);return false; ... 624/61129/

    Auf http://www.welt.de/wirtschaft/article80\r
    http://www.welt.de/wirtschaft/article80" onclick="window.open(this.href);return false; ... nburg.html
    ist ein Plan des Viertels zu sehen. Sieht auf jeden Fall interessant aus und könnte tatsächlich zu einem Touristenmagneten werden. Ich hätte dagegen nichts einzuwenden, solange nicht jedes Kaff ihr chinesisches Viertel will.

    Zweimal geändert von: Stephan

    Wenn du ein Haus baust, denke an die Stadt (Luigi Snozzi)

  • Das Projekt klingt ambitioniert und ich bin eigentlich immer gespannt und offen bei Investitionsvorhaben. Nur: In Brandenburg ist man bereits ein paar Mal auf irgendwelche hanebüchenen Projekte - leider ähnlicher Couleur - hereingefallen
    Ich nenne nur mal das gigantomanische Cargolifterprojekt: Erst wird mitten in die märkische Steppe eine Halle wie aus einem Fritz-Lang-Film gesetzt, dann geht ein utopisches Projekt darin pleite und zu guter Letzt pflanzt man Grünes und stellt alles mit warmem Wasser dem Touristen als Tropenbad anheim (ohne Kommentar).
    Zudem Betonmonstren wie der Lausitzring, auf dem man heute sein Mofa endlich mal ausfahren kann :lachen: . Außerdem noch die Frankfurter Chipfabrik, welche begonnen, aber nicht fertig gebaut wurde.
    Mich beschleicht das Gefühl, das könnte hier so ähnlich laufen und wünschte mir, man würde endlich mal weg von Großprojekten hin zu echter Wirtschaftsstruktur wie in Sachsen oder Thüringen kommen. Ich hoffe, das ich Unrecht habe, jedoch ist das Projekt recht utopisch und gemahnt beunruhigend an die oben erwähnten Projekte.

    Den Willigen führt das Schicksal, den Unwilligen zerrt es dahin. (Seneca)

  • Ist das nicht pervers? In China reißt die KP die Altstädte ab und baut stattdessen internationale oder europäisch-traditionelle Städte und hierzulande kriegen wir statt Rekos oder traditionellen (europäischen) Gebäuden Chinesenviertel aus Beton...

    Ein bisschen mehr regionale Baukultur wäre vielleicht nicht verkehrt!

  • Streng genommen gibt es Chinatowns ja überall von Japan bis in die USA nur eben nicht in China.

    Es sind ja ursprünglich ethnische, innerstädtische Ghettos der Auslandschinesen, auch haben die Viertel meist nicht viel mit traditionellem chinesischem Städtebau zu tun, sondern bedienen sich grösstenteils der vorhandenen Bausubstanz.

    Welchen Sinn es jetzt hat in einem Land mit verschwindend kleiner Chinesischer Minderheit sowas auf der grünen Wiese hoch zu ziehen weiss ich nicht, nur kann ich mir nicht vorstellen dass man da eine klassisch urbane Chinatown an der Autobahnabfahrt hinbekommt, das gibt Oranienburg auch gar nicht her.
    Wenn es aber nur eine weitere Eigenheimsiedlung mit etwas Fernostkitsch wird, dann könnte das finanziell sogar aufgehen, und schlimmer als Toscana-Villa, Almhütte, Reihenhaus Giesela mit blauem Dach oder was in dem Zusammenhang noch so in den märkischen Sand gesetzt wird kann es auch nicht werden.

    Aber das Projekt bleibt sowieso stecken.

  • Zitat von "Sauerländer"

    Ein bisschen mehr regionale Baukultur wäre vielleicht nicht verkehrt!

    Das ist wirklich Disneyland-Kitsch. Hier können die Speers und Gerkans sich gerne kritisch engagieren.

    Und: Warum nur ein "bisschen"? Regionale Baukultur, wenngleich in modernisiertem Gewand, sollte grundsätzlich wieder zum Leitbild der deutschen Architektur werden.

  • Was soll denn "regionale" Baukultur genau sein? Sind denn (französische) Gotik oder (italienischer) Barock "regional"? Was bliebe vom traditionellen Bauen noch übrig, wenn all diese Einflüsse einschließlich altgriechischer Säulen entfernt würden?

    Und was spricht dagegen, Einflüsse von außen aufzunehmen?

  • Also ich halte von dem Projekt nicht viel. Klingt für mich nach einer Art Stolpe-Projekt, die gingen auch alle pleite. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Projekt wie vorgeschlagen funktioniert.

    Grundsätzlich finde ich die Idee eines chinesischen Viertels nett, aber nicht in der Brandenburger Pampa.

    Außerdem erscheint es mir merkwürdig, wenn jemand "regionale Baukultur" als Gegenargument für so ein Projekt anführt. Wenn nicht einmal mehr (größere) Einzelprojekte von einer regionalen Baukultur abweichen dürfen, dann würde es schnell langweilig werden. Sollen wir den Chinesischen Pavillon im Park Sanssouci eurer Meinung nach auch abreißen?

    Die jeweiligen regionalen Baukulturen, die es sehr wohl gibt und die zu fördern sind, sind das Ergebnis von _viel_ äußerem Einfluss und ein _wenig_ Eigenleistung.

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Regionale Baukultur meint nicht den Verzicht auf Beeinflussung von außen, sondern deren spezifische und kreative Umformung im eigenen Geiste. Die deutsche Renaissance sah beispielsweise sicher anders aus als die italienische Renaissance, um mal ein historisches Beispiel zu nennen. Und nätürlich könnte man sich auch über manche hierzulande verwendete antikisierende oder chinoise Mode der Vergangenheit auslassen, was aber zu weit vom Thema wegführen würde.

    Regionale Baukultur beinhaltet also eine tiefgehende Beschäftigung mit dem Ort, mit den Materialien der Umgebung, mit der gewachsenen Landschaftsstruktur und die Einpassung in dieselbe. Irgendwelche chinesischen Dörfer oder Inka-Tempel in die märkische Heide zu stellen, hat allenfalls etwas mit Beliebigkeit und Orientierungslosigkeit zu tun, nichts aber mit einer kreativen Beschäftigung mit eigenen Traditionslinien.

  • Baugelände sind die ehemaligen Heinkelwerke (Architekt Herbert Rimpl). Es sollen auch 2000 Chinesen angesiedelt werden. Die Schallschutzmauer zur vierspurigen B96 soll in Form der chin. Mauer entstehen!

    "Nichts zeichnet eine Regierung mehr aus als die Künste, die unter ihrem Schutze gedeihen."
    Friedrich der Große

  • Haha; diese Behauptung, es sei schwierig, ein Stadtviertel auf einen Schlag zu bauen. Die Deutschen seien gewachsene Viertel gewohnt.

    Ganz bestimmt. Zum Beispiel die Viertel der Gründerzeit, die zur Bevölkerungsexplosion so schnell aus dem Boden gestampft wurden, wie das mit damaliger Bautechnik eben möglich war. Oder die Backsteinwüste, in der ich hier lebe, zum allergrößten Teil erbaut 1952/53.

    Immer wieder diese billige Ausrede für schlechte, weil utopische und ideologisch verbrämte Planung.
    Bei den zahllosen städtebaulichen Pleiten hier wird natürlich nun auch bei so einem Projekt gleich mal wieder das Schlimmste befürchtet.

    Aber in diesem Fall finde sogar ich den Pessimismus weit übertrieben. Nur gehört sowas tatsächlich eher in eine Großstadt. Trotzdem, besser in Oranienburg als gar nicht.

    Heimdall:
    Die politiknahe Verkrampftheit der "Hüter der Baukunst" bei uns hat die deutschen Städte zu dem gemacht, was sie heute leider sind.
    Wie man sich hier heute noch solche Diskussionen leisten kann, ist mir rätselhaft. Jedes kostengünstig 1:1-kopierte Viertel aus Rom oder Paris wäre um Klassen besser als alles, über was bei uns theoretisiert wird.
    Da man sich offensichtlich sowieso weigert, vernünftige heimische Formen der Architektur und des Städtebaus wieder aufzugreifen, soll man meinetwegen Deutschland mit Kopien vollstellen. Schlimmer kann es wirklich nicht mehr werden.

  • In diesem Punkt gehe ich - bei sicherlich aller Zustimmung in der Grundrichtung - nicht mit "Haussmann" zusammen.

    Das wahllose Kopieren - wie man es hier bei diesem blödsinnigen China-"Disneyland" in Oranienburg sieht - beinhaltet weder Kreativität noch Auseinandersetzung mit dem Ort und mit dem eigenen kulturellen Weg.

    Ich finde es eher schlimmer, als irgendeine Stahl- und Glaskastenwüste. Letztere ist in ihrer Brutalität immerhin ehrlich, man kann sich an ihr "abarbeiten". Sie ist ein Produkt unserer Lebensweise und der weltweit herrschenden Strukturen.

    China-Häuser oder afrikanische Runddörfer nach Deutschland zu verfrachten, bedient einen diffusen Drang nach Geborgenheit oder Verspieltheit, ohne zu den Ursachen des Ganzen vorzudringen. Es bleibt Event oder "Kitsch", statt wirkliches Ringen um die richtige Form.

    Daß solcher Klimbim den Leuten Spaß macht, steht außer frage (vor allem wenn man ein Häppchen China erleben kann, ohne eine teure Flugreise buchen zu müssen), aber gerade das lenkt sie davon ab, nach der eigenen Tradition, der eigenen Form zu suchen. Eine qualitative Verbesserung ist davon nicht zu erwarten. Fatal.

  • Ich kann dieser Idee einer Chinatown auf einer ehemaligen Sowiet Flugbase mittten im Brandenburgischen Nichts auch nicht allzu viel abgewinnen.

    Der Buergermeister in seinem Enthusiasmus fuer diese Vision von Oranienburg ist zwar ruehrend, aber das ist schon das Ende. Man kann durchaus Bananen importieren. Aber Chinesen? Die dann in einer vom Brett gezauberten Chinesenstadt Schaulustigen ihr exotisches Leben darstellen und dadurch diese Phantasiestadt beleben sollen? :augenrollen:

  • Zitat von "Pilaster"


    Der Buergermeister in seinem Enthusiasmus fuer diese Vision von Oranienburg ist zwar ruehrend, aber das ist schon das Ende. Man kann durchaus Bananen importieren. Aber Chinesen? Die dann in einer vom Brett gezauberten Chinesenstadt Schaulistigen ihr exotisches Leben darstellen und dadurch diese Phantasiestadt beleben sollen? :augenrollen:

    Aber auf die andere Seite....ist nicht das Holländische Viertel in Potsdam genau die gleiche Dinge? Oder Friedrichstadt in Schleswig Holstein. Das waren auch Städte gebaut, Holländer zu locken.....

  • Zitat von "Johan"

    Das waren auch Städte gebaut, Holländer zu locken.....

    Und einer hat angebissen... :D

    Nein im Ernst, findest du, das kann man vergleichen?

    Eine der vorzüglichsten Eigenschaften von Gebäuden ist historische Tiefe.
    Die Quelle aller Geschichte ist Tradition. (Schiller)
    Eine Stadt muss ihren Bürgern gefallen, nicht den Architekten.

  • Also, der Vergleich hinkt natürlich etwas. Das Holländische Viertel in Potsdam entstand unter ganz anderen gesellschaftlichen Bedingungen und die Holländer entstammten ja auch einem recht verwandten niederdeutschen Kulturkreis.

    Die hiesige Situation ist schon eine andere. Dies zumal es solche "Idealdörfer" in China wahrscheinlich real gar nicht so gibt bzw. die traditionellen Bauten dort gerade mit Hilfe deutscher Architekten (Stichwort: Speer, von Gerkan) zugunsten von Stahlbetonhochhäusern plattgewalzt werden.

    Außerdem wäre es wohl ziemlich absurd, nun auf eine Masseneinwanderung von Chinesen zu setzen, indem man putzige chinesische Dörfer mit miniaturisierter Chinesischer Mauer als Lärmschutzwand baut.
    Dann sollen die doch lieber mit Reisebus und Fotokamera vor dem Berliner Stadtschloß defilieren, oder?

  • Zitat von "Antiquitus"

    Nein im Ernst, findest du, das kann man vergleichen?

    Ach, in Zeiten der Globalisierung ist doch China mittlerweile nicht weiter weg als Holland damals, das seh ich nicht so eng.
    Ich weiss nur nicht wie man Chinesen in rauhen Mengen nach Oranienburg bekommen will, es gibt dort kaum "pull-faktoren", erst recht keine chinaspezifischen, und so gross ist die chinesische Minderheit in Deutschland auch nicht.
    Zumal ethnische Ghettos, und nicht anderes ist eine echte Chinatown eigentlich, normalerweise nicht in teuren Neubauten auf der grünen Wiese entstehen.
    Wenn ein Chinese sich ein Eigenheim oder eine hochwertige Mietwohnung in Deutschland leisten kann hätte er doch kaum Grund nach Oranienburg zu ziehen und dort den Affen für die Touris zu machen.
    Eventuell stellt man auch vietnamesische Komparsen an und hofft keiner merkt den Unterschied.

    Wie gesagt, das Ding verläuft entweder im Sande oder wird eine weitere Eigenheimsiedlung am Berliner Stadtrand, diesmal eben zur Abwechslung mit Chinakitsch, die Lage in unmittelbarer Nähe zur Autobahn bietet sich jedenfalls für Pendler an.

  • Da gehe ich doch mal völlig konform mit "Trips".

    Zitat von "Trips"

    Ich weiss nur nicht wie man Chinesen in rauhen Mengen nach Oranienburg bekommen will, es gibt dort kaum "pull-faktoren".

    "Trips" gibt selbst die Antwort:

    Zitat von "Trips"

    dort den Affen für die Touris zu machen.

    Wenn die Arbeitslosigkeit in China steigt, werden einfach Leiharbeiter aus Peking nach Brandenburg geschafft, und dort kann man ihnen bei Bedarf auch noch eine "Mickey Mouse"-Maske aufsetzen. Fertig ist der Event-Park.

  • In wirklichkeit kam ja auch nicht so viele Holländer nach Potsdam. Ich stimme absolut Tripps zu das in die globalisierte Welt liegt alle Länder mental sehr dich anander. Übrigens wirkt ja auch Holländische Viertel wie ein Fremdkörper in Potsdamer Innenstadt.

    Ich fahre ja übrigens nach China in ein paar Wochen und werde alles dort sehr gut beobachten.

    Kitsch und Kitsch...ich weiss nicht falls ich finde Chinsesiche Kunst kitsch. Ich denke es kommt alles von Ausführung.

  • Zitat von "Heimdall"

    In diesem Punkt gehe ich - bei sicherlich aller Zustimmung in der Grundrichtung - nicht mit "Haussmann" zusammen.


    Das war und ist mir absolut bewußt. Wir haben da ein unterschiedliches Verständnis der Funktion von Architektur.

    Für die meisten Nutzer dieses Forums scheint sie Träger "hehrer Ziele" der Kunst zu sein. In dem Punkt ergibt sich eine Gemeinsamkeit mit euren/unseren Gegnern, den Verfechtern des Modernismus.
    Ich dagegen will einfach nur eine lebendige und ansehnliche Stadt haben, egal auf welche Weise. Wenn ein Nachbau der Pyramiden das leistet, prima. Wenn es die Reko eines Renaissance-Palais ist, gut. Wenn die 1:1-Kopie zweier 0815-Gründerzeitblöcke, immer wieder aneinandergereiht zu einem ganzen Stadtviertel (!) das leistet, bin ich sogar damit zufrieden.

    Zitat

    beinhaltet weder Kreativität noch Auseinandersetzung mit dem Ort und mit dem eigenen kulturellen Weg.


    Die auch nicht weiter notwendig sind. Modernistische Bauweise kann durchaus kreativ sein, sich mit dem Ort auseinandersetzen und einen eigenen kulturellen Weg gehen. Trotzdem kommt dabei regelmäßig Schund heraus, weil der öffentliche Raum als Verwirklichung des hochtrabenden künstlerischen Anspruchs verstanden wird.
    Ich ziele auf die Grundsatzdiskussion ab, ob das denn wirklich sein muß. Die von dir genannten Qualitäten haben mit der Lebensqualität, den das Bauwerk ermöglicht, nicht im Entferntesten etwas zu tun.

    Zitat

    Ich finde es eher schlimmer, als irgendeine Stahl- und Glaskastenwüste. Letztere ist in ihrer Brutalität immerhin ehrlich, man kann sich an ihr "abarbeiten". Sie ist ein Produkt unserer Lebensweise und der weltweit herrschenden Strukturen.


    Damit redest du aber schon wieder den Vertretern besagter Brutalität nach dem Mund. Daß sie ehrlich ist, nützt eben niemandem etwas, außer dem Architekten, der sein Geisteskonstrukt manifestiert sieht!

    Zitat

    China-Häuser oder afrikanische Runddörfer nach Deutschland zu verfrachten, bedient einen diffusen Drang nach Geborgenheit oder Verspieltheit, ohne zu den Ursachen des Ganzen vorzudringen. Es bleibt Event oder "Kitsch", statt wirkliches Ringen um die richtige Form.


    Und das Ringen um die richtige Form entsteht um der Richtigkeit willen, nicht etwa aus dem diffusen Drang nach obiger Manifestation? Da habe ich aber starke Zweifel.

    Zitat

    Daß solcher Klimbim den Leuten Spaß macht, steht außer frage


    Na also. Darauf kommt es an. Architektur für den Menschen (siehe Forumstitel), nicht als Spielwiese für Gedankenexperimente. Genau letzteres ist das Problem.

    Zitat

    aber gerade das lenkt sie davon ab, nach der eigenen Tradition, der eigenen Form zu suchen. Eine qualitative Verbesserung ist davon nicht zu erwarten. Fatal.


    Alles andere als fatal. Wenn es Spaß macht, ist die qualitative Verbesserung bereits erreicht, übliche hiesige Architektur macht derzeit nämlich keinen.
    Und abgesehen davon, daß ich bei Tradition per se keinen Wert sehe (genausowenig wie bei Veränderung), wüßte ich nicht, warum sich jemand nicht "mit der eigenen Form" beschäftigen sollte wegen solcher Bauwerke. Beschäftigt er sich eher damit, wenn er das Reihenhaus Modell "Regina" oder den Betonklotz vor der Nase hat?
    Und es ist nicht anmaßend, den Leuten vorzugeben, wonach sie zu suchen haben und wonach nicht? Genau das ist doch das Schaffen von häßlichen, zugigen Bauwerken und deren aufwendige theoretische Rechtfertigung. Verächtlich wird dem Kritiker entgegengeschleudert, daß er das großartige Kunstwerk eben nicht verstanden habe.

    Das ist keine Architektur für den Menschen, sondern Selbstverwirklichung des Künstlers auf Kosten der Allgemeinheit. Der Pomp der heutigen Zeit, kaum unverschämter aufgetragen als der vergangener Epochen.